HAMLET 1 HAMLET von William Shakespeare in einer Übertragung von Hans Rothe Hamlet Claudius Polonius /Totengräber Ophelia /Totengräber Gertrud Laertes Rosenkranz Güldenstern Geist / ein Schauspieler / Fortinbras Bernardo Marzellus SASCHA TUXHORN FRANK WIEGARD ANDRÉ WAGNER MARTHE LOLA DEUTSCHMANN ANNETTE BÜSCHELBERGER LUIS QUINTANA MAXIMILIAN GRÜNEWALD MICHEL BRANDT RONALD FUNKE JONATHAN BRUCKMEIER LARISSA WÄSPY Regie Künstlerische Mitarbeit Bühne & Kostüme Musik Licht Dramaturgie Theaterpädagogik PREMIERE 2.10.15 KLEINES HAUS CSABA POLGÁR ILDIKÓ GÁSPÁR LILI IZSÁK TAMÁS MATKÓ CHRISTOPH HÄCKER ILDIKÓ GÁSPÁR, MICHAEL GMAJ VERENA LANY Aufführungsdauer 2 Stunden 50 Minuten, eine Pause Aufführungsrechte: Thomas Sessler Verlag, Wien Regieassistenz NORMAN SCHOCK Bühnenbildassistenz LINDA GAGELMANN Kostümassistenz STEFANIE HOFMANN Soufflage HANS PETER SCHENCK Inspizienz JULIKA VAN DEN BUSCH Dramaturgiehospitanz SUSANNE BETTELS Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühne Kleines Haus HENDRIK BRÜGGEMANN, EDGAR LUGMAIER Leiter der Beleuchtungsabteilung STEFAN WOINKE Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton TILL MEILER, DIETER SCHMIDT, FELIX WAGNER Leiter der Requisite WOLFGANG FEGER Requisite CLEMENS WIDMANN Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ Konstrukteur MICHAEL KUBACH Malsaalvorstand GIUSEPPE VIVA Leiter der Theaterplastiker LADISLAUS ZABAN Schreinerei ROUVEN BITSCH Schlosserei MARIO WEIMAR Polster- und Dekoabteilung UTE WIENBERG Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister/in Herren PETRA ANNETTE SCHREIBER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN WÖRNER, ANNETTE GROPP Waffenmeister MICHAEL PAOLONE, HARALD HEUSINGER Schuhmacherei THOMAS MAHLER, VALENTIN KAUFMANN, NICOLE EYSSELE Modisterei DIANA FERRARA, JEANETTE HARDY Chefmaskenbildner RAIMUND OSTERTAG Maske RENATE SCHÖNER, LILLA SLOMKA, MARINA ZIEBOLD Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind. DIE WELT IST IM ZERFALL, O FLUCH, O GRAUEN, DASS ICH GEBOREN BIN SIE NEU ZU BAUEN 2 Sascha Tuxhorn, Ronald Funke 3 WER STEHT FÜR DIESEN BLUTIGEN EIN? FREVEL ZUM INHALT Akt I Seit der alte König gestorben ist herrscht Unruhe in Dänemark. Norwegen rüstet unter dem kampfeslustigen Prinzen Fortinbras auf. Marzellus und Bernardo halten nachts in Helsingör Wache. Sie sind verängstigt, denn zum wiederholten Mal erscheint ihnen der Geist des alten König Hamlet. Zur Beerdigung des verstorbenen Königs tritt die neue königliche Familie zum ersten Mal gemeinsam auf. Claudius, der Bruder des Toten, zeigt sich als neuer König und frisch vermählt mit der Königin. Alle Anwesenden stützen die neue Regentschaft. Einzig Hamlet rebelliert und verschließt sich der Feier. Der königliche Berater Polonius und seine Kinder Laertes und Ophelia treten auf. Das Geschwisterpaar streitet. Anlass ist Ophelias Liebe zu Hamlet, die dem Bruder Sorge bereitet. Laertes weiß, dass die Stellung seiner Schwester am Hof nicht ausreicht, um den Prinzen heiraten zu können. und warnt sie vor ihren Gefühlen. Laertes verlässt Dänemark. Ophelia bleibt 4 allein mit ihrem pedantischen Vater zurück, der die junge Liebe ebenfalls heftig ablehnt. Er misstraut den Motiven des Prinzen, glaubt, dessen Gefühle seien oberflächlich und fürchtet um die Ehre seiner Tochter. Polonius verbietet dem Mädchen jeden weiteren Kontakt zu Hamlet. Der junge Prinz zieht sich in die Einsamkeit zurück. Er monologisiert aufgebracht über die Schande seiner Mutter und die Verderbtheit der Welt. Plötzlich erscheint ihm der Geist seines Vaters und offenbart, dass er durch die Hand seines Bruders getötet wurde. Er fordert Hamlet auf, den begangenen Mord zu rächen. Im Anschluss kommt es zum wohl berühmtesten Monolog des Stücks: Sein oder nicht sein. Der dänische Prinz steht vor der Entscheidung, in die Zukunft seiner Familie und damit des ganzen Königreiches einzugreifen oder nichts zu tun und damit der Tat und ihrer Folgen ihren Lauf zu lassen Akt II Ophelia berichtet ihrem Vater aufgewühlt von einer Begegnung mit Hamlet. Er verhält sich eigenartig. Das Mädchen erzählt, Hamlet habe nicht gesprochen, sie nur angestarrt und sei vollkommen von Sinnen gewesen. Polonius nimmt an, dass Prinz Hamlet aufgrund der Trennung von Ophelia den Verstand verloren hat. Ein Brief aus Norwegen trifft ein, in dem Prinz Fotrtinbras darum bittet, für einen Krieg gegen Polen mit seinen Truppen durch Dänemark marschieren zu dürfen. Claudius gewährt die Bitte. Auch das Königspaar hat die Veränderung an Hamlet bemerkt und bittet seine Studienfreunde