- Dr. Michael Hein

erscheint voraussichtlich in: Jörn Knobloch/Thorsten Schlee (Hrsg.): Unschärferelationen –
Konstruktionen der Differenz von Politik und Recht. Wiesbaden: Springer VS 2016 (Reihe:
„Politologische Aufklärung – konstruktivistische Perspektiven“, Band 5).
Die Politisierung der Verfassungsgerichtsbarkeit. Eine ideengeschichtliche
und systematische Begriffsrekonstruktion
Michael Hein/Stefan Ewert*
Zusammenfassung: Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist der zentrale Ort der Konstruktion und
Balancierung des Verhältnisses von Politik und Recht. Nicht zufällig ist daher „Politisierung“
einer der wichtigsten Begriffe in der sozialwissenschaftlichen Verfassungsgerichtsforschung.
Obwohl er gerade in empirischen Studien häufig eine zentrale Rolle spielt, mangelt es jedoch
zumeist an einer präzisen Definition. Vor diesem Hintergrund wird der Politisierungsbegriff in
diesem Beitrag ideengeschichtlich rekonstruiert und typologisiert. Dabei werden auch die zu
Grunde liegenden theoretischen Verständnisse von Politik, Recht und
Verfassungsrechtsprechung herausgearbeitet. Darauf aufbauend wird ein systemtheoretisches
Begriffsverständnis von Politisierung entwickelt. Dabei wird deutlich, dass zahlreiche
empirische Studien ein solches Politisierungsverständnis implizieren.
Schlagwörter: Politik und Recht · Politisierung · Systemtheorie · Verfassungsgerichte ·
Verfassungsrechtsprechung
Autoren:
Dr. Michael Hein; Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sozialwissenschaften; Unter
den Linden 6, 10099 Berlin; [email protected] [Korrespondenzautor].
Dr. Stefan Ewert; Universität Greifswald, Institut für Politik- und
Kommunikationswissenschaft; Baderstraße 6/7, 17487 Greifswald; [email protected].
*
Für hilfreiche Anregungen und Hinweise danken wir Hubertus Buchstein und Thomas Lenz sowie den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Potsdamer Tagung der DVPW-Themengruppe „Konstruktivistische
Theorien der Politik“.
–1–
„Eine unpolitische Verfassungsgerichtsbarkeit ist eine Illusion. Man
sollte ihr keinen Vorschub leisten.“
Dieter Grimm (2011)
1 Einleitung
Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist der zentrale Ort der Konstruktion und Balancierung des
Verhältnisses von Politik und Recht. Die Entstehung dieser Institution geht historisch mit der
Ausdifferenzierung von Politik und Recht als zweier weitgehend eigenständiger
Gesellschaftsbereiche einher. Diese Ausdifferenzierung findet mit der Einrichtung von
Verfassungsgerichten ihren Abschluss. Heute verfügen die meisten Verfassungsordnungen
über solche Gerichte (oder funktionale Äquivalente), in denen Richter letztverbindlich
politische Interessen und rechtliche Normen ins Verhältnis setzen (vgl. Simon/Kalwoda 2014)
und Verfassungskonflikte zwischen Politik und Recht entscheiden (vgl. Hein 2011). Im
öffentlichen Diskurs über Verfassungsgerichte ist daher nicht zufällig „Politisierung“ eines der
gängigsten Stichworte. Es umschreibt den häufig vorgebrachten Vorwurf, das jeweilige
Gericht treffe politische statt rechtlicher Entscheidungen, verlasse illegitimerweise den
Bereich des Verfassungsrechts und überschreite seine Kompetenzen.1
Politisierung ist aber auch einer der zentralen Begriffe der Politikwissenschaft. In zahlreichen
Studien, die nach politischen Einflüssen auf Verfassungsgerichte bzw. den Folgen ihrer
Entscheidungen fragen, wird er genutzt.2 Ganz allgemein formuliert, nimmt Politisierung auf
die Stellung der Verfassungsgerichtsbarkeit zwischen Politik und Recht Bezug. Überblickt
man jedoch die vielfältigen Verwendungsweisen des Begriffes, dann fällt nicht nur auf, dass
er in zahlreichen Bedeutungsvarianten auftaucht, sondern auch, dass es oftmals an einer
Definition des Begriffes mangelt. Während der Begriff der Verrechtlichung, der einen ebenso
wichtigen Terminus in der Verfassungsgerichtsforschung darstellt, in der Literatur sehr
umfangreich diskutiert wird (vgl. im Überblick Rehder 2010; Hirschl 2008), wurden zum
Begriff der Politisierung bisher deutlich weniger grundständige Überlegungen angestellt. So
taucht er etwa in deutschsprachigen politikwissenschaftlichen Lexika und Handbüchern nur
1
2
Vgl. bspw. die Kritik der Bundestagsabgeordneten Volker Kauder (CDU) und Renate Künast (Bündnis
90/Die Grünen), nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 2014 die Dreiprozentklausel bei
Europawahlen für verfassungswidrig erklärt hatte. Während Kauder monierte, dass „das
Bundesverfassungsgericht der Politik nicht mehr genügend Raum zur freien politischen Gestaltung
gelassen“ habe, stellte Künast „‚staunend die Frage, wo eigentlich Politik aufhört und Rechtsprechung
beginnt‘“ (Berliner Morgenpost, 17.3.2014;
http://www.morgenpost.de/printarchiv/politik/article125870404/Kauder-Verfassungsrichter-sollenRuecksicht-auf-Politik-nehmen.html [5.8.2015]).
Vgl. nur Loewenstein (1959); Eckertz (1978); Alivizatos (1995); Guggenberger (1998); Stone Sweet (2000);
Domingo (2004); Lietzmann (2006); Lembcke (2007); Hönnige (2007); Bornemann (2007); Garoupa
(2009); Garoupa/Ginsburg (2011); Vorländer (2011); Hein (2013); Hüller (2014); Ewert/Hein (2015).
–2–
vereinzelt auf (vgl. Weber-Fas 2008; Brinkmann 2000; Schmidt 2000: 630). In
englischsprachigen Nachschlagewerken wird er gar vollkommen außen vor gelassen.3
Letztgenanntes liegt zwar vor allem in der Tatsache begründet, dass in der US-amerikanischen
politikwissenschaftlichen Gerichtsforschung Richter und Gerichte traditionell als politisch
handelnde Akteure bzw. Institutionen konzeptionalisiert werden, die sich nicht systematisch
von anderen politischen Akteuren unterscheiden und folglich als „politicians in robes“
verstanden werden (Sheldon 1970: xi). Gleichwohl hat der Politisierungsbegriff in jüngerer
Zeit auch in der US-Forschung erheblich an Bedeutung gewonnen.4
Die bisherigen terminologischen und konzeptionellen Überlegungen bleiben aber weit hinter
der zentralen Rolle zurück, die der Begriff der Politisierung in vielen empirischen
Forschungsarbeiten zu Verfassungsgerichten spielt. Vor diesem Hintergrund versucht der
vorliegende Beitrag ein adäquates Begriffsverständnis zu entwickeln. Zu diesem Zweck
werden nach einem kurzen Überblick über die Verwendungsweisen des Begriffs in den
Sozialwissenschaften allgemein (2. Abschnitt) seine mannigfaltigen Bedeutungsvarianten mit
Bezug auf Verfassungsgerichte ideengeschichtlich rekonstruiert und typologisiert. Auf Basis
eines allgemeinen Modells der Verfassungsgerichtsbarkeit werden dabei sechs verschiedene
Verwendungsweisen bzw. Konzepte identifiziert (3.). Daran anschließend wird aufgezeigt,
welche theoretischen Verständnisse des Verhältnisses von Politik, Recht und
Verfassungsrechtsprechung diesen Konzepten zu Grunde liegen (4.). Hierauf aufbauend wird
schließlich ein systemtheoretisches Begriffsverständnis von Politisierung vorgeschlagen, das
die (zumeist implizite) Begriffsverwendung zahlreicher empirischer Studien aufnimmt (5.).
