Carl Hester Olympiasieger Carl Hester wurde mit seinem Pferd Uthopia 2011 und 2012 Gesamtsieger des CDI am Schindlhof Nach zwei höchsterfolgreichen Besuchen in Fritzens 2011 und 2012 kehrt Carl Hester in diesem Jahr zurück auf den Schindlhof. In diesem exklusiven Interview spricht der Engländer über seine pferdefreundliche Einstellung in Bezug auf Pferdehaltung und Training, seine Freude am Unterrichten und seine besonderen Erinnerungen an der Schindlhof. Text und Bilder von Selene Scarsi MÜSSTEN WIR einen Reiter auswählen, der mehr als alle anderen in der internationalen Dressurwelt ein echtes 'Vorbild' für Dressurfans ist, dann wäre es eine leichte Entscheidung. Carl Hester ist nicht nur einer der meist respektierten Reiter und gefragtesten Trainer, er wird auch, und das ist eine viel seltenere Auszeichnung, vorbehaltslos gemocht. Nicht zuletzt weil er es geschafft hat den Worten „glücklicher Athlet“, die bisher beinah als Widerspruch angesehen wurden, eine greifbare Bedeutung zu geben. Carl war vielleicht der erste TopReiter, der ganz offen über pferdegerechte Haltung und Trainingsmethoden gesprochen hat und er bleibt in dieser Hinsicht exemplarisch. Seine Weltstars grasen auf der Weide und werden oft ins Gelände geritten. Ja, sie sind happy. Seine Herkunft von der kleinen Kanalinsel Sark hat dazu geführt, dass er erst recht spät, im Alter von 16 Jahren, mit dem Reiten angefangen hat. Dafür aber genoss er eine wirklich um50 fassende Ausbildung bevor er sich auf die Dressur spezialisierte. "Es ist die Art und Weise wie man in England erzogen wird“, erklärt er. „Gerade bei jungen Reitern, die in den Reitsport einsteigen, liegt der Fokus nie auf einer Disziplin allein. Mir wurde nie etwas Bestimmtes aufgezwungen; als Teenager ritt ich Springen und Vielseitigkeit genauso wie Dressur.“ "Es war nie mein Ziel 'anders' zu sein - alles was ich mache, ist ganz natürlich für mich", sagt er. Die „Natürlichkeit“ ist es auch, die die Haltung seiner Pferde kennzeichnet. „So wäre es für jemanden in England zum Beispiel sehr unnatürlich oder zumindest unüblich, seine Pferde nicht auf die Weide zu lassen", sagt Hester und erklärt weiter, "Das liegt zum Teil an der Tradition und zum Teil auch am Land selbst, das sich sehr gut dafür eignet." "Bei mir gehen alle Pferd auf die Weide und einige von ihnen leben sogar dort. Heutzutage ist es auch die kostengünstigste Art Pferde zu halten. Was die Natur bietet ist großartig. Die jüngeren Pferde leben das ganze Jahr über draußen in einer Herde. Valegro und Uthopia gehen jeden Tag einzeln für ein paar Stunden auf die Koppel. Nip Tuck ist nicht so leichtrittig und es entspannt ihn, mit anderen Pferden auf die Weide zu gehen. Für mich kommt es darauf an, was für das einzelne Pferd passend ist. Es ist nie eine Entscheidung im Sinne von ‚dasselbe für alle’. Es macht keinen Sinn zu glauben, man sollte nur dieses oder jenes machen. Man muss wirklich für viele verschiedene Bedürfnisse offen sein.“ Carl legt genauso viel Wert auf das mentale Wohlbefinden des Pferdes beim Reiten und beim Training. "Am Anfang bei Dr. Bechtolsheimer folgten wir dem Konzept seiner Mentorin Sheila Willcox, die eine großartige Pferdefrau war [die erste britische Reiterin, die international erfolgreich war und bis heute die einzige Reiterin die Badminton dreimal in Folge gewinnen konnte]. Sie hatte dieses Konzept für Dressurpferde entwickelt und stets beibehalten, dass Pferde nur zwei Tage hintereinander dressurmäßig arbeiten sollten. Danach sollten sie ins Gelände geritten werden oder Konditionstraining machen. Wir machen dasselbe und bieten unseren Pferden ein sehr abwechslungsreiches Leben. Ich springe sie nicht, da ich glaube es ist zu riskant. Aber wir reiten sie ins Gelände, galoppieren bergauf und achten immer darauf, dass ihr Training viel Abwechslung bietet. Natürlich zahlt es sich aus – vielleicht nicht in wirtschaftlicher Hinsicht, aber ganz bestimmt im Sinne der tierischen (und menschlichen) Freude. "Wir haben 18 Pferde und fünf Mitarbeiter. Es ist ganz klar kein gewinnbringendes Unternehmen, aber es bietet meinen Pferden das Leben, das ich mir für sie wünsche. Das war eine sehr bewusste Entscheidung von mir. seiner Schüler zu den Top-Reitern zählen, wie Henriette AnAls Uthopia und Valegro in meinem Stall standen, erkannte dersen, Fiona Bigwood und andere, sondern es ist auch eine ich, dass ich die besten Pferde hatte, die ich je haben würde. Möglichkeit dem Sport etwas