Rosenkranz und Güldenstern um Hilfe. Sie sollen herausfinden, was im Prinzen vorgeht. Polonius bekräftigt den König in seiner Beunruhigung über Hamlets Verhalten und schlägt vor, sich selbst ein Bild von der Gefühlslage des Prinzen zu machen. Erfolglos versucht er, Hamlet in ein Gespräch zu verwickeln. Doch Hamlet spielt vor Polonius den Wahnsinnigen. Auch Rosenkranz und Güldenstern scheitern an ihrem Auftrag. Ein Schauspieler kommt an den Hof und Hamlet plant mit ihm die Aufführung eines Theaterstücks, mit dessen Hilfe er die Wahrheit über den Tod seines Vaters herauszufinden hofft. Während des Stücks will er Claudius beobachten und prüfen, ob das Schauspiel Schuldgefühle beim König hervorruft. Akt III Rosenkranz und Güldenstern berichten dem Königspaar von ihrem missglückten Versuch, den Grund für Hamlets Unruhe zu erfahren. Ophelia muss das Gespräch mit dem Prinzen suchen: Sie wird von Claudius und ihrem Vater als Lockvogel eingesetzt, um Hamlet aus der Reserve zu locken. Die Unterhaltung zwischen dem jungen Paar scheitert. Hamlet verliert die Fassung, da er sich von Ophelia hintergangen fühlt, und beschimpft sie heftig. Über die Reaktion seines Neffen schwer bestürzt beschließt Claudius, Hamlet unter einem Vorwand nach England zu schicken. Der gesamte Hofstaat kommt zu Hamlets Theaterstück zusammen. Claudius und Gertrud werden vom jungen Prinzen dazu aufgefordert, selbst im Stück mit dem Titel die Mausefalle zu spielen. Ein König und eine Königin schwören sich darin ewige Treue. Darauf wird der König von einem gemeinen Mörder vergiftet, genau so, wie es Claudius zuvor mit seinem Bruder getan hat. Im Spiel mit ihrer realen Situation konfrontiert, realisieren Gertrud und Claudius die Gemeinsamkeiten des Stücks mit ihrer eigenen Situation. Als Claudius, in der Rolle des Theaterkönigs, Gift ins Ohr geträufelt wird, verlässt er ertappt und in Panik den Saal. Hamlet sieht sich darin bestätigt, dass Claudius seinen Vater ermordet hat. PAUSE Der König zieht sich zurück, versucht zu beten und beichtet seine Tat vor Gott. Hamlet erkennt die Möglichkeit der Rache, zögert und erschlägt den wehrlos betendenen Claudius doch nicht. Königin Gertrud empfängt ihren Sohn aufgewühlt in ihren Gemächern. Sie ermahnt ihn, nicht weiter seinen Onkel zu beleidigen. Hamlet wirft seiner Mutter, die schnelle Heirat mit Claudius vor. Er zeigt ihr zwei Portraits auf denen beide Könige zu sehen sind, führt ihr vor, wie schwach ihr neu gewählter Mann ist. Um das Gespräch zu belauschen, versteckt Polonius sich im Raum. Auf ein Geräusch 5 hin tötet Hamlet ihn im Glauben, seinen Onkel zu ermorden. Akt IV Als Gertrud ihrem Ehemann von den Geschehnissen berichtet, realisiert Claudius, dass der Angriff ihm gegolten hat. Er stellt Hamlet zur Rede und fordert ihn auf, den Verbleib von Polonius Leichnam zu verraten. Hamlet antwortet ihm, er solle im Himmel nachsehen lassen oder selbst in der Hölle suchen. Eile sei nicht geboten, denn der tote Körper beginne in kurzer Zeit zu verwesen und der Geruch erleichtere die Suche. Er spricht den König mit „Mutter“ an und argumentiert, dass König und Königin durch ihre Heirat zu einer Person geworden sind. Claudius sieht in den Antworten Hamlets nur Wahnsinn. Aus Angst vor dem jungen Prinzen und um seinen Thron schickt Claudius ihn zusammen mit Rosenkranz und Güldenstern nach England. Er verfasst einen geheimen Brief, in dem der Tod des Prinzen angeordnet wird, sobald dieser englischen Boden betritt und übergibt ihn Hamlets Schulfreunden. Während der Überfahrt nach England entdeckt Hamlet den Mordbefehl gegen sich. Er schreibt den Brief um. Nun lautet die Anweisung, Rosenkranz und Güldenstern bei ihrer Ankunft zu töten. Ohne Hamlet in Helsingör zurückgeblieben, müssen sich König und Königin mit sich selbst beschäftigen und nach den vergangenen Ereignissen neu zu finden. Die Königin zweifelt an Claudius' Ehrlichkeit. Ophelia hat nach dem Mord an ihrem Vater den Verstand verloren. Die Nachricht vom Tod von Polonius hat Laertes in Frankreich erreicht. Er ist nach Dänemark zurückgekehrt und sinnt nach Rache an Claudius, 6 den er für verantwortlich hält. Gleichzeitig mit ihm trifft die Nachricht am Hofe ein, dass Hamlet aus England zurückgekommen ist. Claudius, der erneut um sein Leben fürchten muss, schafft es, Laertes' Wut auf Hamlet umzulenken und ihn von einer Verschwörung gegen den Prinzen zu überzeugen. Königin Gertrud unterbricht Pläne der beiden und bringt Nachricht von Ophelias Tod. Das Mädchen hat sich im nahegelegenen Bach ertränkt. Akt V Hamlet