2 Der Politisierungsbegriff in den Sozialwissenschaften
Politisierung ist ein in den Sozialwissenschaften weit verbreiteter Begriff. In einem
allgemeinen Sinne bezeichnet er
„das Politisch-Machen von zuvor unpolitischen Personen oder Sachverhalten“, mithin den „Vorgang
und/oder (das) Ergebnis der Ausdehnung des Politischen, vor allem der Macht, gesellschaftlich verbindliche
Entscheidungen zu treffen und in zuvor nichtpolitische Bereiche, wie private Lebensführung oder private
Wirtschaftstätigkeit, einzudringen“ (Schmidt 2000: 630).
Praktisch alle gesellschaftlichen Sphären und Objekte können Ziel von Politisierung werden.
Entsprechend vielfältig sind die Anwendungen des Begriffes in der Forschung. So taucht er
bspw. mit Blick auf die Ökonomie auf, häufig unter dem spezifischeren Stichwort der
„Demokratisierung“ im Sinne einer Einführung politischer Entscheidungsmechanismen auf
3
4
Vgl. Badie (2011); Goodin (2009); McLean/McMillian (2009); Whittington et al. (2008); Bealey (1999).
Vgl. Popova (2012); Engel (2011); Garoupa/Ginsburg (2011); Garoupa (2009); Stone Sweet (2000).
–3–
der Ebene von Unternehmen, Branchen oder des Wirtschaftswesens insgesamt (vgl.
Demirović 2007). Eine analoge Begriffsverwendung ist mit Blick auf die Hochschulen
auszumachen (vgl. Nullmeier 2001). Auch Ethnizität und Religion werden oft als politisiert
analysiert in dem Sinne, dass sie politisch relevante Faktoren sind oder politischen Zwecken
dienen (vgl. WeltTrends 2003; Prutsch 2007;). Mit Blick auf das Recht ist Politisierung als
Synonym für Positivierung geläufig, bezeichnet mithin den historischen Vorgang der
Einführung politischer Gesetzgebung als wichtigster Rechtsquelle (vgl. Grimm 2001: 16ff.).
Auch hinsichtlich der Verfassung findet sich der Politisierungsbegriff, hier in dem
spezifischen Sinne, „tagesaktuelle Politikinhalte in die Verfassung hineinzuschreiben, sie
damit aber der Disposition der ‚einfachen‘ Parlamentsmehrheit wie überhaupt dem weiteren
politischen Diskurs zu entziehen“ (Scholz/Meyer-Teschendorf 1998: 10). Mit Blick auf
Verwaltungen beschreibt Politisierung „the substitution of political criteria for merit-based
criteria in the selection, retention, promotion, rewards, and disciplining of members of the
public service“ (Peters/Pierre 2004: 2). Politisierte Verwaltungsbehörden agieren daher nicht
allein nach rechtlichen Vorgaben, sondern unterliegen willkürlichen politischen Weisungen. In
der politikwissenschaftlichen Teildisziplin „Internationale Beziehungen“ wird der Begriff in
jüngster Zeit zur Beschreibung der „Ent-Technokratisierung“ supra- bzw. internationaler
Entscheidungsprozesse verwendet, namentlich mit Blick auf die Europäische Union. In
diesem Kontext gelten politische Entscheidungen als „politicized when they are drawn into
the public light“ (Zürn et al. 2012: 73). Auch von einer Politisierung der Gesellschaft als
Ganzer ist zuweilen die Rede. Hier beschreibt der Begriff die Durchdringung der Gesellschaft
durch das politisches System bzw. das Ausmaß ihrer politischen Steuerung. Ähnlich wie bei
der Wirtschaft und dem Hochschulwesen ist auch hier häufig von „Demokratisierung“ die
Rede (vgl. Czerwick 2011: 222ff.). Schließlich findet Politisierung zuweilen auch auch im
Sinne von politischer Sozialisierung des Menschen Verwendung (vgl. Easton 1957: 397ff.).
3 Politisierung in der Verfassungsgerichtsforschung
Auch in der Forschung zur Verfassungsgerichten taucht der Politisierungsbegriff in
vielfältigen Bedeutungsvarianten auf. Will man diese rekonstruieren und typologisieren, so
bietet es sich zunächst an, ein allgemeines Modell der Verfassungsgerichtsbarkeit zu Grunde
zu legen. Ein solches lässt sich vergleichsweise einfach durch Adaption des klassischen
systemtheoretischen Modells des politischen Systems von David Easton (1957: 384, 1965:
110ff.) entwickeln. Dieses Modell versteht Politik als ein System, das in eine gesellschaftliche
–4–
und außergesellschaftliche Umwelt eingebettet ist, Inputs aus dieser Umwelt erhält, diese in
bestimmter Weise verarbeitet (Conversion) und als Outputs wieder an seine Umwelt abgibt.
Diese Outputs wiederum wirken über eine Rückkopplungsschleife (Feedback Loop) auf das
politische System zurück.
Abb. 1: Allgemeines Modell der Verfassungsgerichtsbarkeit. © Michael Hein/Stefan Ewert 2015.
Adaptiert man diese Annahmen für die Verfassungsgerichtsbarkeit, so lässt sich diese
folgendermaßen modellieren (siehe Abb. 1): Ein Verfassungsgericht ist eine Institution, deren
Umwelt seine Strukturbedingungen maßgeblich bestimmt. Dabei sind die entscheidenden
Umweltbedingungen im rechtlichen und politischen Bereich zu finden, namentlich in der
Verfassung, dem Verfassungsprozessrecht, der Gerichtsorganisation und der politischen und
rechtlichen Kultur. Diese Faktoren konstituieren den gerichtlichen Entscheidungsprozess
(Conversion). Einmal eingerichtet, erhält das Verfassungsgericht seine Inputs primär durch
Anträge, daneben aber auch in Form von Richterbestellung, Vertrauen, öffentlicher Meinung
und gegebenenfalls auch direkter Richterbeeinflussung. Auch die Inputs können mithin
rechtlichen oder politischen Charakters sein und wirken sich ebenfalls auf den
Entscheidungsprozess aus.
–5–
Die Inputs werden zu Outputs primär in Form von Entscheidungen verarbeitet. Darüber
hinaus äußern sich das Gericht bzw. seine Richter aber auch mittels allgemein-öffentlicher
oder wissenschaftlicher Stellungnahmen. Schließlich lassen sich zwei
Rückkopplungsschleifen identifizieren: Zum einen wirkt der Output durch die Kassation von
Rechtsnormen, die (verbindliche) Forderung nach Gesetzesänderungen, die
Rechtsinterpretation sowie die Beeinflussung der öffentlichen Meinung auf zukünftigen Input
zurück, bspw. indem die Wahrnehmung der Erfolgschancen allfälliger Anträge verändert oder
die politischen Erwägungen bei der Richterbestellung modifiziert werden. Zum anderen kann
das Gericht durch die Kassation von Rechtsnormen, die (verbindliche) Forderung nach
Gesetzesänderungen sowie die Rechtsinterpretation auch unmittelbar auf seine eigenen
Strukturbedingungen Einfluss nehmen (etwa durch Auslegung der eigenen Zuständigkeiten).