zurück zu geben. „So viele MenNach demselben Prinzip ist auch Carls Trainingssystem ganz schen haben mich während meiner Laufbahn unterstützt, dass einfach und unkompliziert. "Ich bin mit einem ziemlich einich eine Art ‚schlechtes Gewissen’ habe! Derzeit arbeitet die sehr talentierte Amy Woodhead für mich und ich würde ihr fachen Trainingssystem aufgewachsen", erklärt Carl, "Harry sehr gerne dabei helfen ihren Weg zu gehen – so wie ich es Boldt, Dr. Bechtolsheimer, Bert Rutten. Meine ersten Trainer bei Charlotte getan habe. Aber man kann nur eines nach dem waren sehr geradlinig und klar. Es gab keine Speziallösungen anderen machen“, lacht Carl. – die Pferde mussten in Selbsthaltung gehen. Das gebe ich „Charlotte und ich haben Werdegänge die unterschiedlicher auch an meine eigenen Schüler weiter – es sollte einfach und nicht sein könnten, aber sie hat diesen Biss und Valegro war schön anzusehen sein. Wenn man diese Selbsthaltung einmal das große Geschenk für uns beide. Es ist beeindruckend, wie erreicht hat, dann kann man alles machen, und es sieht dabei alles zusammengefunden hat. Es vergeht kein Tag, an dem auch noch einfach aus." wir nicht dankbar sind für dieses Pferd. Er ist der „Professor“ "Von diesen Menschen habe ich das Reiten gelernt und davon und das vergessen wir nie. Valegro hat diese außerordentliche ausgehend dann mein eigenes System entwickelt. In meinem Unterricht erkläre ich alles sehr einfach und möchte meinen Schülern vor allem einige wichtige Punkte vermitteln: man muss als Reiter in der Lage sein, sein Pferd zu dehnen, zu biegen und gerade zu richten. Das sind die wichtigen Grundlagen." Schon lange bevor Charlotte Dujardin in sein Leben trat, hatte Carl sehr viele erfolgreiche Schüler, aber die aktuelle Weltrekordhalterin war ein Wendepunkt in seinem Leben. Mit ihr, so Carl, „wurden die Lektionen zu 10ern. Ihr Charlotte Dujardin auf Valegro und Carl Hester auf Uthopia - zwei Olympiasieger auf der Ehrenrunde beim CDI am Schindlhof 2011 beim Reiten und auf ihrem Gabe lernen zu wollen und dazu noch diese unglaubliche BioWeg zum Erfolg zuzusehen war inspirierend. Es hat mir auch dabei geholfen mich selbst weiter zu verbessern. Es war inspimechanik der Hinterbeine.“ Obwohl Charlotte und Carl alles erreicht haben was man errierend für mich eine so talentierte Schülerin zu unterrichten. Es macht einen noch ehrgeiziger.“ reichen kann, ist ihre Motivation immer noch voll da, denn "Ich liebe es zu unterrichten," fährt Carl fort. "Es fällt mir sehr wie immer im Miteinander mit Pferden ist die Reise in Richleicht zu unterrichten – ich kann ‚fühlen’ indem ich zusehe. Ich tung Verbesserung unendlich – sogar die Verfeinerung von auhabe in meinem Leben schon so viele Pferde geritten und dagenscheinlicher Perfektion. „Valegro war als junges Pferd sehr stark und steif und das ist etwas woran wir immer noch arbeidurch unheimlich viel gelernt. Als ich von Dr. Bechtolsheimer wegging, habe ich sprichwörtlich alles geritten – wunderbare ten. Er kann seine Leichtigkeit immer noch weiter verbessern. und fürchterliche Pferde, solche die nicht an das Gebiss gingen, Ab und zu kann er auch stark sein in der Hand und daher ist buckelten oder einfach nicht vorwärts gingen. Auf diese Weise das ist auch ein Punkt an dem wir immer feilen“, erklärt Carl. habe ich viel gelernt und kann dies nun in meinen Unterricht Nachdem er erzählt hat, dass Valegro zuhause immer auf einfließen lassen.“ Trense geritten wird und auch mit Leichtigkeit einen Grand Das Unterrichten ist nicht nur einträglich, besonders da viele Prix auf Trense gehen könnte, stellt sich die Frage: würde Carl 51 sich freuen, wenn die FEI es erlauben würde Pferde auch am Turnier in der schwersten Klasse auf Trense zu reiten, so wie es im Vereinigten Königreich schon der Fall ist? „Ich denke man sollte die Wahl haben – so wie beim Kopfschutz. Ich denke immer noch, dass die Kandare die Krönung ist für eine Meisterschaft. Aber ich bin froh, dass wir im UK diese Regelung haben, die es einem Reiter erlaubt auch im Grand Prix auf Trense an den Start zu gehen.“ Weltrekordpferd im Grand Prix, im GP Special und in der GP Kür, Valegro, begrüßt seine Fans am Schindlhof Dies ist nun das dritte Mal, dass Carl nach Fritzens kommt – ein ganz besonderes Turnier für den Ausnahmereiter aus Gloucestershire und verbunden mit unvergesslichen Erinnerungen. „Am Schindlhof bin ich mit Uthopia an den Start gegangen und hier hatte Charlotte ihren ersten großen Durchbruch. Uthopia hat hier zum ersten Mal 80% bekommen (2011 im Grand Prix Special). Ich kann mich nur ganz klar an dieses Schwindelgefühl erinnern, das mich überfiel, als ich auf die Punktetafel gesehen habe. Diese Erinnerungen sind so wunderbar und werden mich für den Rest meines Lebens begleiten.