qualität ist kein zufall

Fotos: Daniel Armbruster
INTERVIEW
Daniel Armbruster
Wandlungsfähiger
baut auf Flexibilität
Daniel Armbruster über gebrauchstaugliche Metallgestaltung
»QUALITÄT IST KEIN ZUFALL«
Metallgestaltung ist heute mehr als klassisches Schmieden – sie unterliegt einem stetigen Wandel,
will sie sich zeitgemäß präsentieren. Daniel Armbruster führt ein modernes, gut gehendes
Unternehmen im Oberwolfach, Schwarzwald – »A2 Metallbau Armbruster« heißt es und deckt
eine breite Produktpalette ab. HEPHAISTOS wollte von dem gelernten Metallgestalter wissen,
was sein Betrieb anbietet und wie es dazu kam, dass er heute so aufgestellt ist
HEPHAISTOS: Besucht man Ihre Website, so steht der Stahlbau in Ihrer Angebotspalette im Vordergrund. Sie sind
aber gelernter Metallgestalter. Ist das,
was Sie tun, noch klassische Metallgestaltung, ist es Konstruktionstechnik – oder beides?
Daniel Armbruster: Was ist denn klassische Metallgestaltung? Die Frage stelle
ich mir selbst. Darf ich zum Beispiel
elektrisch schweißen, oder geht das
schon zu weit? Ich finde: Jeder, der ein
Stück Metall in die Hand nimmt – ob das
ein Konstrukteur ist, der eine Maschine
baut, oder der Stahlbauer, der ein Vordach macht – leistet Metallgestaltung.
Warum steht das Schmieden nicht mehr
im Mittelpunkt Ihrer Arbeit?
Ich habe Metallgestaltung gelernt – und
diesen Job liebe ich heute noch. Ich habe
mir selbst eine Schmiede aufgebaut und
etliche Treffen besucht, doch dann hatte
12
ich ein Schlüsselerlebnis: Kunden beauftragten mich mit einer geschmiedeten
Vogel-Plastik. Als es um den Preis ging,
musste ich mich letztlich komplett unter
Wert verkaufen. Da war für mich klar:
Die aufwendige Arbeit an der Esse sollte
sich auch lohnen. So nahm ich zunehmend Abstand vom klassischen Schmieden und befasste mich, auch durch die
Übernahme des elterlichen Betriebes,
mehr mit Bürotätigkeit, mit CAD-Zeichnen und mit Konstruktionstechnik. Wir
haben eine Zeit lang hauptsächlich
Treppen gemacht, uns damit etabliert
und uns sehr gute Referenzen erarbeitet.
Ich bin froh, Metallgestaltung gelernt zu
haben, denn das ist die Basis meiner
heutigen Arbeit.
abgibt – denn dem ist man verhaftet. Außerdem beauftragen uns Firmen, die
beispielsweise für ihre Eingangsportale
eine Treppe brauchen. Auch andere Ge-
Welche Kunden aus welchen Bereichen
benötigen denn aktuell gestaltetes Metall?
Wir machen derzeit viel für Kommunen,
wobei da zu beachten ist, dass vorab gut
kalkuliert sein muss, welchen Preis man
Wendeltreppe für die Hochschule der Medien mit
geschlossenen Wangen und gekanteten Stufen
HEPHAISTOS 1/2 2016
werke, etwa Schreiner, die Edelstahlteile
benötigen. Auch noch Privatpersonen –
das aber eher in geringer Zahl.
Hat sich entsprechend die Produktpalette
Ihres Unternehmens im Laufe der letzten
Jahre verändert?
Mitte 2010 habe ich den Betrieb übernommen, kurz zuvor gab’s noch eine
neue Werkstatt, und das Thema Blechbearbeitung kam dazu – eine super Ergänzung, um Treppen zu bauen. Aber
wir machen auch anderes, bauen beispielsweise Maschinen. Wir sind sehr flexibel, und auf diese Flexibilität habe ich
gebaut. Unser Betrieb hat 15 Mitarbeiter,
von neun Werkstattarbeitern haben
sechs den Meistertitel und sind fähig,
auch größere Projekte auszuführen.
Übrigens suchen wir gerade einen neuen
Mitarbeiter, der gerne auch Metallgestalter sein kann – er wird bei uns allerdings
nicht den ganzen Tag an der Esse stehen.
Viele Ihrer Kollegen verwenden viel Zeit
und Leidenschaft aufs kreative, ja künstlerische Schaffen. Welche Chancen bestehen, damit den Lebensunterhalt zu verdienen?
Man muss schon herausragend sein, um
damit Erfolg zu haben. Ein Metallkünstler muss den Bleistift beherrschen, modellieren können, eine eigene Handschrift verfolgen – einen Albert Paley erkennt man auf 100 Meter Entfernung.
Kunsthandwerklich habe ich ja auch gearbeitet und das gut, aber davon konnte
ich einfach nicht leben. Außerdem kann
man im Bereich Metall- bzw. Stahlbau
genauso kreativ und leidenschaftlich
seine Arbeit tun. Wenn man sich zum
Beispiel mit dem Thema Oberfläche beschäftigt: Stunden verbringt man da mit
Ausprobieren, bis es toll aussieht.