Modelliert man die Verfassungsgerichtsbarkeit in dieser Art und Weise, dann können mit
Input, Entscheidungsprozess und Output drei Dimensionen unterschieden werden, auf die sich
der Begriff der Politisierung beziehen kann. Neben diesen drei Dimensionen lassen sich mit
Uwe Kranenpohl (2010: 19) zwei analytische Perspektiven unterscheiden, in denen auf
Verfassungsgericht geblickt werden kann: Zum einen kann der Fokus auf dem funktionalen
Aspekt der Verfassungsrechtsprechung liegen. Wird hierbei der Politisierungsbegriff
verwendet, so bringt er einen Wechsel gerichtlichen Entscheidens von der rechtlichen in die
politische Sphäre zum Ausdruck, bezeichnet also einen Wandel der funktionalen
Bezugspunkte des gerichtlichen Entscheidungsprozesses. Zum anderen kann aber auch der
institutionelle Aspekt der Verfassungsgerichtsbarkeit im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.
Im diesem Fall beschreibt Politisierung die Einbeziehung eines Verfassungsgerichts in den
politischen Prozess, mithin eine Änderung der Position des Gerichts in dem es
umschließenden institutionellen Gefüge. Kreuztabelliert man nun diese beiden analytischen
Perspektiven mit den drei Dimensionen der Verfassungsgerichtsbarkeit, so ergeben sich sechs
mögliche Bedeutungsvarianten von Politisierung. Diese sind in der bisherigen
sozialwissenschaftlichen Literatur allesamt zu finden, wobei sie in unterschiedlichen
Kombinationen auftreten. Insgesamt können sechs verschiedene Politisierungskonzepte
ideengeschichtlich rekonstruiert werden.
3.1 Politisierung als Beeinflussung des Inputs von Verfassungsgerichten
Die soweit ersichtlich erste Verwendung des Politisierungsbegriffs mit Bezug auf Gerichte
findet sich beim deutschen Juristen und Politiker Adelbert Düringer (1922) sowie dem
–6–
österreichischen Rechtswissenschaftler Adolf Merkl (1930). Bei diesen Autoren bezieht sich
Politisierung auf die Richterbestellung und bezeichnet eine Auswahl von Richtern nach
politischen Kriterien, insbesondere nach parteipolitischer Opportunität oder
Regierungsgefallen. Damit ist die Kritik verbunden, dass sich solcherart ausgewählte Richter
in ihrer Rechtsprechung entsprechend den Vorgaben oder Wünschen der betreffenden
politischen Akteure verhalten werden und damit die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet wird.
Diese Begriffsbedeutung, die die Input-Dimension in funktionaler Perspektive betrachtet,
stellt bis heute die am weitesten verbreitete dar. Sie findet sich in zahlreichen rechts- und
sozialwissenschaftlichen Studien.5
3.2 Politisierung als Charakteristikum des verfassungsgerichtlichen Entscheidungsprozesses
Für eine Reihe von Autoren wie den früheren Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm (im
Amt 1987-1999) beschreibt Politisierung das per se vorhandene politische Element der
Verfassungsrechtsprechung: „Enforcing constitutional law contains an element of political
choice which can be narrowed, but not completely avoided“ (Grimm 2000: 114f.; vgl. Höpner
2010; Loewenstein 1952/53: 272). Aufgrund der spezifischen Eigenschaften konstitutionellen
Rechts im Vergleich zu einfachem Recht, namentlich seiner Allgemeinheit, größeren
Lückenhaftigkeit und seines stärker prinzipiellen Charakters, operiere die
Verfassungsgerichtsbarkeit daher „an der Schnittstelle von Rechtsetzung und
Rechtsanwendung, Recht und Politik“ (Grimm 2001: 28). Politisierung beschreibt in dieser
Sicht die Stärke des politischen Einflusses auf Verfassungsgerichtsentscheidungen bzw. die
Größe der rechtlich nicht determinierten Entscheidungsspielräume, in denen sich politische
Einflüsse niederschlagen können.
Für andere Autoren wie etwa den Amtsvorgänger Grimms, Konrad Hesse
(Bundesverfassungsrichter 1975-1987), ist zwar jede juristische Interpretation ein Vorgang der
„Konkretisierung“ und trägt daher „schöpferischen Charakter“. Gleichwohl handele es sich
um eine rein rechtliche Tätigkeit, denn „das auslegende Tun bleibt an die Norm gebunden“
(Hesse 1995: 24). In dieser Sichtweise beschreibt der Begriff der Politisierung einen normativ
problematischen Einfluss auf die Verfassungsrechtsprechung, der diese als Rechtsprechung in
Frage stellt (vgl. auch Eckertz 1978: 200ff.). In ähnlicher Weise taucht Politisierung auch als
Kampfbegriff in der politischen, journalistischen und rechtswissenschaftlichen
Kommentierung von Verfassungsgerichtsentscheidungen auf (vgl. bspw. Amelung 1995).
5
Vgl. bspw. Carroll/Tiede (2011); Engel (2011); Garoupa/Ginsburg (2011); Garoupa (2009); Hönnige (2007).
–7–
Auch diese Verwendungsvariante geht von einem Verständnis von Verfassungsrechtsprechung
als reiner Rechtsprechung aus und wirft den Richtern vor, dass sie sich von ihren persönlichen
politischen Präferenzen hätten beeinflussen lassen und in Übertretung ihrer Befugnisse
politisch statt juristisch entschieden hätten. Alle drei Varianten haben gemeinsam, dass sie
Politisierung in funktionaler Hinsicht auf die verfassungsgerichtliche
Entscheidungsdimension beziehen.
3.3 Politisierung als Beeinflussung des Inputs und des Entscheidungsprozesses von
Verfassungsgerichten
In einem weiteren Konzept beschreibt Politisierung den Versuch der Politik, die
Rechtsprechung zu kontrollieren. Insbesondere in postautokratischen Transformationsstaaten
und hybriden Regimen kommt es zu Politisierung in diesem Sinne, „when the courts become
increasingly embroiled in politics, but their output is dependent on the preferences of
incumbent politicians“ (Popova 2012: 40; vgl. Domingo 2004). Eine radikalisierte Variante
dieses Begriffsverständnisses bezeichnet die vollständige politische (Selbst-)Kontrolle der
Rechtsprechung entsprechend den Vorgaben einer totalitären Staatsführung mit der
Konsequenz der Abschaffung praktisch aller rechtsstaatlichen Elemente und einer auch nur
partiellen Autonomie des Rechts. So definiert Werner Johe (1967: 40) Politisierung mit Blick
auf den Nationalsozialismus als die „restlose Einfügung der Justiz als Mittel der totalen
Herrschaft.“6 Politisierung bezieht sich hier also in funktionaler Perspektive auf Input und
Entscheidungsprozess.
3.4 Politisierung als „Catch-all“-Kategorie: Input, Entscheidungsprozess und Output
Der Soziologe Alfons Bora (2003) hat ein Politisierungskonzept vorgelegt, das in funktionaler
Hinsicht alle drei Dimensionen gerichtlicher Arbeit verbindet und daher politische Einflüsse
auf und politische Folgen von Rechtsprechung beschreibt. Bora liefert zunächst ein
systemtheoretisches Verständnis von Prozessen wie „Politisierung“, „Verrechtlichung“,
„Ökonomisierung“ etc. Dabei geht er von der zentralen Eigenschaft der Multireferentialität
von Organisationen aus, das heißt der Tatsache, dass Organisationen nie exklusiver Teil nur
eines Funktionssystems der Gesellschaft sind (also etwa der Politik, des Rechts oder der
Wirtschaft). Vielmehr können Organisationen in mehreren Funktionssystemen
kommunizieren, also bspw. Gerichte Computer kaufen, Parlamente Zeitungen herausgeben
oder Wirtschaftsunternehmen Lobbying betreiben. Entsprechend ihrer eigentlichen
6
Interessanterweise verwendet Otto Kirchheimer (1965) den Begriff in seiner Studie „Politische Justiz“ nicht.