trifft auf zwei Totengräber, die Ophelias Grab ausheben. Die Beerdigung findet heimlich statt, denn der Selbstmord des Mädchen soll verschleiert werden. Nach der Zeremonie begegnen sich Hamlet, Laertes und das Königspaar erneut. Als Bruder und Liebhaber um die Liebe des toten Mädchens buhlend, gehen die jungen Männer aufeinander los. Claudius beschwichtigt Laertes und bittet ihn, sich auf den gemeinsamen Plan zu besinnen. Vom Geist seines Vaters erfährt Hamlet, dass der König auf einen bevorstehenden Kampf zwischen ihm und Laertes gewettet hat. Bei Hofe treffen beide zum Duell aufeinander. Claudius hat seinen Plan gegen Hamlet abgesichert: Laertes tritt mit vergiftetem Degen an. Zusätzlich steht ein Giftkelch bereit, der dem Prinzen als Erfrischung gereicht werden soll. Doch aus dem Kelch trinkt Königin Gertrud. Hamlet, selbst tödlich getroffen, verwundet Laertes und ersticht Claudius bevor er selbst stirbt. Am Ende bleiben nur Marzellus und Bernardo übrig. Prinz Fortinbras trifft auf seinem Marsch am Hof ein und besteigt den leeren dänischen Thron. Frank Wiegard, Annette Büschelberger 7 8 André Wagner, Marthe Lola Deutschmann, Larissa Wäspy, Jonathan Bruckmeier, Maximilian Grünewald, Michel Brandt, Frank Wiegard, Annette Büschelberger 9 WAS FÜR EIN MEISTERWERK IST DER MENSCH ZUM AUTOR Um den elisabethanischen Dramatiker William Shakespeare ranken sich zahlreiche Legenden und Spekulationen. Wer der Dichter tatsächlich war, ist heute schwer zu sagen. Zwar gibt es für einen Mann des 16. Jahrhunderts vergleichsweise viele Dokumente aus seinem Leben, daraus lässt sich jedoch nur ein lückenhafter Lebenslauf zusammensetzen. Es ist sicher, dass William Shakespeare im Jahr 1564 in Stratford-upon-Avon getauft wurde. Es existieren mindestens zwei Shakespeare-Versionen: der reale Mann, der als Verfasser der bekannten Bühnenwerke gilt, und der Mythos Shakespeare, der jeweils zeitgemäß in das bestehende Werk hineininterpretiert wird. Als Sohn eines Handschuhmachers verlebt Shakespeare seine Jugend in der englischen Provinz und heiratet, noch minderjährig, die acht Jahre ältere Anne Hathaway. Im darauffolgenden Frühjahr kommt die gemeinsame Tochter Susanna zur Welt. Es folgen die Zwillinge Hamnet 10 und Judith. In seinem Heimatdorf kommt Shakespeare mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt. Möglicherweise bringen die dörflichen Streitereien den jungen Mann auf die Idee, Familien- und Landleben hinter sich zu lassen und sich der Großstadt London zuzuwenden. Der Lebenslauf Shakespeares weist zwischen seinem 19. und 28. Lebensjahr eine Lücke auf. Aus dieser Zeit sind kaum Informationen über sein Leben überliefert. Erst im Jahr 1592 gibt es wieder Hinweise auf den Dramatiker. Kaum ein Ort ist in dieser Zeit so anonym und gleichzeitig erfüllt von Leben wie London. Das wilde Treiben um ihn herum inspiriert Shakespeare. Hier kann er beinahe ohne Einschränkung leben und schreiben. Die Stadt selbst kommt in den Werken des elisabethanischen Autors tatsächlich kaum vor. Das liegt unter anderem daran, dass Shakespeare wie damals üblich viele seiner Ideen nicht von Grund auf neu erfin- det, sondern Erzählungen oder historische Geschehnisse aufgreift und literarisch verarbeitet. Für einige Charaktere Shakespeares, wie z.B. die Könige Henry V und Richard III, hat es reale Vorbilder gegeben. Auch die Geschichte um den dänischen Prinzen Hamlet ist zu Lebzeiten Shakespeares verbreitet. Der Schriftsteller Saxo Grammaticus verfasst bereits im 12. Jahrhundert die Erzählung um einen Prinzen, dessen Vater ermordet wird und der sich in den Wahnsinn stürzt. Saxos Version der Geschichte, die dem nordischen Volksmund entspringt, wird im elisabethanischen England von fahrenden Schauspieltruppen aufgeführt. Der junge William Shakespeare hat eine solche Aufführung wahrscheinlich selbst erlebt und entwickelt aus ihr die Idee für seinen Hamlet. Die Figuren Shakespeares bewegen sich oft in der Natur oder sind von Einsamkeit und Stille umgeben, Situationen, die es im überfüllten London nur selten gab. Ebenso wie die Orte weichen auch die Charaktere häufig vom Alltagsbild des elisabethanischen Bürgertums ab. Shakespeare schreibt von Königen und Herrschern. Das Volk selbst kommt kaum zu Wort. Dennoch hat es den Anschein, als habe Shakespeare jede Bekanntschaft und jedes Erlebnis aus seiner Zeit und seinem Umfeld auf seine Werke übertragen und verarbeitet. Immer wieder finden sich in Shakespeares Werken Hinweise auf Ereignisse oder Personen, die es tatsächlich in seinem eigenen Umfeld gegeben