Medizinische Versorgung Inhaltsverzeichnis: 1. Unser Gesundheitssystem in Deutschland 2. Rechtliche Lage zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen 3. 2.1 Personen mit legalem Aufenthaltsstatus 2.2 Krankenhaus- und Arztbesuche ohne legalen Aufenthaltsstatus Vorgehen im Krankheitsfall 3.1 Vorgehen je nach Aufenthaltsstatus 3.1.1 Bei Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung 3.1.2 Nach Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung 3.1.3 Bei Aufenthalt in Deutschland ab 15 Monate, geduldet 3.2 Tipps für Arztbesuche 3.3 Kostenabrechnung 3.4 Impfungen 4. Adressen 5. Weiterführende Links 5.1 Allgemein 5.2 Für Flüchtlinge 5.3 Für Ärzte 1. Unser Gesundheitssystem in Deutschland Ärzte haben die Pflicht, jeden Menschen angemessen medizinisch zu versorgen. Somit haben auch Flüchtlinge ein Recht auf medizinische Versorgung im Krankheitsfall. Allerdings sind die kostenfreien Leistungen eingeschränkt (siehe dazu unter „Medizinische Versorgung für Flüchtlinge“). Für Staatsbürger besteht in Deutschland die Pflicht zur Krankenversicherung. Im Normalfall ist man gesetzlich versichert (Selbständige, Beamten und Personen mit hohem Verdienst sind dagegen privat versichert). In einer gesetzlichen Krankenversicherung wird ein Großteil der Kosten der medizinischen Versorgung von der Krankenkasse gezahlt. Der Patient zahlt dafür einen monatlichen Beitrag in die Krankenkasse ein, der sich nach der Höhe seines Einkommens richtet. Im Krankheitsfall sollte man immer zuerst zu einem/einer niedergelassenen Arzt/Ärztin gehen. Es gibt Allgemeinmediziner/Hausärzte, die normalerweise der erste Ansprechpartner bei jeglichen Beschwerden sind. Diese überweisen den Patient dann gegebenenfalls zu Fachärzten weiter. Man kann jedoch auch direkt zu Kinder-/Jugendärzten, Frauenärzten, Zahnärzten oder Hautärzten gehen. In ein Krankenhaus sollte man nur in (lebensbedrohlichen) Notfällen fahren. Medikamente: Medikamente erhält man in allen Apotheken, jedoch in der Regel nur mit Rezept von einem Arzt/einer Ärztin. Einige rezeptfreie Medikamente wie z.B. Mittel gegen Kopfschmerzen oder Erkältung bekommt man auch ohne Rezept in jeder Apotheke. Falls Sie abends/nachts oder sonntags dringend Medikamente benötigen, können Sie in eine Notapotheke gehen. Im Internet („Notapotheke“ + Standort, z.B. „Würzburg“ bei Google eingeben) oder per Telefon unter der Nummer 22833 können Sie herausfinden, welche Apotheke als Notapotheke geöffnet ist. Als Flüchtling ist man erst einmal nicht krankenversichert, wodurch sich Einschränkungen in der medizinischen Versorgung ergeben. Trotzdem kann man bei Erkrankungen oder Beschwerden medizinisch versorgt werden. Wie dies funktioniert, wird im Folgenden erklärt. 2. Rechtliche Lage zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen 2.1 Personen mit legalem Aufenthaltsstatus Nach §4 Asylbewerberleistungsgesetz sind in Deutschland der Staat bzw. Städte und Kommunen für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen zuständig (für gesetzlich Versicherte ist dagegen die kassenärztliche Vereinigung, d.h. die Krankenkassen zuständig). Im Vergleich zu gesetzlich Krankenversicherten haben Flüchtlinge einen eingeschränkten Anspruch auf medizinische Versorgung. Die Kosten werden bei folgenden Sachverhalten übernommen: ärztliche Behandlung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe sowie Arznei-und Verbandmittel für Schwangere und Wöchnerinnen amtlich empfohlene Schutzimpfungen Der Status der Krankenversicherung ist abhängig vom Aufenthaltsstatus: Personengruppe Behandlungsanspruch Asylbewerber in Erst- Staatliche Aufgabe, durch Gesundheitsämter oder Ärzte (Erstuntersuaufnahmeeinrichtun- chung) gen