–8–
Aufgabenstellung lassen sich für verschiedene Organisationen jedoch funktionale
Primärorientierungen identifizieren: Gerichte sprechen Recht, Parlamente machen Politik und
Unternehmen verdienen Geld (vgl. Hein 2013: 43ff.).
Vor diesem Hintergrund versteht Bora die genannten Prozesse als Vorgänge, in denen die
funktionale Primärorientierung einer Organisation „durch eine andere überlagert wird“ (Bora
2003: 206). Als Politisierung von Organisationen mit rechtlicher Primärorientierung
(insbesondere Gerichte und Staatsanwaltschaften) bezeichnet er daher
„die in den Kommunikationen von Organisationssystemen und in den dabei mitlaufenden Interaktionen zu
beobachtende Ersetzung rechtlicher Systemreferenzen durch spezifisch politische […]. Vom Ersetzen der
Systemreferenz in einzelnen kommunikativen Episoden kann dort gesprochen werden, wo eine rechtlich
codierte Äußerung in der Kommunikation erwartbar ist, wider Erwarten aber ein anderer Code auftritt“ (Bora
2003: 207).
Neben diesem politischen Einfluss auf das Gericht bzw. sonstige Justizinstitution beschreibt
Politisierung in diesem Konzept jedoch auch die sich daraus ergebenden spezifischen Folgen
für dessen Operationsweise und kommunikativen Anschlussmöglichkeiten nach außen:
„Aus der Perspektive funktionssystemspezifischer Kommunikation gibt es nach dem Referenzwechsel keinen
kommunikativen Anschluss; eine machtförmige Kommunikation setzt die Kommunikationen des
Rechtssystems nicht fort. […] Politisierung ist […] als Änderung der prioritären Programmierung auf der
Ebene von Organisationen zu begreifen“ (Bora 2003: 207).
Kommen Gerichtsurteile demnach auf in diesem Sinne politisierte Art und Weise zustande, ist
eine ihre anschließende Weiterverarbeitung im Rechtssystem nicht mehr möglich. Wie in
Abschnitt 5 zu zeigen sein wird, ist insbesondere der zuletzt genannte Punkt empirisch
unplausibel. Gleichwohl bilden Boras Überlegungen die Grundlage für das hier zu
entwickelnde Politisierungsverständnis.
3.5 Politisierung als Übertragung politischen Inputs und politischer Entscheidungsprozesse
auf Verfassungsgerichte
Carl Schmitt versteht in seinen beiden berühmten Studien über den „Hüter der Verfassung“
Politisierung als die Übertragung genuin politischer Entscheidungen auf justizförmige
Verfahren und Institutionen. Auf Basis einer trennscharfen Unterscheidung zwischen
Gesetzgebung und Justiz formuliert er die These, dass eine Ausdehnung der Justiz auf
politische Materien zwar möglich sei, jedoch „nicht etwa eine Juridifizierung der Politik,
sondern eine Politisierung der Justiz“ zur Folge habe (Schmitt 1931: 22):
„Eine hemmungslose Expansion der Justiz würde nicht etwa den Staat in Gerichtsbarkeit, sondern umgekehrt
die Gerichte in politische Instanzen verwandeln. Es würde nicht etwa die Politik juridifiziert, sondern die
–9–
Justiz politisiert. […] Bei einem solchen Versuch hätte, nach einem Wort Guizots […], die Justiz alles zu
verlieren und die Politik nichts zu gewinnen‘“ (Schmitt 1929: 98 und 100). 7
Dies treffe in besonderer Weise auf die Verfassungsgerichtsbarkeit zu. Für Schmitt ist der
Inhaber der Kompetenz zur Klärung von Verfassungsstreitigkeiten „Verfassungsgesetzgeber
in hochpolitischer Funktion“ (Schmitt 1931: 48). Insbesondere die Entscheidung über die
Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes sei eine
„Entscheidung von Zweifeln und Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein Widerspruch zwischen zwei
Normen vorliegt“, und damit „in der Sache Beseitigung einer Unklarheit über den Inhalt des
Verfassungsgesetzes und daher Bestimmung des Gesetzesinhalts, demnach in der Sache Gesetzgebung, sogar
Verfassungsgesetzgebung, und nicht Justiz“ (Schmitt 1931: 48, Hervorh. im Original).
In diesem Begriffsverständnis gelten Verfassungsgerichte daher per definitionem als
politisiert. In der heutigen Politikwissenschaft hat Schmitt in Alec Stone Sweet einen
Gewährsmann gefunden, der – wenn auch auf Basis völlig anderer Theoriegrundlagen – einen
nahezu identischen Politisierungsbegriff vorschlägt:
“By politicization, I mean the move to activate constitutional review in order to alter legislative outcomes or
the state or the constitutional law, and the situation that constitutional judges find themselves as a results of
this move“ (Stone Sweet 2000: 194, Hervorh. getilgt).8
Sowohl Schmitt als auch Stone Sweet beziehen mithin den Politisierungsbegriff in
institutioneller Perspektive auf die beiden Dimensionen des Inputs und des
Entscheidungsprozesses von Verfassungsgerichten.
3.6 Politisierung als Konsequenz des verfassungsgerichtlichen Outputs
In der jüngeren Literatur finden sich schließlich zwei Konzeptionen, die den Begriff der
Politisierung exklusiv zur Beschreibung politischer Folgen von
Verfassungsgerichtsentscheidungen verwenden. Bei Nicos C. Alivizatos beschreibt der
Terminus „judicial politicisation“ das Ausmaß, in dem Verfassungsgerichte in den politischen
Prozess eingreifen bzw. „exercise explicitly or implicitly their veto power whenever called
upon to adjudicate in constitutional disputes“ (Alivizatos 1995: 586). Hans J. Lietzmann
(2006: 282) kennzeichnet dagegen mit dem Begriff der Politisierung den Prozess der
öffentlichen Sichtbarmachung und gesellschaftlichen diskursiven Verarbeitung des politischen
Charakters der Verfassungsrechtsprechung. Dieser Prozess wird insbesondere durch die
7
8
Schmitt bezieht sich hier auf eine Formulierung des französischen Politikers und Historikers François Guizot
(1787-1874): „En veillant ainsi à la porte des lois, le pouvoir judiciaire ne défend pas seulement les citoyens,
il se’défend lui-même; il protège son propre domaine, il repousse cette invasion de la justice par la politique,
dans laquelle la justice a tout à perdre et où la politique n’a rien à gagner“ (Guizot 1821: 109).
Stone Sweet ist diese Nähe zu Schmitt offenbar nicht bewusst, obwohl die an Guizot angelehnte
Formulierung zu den häufigsten Zitaten in der Verfassungsgerichtsforschung gehört.
– 10 –
Veröffentlichung abweichender Meinungen der bei einer Abstimmung in der Minderheit
verbleibenden Richter angestoßen:
„Als ,politisch‘ tritt das Verfassungsgericht mittels der ,Sondervoten‘ hervor, weil es den ,politischen‘, d. h.
den strittigen und legitimationsbedürftigen Entscheidungsprozess offen legt, in dem es seine Urteile bildet: es
verdeutlicht in den Dissenting Votes, dass das Urteil (und zwar z. T. ,um ein Haar‘) auch ganz anders hätte
ausfallen können. Es […] hebt die Kontingenz seines Urteils hervor und es dokumentiert diese Kontingenz
für das politische Gedächtnis“ (Lietzmann 2006: 270, Hervorh. im Original).
Beide Konzepte betrachten demnach in institutioneller Perspektive die Dimension des
verfassungsgerichtlichen Outputs.