“ „Darüber hinaus mag ich Evelyn und Klaus unheimlich gerne. Der Boden und die Bedingungen hier am Schindlhof sind hervorragend und für mich ist es immer auch ein bisschen Urlaub. Ich möchte wieder mehr darauf zurück gehen den Wettbewerb und das Reiten zu genießen und Turniere auszuwählen, die keinen Stress mit sich bringen. Evelyn und Klaus sind so 52 wunderbare Gastgeber. Es ist heutzutage sehr schwer ein Turnier zu finden, das eine familiäre Atmosphäre hat – aber das ist genau das, was Fritzens einem bietet.“ After two highly successful visits to Fritzens in 2011 and 2012, Carl Hester returns to the Schindlhof this year. In this interview he talks about his horsefriendly approach to training and management, his passion for teaching, and the memories that make the Schindlhof so special. Words and pictures by Selene Scarsi IF WE had to pick one rider who, more than any other on the international circuit, truly represents a ‘role model’ for dressage enthusiasts, the choice would be pretty easy. Carl Hester is not simply one of the most respected riders and sought-after trainers around; he is, a far rarer accolade, unconditionally loved, not least for having the merit of giving tangible meaning to the words ‘happy athlete’, which had hitherto seemed almost an oxymoron. Carl was perhaps the first rider of his stature to be outspoken about his horse-friendly way of training and keeping horses – and leading by example, by showing the world’s best dressage horses serenely grazing in the paddock or hacking out in the woods. Coming from an unlikely background –he was born and raised in the tiny Channel Island of Sark–, he had a relatively late start to riding, at 16 years old, but received a truly all-round education before he became discipline-specific. “It’s the way you are raised in England,” he explains. “The focus, at least as a young person starting out, is never on one discipline only. I didn’t have anything specific put upon me; as a teenager I was showjumping, eventing, as well as doing dressage.” “I never set out with being ‘different’ – everything I do is totally natural to me,” he says, ‘natural’ being what firmly characterizes his approach to stable management. “For instance, it would be unnatural, or at least unusual, for someone in England not to turn horses out. This is partly due to tradition, and partly to the land itself; it’s a very capable country, a country that can deal with it,” he says. “At our yard, all horses get turned out and some of them live out in the field. Nowadays, this is also a cost-effective way of keeping horses: what nature provides is brilliant. The younger horses are out all year, in a herd. Valegro and Uthopia go out individually for a few hours, every single day. Nip Tuck can be difficult to ride, and living out in a field with other horses just relaxes him. For me, it’s a question of what works for each individual horse. It is never a question of ‘one rule fits all’: it makes no sense to believe you should only do this or that. You really have to be open-minded to different needs.” Carl’s approach to riding and training is equally attentive to the mental wellbeing of the equine athletes. “In my early days at Dr Bechtolsheimer’s yard, we followed the regime of Dr B’s mentor Sheila Willcox, who was a great horsewoman [the first female British rider to achieve international success, and –to date– the only rider to win Badminton on three consecutive editions]. She had set this regime up with the dressage horses, and always maintained that horses should only have two consecutive days of school work; after that, they went on hacks, and they did hill work or fitness work. We do the same, and provide a really varied life. I don’t jump them as I feel it’s not a risk worth taking, but we hack them, canter them up hills, and always ensure there is lots of variety in their training.” Of course, it pays off: perhaps not financially, but certainly in terms of horsey (and human) happiness. “We have 18 horses, and five people working here – it is clearly not a money-making venture, but what it does do is provides my horses with the lives I want them to