Jährlich verschwindet Holz im Millionenwert

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Wald & Jagd
BAUERNBLATT l 22. August 2015 ■
Mit GPS dreisten Holzdieben auf der Spur
Jährlich verschwindet Holz im Millionenwert
Der Rohstoff Holz ist begehrt, als
Baustoff und als Brennholz. Das
schlägt sich nicht nur in anhaltend
hohen Holzpreisen nieder, sondern auch in einer hohen Diebstahlsrate. Fast wöchentlich finden sich in den Lokalzeitungen
Meldungen über Holzdiebstähle.
Und die Dunkelziffer ist extrem
hoch, weil viele Holzdiebstähle
wegen der langen Lagerdauer des
Holzes im Wald und der Maßtoleranzen gar nicht bemerkt werden.
Die Bandbreite reicht dabei vom
privaten Kleindiebstahl, bei dem
am Waldweg eine Kofferraumladung Brennholz eingeladen wird,
bis hin zum gewerblichen Diebstahl von großen Holzmengen
durch Fuhrunternehmer, Händler
oder deren Mitarbeiter. GPS kann
Abhilfe verschaffen, weil es de Tätern auf die Spur kommt.
Das Problem besteht deutschland- und europaweit, wenn es
auch nicht überall bei den Waldbesitzern präsent ist. Doch allein
beim Landesbetrieb Hessenforst
geht man von einem hohen sechsstelligen Betrag pro Jahr aus, der
durch Holzdiebstahl verloren geht.
Dort versucht man seit zwei Jahren, Diebstähle mit sogenannten
Forsttrackern zu verhindern. Dabei
wird eine streichholzschachtelgroße GPS-Box in einem Stamm angebracht. Wird der Stamm abtransportiert, ob legal oder illegal, sendet der Forsttracker seinen Transportweg an eine Empfängerbox.
Doch nur eine kleine Stichprobe
der vielen Holzpolter kann aus Kostengründen GPS-gesichert werden,
zudem besteht die Gefahr, dass der
Abschreckungseffekt im Laufe der
Zeit nachlässt.
Große Versuchung
„Bei den Werten, die dort am
Waldrand liegen, ist die Versuchung offenbar sehr groß“, sagt
Wolf-Georg Fehrensen vom Laubholzsägewerk Fehrensen in Hedemünden, Landkreis Göttingen:
„Ein paar Momente der Angst stehen dann einem Wert gegenüber,
der schon mal das doppelte Gehalt
des Fahrers ausmachen kann. Bundesweit verschwindet jährlich mindestens ein zweistelliger Millionenbetrag an Holz. Wir gehen
zwar davon aus, dass die meisten
Die meisten Holzabfuhrunternehmer arbeiten seriös. Das Icelt-System soll dazu beitragen, den wenigen schwarzen
Schafen der Branche das Handwerk zu legen.
Unternehmen korrekt arbeiten,
können dies aber derzeit nur vermuten. Vertrauen ist im Holztransport besonders wichtig. Auch da-
für soll das neue Icelt-Gütesiegel
stehen. Die seriösen Unternehmen
wollen sich abgrenzen und letztlich auch absichern.“ Gemeinsam
mit weiteren Mitstreitern will Fehrensen nicht an den Symptomen
herumdoktern, sondern den Holzdiebstahl systematisch verhindern.
Im Icelt (Independent Certificate
for European Log Transport), dessen Vorsitzender Fehrensen ist, arbeite man daher mit Partnern der
gesamten Wertschöpfungskette an
einer Lösung. Und diese ist mittlerweile im Praxiseinsatz.
Telematik verbreitet
Das Gütesiegel richtet sich vorwiegend an Fuhrunternehmer. Der
Unternehmer weist nach, dass er
über geeignete Telematiktechnik
verfügt und erklärt sich bereit, dass
bei Bedarf seine Fahrzeugdaten
mit einer Polterkoordinate abgeglichen werden. Telematik ist heute ein fester Bestandteil moderner
Lkw: Eine kleine Box erfasst Daten
des Fahrzeugs und sendet diese an
den Server des Telematikanbieters.
Es gibt derzeit deutschlandweit
branchenübergreifend
etwa
1,2 Millionen Fahrzeuge mit Telematik. Auch im Holztransport verIndikator Kranbewegung: Daten werden nur zur späteren Auswertung aufge- breitet sich diese Technologie derzeit, Icelt lieferte bisher etwa 70
zeichnet, wenn der Lkw stoppt und der Kran bewegt wird.
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solcher Boxen aus. Zudem haben
viele Unternehmen eigene Technik
angeschafft.
Wird der Holzladekran des Lkw
bewegt, funkt die GPS-Box die Koordinaten und die Dauer des Einsatzes an den Telematikserver. Dort
werden die Daten für den Fuhrunternehmer zur Verfügung gestellt.
Nur er darf seine Daten permanent
sichten. Holzeigentümer können
bei Icelt zu einer beliebigen Koordinate anfragen, was mit ihrem
Holz, das an diesem Punkt lagerte,
passiert ist. Icelt gibt die Koordinate in eine speziell entwickelte Abfragemaske ein und erhält von allen teilnehmenden Telematikanbietern einen Bericht zu den Bewegungen an der Koordinate. Icelt
prüft die Berechtigungen und erteilt eine einfache Auskunft: „Alle
Bewegungen sind plausibel und
berechtigt“, oder: „Es gibt unplausible Abfuhrbewegungen.“ In einem solchen Fall kann der Holzeigentümer Anzeige erstatten, und
Icelt übergibt die Daten an die Ermittler.