3.7 Zusammenfassung: Die bisherigen Verwendungsweisen des Politisierungsbegriffs
Die ideengeschichtliche Rekonstruktion der Politisierungskonzepte in der bisherigen rechtsund sozialwissenschaftlichen Literatur hat zahlreiche Verwendungsweisen und
Bedeutungsvarianten aufgezeigt, die mit Hilfe des hier entwickelten allgemeinen Modells der
Verfassungsgerichtsbarkeit entlang der drei Dimensionen Input/Entscheidungsprozess/Output
und der beiden Perspektiven funktional/institutionell typologisiert werden konnten. Die
Ergebnisse dieser Systematisierung sind in Abb. 2 zusammengefasst. Dabei wird deutlich,
dass eine Mehrheit der Konzepte Politisierung funktional definiert und auf den Input und/oder
den Entscheidungsprozess von Verfassungsgerichten bezieht. Daran wird der hier zu
entwickelnde Politisierungsbegriff anschließen (vgl. Abschnitt 5).
Abb. 2: Politisierungskonzepte im Überblick. © Michael Hein/Stefan Ewert 2015.
4 Die Verfassungsgerichtsbarkeit zwischen Politik und Recht
Zunächst wird jedoch herausgearbeitet, welche theoretischen Verständnisse von Politik, Recht
und Verfassungsrechtsprechung diesen Politisierungskonzepten zu Grunde liegen (vg. hierzu
bereits Hein/Ewert 2014). Dabei können drei Gruppen von Theorien unterschieden werden:
– 11 –
solche, die Verfassungsrechtsprechung als rein rechtlichen Prozess verstehen (Abschnitt 4.1);
Theorien, die Verfassungsrechtsprechung als rein politischen Vorgang interpretieren (4.2); und
Ansätze, die Verfassungsrechtsprechung als rechtlichen und politischen Prozess beschreiben
(4.3). Mit Blick auf die Typologie der Politisierungskonzepte wird hierbei ein klares Muster
erkennbar: Während die funktionalen Politisierungsbegriffe allesamt in der ersten oder dritten
Theoriegruppe zu finden sind, tauchen die institutionellen Begriffsvarianten durchweg in der
zweiten Theoriegruppe auf. Dieses Muster ergibt sich aus der Unterscheidung
funktional/institutionell: Versteht man Verfassungsrechtsprechung a priori als einen
politischen Prozess, ergäbe ein funktionaler Politisierungsbegriff keinen Sinn, der ja einen
Wechsel gerichtlichen Entscheidens von der rechtlichen in die politische Sphäre zum
Ausdruck brächte.
4.1 Der naive Ansatz
„Der naive Ansatz“, so die treffende Bezeichnung Ingwer Ebsens (1985: 108), versteht
Verfassungsrechtsprechung als einen rein juristischen, ausschließlich am Verfassungsrecht
orientierten Vorgang. Diese Ansicht lässt sich bis hin zu Alexander Hamiltons (1788)
Überlegungen zum richterlichen Prüfungsrecht in den Federalist Papers zurückverfolgen und
entspricht namentlich bei vielen deutschen Verfassungsrichtern dem „Selbstverständnis der
Verfassungsgerichtsbarkeit als unpolitische, rein rechtliche Institution“ (Brodocz 2009: 51).
So hat etwa laut Ernst Friesenhahn (Bundesverfassungsrichter 1951-1963) das Gericht „nur
darüber zu wachen, daß die Normen des Grundgesetzes auch vom Gesetzgeber eingehalten
werden.“ Das Gericht fälle ausschließlich „eine normgebundene Entscheidung“ und nehme
daher auch „nicht an der schöpferischen Gestaltung des politischen Lebens“ teil. Das
Verfassungsgericht könne „immer nur entfalten […], was bereits in der Verfassung, auch für
die übrigen Verfassungsorgane erkennbar, enthalten ist“ und es sei daher ein „bloßer Diener
des Rechts und muß sich immer seiner unpolitischen Funktion bewußt bleiben“ (Friesenhahn
1954: 150-159, Hervorh. im Original). Auch heute vertritt offenbar eine Mehrheit der
Bundesverfassungsrichter die Auffassung, dass sie die Verfassung nur interpretieren und
insofern eine rein juristische Tätigkeit ausüben (vgl. Kranenpohl 2010: 341ff., 409ff., 458ff.).
Auf der Basis eines solchen Grundverständnisses beschreibt der Begriff der Politisierung
einen normativ problematischen politischen Einfluss, der die Verfassungsrechtsprechung als
Rechtsprechung in Frage stellt. Selbst die Besonderheiten des Verfassungsrechts
– 12 –
(insbesondere seine spezifische Deutungsoffenheit) nehmen etwa laut Konrad Hesse (1995:
241) den durch die Verfassungsgerichtsbarkeit zu entscheidenden Fragen
„weder den Charakter von Rechtsfragen noch den Entscheidungen den Charakter einer Rechtsentscheidung.
[…] Trotz der Besonderheiten ihrer Aufgabe bleibt Verfassungsgerichtsbarkeit daher Rechtsprechung. Ihre
Entscheidungen sind nicht verkappte politische Entscheidungen, die mit dem Wesen echter Rechtsprechung
in Widerspruch stehen und darum zur Politisierung der Justiz führen müssen.“
Wie die Bezeichnung als „naiver Ansatz“ bereits deutlich macht, vermag dieses Verständnis
von Politik, Recht und Verfassungsrechtsprechung nicht zu überzeugen. Es negiert die
Tatsache, dass Verfassungsgerichte sehr häufig Fragen zu entscheiden haben, für die sie im
Verfassungstext keine klaren Antworten finden. Mit den Worten Robert A. Dahls (1957: 280)
ist es „an essential characteristic of the institution that from time to time its members decide
cases where legal criteria are not in any realistic sense adequate to the task […]; that is, the
setting of the case is ‚political‘.“ Verfassungsgerichte können sich zudem einer Beantwortung
der entsprechenden Fragen in der Regel auch nicht einfach entziehen.9 Folglich haben die
Urteile regelmäßig politischen Charakter insofern, als sie kollektiv verbindliche
Entscheidungen fällen (vgl. Luhmann 2000: 84). Selbst wenn dies im Rahmen eines
gerichtlichen Verfahrens geschieht und sich die Richter nach bestem Wissen und Gewissen
ausschließlich an konstitutionellen Normen zu orientieren versuchen, sind sie häufig
gezwungen, einen verfassungsrechtlich nicht determinierten Spielraum auszufüllen.10 Und
auch wenn „provisions are formulated as clearly and as coherently as possible, they can raise
questions when it comes to solving a concrete case“ (Grimm 2009: 27).
4.2 Der fatalistische Ansatz
Die exakte Gegenposition zu der „naiven“ Auffassung lässt sich als „fatalistischer Ansatz“
umschreiben. Hier wird Verfassungsrechtsprechung als ein ausschließlich politischer Vorgang
verstanden. Paradigmatisch ist hierfür die oben bereits vorgestellte Position Carl Schmitts, die
zwar zwischen Gesetzgebung und Justiz, nicht jedoch zwischen Politik und Recht
unterscheidet (vgl. Schmitt 1931: 111). Für Schmitt ist vielmehr jeder gesellschaftliche Ort
politisch, sobald dort Konflikte auszutragen und Entscheidungen zu treffen sind.
Dementsprechend kommt ein Verfassungsgericht seines Erachtens nur für „eine
offensichtliche, zweifellos festzustellende Verfassungsverletzung“ in Frage, gegen die „der
Gerichtshof eine repressive und vindikative Art von Justiz“ ausübt (Schmitt 1931: 31,
9 Der US-amerikanische Supreme Court, den Dahl hier im Blick hat, bildet in dieser Hinsicht eine Ausnahme.
10 „Rechtsfortbildung“ in diesem Sinne wird zwar auch von einfachen Gerichten betrieben, insbesondere durch
Grundsatzentscheidungen oberster Instanzen. Sie erfüllt dort aber primär die Funktion des Ausfüllens von
Lücken im Gesetzes- und Verordnungsrecht (zu einer prominente Ausnahme vgl. Rehder 2011) und kann
zudem jederzeit durch den einfachen Gesetzgeber korrigiert werden.