Praktische, zeitgemäße Metallgestaltung
ist also längst nicht mehr nur Schmieden
– welche Bearbeitungstechniken und
welche Materialien muss der Metallgestalter heutzutage kennen?
Natürlich kann ich beispielsweise eine Lochung warm mit Meißel und Dorn herausarbeiten – ich kann das aber auch
brennschneiden, ohne dass der Laie einen
Unterschied bemerkt. Schmieden ist zweifellos toll, und wir werden immer wieder
auf klassische Techniken zurückgreifen
müssen. Aber wir haben darüber hinaus
die Möglichkeit, aus vielen Materialsorten
zu wählen – neben Stahl etwa auch Edelstahl, Aluminium oder Tombak. Man
kann lasern, kanten, biegen oder schweißen. Man kann Oberflächen auf unter-
HEPHAISTOS 1/2 2016
schiedlichste Weise behandeln, auch chemisch. Und was das Zeichnerische angeht, lässt sich mittlerweile viel mit CAD
machen. Mit all dem kann man ebenfalls
eine bestimmte Aussage treffen – all das
hat ebenfalls mit Gestaltung zu tun!
Wie sieht denn gute Gestaltung von
Bauteilen und Gebrauchsartikeln aus
Metall aus?
Zu 95% richtige ich mich nach den Vorgaben des Architekten. Bei den restlichen 5% ist meine Gestaltung gefragt,
dafür sorge ich mit den Details, die ich
auszuarbeiten habe. Die müssen meiner
Ansicht nach in erster Linie ordentlich
ausgearbeitet sein. Etwa, indem aus
einem Gegenstand wie einem Geländer
ein Handschmeichler wird. Wir legen
Wert auf einen durchgängigen Handlauf
– das ist Gestaltung, das hat mit handwerklichem Geschick und mit Können
zu tun. Und zum Design: Dass weniger
meist mehr ist – diesen Gestaltungsgrundsatz lernt man eigentlich auf der
Metallgestalterschule.
Ihr Betrieb ist EN-1090-zertifiziert. Wie
wichtig ist die Norm für die Arbeit eines
modernen Metallgestalters?
Dass kleine Ein- oder Zweimannbetriebe,
die noch viel mehr am reinen Schmieden
dran sind als wir, sich dagegen wehren,
verstehe ich. Zumal man sich auch als unzertifizierter Betrieb Teile zuliefern lassen
kann, möchte man z.B. eine Treppe machen. Persönlich sehe ich die EN 1090
aber auch positiv. Wenn es Probleme gibt,
muss ich vielleicht mal nachweisen können, wo ich beispielsweise eine Halterung
oder einen Dübel herhabe – schwierig
ohne Dokumentation. Auch das ist doch
im Sinne einer guten Handwerkstradition: Nicht stehen zu bleiben, sondern sich
ständig zu verbessern!
Verschwimmen die Grenzen zwischen
den Fachrichtungen Metallgestaltung
und Konstruktionstechnik zunehmend?
Ich finde es jedenfalls falsch, zwei Gruppen zu bilden – einerseits die Schmiede,
die andererseits die Schlosser ein wenig
belächeln, nach dem Motto: Was sich
nicht ums Schmiedefeuer dreht, taugt
nichts. Es gibt namhafte Schlosser, die
sehr, sehr gute Metallgestaltung betreiben. Zwar in einer anderen Form, aber
in einer gebrauchstauglichen Form –
und genau das brauchen wir doch! Ich
würde gerne mehr solche Dinge im
HEPHAISTOS-Schaufenster sehen.
Das Interview führte Ilka Schöning
Oben: Balkone am Familienheim Freiburg.
Feuerverzinkter, lackierter Stahlrahmen. Außenhülle: gelasertes, pulverbeschichtetes Aluminiumblech. Den Blickschutz bildet eine Kunststoffplatte
Links: Edelstahl-Geländer mit mattierten,
punktgehaltenen Glasscheiben sowie einem
durchgehenden Handlauf
Unten: Glasvordach mit Pylon und abgehängten
Sparren. Glasauflage unterhalb der feuerverzinkten
Tragkonstruktion
Weitere Arbeiten der Firma »A2 Metallbau
Armbruster« sind in diesen und in
kommenden »Schaufenstern« zu sehen
... und wie arbeiten Sie?
Liebe Leser, wie arbeiten SIE? Wie sieht
Ihr beruflicher Alltag aus, welche Themen beschäftigen Sie, worüber möchten
Sie in HEPHAISTOS mehr lesen?
Diesem Heft liegt eine Leserbefragung
bei. Wir würden uns freuen, wenn Sie
sich die Zeit nehmen könnten, uns diese
ausgefüllt zurückzusenden.
Und bitte senden Sie uns weiterhin
Beiträge und Fotos aus Ihrem Alltag
als Metallgestalter, ob Sie sich nun als Schmied, Schlosser,
Künstler oder eine »Mischung« aus all dem verstehen – denn
HEPHAISTOS ist ein Spiegel der Einblicke und Eindrücke,
die SIE, lieber Leser, uns geben und mit uns teilen!
Ihre HEPHAISTOS-Redaktion
13