Asylbewerber bis 15 Beschränkter Behandlungsanspruch nach AsylbLG, BehandlungsMonaten, meist in Sam- schein durch Sozialhilfeträger, unterschiedliche Handhabung betrefmelunterkünften unter- fend Überweisung zu Fachärzten (bei Sozialhilfeträger nachfragen!) gebracht Asylbewerber über 15 Erhalten eine Versicherungskarte, genannt elektronische GesundMonate geduldeter Auf- heitskarte (eGK) gem. § 264 Absatz 2 SGB V, Anspruch wie gesetzlienthalt che Krankenversicherung (GKV), seitens der Ärzte kann bei eGK nicht zwischen diesen Patienten und GKV-Versicherten unterschieden werden. Minderjährige unbeglei- Haben Behandlungsanspruch nach § 40 SGB VIII (Jugendhilfe) i. V. tete Flüchtlinge (gelten m. 47 ff SGB XII (Sozialhilfe), weitgehend gleicher Anspruch wie GKV, nicht als Asylbewerber) Behandlungsausweis durch Jugendhilfeträger. Angelehnt an: https://www.kvb.de/abrechnung/erstellung-abgabe-korrektur/besondere-kostentraeger/behandlung-von-asylbewerbern/ 2.2 Krankenhaus- und Arztbesuche ohne legalen Aufenthaltsstatus Die ärztliche Behandlungspflicht gilt ebenso bei Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Allerdings trauen sich Personen, die keinen legalen Aufenthaltsstatus haben oft nicht zum Arzt, weil sie denken, dann abgeschoben zu werden. Es gilt jedoch auch hier die ärztliche Schweigepflicht (d.h. der Arzt darf auch Behörden keine Information über den Patienten geben). Allerdings muss beim Sozialhilfeträger ein Antrag auf Kostenerstattung gestellt werden (Abrechnung erfolgt wie bei Asylbewerbern, siehe unten „Kostenabrechnung“). Da die Sozialhilfeträger nicht zwangsläufig eine Schweigepflicht gegenüber der Ausländerbehörde haben, kann es sein, dass Personendaten über diesen Weg zur Ausländerbehörde gelangen. Die Bundesärztekammer hat ein Informationsblatt zum Thema „Patienten ohne Aufenthaltsstatus“ herausgegeben: http://www.bundesaerztekammer.de/service/broschuerenarbeitspapiere/ (Dokument: "Patientinnen und Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis") Bei Arbeitsunfällen bei illegaler Beschäftigung können die Behandlungskosten evtl. von den gesetzlichen Unfallversicherungen der Berufsgenossenschaften übernommen werden. Dafür muss jedoch der Arbeitgeber bekannt sein und der Arbeitnehmer muss das Beschäftigungsverhältnis in irgendeiner Form nachweisen können. Mehr Informationen zu einer Kranken- und Unfallversicherung bei illegaler Beschäftigung oder nicht legalem Aufenthaltsstatus finden Sie hier: http://www.medibuero.de/attachment/39b520617b75d0e45fa5eb4f5da202aa/92ba314d777b907481ea9a4642b3ea71/Medizin_fuer_Statuslose.pdf 3. Vorgehen im Krankheitsfall 3.1 Vorgehen je nach Aufenthaltsstatus 3.1.1 Bei Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung Zeitnah nach der Registrierung in den Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es für Flüchtlinge eine medizinische Untersuchung (insbesondere auf übertragbare Krankheiten). Muss eine Person weiter behandelt werden, wird ein Berechtigungsschein für eine vertragsärztliche Behandlung ausgestellt (Kosten werden dementsprechend vom Staat übernommen). 3.1.2 Nach Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung In (lebensbedrohlichen) Notfällen fahren Sie in ein Krankenhaus oder rufen Sie den Notarzt/Rettungsdienst (Telefon: 112), dort wird man auf jeden Fall erst einmal medizinisch versorgt. Die Kostenerstattung wird im Nachhinein von dem Krankenhaus beim Sozialhilfeträger beantragt. Ansonsten kann man jederzeit einen Arzt aufsuchen, wenn man Beschwerden hat. Allerdings gibt es für Asylsuchende bestimmte Regelungen. Bevor Sie einen Arzt aufsuchen, müssen Sie einen Kranken-/Behandlungsschein beantragen. Wenden Sie sich dafür an den