Erstellung von Studienmaterialien für Menschen mit visuellen Einschränkungen an der TU Dresden Prof. Dr. Gerhard Weber Fakultät Informatik Nöthnizer Str. 46 01062 Dresden Blinde Menschen im Studium • • • • blinde Schüler blinde und sehbehinderte Studenten Literaturversorgung Taktile Grafiken 2 Nicht Sehen Sehbehinderte Menschen Katarakt, Glaukom, altersbedingte Makuladegeneration, Tunnelblick Blinde Menschen nach dem Gesetz „blind“: keine Lichtwahrnehmung oder Lichtwahrnehmung und auf Ersatztechniken angewiesen Definiert über den Visus Visus = 1′ / (individuelle Winkel-Sehschärfe) Messmethoden basieren auf dem Lesen von Buchstaben Stevie Wonder: Sänger normale Sehstärke >= 0.8 (1′ = 3 mm auf 10 m, d.h. Visus 1,0) leichte Sehbehinderung < 0.8 und >= 0.3 mittlere Sehbehinderung < 0.3 und >= 0.125 erhöhte Sehbehinderung < 0.125 und >= 0.05 starke Sehbehinderung < 0.05 und >= 0.02 fast blind < 0.02 und >= NLP totaler Gesichtsfeldausfall : NLP 3 Kompetenzen blinder Schüler Integrierte Beschulung oder Blindenschule Richtlinien und Lehrpläne der Regelschule Zentralabitur in Hessen Unterricht durch Pädagogen z.B. des Studiengangs „Rehabilitationspädagogik“ Univ. Halle, HU Berlin, Univ. Dortmund, … Grundschule/Sekundarstufe Beherrschung der Braillevollschrift Umgang mit PC/Laptop Elektronische und Mechanische Brailleschreibgeräte 4 Lesen mit einer Braillezeile Verfolgen Text Cursor Maus Cursor Erkunden zeilenweise unabhängig von Anwendungen Routing 2014:WebAIM Sensoren betätigen Synchronisation zwischen Anwendung und Erkundung möglich Adaptierung Funktionstasten Konfigurationsdateien Skriptsprache 5 Elementare Eigenschaften von Screenreadern Demonstrationsversion JAWS verfügbar (40min Laufzeit) Sprechende Installation Sprach- und (rudimentäre) Braille-Unterstützung für Login Screen Kann abstürzen (dann Arbeiten im „Blindflug“) Unterstützt mehrere Brailleschriftsysteme Spezialisierte Hilfsprogramme Globale Tastenkombination zum Beenden Programmstart per TastaturShortcut Sprachsynthesizer („Eloquence“) und Braillezeilentreiber werden mitgeliefert Sonderfunktionen für Office Produkte, Browser, OCR, … 6 Beschulung Integrationsklassen: Diese Klassen setzen sich aus Kindern mit und ohne Sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) zusammen, zumeist nach einem festgelegten Schlüssel. Zentrales Merkmal ist das Zweipädagogensystem, das eine Betreuung durch einen Lehrer der Allgemeinen Schule und eine Förderschulkraft sicherstellt. Einzelintegration: Hier wird nur ein Kind mit SPF in eine Regelklasse integriert. Integrative Regelklasse: Hier werden einer Klasse pauschal sonderpädagogische Förderstunden zugeteilt. Gemeinsamer Unterricht mit nur einer Behinderungsart: In diesem Modell werden nur Kinder mit einer ähnlichen oder gleichen Behinderungsform integriert. 