hat. Ende der 1590er Jahre durchlebt William Shakespeare eine außergewöhnlich produktive Phase seines Schaffens. Aus dieser Zeit stammen beispielsweise die Komödien Viel Lärm um nichts, Wie es euch gefällt und auch die Tragödie Hamlet. Der Shakespeare-Biograf Stephen Greenblatt findet den Ursprung dieser Kreativität in der Familie des Dramatikers. Vermutlich im Jahr 1596 erreicht Shakespeare die Nachricht von der schweren Krankheit seines Sohnes Hamnet. Ob er Stratford noch vor dem Tod des Jungen erreicht, ist nicht überliefert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit nimmt er jedoch an Hamnets Beerdigung teil. Es gibt keine Berichte darüber, wie Shakespeare auf den Tod seines Kindes reagiert hat. Die Kindersterblichkeit ist hoch, jedes dritte Kind stirbt vor Erreichen des zehnten Lebensjahres. Vermutlich hat ihn der Verlust seines einzigen Sohnes und Erben trotzdem sehr schwer getroffen. Gleich zwei Werke Shakespeares aus den Jahren nach Hamnets Tod beschäftigen sich direkt mit der Beziehung zwischen Vater und Sohn. Während sich Brutus im Drama Julius Caesar gegen die Vaterfigur wendet, entscheidet sich Hamlet im gleichnamigen Stück für den Vater und damit gegen seine eigene Zukunft. Der Autor erinnert sich beim Schreiben der Dramen möglicherweise an seinen eigenen Sohn. Tatsächlich sind die Namen Hamnet und Hamlet praktisch identisch, denn es existiert in dieser Zeit keine einheitliche Rechtschreibung. Das elisabethanische Zeitalter ist aus heutiger Sicht eine politisch, wirtschaftlich und sozial unbeständige Welt. Veränderungen prägen den Alltag William Shakespeares in London. Dies spiegelt sich auch im weiten Spektrum unterschiedlicher Schauplätze und Szenarien wider, die Shakespeare in seinen Stücken verarbeitet. Bei aller Vielfalt gibt es dennoch immer 11 eine kontinuierliche Größe: Im Zentrum steht der Mensch und die Beziehung zu seinem Umfeld. Die zahlreich auftretenden extremen Charaktere Shakespeares leben im starken Gegensatz zu ihrem Schöpfer. Der Autor war wahrscheinlich kein Mann der Massen und lebte abseits der Bühne eher zurückgezogen. Exzesse oder Skandale um den Dramatiker aus seiner Zeit in London sind nicht überliefert. Im Jahr 1599 entsteht das heute weltberühmte Globe Theatre an der Londoner Southbank, damals ein Vergnügunsbezirk außerhalb der Stadtgrenzen. Als Teilhaber und Dramatiker tritt Shakespeare dort wahrscheinlich selbst gelegentlich als Schauspieler auf. Um finanziell zu überleben, muss die Schauspieltruppe des Globe zusätzlich zu einem umfangreichen Repertoire jährlich zwanzig Premieren präsentieren. Für den Bühnenautor bedeutet das rund um die Uhr ein enormes Arbeitspensum. Das Publikum setzt sich ebenso aus dem einfachen Volk wie auch Vertretern des Adels zusammen. Nicht selten genießen Theatermacher die Aufmerksamkeit und den Schutz einflussreicher Aristokraten, Minister oder gar der Königin selbst. Eine besondere Beziehung verbindet Shakespeare mit dem Earl of Southampton. Ihm widmet der Dramatiker mehrere Gedichte, darunter Venus und Adonis, das erste Werk das mit Sicherheit Shakespeare zugeordnet werden kann. In Zeiten der Pest, in denen Theater immer wieder geschlossen werden müssen, dient das Schreiben für den Adel als reiner Broterwerb. Finanziell bedeutet die Gönnerschaft Southamptons für Shakespeare vor allem Sicherheit. Gleichzeitig bietet ihm seine Dichtung die Möglichkeit, Anspielungen auf das Privatleben seines Förderers 12 zu verstecken. Die Biografie des Grafen lässt vermuten, dass Shakespeare dem jungen Mann fast väterliche Gefühle entgegenbringt und durch mehrere Sonette zu einem gezügelten Lebensstil rät. Doch nicht nur Southampton fühlt sich von der Dichtung Shakespeares angesprochen, insbesondere das junge männliche Publikum ist von seinen Werken begeistert. Zum Gentleman geadelt und als berühmter Dichter bei Hof und im Volk hoch angesehen, ist Shakespeare in London umgeben von den Intellektuellen seiner Zeit, wie dem Schauspieler Richard Burbage oder dem Dichter Christopher Marlowe. Im Gegensatz zu den meisten seiner berühmten Freunde besitzt er selbst vermutlich ein Mindestmaß an bürgerlicher Bildung, eine Universität hat Shakespeare mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch nie besucht. Schon während Shakespeares Aufenthalt in der Großstadt werden Umfeld und Werk des Theatermachers vielerorts diskutiert. Über hundert Verweise verschiedener Autoren belegen die Berühmtheit Shakespeares noch zu seinen Lebzeiten. William Shakespeare wird heute als Dramatiker dem elisabethanischen