live. That was a very conscious decision I made. When I found myself with Uthopia and Valegro in the yard, in the late 2000s, I chose to go into that level of detail, as I realised I had the best horses I was ever going to have.” Working on the same principle, his training system is also straightforward and uncomplicated. “I was brought up with a pretty basic training system: Harry Boldt, Dr Bechtolsheimer, Bert Rutten. My early trainers were very straightforward, black-and-white trainers. There were no fixes: the horse had to be in self-carriage. This is what I am training my own students to achieve: it should be easy and pleasant to watch. Once selfcarriage is achieved, then you can do anything, and make it look easy too.” “I learnt the early way of riding from those people, and then developed my own system. But I remain simple in my teaching, and want students to go away with a few pointers: you must be able to stretch, bend, and straighten the horse. That’s what holds you to the basics.” Carl had an abundance of successful students long before Charlotte Dujardin came into his life, but the current world record holder was a turning point. With her, “things started to become a 10. Watching her ride, and listening to her drive to success was inspirational – it is what helped me up my own game. It’s been inspirational for me to have someone so talented to teach. It makes you hungry.” “I do love teaching,” Carl continues. “I find it very easy to teach: I can ‘feel’ by looking – I have ridden so many horses in my life and that has taught me so much. When I left Dr B, I rode literally anything – amazing horses and terrible ones, horses who wouldn't go on the bit, or would bolt, or wouldn't go forward. So I have learnt that way, and can now incorporate that in my teaching.” Teaching is not only rewarding – especially when a lot of his students are big-time players, such as Henriette Andersen, Fiona Bigwood and others – but also a way to give something back to the sport. “So many people have helped me throughout my career that I kind of have a ‘guilty conscience’! I currently have the very talented Amy Woodhead working for me, and I would love to help her make her way the way I did with Charlotte. You can only do one at a time,” he laughs. “Charlotte and I couldn’t have come from more different backgrounds, but she had this hunger, and Valegro was the gift we both got. It’s amazing how it all gelled together. Never a day goes by when we’re not grateful for him. He’s the ‘professor’, and we never forget that. This horse had an amazing gift, the gift of wanting to learn, as well as the incredible biomechanics of those hindlegs.” Despite having achieved everything there is to achieve, motivation is still there and still high – because as always with horses, the journey to improvement is infinite. Even improvement on apparent perfection. “Valegro was very strong and stiff as a youngster, and that’s something we still work on: he can always improve in his lightness. Sometimes he can still be strong in the hand, and that’s something we always work on.” Having said that, Valegro is ridden in the snaffle at home and could easily do a grand prix in the snaffle. Would Carl like to see the FEI allow horses to compete in the snaffle at the highest levels, as it already happens in the UK? “I believe it should be a choice – just like headgear. I still think the double is the pinnacle for a championship, but I am glad that in the UK we have a rule that allows riders to show at grand prix in the snaffle.” This is the third time Carl visits Fritzens – a very special show for the Gloucestershire-based rider, with some irreplaceable memories. “The Schindlhof is where I started with Uthopia, and where Charlotte had her first major breakthrough. Uthopia got his first 80% there [in the 2011 grand prix special]: I can still clearly remember that dizzy feeling looking at the scoreboard. The memories are so very good, and the whole thing will stick in my mind for the rest of my life.” “In addition to that, I love Evelyn and Klaus, the footing and setting are top class, and for me it’s also a bit of a holiday. I very much want to go back to enjoy competing, enjoy riding and pick shows that aren’t stressful. Evelyn and Klaus are such good hosts. These days it’s very hard to find a show that has a ‘family feel’, but that's exactly what Fritzens gives you.” 53
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