7 Braille Louis Braille (1809-1852) entwickelt einen Code auf Basis einer militärischen Entwicklung zum Lesen bei Nacht Supervoll, Voll-, Kurzschrift und Stenographie Vollautomatische Übersetzung keine triviale Aufgabe In vielen Ländern 2 Arten von Brailleschrift weitere Notationen für Musik, Chemie und Mathematik Library of Congress hat 56 verschiedene Mathematikschriften dokumentiert, abgeleitet von D,Fr,UK,US „Universelle Mathematikschrift“ ist nicht akzeptiert 6-Punkt und 8-Punkt Braille Japan: 8 Punkte; Hebräisch: rechts nach links Zeichen, Zeilen- und Punktabstand uneinheitlich 8 Schulische Werdegänge Sven: Braille&PC, segregiert beschult, wurde geschult im Umgang Hilfsmittel, Braille intensiv auf Papier, spielt Blindenfußball Anja: nutzt Computer-Braille am PC, integriert beschult, akustischer Zugang, wenig Kenntnisse zum Hilfsmitteleinsatz, LPF Schulung wurde beantragt Ralph: mehrfachbehindert, da blind und einhändig, muß Braille anpassen Nils: verwendet LaTeX für mathematische Herleitungen Brailleausdrucke neben dem Laptop 9 Soziale Netzwerke Deutscher Blinden und Sehbehindertenverband (www.dbsv.org) Zeitschrift „Die Gegenwart“ Blinden-und-Sehbehinderten-Verband Sachsen/SachsenAnhalt, … (www.bsv-sachsen.de) Deutscher Verband der Blinden in Studium und Beruf Zeitschrift horus Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (www.vbs-gs.de) Didaktikpool ISaR (www.isar-projekt.de ) diverse Anleitungen „LATEX als Mathematikschrift für Blinde“ „Computer- und Laptopnutzung ohne Maus“ 10 BLINDE UND SEHBEHINDERTE STUDENTEN 11 Blinde und sehbehinderte Studenten Vorlesung Tafel Projektion Skript Übung Aufgabenstellung Ausarbeitung Labor Hilfskraft/Assistenz notwendig? Seminar Vortrag Prüfung Klausur Mündlich Praktikum frühzeitig planen, teilw. Ausland erwünscht extrem hilfreich für AG Kontakte Abschlußarbeit Verteidigung 12 Tafelbenutzung alle Tafelinhalte aussprechen neue Flächen benutzen Löschungen ganzer Flächen Vermeiden von „das“, „dort“ besser: wiederholte Benennung evt. „links“, „rechts von XY“ Vorlesung Internetrecht http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/diva/2001-135/ 13 Zeichnungen an der Tafel Hierarchische Struktur durch methodischen Aufbau, entweder Breite zuerst oder Tiefe zuerst Ausdrücke für Beziehungen „zerfällt in“, „Nachbar von“, „Vorgänger ist“, Beispiel Gesetzgebung in Sachsen „gefolgt von“ vergleichbar mit Telefonieren 14 Zeichnungen an der Tafel Mathematische Funktionen Koordinaten benennen Werte beschreiben Ergänzungen in Kontext einordnen Beispiel Regressionsanalyse Problem: graphische Notationen z.B. in Architektur, Elektrotechnik Regressionsanalyse mit dem Bestimmtheitsmaß r= 0,8461 15 Projektion in der Präsenzlehre alles vorlesen mehrspaltigen Aufbau von Folien serialisieren Bildbeschreibung möglichst im Dokument anfertigen Textzeile integrieren für menschlichen Vorleser Alternative Beschreibung anfertigen Problem: Animationen 16 Mitschriften blinde Studenten • MP3 Recorder • Notizprogramme auf Laptop • Fotografieren durch Assistenz und nachträgliche Transkription Sehbehinderte Studenten • Kamerasystem • Notizprogramm auf Tablet technisch möglich wird demnächst • Aufzeichnung über Kamera • Aufzeichnung handschriftlicher Darstellungen 17 Übungen Wenn die Aufgabenstellung elektronisch vorhanden ist, entfällt evt. die Notwendigkeit zur Umsetzung Bearbeitung per Texteditor durch den Studenten evt. auffordern Nebenrechnungen anzugeben Schreibfehler sind möglich; TEST TEST gleich