Tauchunfälle mit Rebreathern: Haftung bei „Probetauchgängen“ Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Worum geht es? Das Tauchen mit Rebreathern / Kreislaufgeräten erfreut sich großer Beliebtheit: 2010 gab es weltweit geschätzte 14.000 aktive Rebreathertaucher 2015: ? Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Worum geht es? Wer taucht Rebreather? Rebreather werden überwiegend von den sogenannten „Technischen Tauchern“ verwendet für: – tiefe Tauchgänge, z. B. Wracks – lange Tauchgänge, v. a. Höhlentauchen Aber auch: – Fotografen – „Technikfreaks“ Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Worum geht es? Die Risiken sind erheblich: – Hypoxie – Hyperoxie – Hyperkapnie – Verätzung („Caustic Cocktail“) – Éssoufflement Todesfälle seit 1998: ca. 290 derzeit jährlich > 20 Todesfälle weltweit Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Worum geht es? Dabei stellt sich das Tauchen mit Rebreathern aller Bauarten grundsätzlich als gefährlicher dar als das OC-Tauchen: Je nach Statistik … A. W. Fock, 2013: 10 x höheres Todesrisiko als OC D. Berndt, 2013: 13 x höheres Todesrisiko als OC Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Worum geht es? Warum Rebreather ? – längere Nullzeiten – bessere Dekompression – Gasverwertung besser als OC, insbesondere Trimix – Wärmeentwicklung Atemkalk – Verringerung von Ausrüstung und Gewicht Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Worum geht es? Gourneyras, Frankreich, max. Tiefe 95 m, Tauchzeit 6 ½ Std. Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Worum geht es? Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Wer taucht Rebreather? Werden also Rebreather nur bei solchen „Extremtauchgängen“ eingesetzt? – Nein. Und werden Rebreather nur von besonders gut ausgebildeten, erfahrenen Tauchern eingesetzt? – Nein. Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Unfallbeispiel 1 – – – – Testtauchgang PSCR-Eigenbau Erfahrung auf SCR Verleiher kein TL für Rebreather – Tauchpartner verlieren sich – Probetaucher verstirbt Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Unfallbeispiel 2 – – – – – – – – Tauchgang für Kaufinteressent SCR-Eigenbau Gase ungeeignet (zu wenig O2) Vordruck zu gering (Folge: dito) kein Bailout O2-Überwachung nicht aktiviert Taucher wird bewusstlos Taucher verstirbt Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung 1. Vertragliche Haftung? Probetauchgang = Schulungstauchgang? Kann m. E. angenommen werden, wenn Verleiher TL für das Gerät ist, d. h. gerätespezifische Lizenz; keine Umbauten, Eigenbauten etc. Hier in beiden Fällen: Vertragliche Haftung () Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung 2. Deliktische Haftung? Nur Unterlassen relevant, aktives Tun nicht gegeben. Aus Unterlassen nur dann Haftung, wenn eine Garantenstellung vorliegt. Also Garantenstellung? Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung Garantenhaftung Strafrechtliche Haftung, also Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. (strafrechtlichem) Schutzgesetz „Garant ist, wer für die Abwendung eines schädigenden Erfolges/eines schädigenden Ereignisses einzustehen hat.“ Buddyteam: Garanten! Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung 2. Deliktische Haftung? Nur Unterlassen relevant, aktives Tun nicht gegeben. Aus Unterlassen nur dann Haftung, wenn eine Garantenstellung vorliegt. Also Garantenstellung? Aus „Buddyteam“ ja, z. B. „Tauche nie allein“, aber Kausalität fraglich, wenn z. B. Verlieren nicht vorwerfbar ist. Also spezifische Garantenpflicht gegeben? Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung Garant aus Ingerenz, d. h. gefährlichem Vorverhalten? Überlassung eines Rebreathers = „Schaffung der Gefahr des Eintritts eines schädigenden Erfolges“? Statistisch: JA! ABER: Sehr weitgehend. Fast jedes Verhalten würde Garantenstellung begründen – daher Eingrenzung über Sozialadäquanz/Pflichtwidrigkeit Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung Jede Verursachung ausreichend – zu weitgehend Adäquanztheorie: Keine Haftung, wenn Erfolg auf aussergewöhnlichen Umständen beruht Sozialadäquates Verhalten grundsätzlich nicht „ingerent“ BGH: Pflichtwidriges Vorverhalten erforderlich Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung Fall 1 – Testtauchgang – PSCR-Eigenbau – Erfahrung auf SCR – Kein TL für Rebreather – Tauchpartner verlieren sich Kein pflichtwidriges Verhalten! Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung Fall 2 – Tauchgang für Kaufinteressent – SCR-Eigenbau – Gase ungeeignet (zu wenig O2) – Vordruck zu gering (Folge: dito) – kein Bailout – O2-Überwachung nicht aktiviert Pflichtwidriges Verhalten! Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtliche Beurteilung ABER: Gefahr war bekannt Eigenverantwortliche Selbstgefährdung der Geschädigten? Unter Prämisse „Gefahr bekannt“: JA! Grenze der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung: Überlegenes Sachwissen des anderen. Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Haftungsgründe Haftung kraft überlegenen Sachwissens z. B. dann gegeben, wenn – spezielle(re) Ausbildung – Gerätekenntnis – größere Erfahrung Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln „Lösung der Fälle“ Fall 1: Keine Strafbarkeit/Haftung des Verleihers, da zwar überlegenes Sachwissen vorhanden, aber spezifische Gefahren haben sich nicht realisiert, d. h. keine Ursächlichkeit des Unterlassens. Fall 2: Strafbarkeit/Haftung des Verleihers m. E. (+), da kausaler Zusammenhang zwischen Unterlassen und Tod gegeben – O2-Problematik war bekannt und hätte verhindert werden können. Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Fragen…? Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln Rechtsanwalt Peter Schetter Friedhofen Rechtsanwälte Kaiser-Wilhelm-Ring 22 50672 Köln Tel: 0049-221-1209590 [email protected] [email protected] Rechtsanwalt Peter Schetter, Köln
© Copyright 2024 ExpyDoc