Zeitalter zugeordnet. Viele berühmte Werke wie Othello, König Lear oder Macbeth entstehen aber erst nach dem Tod von Königin Elisabeth I. Mit der Krönung James I finden im Land große Veränderungen statt. Um seine gesellschaftliche Stellung nicht zu verlieren, muss sich Shakespeare dem neuen System anpassen. Seine Theatertruppe, die Lord Chamberlains’s Men, rückt fortan die politischen und religiösen Ansichten des neuen Regenten ins Zentrum ihres Schaffens und nennt sich, ihm zu Ehren neu The Kings’s Men. Nach beinahe zwei Jahrzehnten des Erfolgs und der Anerkennung, aber auch der Einsamkeit, kehrt William Shakespeare der Großstadt den Rücken und widmet sich fortan wieder dem Familienleben. Aus seinen letzten Lebensjahren sind mehrere Belege erhalten, die den Bürger Shakespeare in erster Linie als regen Geschäftsmann, nicht aber als Dichter ausweisen. Das ausführ- lichste Schriftstück aus dieser Zeit ist Shakespeares dreiseitiges Testament. Die darin aufgelisteten Besitztümer vermachte er zu großen Teilen seiner ältesten Tochter. Am 23. April 1616 stirbt William Shakespeare. Sieben Jahre nach seinem Tod erscheint die erste Gesamtausgabe seiner Dramen, die heute als First Folio bekannt ist. 13 14 Annette Büschelberger, Frank Wiegard, Marthe Lola Deutschmann, Larissa Wäspy, Maximilian Grünewald, Jonathan Bruckmeier, Michel Brandt 15 SHAKESPEARES ENTDECKUNG ZUM STÜCK Von Stephen Greenblatt, aus seiner Shakespeare-Biografie Will in der Welt Versenkung zu holen und sie in ein verblüffend neues Gewand zu kleiden. Die Abfassung eines Stückes über Hamlet im Jahre 1600 oder ungefähr um diese Zeit war möglicherweise nicht Shakespeares eigene Idee. Mindestens ein – heute nicht mehr erhaltenes – Stück über den dänischen Prinzen, der den Mord an seinem Vater rächt, war bereits auf der englischen Bühne aufgeführt worden und muss so großen Erfolg gehabt haben, dass zeitgenössische Autoren darauf Bezug nahmen, so als hätte es jeder gesehen oder wüsste zumindest davon. Vielleicht hat irgendjemand von den Lord Chamberlain’s Men, Shakespeares Schauspieltruppe, ihm gegenüber die Ansicht geäußert, die Zeit könnte für eine neue, verbesserte Version des Hamlet reif sein. Shakespeare mit seinem starken Interesse am Profit des Unternehmens verfügte über ein einzigartiges Gespür für alles, was in London Menschenmengen anzog, und er hatte mittlerweile große Erfahrung darin, alte Stücke aus der Shakespeare hatte das frühe HamletStück sicher gesehen, wahrscheinlich mehrmals. Es ist durchaus möglich, dass er darin aufgetreten war, und in diesem Falle hätte er die Rolle aus zusammengeklebten Papierstreifen in seinem Besitz gehabt, auf der seine Rolle und die Stichworte für seine Auftritte und Abgänge verzeichnet waren. Elisabethanische Schauspieler hatten gewöhnlich nur Zugang zu ihrer jeweiligen Rolle und nicht zum Gesamttext; es war zu teuer, ihn vollständig abzuschreiben, und die Schauspielertruppen hüteten sich, ihre Texte allgemein in Umlauf gelangen zu lassen. Zu besonderen Anlässen konnten sie Abschriften für bevorzugte Schirmherren anfertigen lassen, und in Zeiten finanzieller Engpässe verkauften sie manchmal Texte von Schauspielern an Drucker. Doch sie wollten, dass die Öffentlichkeit Stücken in erster Linie im Schauspielhaus und nicht im Studierzimmer begegnete. 16 Shakespeare kannte sicher auch noch weitere Versionen der alten dänischen Geschichte. Dem Stück nach zu urteilen, las er zumindest sorgfältig die Geschichte, wie sie auf französisch von Francois de Belleforest wiedergegeben wird, dessen Sammlung tragischer Geschichten gegen Ende des 16. Jahrhunderts ein Phänomen auf dem Buchmarkt war. Belleforest hatte den Hamlet-Stoff einer lateinisch geschriebenen Chronik Dänemarks entnommen, die der Däne Saxo Grammaticus Ende des 12. Jahrhunderts kompiliert hatte. Und Saxo wiederum hatte schriftlich und mündlich überlieferte Sagen verarbeitet, die einer noch Jahrhunderte weiter zurückliegenden Zeit entstammten. Wie so oft in seiner Laufbahn arbeitete Shakespeare hier also mit bekanntem Material – es gab eine fest umrissene Geschichte, vertraute Personen und eine Reihe vorhersehbarer Erregungen. König Horwendil, das Pendant zum alten König Hamlet, wird von seinem neidischen Bruder Feng nicht heimlich, sondern vor aller Augen umgebracht. Der Bruder benutzt eine durchsichtige Geschichte als Vorwand – er sagt, Horwendil habe seine edle Gattin Gerutha brutal missbraucht –, aber die Wirklichkeit sieht so aus, dass der skrupellose Feng derart mächtig ist, dass er die Krone, das Reich und