test test gleiche Bearbeitungszeit Kooperation mit sehenden Kommilitonen muß keine Einbahnstraße sein evt. auf Einzelbearbeitung bestehen und Ergebnis vor der Gruppe darstellen lassen Korrektur im Dokument kenntlich machen Notizen, Anmerkungen, Kommentare werden meist vom Hilfsmittel nicht erkannt 18 PDF Kommentare Neutrales Format von Studenten gern zur Abgabe genutzt Adobe Professional ermöglicht Kommentare diese sind leider dem Screenreader unzugänglich Besser: editierbares Abgabeformat vereinbaren 19 Unzugängliche Kommentare verwenden eingebaute Funktionen: Kommentare in Word Zugängliche Kommentare sind leicht zu finden und entfernbar: 20 Seminar Erstellung von PowerpointFolien ist möglich Meist nur einspaltig, wenige Hierarchiestufen keine Grafik, keine Farbgestaltung (außer durch fremde Hilfe) Manche Herstellen bieten den Zugang zu Notizen während der Präsentation an, deshalb evt. akustische Vermittlung (Lautsprecher, Kopfhörer) Folien in LaTeX können gut gelesen werden und sind meist auch komplexer Folien in OpenOffice sind seit Jaws 7 möglich 21 Prüfungsordnung erweitern Aus der PO Bachelor Informatik: § 5 Arten der Prüfungsleistungen (3) Macht der Studierende glaubhaft, wegen länger andauernder oder ständiger körperlicher Behinderung bzw. chronischer Krankheit nicht in der Lage zu sein, Prüfungsleistungen ganz oder teilweise in der vorgesehenen Form abzulegen, so wird ihm gestattet, die Prüfungsleistungen innerhalb einer verlängerten Bearbeitungszeit oder gleichwertige Prüfungsleistungen in einer anderen Form zu erbringen. Dazu kann die Vorlage eines ärztlichen Attestes und in Zweifelsfällen eines amtsärztlichen Attestes verlangt werden. Entsprechendes gilt für Prüfungsvorleistungen. 22 Prüfungsformen Typisch in Klausuren 1,5-fache Zeit Konzentrationsprobleme ab 4h*1,5 Papierform eher selten Übertragung vorher und nachher PC-basiert In NL für Abitur (!) Hilfsmitteleinsatz kontrollieren Mündlich gleiche Zeit oft die in der PO genannte „andere Form“ Anforderungen an den Dialog ähnlich der Vorlesung Beispiel Konstruktionszeichnen mit einhändigem blinden Studenten 23 Abschlußarbeit Gestaltungshinweise für wissenschaftliche Arbeiten zugänglich machen und beachten (üben) Word oder LaTeX möglich Bilder durch Dritte erstellen/überprüfen lassen keine Einschränkung des Umfangs Literaturbeschaffung rechtzeitig klären 24 Office Anwendungen richtig einsetzen Word Überschriften per Formatvorlage festlegen Listen formatieren Tabellen erstellen, erweitern und verkleinern, Spaltenköpfe festlegen, verbundene Zellen nutzen Inhaltsverzeichnis erzeugen bibliographische Angaben Excel ein Arbeitsblatt mit div. Zahlenformaten Spaltenköpfe festlegen in Tabellen mit leeren Bereichen Adressieren in mehreren Arbeitsblättern Statistikfunktionen anwenden lernen 25 Anwendungen richtig einsetzen E-Mail Gute Erfahrungen mit Outlook Webmail wenig geeignet Dateianhänge benutzen Forum Gute Erfahrungen, Verbreitung steigend Browser Formulare bedienen Cursortechniken Struktur erarbeiten Überschriften finden Absätze lesen Listen lesen Problem: Barrieren im Web 26 LITERATURVERSORGUNG AG Studium für Blinde und Sehbehinderte