– 13 –
Hervorh. im Original). Dabei sei insbesondere an explizite Verstöße gegen unmittelbare
Verfassungsregeln mit Gesetzescharakter wie bspw. Wahlprozeduren zu denken. Von diesen
eng umgrenzten Fällen abgesehen jedoch, namentlich bei der Klärung der
Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes,
„liegt keine ‚reine Rechtsfrage‘ vor und die Entscheidung des Gerichtshofes ist etwas anderes als richterliche
Entscheidung, d.h. etwas anderes als Justiz.“ Denn hier „kommt der Richter in die Lage, politische
Maßnahmen zu treffen oder solche zu verhindern und in einer Weise politisch aktiv zu werden, die ihn zu
einem mächtigen Faktor der staatlichen Innen- und gegebenenfalls sogar Außenpolitik macht“ (Schmitt 1931:
31f.).
Mit derselben Konsequenz versteht Alec Stone Sweet in Rational-Choice-Perspektive das
Verhalten von Verfassungsrichtern als rein nutzenmaximierend, eigeninteressiert und
strategisch, mithin dem Agieren von Politikern prinzipiell gleichend. Vor dem
Verfassungsgericht werden politische Konflikte daher nur formal in juristische umgewandelt
und auch die Richter suchen primär strategisch nach passenden juristischen Rechtfertigungen
für ihre (eigentlich politisch motivierten) Entscheidungen (Stone Sweet 2000: 197). Zwar
versteht Stone Sweet rationales Verhalten als eingebettet in soziale bzw. kulturelle Normenund Regelgefüge. Namentlich das Recht sei „at least partly autonomous from personal
preferences“ (Stone Sweet 2000: 26). Gleichwohl sind dies lediglich Rahmenbedingungen
von eigentlich politischen Handlungen. Schließlich versteht auch Hans J. Lietzmann
Verfassungsrechtsprechung als rein politischen Prozess. Daher sei auch der Versuch des
Bundesverfassungsgerichts, „nach Wegen einer vorpolitischen und verfassungsjuristischen
Streitschlichtung“ (Lietzmann 2006: 282) zu suchen, zum Scheitern verurteilt.
Der Begriff der Politisierung bezieht sich bei den genannten Autoren nicht wie im „naiven“
Ansatz auf Inhalt und Funktion der Entscheidung konstitutioneller Streitfragen – diese sind ja
ohnehin bereits politisch. Vielmehr beschreibt Politisierung den Vorgang der Übertragung
dieser politischen Funktion auf ein Gericht. Der Begriff ist also auf institutioneller Ebene
angesiedelt; politisiert wird nicht die Funktion (Verfassungs-)Rechtsprechung, sondern die
Institution Gericht. Wie der „naive“, so hat auch dieser „fatalistische Ansatz“ wenig
Plausibilität für sich. Negiert der erste die Tatsache, dass Verfassungsrechtsprechung allein
anhand juristischer Kriterien oft nicht möglich ist, so blendet der zweite aus, dass einem
Verfassungsgericht deutlich engere konstitutionelle Grenzen gezogen sind als Parlament und
Regierung. Das Gericht hat relativ restriktive Verfahrensregeln zu beachten, kann nur auf
Antrag anderer Akteure oder bei Eintreten bestimmter Situationen tätig werden und ist auch
hinsichtlich der Folgen seiner Entscheidungen stark durch die Verfassungsnormen
determiniert.
– 14 –
So kann die Verfassungsgerichtsbarkeit bspw. legislativ in der Regel nur verhindernd bzw.
aufhebend, mithin als „negativer Gesetzgeber“ tätig werden; konstruktiv, das heißt als
„positiver Gesetzgeber“ dagegen – wenn es dem Gericht überhaupt gestattet ist – nur in
bestimmten Fällen (etwa bei Unaufschiebbarkeit einer Regelung) oder indirekt (durch
Hinweise auf denkbare verfassungskonforme Regelungen; vgl. Kelsen 1929: 26). Vor allem
aber muss das Verfassungsgericht – wie jedes andere Gericht auch – Rechtsnormen als
Entscheidungsmaßstab heranziehen. Kurzum: Dass Verfassungsrechtsprechung oftmals
politische Folgen nach sich zieht und zudem politischen Einflüssen unterliegt, genügt nicht,
um ihr den Charakter als Rechtsprechung abzusprechen. Wird dies verkannt, lässt sich das
Spezifische der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht sehen und empirisch die Frage nach dem
Ausmaß politischer Einflüsse und Folgen gar nicht stellen.
4.3 Der realistische Ansatz
Ist der „naive Ansatz“ gleichsam auf dem politischen Auge blind, so vermag der „fatalistische
Ansatz“ auf dem rechtlichen Auge nichts zu sehen. Beide Augen offen hält demgegenüber die
Mittelposition, die hier als „realistischer Ansatz“ firmieren soll. Er findet sich bei zahlreichen
Autoren in ganz unterschiedlichen Spielarten und theoretischen Zugängen.11 Ihnen gemeinsam
ist ein Verständnis von Verfassungsrechtsprechung als grundsätzlich rechtlichem Prozess, der
jedoch nicht nur politische Folgen zeitigt, sondern auch (und unentrinnbar) politischen
Einflüssen unterliegt. Denn das Verfassungsrecht, so der frühere Bundesverfassungsrichter
Ernst-Wolfgang Böckenförde (im Amt 1983-1996), ist
„nach seinem Gegenstand und in seinem Telos nicht nur am Rande, sondern zentral auf den Bereich des
Politischen bezogen und wird von daher bestimmt. Es ist vom Gravitationsfeld der Auseinandersetzung um
Gewinnung, Ausübung und Erhalt politischer Macht nicht abgelöst oder abgeschichtet, wird vielmehr von
dem Spannungsgehalt, der diesem Feld eigen ist, mit ergriffen“ (Böckenförde 1999: 11).
Auch in der aktuellen Bundesverfassungsrichtergeneration finden sich einige Richter, die der
„realistischen“ Position zugerechnet werden können. So stellt etwa ein in der Interview-Studie
von Uwe Kranenpohl (2010: 409) anonym zitierter Richter unzweideutig fest:
„Sie machen mit Rechtsentscheidungen immer auch Politik. Wenn Sie, wie ich, der Auffassung sind, dass
Konkretisierung auch heißt, etwas Unbestimmtes in Bestimmtes zu verwandeln, was nicht durch Erkenntnis,
sondern durch Entscheidung geht, wenn Sie sagen: ‚Entscheidungsmacht ist Zeichen der Politik‘, dann
bedeutet das, dass ein Richter in diesem Sinne auch Inhaber politischer Möglichkeiten ist.“
Diese Betonung der politischen Charakterzüge der Verfassungsrechtsprechung läuft jedoch
nicht wie in der „fatalistischen“ Position darauf hinaus, ihr den Rechtsprechungscharakter
11 Vgl. nur Kelsen (1929), (1930/31); Loewenstein (1952/53), (1959); Dahl (1957); Häberle (1980); Rinken
(1996); Böckenförde (1999); Grimm (2000), (2001); Meßerschmidt (2000); Bora (2003); Garoupa (2009);
Höpner (2010); Garoupa/Ginsburg (2011).
– 15 –
abzusprechen. Denn selbst dort, wo das Gericht „weitreichende Direktiven […] erläßt,
arbeitet es ‚juristisch‘. Die Alternative ‚Recht oder Politik‘ erweist sich als
Scheinalternative!“ (Häberle 1980: 72f.; gleichlautend Grimm 2011). Darüber hinaus stellt die
Bindung der Verfassungsrechtsprechung an das Recht eine ihrer zentralen
Legitimationsressourcen und damit Erfolgsbedingungen dar, da sie genau hieraus Autorität
schöpfen und in der Folge Vertrauen aufbauen kann (vgl. Vorländer/Brodocz 2006).