die Gattin seines Bruders an sich reißen und ungestraft davonkommen kann. Das einzige potentielle Hindernis ist Horwendils junger Sohn Amleth, denn in dieser vorchristlichen Welt von Verrat und Rache weiß jeder, dass ein Sohn den Mord an seinem Vater rächen muss. Amleth ist noch ein Kind und stellt für niemanden eine Gefahr dar, doch was er zu tun hat, wenn er herangewachsen ist, steht außer Frage. Der mörderische Feng ist sich über diesen strengen sozialen Code natürlich ebenfalls im Klaren, und wenn der Knabe nicht schnell eine Kriegslist entwickelt, ist sein Leben nichts mehr wert. Um so lange leben zu können, dass er seine gerechte Rache nehmen kann, stellt Amleth sich wahnsinnig und überzeugt seinen Onkel davon, dass er für ihn niemals eine Bedrohung darstellen könnte. Er bewirft sich mit Schmutz und Schleim, sitzt am Feuer und schnitzt lustlos an kleinen Stöcken herum, aus denen er Haken mit Widerhaken macht. Obgleich der argwöhnische Feng ihm wiederholt Fallen stellt, um hinter dem scheinbaren Schwachsinn seines Neffen verborgene Funken von Intelligenz aufzuspüren, entgeht Amleth listig der Entdeckung. Als Narr verspottet, mit Hohn und Verachtung behandelt, gelingt es ihm endlich, Fengs gesamtes Gefolge zu verbrennen und seinen Onkel mit einem Schwert zu durchbohren. Er beruft eine Versammlung von Adeligen ein, erklärt, weshalb er seine Tat getan hat, und wird begeistert zum neuen König ausgerufen. Viele wunderten sich, wie er einen so geschickten Plan über einen derart langen Zeitraum hinweg verborgen gehalten hatte. Schon bei Julius Cäsar hatte Shakespeare an einer solchen Figur gearbeitet: Bei Brutus' Monolog im Obstgarten taucht etwas Neues auf. Shakespeare lässt eine Figur denken, mit Fragen ringen. Die Zuschauer werden geradezu unheimlich nahe herangeholt, sie können die Herausbildung eines schicksalshaften Entschlusses, der die Welt verändern wird, aus nächster Nähe beobachten. Dachte hier Shakespeare zum ersten Mal an die Möglichkeit, über eine Figur zu schreiben, die praktisch das gesamte Stück hindurch in diesem eigentümlichen Zwischenstand verharrt? Er hatte die dramatischen Mittel entwickelt, um die psychische Realität eines derartigen Zustands darzustellen – eine Fähigkeit, von der weder 17 Saxo Grammaticus noch seine Nachfolger auch nur träumen konnten. Er sah, dass die Hamlet-Geschichte, die zur Überarbeitung reif war, es ihm ermöglichen würde, ein Stück darüber zu schreiben, wie es sich anfühlt , innerlich in dem unbehaglichen Zwischenstadium zwischen einem mörderischen Plan und seiner Ausführung zu leben. Das Neue an Hamlet war nicht, neue Themen zu entwickeln, oder zu lernen, wie man wohlgeformtere, straffere Handlungen konstruiert; das Neue war, wie man Innerlichkeit darstellte, die mit einer neuen radikalen Technik des Weglassens erreicht wurde. Shakespeare hatte die Fragen überdacht, wie man eine Tragödie aufbaut – insbesondere hatte er sich Gedanken darüber gemacht, wieviel kausale Erklärung eine tragische Handlung braucht, um effektiv zu funktionieren, und wieviel explizite psychologische Begründung eine Figur braucht, um überzeugend zu sein. Er fand, dass er die Wirkung seiner Stücke maßlos steigern konnte, wenn er ein entscheidendes Erklärungselement fortließ und dadurch die Begründung, die Motivation oder das ethische Prinzip, das für die Entfaltung der Handlung verantwortlich war, verdeckte. Es ging nicht darum, ein Rätsel aufzugeben, das gelöst werden musste, sondern darum, eine strategische Undurchsichtigkeit zu schaffen. Shakespeare verlässt sich jetzt in zunehmendem Maße auf die innere Logik, auf die poetische Kohärenz. In dem er die Struktur der oberflächlichen Bedeutungen niederreißt, konstruiert er durch das nachhallende Wiederholen von Schlüsselbegriffen, die geschickte Entwicklung von Bildern, die brillante Orchestrierung von Szenen, die komplexe Entfaltung von Ideen, die Verflechtung paralleler Handlungen und die Enthüllung seelischer Obsessionen eine innere Struktur. In den Jahren nach Hamlet schrieb Shakespeare eine Reihe erstaunlicher Tragödien – Othello 1603 oder 1604, König Lear 1605 und Macbeth 1606 –, in denen er von seiner Entdeckung Gebrauch machte. Wiederholt nahm er seine Quelle und entfernte aus ihr geschickt das Element, von dem man meinen könnte, es wäre für eine kohärente Handlung unentbehrlich. ICH BIN WIE EINER DER ZWEI DINGE TUN WILL AUF EINMAL UND NICHT WEISS WIE ZU BEGINNEN UND BEIDE UNGETAN LÄSST 18 Ronald Funke, Sascha Tuxhorn 19 FAUL DÄNEMARK ETWAS IST IM STAATE ZUR INSZENIERUNG Jan Kott schrieb