Grundsatzentscheidung der Fakultät Informatik Institut für Angewandte Informatik Professur Mensch-Computer Interaktion AG SBS seit 1990 Befristete Finanzierung durch Rektorat 3 (Teilzeit-) Mitarbeiter, studentische Hilfskräfte ELVIS = Elektronisches Literaturverzeichnis und Informationssystem für blinde und sehbehinderte Studierende Webseite: http://elvis.inf.tu-dresden.de Wiki: http://elvis.inf.tu-dresden.de/wiki 28 Rektormitteilung 3 / 2004 Thema: Studium und Behinderung von der Bewerbung bis zum Arbeitsmarkt Beauftragter für Studierende mit Behinderung Prof. Spallek, Fak. Informatik Verantwortung für barrierefreie Studienbedingungen Studiendekane der einzelnen Fakultäten Kooperation mit AG SBS Ziel: Gewährung von Nachteilsausgleich 29 IGB Interessenge meinschaft Studium und Behinderung Behindertenbeauftragter DZB Leipzig AG SBS Behindertenverbände SLUB Sehkon Uni Dortmund Beirat Inklusion des Rektorats 30 Studienunterstützung Ansprechpartner (Informatik, andere Fakultäten, Technik) Lern und Arbeitsplatzsystem (LAS) Beratungen /Einweisungen vor Studienbeginn Barrierefreies Studienmaterial Ablage der bereits aufbereiteten Literatur, Katalogisierung, Anfragen für Fernleihe Prüfungen (1,5 fache Zeit, Hilfsmitteleinsatz) regelmäßige Treffen (intern) Stammtisch (extern) Weihnachtsfeier 31 Lern- und Arbeitsplatzsystem Vergrößerungshilfen und Buch-OCR Braillezeile und -drucker AG SBS betreut zahlreiche Studierende Fachrichtungen (2015): • Informatik/Medieninformatik • Soziologie • Mathematik • Lehramt Mathematik/Physik • Physik • Biologie • Verfahrenstechnik/Papiertechnik • Internationale Beziehungen Wirtschaftsinformatik Verkehrswirtschaft Verkehrsingenieurwesen Psychologie Verfahrenstechnik/ Papiertechnik • Internationale Beziehungen • • • • • Zahlreiche erfolgreiche Abschlußarbeiten und 2 Promotionen 33 Beispiele für Literatur Lipp - Grundlagen Digitaltechnik (Seite 27) Hennessy – Computer Architecture (Seite 81) Folien: Vorlesung Rechnerarchitektur Cray XT5 (Jaguar) at Oak Ridge National Laboratory 35 Barrierefreie Fachbücher • Erprobter Prozess im Rhythmus der Semester • Prüfung ob Fernleihe möglich • Sonst: Copyright von den Verlagen erwerben, archivieren (evt. €) • Quelltexte transcodieren • Bearbeitung durch studentische Hilfskräfte • Nachnutzung • Sehkon Katalog der Universität Dortmund • http://www.ub.uni-dortmund.de/sehkon/ • Angebotene Materialien • PDF • HTML • taktile Ausdrucke 36 Anforderungen an barrierefreie Literatur • Zitierfähigkeit • Nummerierung der Seiten • Metadaten wie Autor, ISBN, Verlag, Jahr • Trennung von Layout und Inhalt • Strukturierung über die HTML Dokumenteninhalt (Tags) • Alternative Bildbeschreibung • Auszeichnung von mathematischen Formeln • Navigation 37 Barrierefreie Fachbücher in HTML • HTML-Beispiel 38 Prozessablauf • Hauptbestandteile des ELVIS Systems • Katalog • Administrationstool (seit 2014) • Server für die Datenspeicherung • Fleißige Mitarbeiter und studentische Hilfskräfte • Schulung: Teilnehmer eines AQUA Kurses erlernen jedes Semester Techniken zur Transkription, Bildbeschreibung, Erstellung taktiler Grafiken 39 Bearbeitungswunsch/ Antrag