für Sie zuständigen Sozialhilfeträger. Falls Sie sich bereits mehr als 15 Monate in Deutschland aufhalten, werden Sie über den Staat krankenversichert. Sie bekommen eine Gesundheitskarte und können damit zum Arzt gehen. Haben Sie den Kranken-/Behandlungsschein oder die Gesundheitskarte erhalten, können Sie zum Arzt gehen. Sie können zu Allgemeinmedizinern (Hausarztpraxis), Kinder- oder Frauenärzten gehen; wenn nötig, überweisen diese Sie an Fachärzte weiter (nach Zustimmung des Sozialamtes). Ärzte finden Sie zum Beispiel auf dieser Internetseite: http://www.arzt-bayern.de. 3.1.3 Bei Aufenthalt in Deutschland ab 15 Monate, geduldet Wenn Sie sich bereits mehr als 15 Monate in Deutschland aufhalten und einen geduldeten Aufenthaltsstatus haben, werden Sie gesetzlich versichert. Die Wahl der Krankenkasse kann in der Regel durch den Patienten getroffen werden. Es gibt viele verschiedene Krankenkassen, die sich teilweise in ihren Leistungen unterscheiden. Eine Liste der Krankenkassen finden Sie hier: https://www.gkv-spitzenverband.de/service/versicherten_service/krankenkassenliste/krankenkassen.jsp Zur Identifizierung erhält man von seiner Krankenkasse eine Gesundheitskarte, die bei Arztbesuchen mitgebracht werden muss. 3.2 Tipps für Arztbesuche Vor allem in größeren Städten gibt es häufig Ärzte mit Fremdsprachenkenntnissen oder selbst eingewanderte; dies kann bei der Verständigung helfen. Ansonsten ist es hilfreich, eine Begleitperson mitzunehmen, die deutsch spricht oder beim zuständigen Sozialhilfeträger nach einem Dolmetscher zu fragen. Vor dem Arztbesuch muss in den meisten Fällen ein Termin ausgemacht werden (per Telefon, Internet oder vor Ort in der Praxis). Nur in seltenen Fällen gibt es bestimmte Sprechstundenzeiten, in denen man kurzfristig vorbeikommen kann. Seien Sie beim Arzt ehrlich (Alkoholkonsum, Drogen, Vorerkrankungen, Erkrankungen in der Familie etc.). Der Arzt/Die Ärztin hat eine Schweigepflicht, deshalb können Sie ihm/ihr alles anvertrauen. 3.3 Kostenabrechnung Die Abrechnung über den Sozialhilfeträger ist möglich, wenn ein Anspruch auf Behandlung besteht (§4 und §6 Asylbewerberleistungsgesetz) (siehe oben unter „2.1 Personen mit legalem Aufenthaltsstatus“). Auch bei nicht legalem Aufenthaltsstatus ist eine solche Abrechnung möglich. Bei geplanten Behandlungen (vs. Notfallbehandlung) muss vom Betroffenen ein Kranken/Behandlungsschein beim Sozialhilfeträger beantragt werden. Bei einer Notfallbehandlung kann der Betroffene ein Krankenhaus oder einen Arzt aufsuchen. Die Kostenerstattung wird im Nachhinein über das Krankenhaus/die Praxis beim Sozialamt beantragt. Wenn Sie bereits gesetzlich krankenversichert sind (ab einer Aufenthaltsdauer von 15 Monaten), beachten Sie bitte, dass nicht alle Kosten übernommen werden (z.B. Brillen). 3.4 Impfungen Impfungen sollten zeitnah nach Ankunft in Deutschland vorgenommen werden (in der Regel wird der Impfstatus bereits bei der Untersuchung in der Erstaufnahmeeinrichtung geprüft). Information zu den notwendigen/empfohlenen Impfungen finden Sie z.B. in diesem Impfkalender, den es in 20 verschiedenen Sprachen gibt: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/Impfkalender_mehrsprachig_Uebersicht_tab.html?nn=2391120 4. Adressen Hier finden Sie wichtige Ansprechpartner in Würzburg (Adressen, Öffnungszeiten, Telefonnummer). Ärztlicher Rettungsdienst (lebensbedrohliche Fälle): Tel.: 112 Krankenhaus/Notfallambulanz (dringende Fälle, nachts): Stiftung Juliusspital Würzburg Juliuspromenade 19 97070 Würzburg Tel.: 0931/393-1984 Ärztliche Bereitschaftspraxis (Dringende Fälle, falls kein anderer Arzt offen ist): Domerschulstraße 1 97070 Würzburg Tel.: 0931/322833 Öffnungszeiten: Mittwoch Freitag 14.00 – 21.00 Uhr 14.00 – 21.00 Uhr Samstag/Sonntag/Feiertag 08.00 – 21.00 Uhr Sozialhilfeträger: Stadt Würzburg: Fachbereich Soziales Karmelitenstraße 43 97070 Würzburg Tel. 0931 - 37 0 E-Mail: [email protected] Landkreis Würzburg: Soziale Leistungen Zeppelinstraße 15 97074 Würzburg Tel. 0931 8003-0 Flüchtlingshilfe: Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Würzburg e.V. Randersackerer Str. 25 97072 Würzburg Tel.: 0931/38659-100 Fax: 0931/38659-199 E-Mail: [email protected] Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. Flüchtlingsberatung Ela Temiz Tel.: 0157 – 53647420 Email: [email protected] Website: www.armut-gesundheit.de 5. Weiterführende Links 5.1 Allgemein Das deutsche Gesundheitssystem: https://www.gesundheitsinformation.de/das-deutsche-gesundheitssystem.2698.de.html?part=einleitung-co Struktur des deutschen Gesundheitssystems: https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/gesundheitspolitik/72594/strukturen-und-versorgungsformen?p=all Fragen und Antworten zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen: (http://www.kvn.de/Startseite/broker.jsp?uMen=73e70a92-b004-e121-cf5a7e25028130e5&_ic_uCon=bf35fd74-8006-e412-55d0-cc2b8ff6bcbb&uTem=aaaaaaaa-aaaaaaaa-aaaa-000000000012 Informationen zur medizinischen Versorgung von Asylbewerbern, insbesondere zur Erstuntersuchung: http://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/gesundheitsuntersuchungen-nach-dem-asylverfahrensgesetz.html Medizinische Versorgung von Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus: http://www.bundesaerztekammer.de/service/broschuerenarbeitspapiere/ (Dokument: "Patientinnen und Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis") 5.2 Für Flüchtlinge Bundesweite Übersicht der Büros für medizinische Flüchtlingshilfe und Medinetz-Initiativen: www.medibueros.org Malteser Flüchtlings Medizin: www.malteser.de Beratung für Wohnungssuche, Arbeitssuche, Erkrankungen, Lebenshilfe etc.: http://www.diakonie-wuerzburg.de/dww/ich-suche-hilfe.1625.0.0.0.0.html Medizinische Hilfe für Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung, Wahrung der Anonymität: http://www.malteser-migranten-medizin.de/startseite.html?type= Tipps und Infos zum Leben in Deutschland: http://www.refugeeguide.de/de/ Videos speziell für Flüchtlinge über das Leben in Deutschland: http://www.br.de/mediathek/video/video/index.html?query=Guide+for+refugees#teaser=9e11b02e-64ae-4d90-a4f5-988b15858eec&jump=teaser 5.3 Für Ärzte Merkblatt Abrechnung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern: https://www.kvb.de/abrechnung/merkblaetter-abrechnung/ (Dokument: „Medizinische Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Bayern“) Informationsmaterialien zum Impfen in verschiedenen Sprachen: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/materialien_fremdsprachig_node.html;jsessionid=67ACB4F63DE1D990383432226C41B47C.2_cid372 Kurzinformationen für Patienten (KiPs) in 6 verschiedenen Sprachen: http://www.patienten-information.de/kurzinformationen/uebersetzungen Amnesebögen in verschiedenen Sprachen: http://www.armut-gesundheit.de/index.php?id=86#c965 Der Autor übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen den Autor, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen, sofern seitens des Autors kein nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden vorliegt. Alle Angebote sind freibleibend und unverbindlich. Der Autor behält es sich ausdrücklich vor, Teile der Seiten oder das gesamte Angebot ohne gesonderte Ankündigung zu verändern, zu ergänzen, zu löschen oder die Veröffentlichung zeitweise oder endgültig einzustellen.
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