in seinem berühmten Standardwerk Shakespeare heute: „Hamlet lässt sich nicht im Ganzen spielen, er würde sechs Stunden dauern. Man muss eine Auswahl treffen, Kürzungen und Streichungen vornehmen. Man kann nur einen Hamlet spielen, einen von denen, die in diesem Super-Stück enthalten sind. Es wird immer ein Hamlet sein, der ärmer ist als der Shakespearsche, aber es kann auch einer sein, der reicher ist, reicher um unsere Zeit. Er kann, nein, er muss es sein. Denn Hamlet lässt sich nicht ganz einfach aufführen. Vielleicht liegt darin seine Anziehungskraft für Regisseure und Schauspieler. In Hamlet haben viele Generationen nach ihren eigenen Zügen gesucht. Vielleicht beruht das Geniale Hamlets gerade darauf, dass man sich darin spiegeln kann.“ Um die Gräben zwischen den Generationen geht es in Csaba Polgárs Hamlet-Inszenierung. Der alte Hamlet ist tot, das alte System abgeschafft, die Macht liegt nun in der Hand seines jüngeren Bruders Claudius. Eine der 20 ersten Handlungen nach der Trauerfeier für den alten Hamlet ist die Übergabe eines Geschenks von Claudius an Gertrud, die er zur Frau genommen hat. Das Geschenk ist die neue Burg, eine überdimensionierte weiße Hüpfburg, die während des Aufblasens, Schritt für Schritt, einen Großteil der Bühne des Kleinen Hauses vereinnahmt. Es ist ein Luftschloss, ein wackeliges, instabiles Symbol für die neue Zeit, die mit dem Tod des alten Hamlet und der Machtübernahme seine Bruders angebrochen ist. In einer kurzen Replik kann man ahnen, wie restriktiv, wie brutal die alte Regentschaft war und mit welcher Freude und Lust auf Erneuerung der Hof den neuen Regenten annimmt – der ganze Hof mit Ausnahme des jungen Hamlet. König Claudius verspricht Freude und Freiheit, ein Luftschloss, während an den Grenzen die Bedrohung durch den Norweger Fortinbras wächst und in der ersten Szene schon die Wachen vom Unbehagen berichten, in dem sich der Staat Dänemark befindet. Hält dieser Staat dieser Bedrohung stand, trotz der Veränderungen, die sich gerade im Machtgefüge vollziehen? Csaba Polgár inszeniert eine Königsfamilie, der das Feiern ihrer neu gefunden Freiheit wichtiger ist, als der verantwortungsvolle Gebrauch ihrer Machtposition. Es ist eine Familie, die sich in den Traum, in ihre Sehnsüchte flüchtet. Getrud und Claudius haben nur noch ihre neu gewonnene ehrliche Liebe vor Augen, Polonius seine Position beim neuen König. Der Sinn für Realität, der Blick für die militärische Bedrohung ist ihnen komplett abhanden gekommen. Polgár und sein Team haben diese Situation selbst erlebt, als Kinder, als Teenager, als 1989 der Sozialismus in Ungarn abgeschafft wurde, die Lage unsicher war und keiner wusste, was auf das Land zukommen würde. In der Inszenierung wird der faule Staat Dänemark von einer Hüpfburg symbolisiert. Daneben, viel kleiner und älter, steht ein Wachhäuschen, ein letzter Grenzposten, mit Patina belegt, ein Rest des alten Systems. Hierher zieht sich Hamlet zurück, und hier findet auch die schicksalshafte Begegnung mit dem Geist seines Vaters statt. Diese Begegnung ändert alles. Denn sie reißt Hamlet aus seiner Trauer um den Vater und stellt ihm eine Aufgabe: Der Vater wurde vom Onkel ermordet, Hamlet soll die Tat rächen. Das Dilemma: seine Tat wäre nicht nur ein folgenschwerer Eingriff in das Gefüge der Familie, sondern auch in das des Staates. Doch Zweiteres scheint auch Hamlet nicht wirklich zu interessieren. Das persönliche Schicksal, die eigene Befindlichkeit ist wichtiger. Polgár zeigt einen verlassenen Prinzen, der allein ist und sich in Opposition zu den Festlichkeiten um den neuen Thronfolger im Wachhäuschen verbarrikadiert. Um diese Einsamkeit zu verstärken wurde für die Fassung sein wichtigster Vertrauter und Freund, Horatio, gestrichen. Hamlet ist ein Denker und wird in vielen Inszenierungen so gezeichnet, dass er entweder den Wahnsinnigen spielt oder wahnsinnig ist. In Polgárs Konzept spielt er nicht und ist es nicht, nein, er erscheint den anderen nur wahnsinnig, wie jeder große und empfindsame Geist andern oft als geistesgestört erscheinen kann. Er wird unfähig, Gewalt auszuüben und scheitert damit als erstes schon an Ophelia. Dieser Zug der Inszenierung liegt vor allem in der Auswahl der Fassung begründet, für die sich das Regieteam entschieden hat. Wir kennen Hamlet im Original in drei Ausgaben, den ersten beiden Einzelausgaben, den Quartos von 1603 und 1604 und in der Gesamtausgabe, dem First Folio von 1623. In keiner dieser Ausgaben kann man Shakespeares Originalmanuskript erkennen. Die erste Quarto-Ausgabe