eines behinderten Studenten Katalog Verlag Recherche zum Dokument Barrierefrei vorhanden? Nein ja Server Bewertung/ Anpassung der Quelldokumente intern Überarbeitung Archiv Erhalt Copyright & Quelldokument Administrationstool extern Anfrage bei Institution Dokumentabgabe an den Studenten Beantragung Copyright & Quelldokument automatische & manuelle Kontrolle Einteilung Aufgabenpakete Transformation 40 Katalog • Beinhaltet • beantragte Bücher Copyright-Information Metadaten Bearbeitungsstand • Erhaltene Lehrmaterialien Metadaten Fachrichtung Semester • Erstellte taktile Grafiken Metadaten Referenzen zu Büchern und Lehrmaterialien sind möglich 41 Administrationstool • Abbildung der Arbeitsabläufe • Copyright-Anträge • Übertragung • Erforderlichen Korrekturen • Zeiterfassung und Verwaltung von MA/SHK • Eingabemaske für • die Recherche im Katalog • Anlegen und Bearbeiten von Katalogeinträgen 42 ELVIS Server • • • • Archivierung der Quellen und Datensicherung Archivierung aller übertragenen Materialien Verteilung von aktuellen Materialien Automatisierte Prüfung auf Fehler bei der Transkription 43 Verteilung der Materialien nach Transkription 1. Übertragung 2. Senden an Server durch MA/SHK 3. Überprüfung und Generierung von HTML 4. E-Mail mit DownlowdLink an Studenten 5. Gesicherter Download durch Login und Passwort 5. 3. 4. 2. 1. 44 TAKTILE GRAFIKEN Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte ... Komplizierte Sachverhalte werden oft durch Grafiken und Bilder leichter erläutert, als durch Texte. Dadurch wird meist ein stärkerer Eindruck erzielt. Zur Erzielung von Barrierefreiheit fordert der Gesetzgeber die Textform: Herausforderungen für die Fachbucherstellung Fachbucherstellung – wie auch Schulbucherstellung – dient dazu Studierenden den Zugang zu fachlichen Konzepten zu ermöglichen • • • • • • Grafiken müssen verbal beschrieben werden Taktile Grafiken für blinde Menschen herzustellen erfordert viel Erfahrung und ist aufwändig Es gibt kaum Richtlinien [BANA, TAEVIS, VISCH], keine Qualitätskontrolle und keine vergleichbare Dokumentationstechnik für die Qualitätskontrolle Die Verbreitung von taktilen Grafiken ist gering, der Umgang mit taktilen Grafiken wird kaum geschult Taktile Grafiken werden kaum durch blinde Menschen selbst erstellt Taktile Grafiken sind kaum unterwegs benutzerbar, insbesondere Karten 47 1000 Worte für eine Grafik? Bildbeschreibungen • bieten oft nur eine mögliche Interpretation an Viele technische Grafiken haben Charakteristika einer Notation • Mathematik • Chemie • Architektur • Informatik • Elektrotechnik • Etc. Kenntnisse grafischer Konzepte sind Teil des Lernziels, werden bei einer Klausur vorausgesetzt und erlauben den nichtverbalen Gedankenaustausch 48 (Audio-)Taktile Darstellungsmöglichkeiten Schwellpapier Taktile Ausdrucke (Tiger®, Index®, …) Audiotaktile Darstellung (IVEO®) Taktile flächige Braille-Displays (HyperBraille) (Tablet-Bildschirm mit Multitouch Eingabe) Daisy speichert Bildbeschreibungen und • SVG in DAISY • DIAGRAM XML (ANSI/NISO Z39.98-2012) 49 Umfrage in D-A-CH, 2013 Grafikersteller und Grafiknutzer verwenden … Technologie Produzenten (n=20) Leser (n=78) Schwellpapier 80 % 90 % Brailledrucker 55 % 72 % Collage 20 % 62 % Thermofolie 55 % 87 % 3D-Modell 20 % 63 % [Prescher, 2013] 50 Selbständige Erstellung Methoden der selbstständigen Erstellung von Grafiken (in %) 0 Zeichenfolie mit Kuli/Stift Zusammenlegen von Formen Kopierrädchen Spannen von Gummis um Nadeln Bilder aus Buchstaben (z.B. Ascii-… Thermostift auf Schwellpapier Ritzen in Pressspanplatten (Holz) Software für Brailledrucker (z.B. TSS) Kommando-/Auszeichnungssprache Pixelbilder mittels Tastatureingabe… Quick Draw Paper (Malen mit Filzstift) Übertragung von Zeichnungen mit… andere Herstellungsverfahren 20 40 60 80 100 88 60 49 44 32 30 26 12 11 7 5 2 26 [Prescher, 2013] 51 QUALITÄTSSICHERUNG DURCH BLINDE UND SEHENDE LEKTOREN Das Projekt TANGRAM (2012-2015) Ziele • • • Herstellungsverfahren für Grafiken in Fachbüchern durch standardisierte Dokumentenformate vereinfachen und unterstützen. Entwicklung eines geeigneten Werkzeugs für die Erstellung von Grafiken (auch zur Benutzung durch blinde und sehbehinderte Lektoren). Geeignete Gestaltung von Distributions- und Archivierungsmethoden, so dass auditive, taktile oder audiohaptische Darstellungen am Arbeitsplatz genutzt werden können. Transkriptionsprozess eines Fachbuches der AG Studium für Blinde und Sehbehinderte (AG SBS) an der TU-Dresden • Ablauf: Copyright anfordern → Text übertragen & Bildbeschreibung anfertigen • Abgleich mit ELVIS Katalog und Sehkon • Fachbücher in HTML → Ausgabemedium ist Browser (sehbehinderte Leser) + Screenreader (blinde Leser, 40er Braillezeile) • Hypertextstruktur nicht ausreichend, wenn graphische Notation schwer zu verbalisieren ist Entscheidung zur Erstellung von taktilen Grafiken basiert auf Überlegungen von Studenten, Mitarbeiter AG SBS, Dozenten, Professoren oder des Übungsleiters zur Einschätzung der Komplexität und der zu verwendenden Technologie. Grafikerstellung erfolgt parallel zur Bearbeitung von Texten. Notfalls werden mehrere Technologien nacheinander angewendet Qualitätskontrolle erfolgt erst, wenn der/die Student/in Verständnisprobleme hat 54 Ein Beispiel Fachbucherstellung der AG SBS an der TU-Dresden - Abbildungen • Abbildungen (außer Schmuckgrafiken), werden 1:1 d-h- als Grafik - in das transkribierte Dokument übernommen (Zitierfähigkeit erhalten) • Bildbeschreibung wird angefertigt • Kurzbeschreibung zum Bild im Dokument – alt-Tag mit bis zu 80 Zeichen • Erweiterte Beschreibung - wenn notwendig - in separater Datei, auf die verlinkt wird (strukturierte HTML-Datei) und aus der zurück verlinkt wird 55 Beispiel – Kartographie • Komplexes Strukturschema mit viel Textinhalt über drei Bilder aufgeteilt • Bildbeschreibung sehr umfangreich und ebenfalls dreigeteilt • Bildbeschreibung kann Elementbeziehungen nur schwer verständlich machen 56 Beispiel – Kartographie • Überarbeitung zu audiotaktiler Grafik • Texte sind als erweiterte Beschreibung in den Grafikelementen hinterlegt • können auditiv abgerufen werden Kartenverwandte … Unterteilt in drei Bereiche ... EDV-gestützte Arbeitsverfahren …. 