Der Begriff der Politisierung beschreibt in der „realistischen“ Sichtweise daher das variable
Ausmaß des politischen Einflusses auf ein Verfassungsgericht bzw. des durch die jeweils
relevanten Verfassungsnormen gegebenen politischen Entscheidungsspielraums. Hier sei als
paradigmatischer Autor nochmals Dieter Grimm zitiert, der ex negativo die wichtigsten
Aspekte eines solchen „realistischen“ Verständnisses wie folgt zusammenfasst:
„Die Trennung von Recht und Politik auf der Rechtsanwendungsebene bedeutet jedoch nicht, daß der
Vorgang der richterlichen Rechtsanwendung auch intern unpolitisch wäre, also keinerlei Raum zu
gestaltenden Entscheidungen ließe […]. Eine solche interne Entpolitisierung der Rechtsanwendung setzte
voraus, daß die vom Gesetzgeber beschlossenen Rechtsnormen die Entscheidung aller Einzelfälle vollständig
zu determinieren vermöchten. Es gibt aber keine Rechtsnorm, deren Anwendung nicht irgendwann
Zweifelsfragen aufwürfe, die vom Richter durch Konkretisierung und Interpretation beantwortet werden
müßten. Einflüsse des Vorverständnisses, der Herkunft und Sozialisierung, der politischen und
weltanschaulichen Präferenzen der Richter sind hier unausweichlich. […] Dennoch bleibt eine Differenz,
denn die Rechtsanwendung entscheidet von vornherein in einem normativ verengten Rahmen (Grimm 2001:
26f.).
5 Politisierung – ein systemtheoretisches Begriffsverständnis
Fügt man die wesentlichen Aspekte der bisherigen Diskussion zusammen, so ergeben sich für
ein theoretisch wie empirisch überzeugendes Begriffsverständnis von Politisierung vier
Grundentscheidungen: Erstens erscheint es naheliegend, Politisierung exklusiv für die
Dimensionen des Inputs und des gerichtlichen Entscheidungsprozesses, mithin für politische
Einflüsse auf Verfassungsgerichtsentscheidungen zu reservieren. Dies spiegelt auch die
mehrheitliche Verwendungsweise in der bisherigen Literatur wider. Zweitens handelt es sich
beim hier vorzuschlagenden Konzept – erneut wie bei der Mehrheit der vorgefundenen
Begriffsverständnisse – um ein funktionales und nicht institutionelles. Politisierung bezieht
sich auf Verfassungsrechtsprechung als Prozess, nicht auf Verfassungsgerichte als
Organisationen. Dem entspricht drittens die Verortung im „realistischen Ansatz“ als dem
überzeugendsten der drei theoretischen Zugänge. Daraus folgt viertens, den Begriff
ausschließlich analytisch zu verstehen, das heißt, für empirische Beobachtungen zu
reservieren.12
12 Normative Anschlussmöglichkeiten werden dadurch natürlich nicht ausgeschlossen, etwa für die Kritik an
(aus welchen Gründen auch immer) für negativ erachteten politischen Einflüssen auf die
– 16 –
Damit bietet sich eine Weiterentwicklung des in Abschnitt 3.4 vorgestellten
systemtheoretischen Politisierungskonzepts Alfons Boras an. Im Rahmen der neueren
Systemtheorie Niklas Luhmanns sind Politik und Recht zunächst zwei eigenständige
Funktionssysteme moderner Gesellschaften, die nach eigenständigen Regeln und Logiken
operieren. Die Funktion des politischen Systems liegt dabei im „Bereithalten der Kapazität zu
kollektiv bindendem Entscheiden“ (Luhmann 2000: 84, Hervorh. getilgt) und die des
Rechtssystems in der „Einrichtung und Stabilisierung normativer Erwartungen“ (Luhmann
1993: 136). In einer solchen Perspektive stellt die Verfassungsgerichtsbarkeit eine
Organisation dar, in der Politik und Recht regelmäßig aufeinander treffen.13 Das betrifft zum
einen die Output-Dimension. Die Gerichtsurteile haben in vielen Fällen nicht nur rechtliche,
sondern auch politische Folgen, da das Gericht
„insbesondere im Rahmen seiner Normenkontrollkompetenz kollektiv bindende Entscheidungen trifft und
deswegen eine originär politische Funktion erfüllt. […] Das Verfassungsgericht fungiert als Letztinstanz und
zwar […] als politische Letztinstanz, denn es hat die Kompetenz, bereits ergangene kollektiv bindende
Entscheidungen durch eigene kollektiv bindende Entscheidungen zu revidieren oder zu bestätigen“
(Bornemann 2007: 86, Hervorh. im Original).
Die Verfassungsgerichtsbarkeit gehört daher zu denjenigen „multireferentielle(n)
Organisationen“, die „konstitutiv mit pluralen Referenzen operieren – und dadurch zwischen
mehreren Teilsystemen vermitteln“ (Bode/Brose 2001: 118, Hervorh. im Original).
Politisierung im hier vorgeschlagenen Sinne bezieht sich jedoch ausschließlich auf die
Dimensionen des Inputs und des Entscheidungsprozesses: Verfassungsrichter müssen ihre
Entscheidungen nicht notwendigerweise allein auf Basis rechtlicher Kriterien (insbesondere
konstitutioneller Normen) treffen. Sie können vielmehr auch zahlreichen politischen
Einflüssen unterliegen, namentlich parteipolitischen Bindungen und Policy-Präferenzen,
wobei sich in letztgenannten auch ethische und religiöse Überzeugungen oder soziokulturelle
Hintergründe der Richter niederschlagen können. Da, wie weiter oben bereits ausgeführt,
Offenheit für solche politischen Einflüsse in vielen Fällen infolge eines relativ großen
Entscheidungsspielraums praktisch unvermeidlich ist, scheint demnach nicht in Frage zu
stehen, ob Verfassungsgerichte überhaupt politisiert sind, sondern nur: in welchem Ausmaß.
Trotz dieser eigentümlichen Doppelstellung in Politik und Recht verfügt die
Verfassungsgerichtsbarkeit grundsätzlich über eine rechtliche Primärorientierung. So ist nach
außen hin zu beobachten, dass sich das Gericht „auf das Medium des Rechtssystems und nicht
auf das politische Medium Macht bezieht. Es trifft kollektiv bindende Entscheidungen,
Verfassungsrechtsprechung.
13 Vgl. Luhmann (2000a: 398ff.); Bornemann (2007: 83ff.); Brodocz (2009: 53ff.); Hein (2011: 16ff.).
– 17 –
bezieht sich dabei aber kommunikativ auf die Unterscheidung Recht – Unrecht“ (Bornemann
2007: 87). Auch nach innen orientiert es sich primär an rechtlichen Normen; politische
Erwägungen sind in den Diskussionen der Richter demgegenüber nachrangig – zumindest im
Falle des Bundesverfassungsgerichts. So antwortete sein derzeitiger Präsident Andreas
Voßkuhle auf die Frage eines Journalisten nach seiner persönlichen verfassungspolitischen
Agenda: „Nach Karlsruhe kommt man nicht mit einer persönlichen Agenda. Das
Bundesverfassungsgericht ist kein Ort der individuellen Selbstverwirklichung. Es ist ein Ort
der Pflicht und der Aufgabe“.14 Nicht zuletzt beruhen das hohe öffentliche Ansehen und das
Vertrauen der Bevölkerung in das Bundesverfassungsgericht gerade auf der Aufrechterhaltung
dieser rechtlichen Primärorientierung (vgl. Bora 2003: 208f.; Vorländer/Brodocz 2006).15
Gegenüber Alfons Boras Politisierungsbegriff sind jedoch zwei Modifikationen vorzunehmen.