Einsatz zertifizierter Lkw
Die Landesforstverwaltungen der
Länder Hessen, Thüringen und
Sachsen-Anhalt sind bereits dabei
und werden nach einer Übergangszeit in der Holzabfuhr im Landeswald nur noch Lkw einsetzen, die
das Icelt-Siegel tragen. Holz-Lkw
ohne Gütesiegel haben dann in den
Wäldern der teilnehmenden Waldbesitzer nichts mehr verloren, auch
nicht zur Durchfahrt.
Schätzungsweise sind 3.500 bis
4.000 Holz-Lkw in Deutschland tätig, die pro Monat je rund 1.200
Festmeter Holz bewegen.
„Aufgrund der unpräzisen Vermessung bietet der Holztransport
Wald im Nebenerwerb
Mit dem Forst Geld
verdienen
Die Grundausstattung für einen Lkw mit GPS-Sender, Blackbox und Display.
heute noch eine zu große Grauzone für illegale Aktivitäten. Unseriösen Marktteilnehmern bietet diese
Grauzone einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seriösen Unternehmen. Zudem wird das Vertrauen in
die Unternehmen durch wenige
schwarze Schafe unnötig geschädigt. Diesen Generalverdacht heben wir auf“, so Sebastian Seidel
von Icelt.
Und die Kosten? „Die sind minimal und viel geringer als die Messunterschiede und Toleranzen, die
es beim Aufmessen von Waldholz
gibt. Die Kosten werden je zur
Hälfte vom Waldbesitz und der Industrie getragen. Das Icelt-System
ist wie eine Versicherung zu geringen Kosten für den Holzeigentümer“, sagt Seidel. Der Waldbesitzer zahlt 10 ct/ha Waldfläche, die
Industrie 3 ct pro angeliefertem
Festmeter Holz.
Der Spediteur zahlt für das Gütesiegel lediglich 12 € je Lkw und
Jahr. Mit verschiedenen Angeboten
zwischen 19 und 59 € pro Monat
Wollen aktiv gegen Holzdiebstahl vorgehen: Geschäftsführer Sebastian Seidel
(li.) und Vorsitzender Wolf-Georg Fehrensen von Icelt.
Fotos: Landpixel
kann der Spediteur die notwendige
Technik anmieten und beispielsweise seine Fahrzeugflotte und Holzpolter verwalten, Routen planen,
Lenk- und Ruhezeiten überwachen,
Kraftstoffverbräuche analysieren
sowie Aufträge verwalten.
Geld aus dem eigenen Wald erwirtschaften, aber wie geht das?
Dies wird sich der eine oder andere der über eine Million
Grundbesitzer in Deutschland
fragen, die weniger als 20 ha
Wald ihr Eigen nennen. Oft sind
sie über Erbe zufällig an ihren
Waldbesitz gekommen. Der
Wald ist für sie oft mehr Last als
Lust. Es fehlt die Idee, mit diesem
Immobilieneigentum
etwas
Nützliches anzufangen. Hier
setzt der jetzt in zweiter Auflage
erschienene und vollständig
überarbeitete
Praxisratgeber
„Wald im Nebenerwerb“ aus
dem DLG-Verlag an. Die Autoren
Die Daten sind sicher
Derzeit ist Icelt im intensiven Gespräch mit der Holzindustrie. Hier
wird der Nutzen ganz unterschiedlich eingeschätzt. Von völlig überflüssig bis absolut notwendig ist jede Auffassung vertreten. Entscheidend scheint dabei vor allem der
jeweilige Holzverlust im eigenen
Betrieb. Aufgrund der unterschiedlichen Einkaufs- und Vermessungsverfahren gibt es große Unterschiede. Auch die Datensicherheit
ist ein Thema, das für Unsicherheit
sorgt. Icelt hat das System dazu extra von einem Fachanwalt prüfen
lassen. Die Serversicherheit der teilnehmenden Telematikanbieter sei
genauso sicher wie die der Banken
beim Onlinebanking. Auch der Zugriff durch Icelt auf diese Server sei
streng geregelt und wird durch einen externen Datenschützer laufend überwacht.
Bis Ende Mai sollen etwa 160
Lkw ausgerüstet sein, die Bestellungen haben sich im April mehr
als verdoppelt. Die Fuhrunternehmen zeigen großes Interesse an der
modernen Telematik und wollen
diese auch betriebsintern zur Optimierung der Prozesse einsetzen.
Dort ist der Kostendruck hoch, die
Unternehmer müssen konsequent
an der Optimierung der Frachtwege und der Auftragsverarbeitung
arbeiten.
Christian Mühlhausen
Landpixel
Der neue Ratgeber zeigt auf, wie
auch Besitzer kleiner Wälder
wirtschaftlich erfolgreich sein
können.
Foto: DLG
Karsten Spinner, freiberuflicher
Forstsachverständiger und Gesellschafter einer Forstplanungsberatung im thüringischen
Schwarzburg, und Dr. Frank Setzer, Professor im Bereich Forstwirtschaft an der Fachhochschule Erfurt, zeigen unkomplizierte
Lösungswege auf, wie auch
Nichtfachleute mit sehr wenig
Aufwand gutes Geld mit ihrer
Waldfläche verdienen können.
Der Band „Wald im Nebenerwerb“ kann zum Preis von 7,50 €
beim DLG-Verlag, Tel.: 0 61 239 23 82 63,
Fax:
0 61 239 23 82 62, E-Mail: dlg-verlag@
DLG.org oder direkt im Onlinebuchshop unter www.dlgverlag.de erworben werden.
Friedrich W. Rach
DLG e. V.
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