57 Beispiel – Kartographie Darstellung für verschiedene Ausgabemedien Audiotaktile Ausgabe IVEO 58 Beispiel – Kartographie Darstellung für verschiedene Ausgabemedien TANGRAM Arbeitsplatz HyperBraille Stiftplatte 59 Beispiel – Kartographie Darstellung für verschiedene Ausgabemedien Auditive Ausgabe Daisy – DTB z.B. navigierbare Bücher mittels „Save as Daisy“ oder Daisy-Pipeline Tangram bietet Werkzeuge an Open Office Draw • • • • • • Open Source • kostenlos • Schnittstellen offengelegt einfach zu bedienen kann verlustfreie Vektorgrafiken erstellen in einigen Einrichtungen etabliert • Blista Marburg (VISCH 2) • SZS Karlsruhe Anbindung an ViewPlus-Geräte (Tiger-Drucker) Anbindung an die Daisy-Pipeline (odt2daisy) [UML, SZS Karlsruhe] [VISCH, Blista Marburg] 61 Werkzeuge – Erweiterung von OOo Unterstützung beim Erstellungsprozess • • Verwendung von Vorlagen • Objekte (Pfeile, Linien, Koordinatensysteme, komplexe Objekte, …) • Füllungsmuster (abgestimmt auf Ausgabemedium, Umsetzung von Farbe in Muster, …) • Auf Ausgabemedium abgestimmte Schriftarten und -größen Unterstützung beim Export der Grafik [Braille Authority of North America and the Canadian Braille Authority] Tangram Toolbar für OpenOffice Position Größe Füllmuster Linienstil Raum zwischen Füllmuster und Randlinien erzeugen starte Qualitätstest Öffne Dialog für ‘Titel & Beschreibung’ starte TANGRAM Lektorenplatz 63 TANGRAM Arbeitsplatz auf Hyperbraille Anzeige Zugang zu OpenOfffice Draw - video Taktile Interaktion Editor für Textbeschreibungen DAISY Reader für DAISY Diagramme 64 Taktile Benutzeroberfläche Multimodal Unterstützt Zoomstufen Verschiebung taktiler Rollbalken Maus und Tastatureingabe 65 Benutzertest: Schwarzschriftkontrolle möglich 12 Probanden (6 mit Erfahrung, 6 kaum/ohne Erfahrung) Kontrollieren einer Rechnung in Originalansicht Ergebnis: vor allem schlechte Brailleleser profitieren Taktile Buchstaben ab einer Größe von 9 Stiften erkennbar (≈ 22 mm) Flächenhafter Bezug erkennbar, aber zeitaufwändig Taktile Schwarzschrift [Prescher et al., 2010] 66 Qualitätskontrolle nach W3C EARL Standard 67 http://www.inf.tu-dresden.de Literatur Denise Prescher, Jens Bornschein, Gerhard Weber: Production of Accessible Tactile Graphics. ICCHP (2) 2014: 26-33 Jens Voegler, Jens Bornschein, Gerhard Weber: Markdown - A Simple Syntax for Transcription of Accessible Study Materials. ICCHP (1) 2014: 545-548 Jens Bornschein, Denise Prescher, Gerhard Weber: SVGPlott - Generating Adaptive and Accessible Audio-Tactile Function Graphs. ICCHP (1) 2014: 588-595 Denise Prescher, Gerhard Weber, Martin Spindler: A tactile windowing system for blind users. ASSETS 2010: 91-98 Martin Spindler, Michael Kraus, Gerhard Weber: A Graphical Tactile Screen-Explorer. ICCHP (2) 2010: 474-481 Michael Kraus, Thorsten Völkel, Gerhard Weber: An Off-Screen Model for Tactile Graphical User Interfaces. ICCHP 2008: 865-872 Mei Miao, Gerhard Weber: Quantitative Auswertungsmethode für mentale Karten von blinden Benutzern. Mensch & Computer 2013: 47-56 Limin Zeng, Mei Miao, Gerhard Weber (2014). Interactive audio-haptic explorers on a tactile display. Interacting with Computers 2014, doi: 10.1093/iwc/iwu006, 69
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