Zum einen schließt er die Output-Seite der Verfassungsgerichtsbarkeit mit ein. Kämen
Gerichtsentscheidungen auf politisertem Wege zustande, dann gäbe es „keinen
kommunikativen Anschluss“, denn „eine machtförmige Kommunikation setzt die
Kommunikationen des Rechtssystems nicht fort“ (Bora 2003: 207). In einem solchen Sinne
charakterisierbare Verfassungsgerichtsentscheidungen sind empirisch aber kaum denkbar.
Gerichtsurteile sie sind vielmehr per definitionem rechtlich anschlussfähig. Selbst wenn sie
öffentlich als „politisch“ kritisiert werden, ist es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ein
Verfassungsgericht in seiner Außenkommunikation sich explizit politischer statt rechtlicher
Kommunikation bedient (vgl. Eckertz 1978: 189; Bornemann 2007: 90). Vielmehr kommt das
Rechtssystem nie umhin, Verfassungsrechtsprechung als Rechtsprechung zur Kenntnis zu
nehmen – was auch immer die Verfassungsrichter beeinflusst oder motiviert haben mag.
Zum anderen grenzt die von Bora gebrauchte Formulierung, Politisierung als „Ersetzung
rechtlicher Systemreferenzen durch spezifisch politische“ (Bora 2003: 207) zu verstehen, den
Phänomenbereich zu stark ein. Politische Einflüsse zeigen sich nicht nur dort, „wo eine
rechtlich codierte Äußerung in der Kommunikation erwartbar ist, wider Erwarten aber ein
anderer Code auftritt“ (Bora 2003: 207). Sie schlagen sich vielmehr auch, vermutlich sogar in
der Mehrzahl der Fälle, hinter der „Fassade“ rein juristischer Argumentationen nieder.
Darüber hinaus sind gerade Einflüsse individueller Orientierungen, Präferenzen und
14 Badische Zeitung, 18.3.2010; http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/andreas-vosskuhle-und-seinesicht-des-verfassungsgerichts--28463919.html [5.8.2015]. Vgl. Kranenpohl (2010: 461ff.).
15 Diese interne Primärorientierung an rechtlichen Normen ist selbstredend bei anderen Verfassungsgerichten
weniger stark ausgeprägt (vgl. bspw. für Bulgarien und Rumänien Hein 2013), aber dies sind dann auch
gerade diejenigen Fälle, in denen sich ein höherer Politisierungsgrad beobachten lässt (vgl. Ewert/Hein
2015: 17).
– 18 –
Sozialisierungen sowie die politischen Wirkungen der Rahmenbedingungen des gerichtlichen
Entscheidungsprozesses den Richtern häufig gar nicht bewusst.
Zusammengenommen kann Politisierung daher wie folgt definiert werden: Politisierung der
Verfassungsrechtsprechung heißt, dass eine Gerichtsentscheidung nicht oder nicht allein nach
rechtlichen Kriterien gefällt wird, sondern durch politische Einflüsse (mit-)bestimmt wird,
insbesondere durch parteipolitische Bindungen und Policy-Präferenzen der Richter.
Politisierung bezeichnet demnach den Fall, dass die Richter in ihrer Suche nach der
verfassungsrechtlich überzeugendsten Beantwortung der vorliegenden Fragestellung (bewusst
oder unbewusst) von ihren politischen Präferenzen oder Opportunitätserwägungen beeinflusst
werden oder gar primär auf Basis politischer Kriterien für oder gegen einen Antrag optieren
und dann eine dazu passende juristische Argumentation erarbeiten.
Diese Begriffsdefinition integriert vier der sechs im 3. Abschnitt vorgestellten
Verwendungsweisen des Politisierungsbegriffs vollumfänglich (3.1 „Richterbestellung“, 3.2
„Politisches Element der Verfassungsrechtsprechung “ und 3.3 „Partielle oder vollständige
politische Kontrolle der Verfassungsrechtsprechung “) bzw. teilweise (3.4 „Politische
Einflüsse auf und politische Folgen von Verfassungsrechtsprechung“). Zudem lässt sie sich
implizit in zahlreichen empirischen Studien wiederfinden.16 Dies macht nicht zuletzt deutlich,
dass diese Definition von Politisierung nicht notwendigerweise auf systemtheoretische
Arbeiten beschränkt bleiben muss, sondern vielmehr in sämtlichen Zugängen des
„realistischen Ansatzes“ verwendbar ist.
6 Fazit und Ausblick
Begriffsarbeit gehört zu den zentralen Aufgaben der Politikwissenschaft. Von der Präzision
der benutzten Termini und der möglichst genauen Erfassung der durch sie bezeichneten
Phänomene hängt die Qualität von Theorien und der mit ihrer Hilfe durchgeführten
empirischen Forschungen maßgeblich ab. Es geht mithin „darum, konkrete Verhältnisse mit
treffenden Begriffen klar und konsistent zu beschreiben (Kreisky 2012: 31). In dieser Hinsicht
war der bisherige „state of the art“ des Politisierungsbegriffs trotz seiner zentralen Stellung in
der Verfassungsgerichtsforschung unbefriedigend. Dieser Beitrag hat versucht, diesen
terminologischen und konzeptionellen Mangel zu beheben. Zunächst wurden die
mannigfachen Verwendungsweisen des Begriffs in den vergangenen knapp 100 Jahren
16 Vgl. aus der jüngeren Literatur nur Hein (2013); Vorländer (2011); Höpner (2010); Lembcke (2007);
Hönnige (2007).
– 19 –
ideengeschichtlich rekonstruiert und typologisiert, und sodann die ihnen zu Grunde liegenden
theoretischen Konzeptionen von Politik, Recht und Verfassungsrechtsprechung
herauspräpariert. Im Rahmen des überzeugendsten der insgesamt drei Theorieansätze, der
Verfassungsrechtsprechung als systematisch rechtliche und politische Angelegenheit versteht,
und im Anschluss an eine systemtheoretische Konzeption Alfons Boras wurde ein
Politisierungsbegriff entwickelt, der nicht nur theoretisch konzis ist, sondern auch einen
wesentlichen Teil der bisherigen Verwendungsweisen des Begriffs aufnimmt und damit für
viele empirische Studien anschlussfähig bzw. nutzbar ist.
Für die zukünftige empirische Forschung besteht vor allem die Aufgabe, die Vielfalt der
möglichen politischen Einflüsse auf die Verfassungsgerichtsbarkeit in den Blick zu nehmen
(siehe Abb. 1). Bisher wurden in dieser Hinsicht nahezu ausschließlich Politisierung durch
den Input der Richterbestellung (vgl. bspw. Garoupa 2009; Hönnige 2007), die Strategien und
Interessen der Verfahrensbeteiligten (vgl. Hönnige 2007; Stone Sweet 2000) und die direkte
Richterbeeinflussung (vgl. Popova 2012; Domingo 2004) untersucht. Die Analyse aller
anderen Politisierungsfaktoren steht jedoch noch weitgehend aus. Hier wäre insbesondere zu
denken an die politische bzw. rechtliche Kultur (vgl. Kranenpohl 2010: 439ff.), die
Rollenbilder der Richter bzw. Gerichte (vgl. Boulanger 2013), den Inhalt der Anträge (vgl.
Sieberer 2006), die öffentliche Aufmerksamkeit (vgl. Sternberg et al. i.E.) und die
Ausgestaltung der prozessrechtlichen Regeln, insbesondere der Verfahrensarten (vgl.
Ewert/Hein 2015).
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