ist eine der interessantesten. Sie ist unvollständig, die erste Szene mit den Wachen fehlt z. B. komplett, sie ist die kürzeste von allen und beruht auf einer für Bühnenzwecke bearbeiteten und gekürzter Aufführungsfassung. Sie wurde erst 1823 entdeckt, als die Forschung des 19. Jahrhunderts sich bereits zu Hamlet eine Meinung gebildet hatte; Schlegel hatte seine berühmte Hamletübersetzung längst beendet. Goethe hat 1825 von dem neuen Fund berichtet: „Das erste unbefangene Lesen gab mir einen wundersamen Eindruck … Das Stück war behaglich und ohne Anstoß zu lesen, man glaubte in einer völlig bekannten Welt zu sein; dem ohngeachtet aber empfand sich dabei etwas Eigenes, das sich aussprechen ließ und zu einer näheren Betrachtung, ja einer genaueren Vergleichung Anlass gab.“ Die erste Quarto weist im Vergleich zu den 21 anderen Ausgaben deutliche inhaltliche Unterschiede auf. Am stärksten in Claudius' Gebetsmonolog und in der Szene in Gertruds Gemach. Die Königin gilt als unbefriedigende Rolle. Sie hat eigentlich nur diese eine große Szene. In den andern Texten endet diese Szene ohne Resultat. Im ersten Quarto wird klar formuliert, dass die Königin nichts von der Ermordung ihres Mannes weiß, und der Text macht es sogar möglich, dass die Mutter sich zum Ende der Szene mit ihrem Sohn versöhnt. Der Geist selbst bittet Hamlet, seine Mutter zu schonen. Der berühmte Monolog „Sein oder Nichtsein“, der in den andern Ausgaben keinen festen Platz hat und meistens nicht dorthin gehört, wo man ihn platziert, dieser Monolog befindet sich ziemlich am Anfang des Stücks und setzt damit das Leitmotiv für Hamlets ganzes Sein, direkt nach der Begegnung mit dem Geist. Das STAATSTHEATER zeigt den Hamlet in dieser ersten Quarto-Fassung in einer Übertragung von Hans Rothe. Max Reinhardts Dramaturg und späterer Chefdramaturg der Ufa stellte für eine Vielzahl von Shakespeares Texten Neufassungen her. Die besondere und einzigartige Schlüsselszene in Hamlet bleibt die Mausefalle. Das Stück im Stück, das Theater auf dem Theater, in dem Hamlet das Wort seines Vaters auf den Prüfstand stellt und damit die politische Funktion des Theaters buchstäblich ins Zentrum des Stückes. Wenn Theater Zuschauer dazu bewegen kann, über ihre Verfehlungen nachzudenken und sich dann die eigene Schuld einzugestehen, dann ist es wirklich eine der stärksten Kunstformen die es gibt. Polgár treibt das Spiel noch weiter. In seiner Inszenierung schaut die königliche Familie nicht nur zu, sondern Claudius und Getrud spielen selbst den alten König und die alte Königin. Der Hofstaat stellt den Garten der Handlung dar und ist gezwungen, untätig zuzuschauen. Polgár bedient sich des Mittels der Familienaufstellung, der sich selbst spielenden Familie, um direkt mit den eigenen Taten konfrontiert zu werden. Claudius, in der Rolle des alten Königs, erlebt nun, wie ihm das Gift ins Ohr geträufelt wird, erschrickt und flüchtet von der Bühne. Es gibt einen zeitgenössischen Bericht von einer Frau aus Norfolk, die, nachdem sie einer Aufführung von Hamlet beigewohnt hatte, den Mord an ihrem Ehemann gestand. Ausgelöst hatte ihre Schuldgefühle, ihrer Aussage nach, die Aufführung der Mausefalle. Polgár erzählt von einem Spiel der Generationen, von Lügen und falschen Identitäten und der fanatischen Sehnsucht Hamlets nach der Wahrheit. Hamlet ist hier nicht wahnsinnig, Hamlet ist es einfach nicht möglich zu lügen. Eine einfache Setzung, die zur Tragödie eines ganzen Staates wird. GIBT ES ERBARMEN SOLANG WIR VORTEIL ZIEHEN AUS UNSERER SCHULD? 22 Luis Quintana 23 IN SEINEN ARMEN DAS KIND WAR TOT GOETHES ERLKÖNIG In der Inszenierung Csaba Polgárs spricht der Schauspieler nicht wie bei Shakespeare den Monolog über Priamus und Hekuba, sondern rezitiert Goethes Ballade Der Erlkönig. Der ursprüngliche Stoff stammt aus dem Dänischen, dort heißt der Erlkönig Ellerkonge, also „Elfenkönig“. Die Ballade wurde von Goethes Freund Johann Gottfried Herder übersetzt. Dabei entstand der Begriff „Erlkönig“ angeblich aus der falschen Übersetzung des Wortes Eller als „Erle“, das er dann mit „König“ kombinierte. Goethe schuf die Ballade als Einlage zu seinem Singspiel Die Fischerin, in dem die Darstellerin die Ballade bei der Arbeit singt. Zum Erlkönig inspiriert worden sein soll Goethe während seines Aufenthaltes in Jena durch eine Nachricht, nach der ein Bauer aus dem nahen Dorf Kunitz mit seinem kranken Kind zum Arzt an der Universität ritt. Die meisten Interpretationen des Gedichts gehen von der Nicht-Existenz dessen aus, 24 was der Knabe wahrnimmt. Sie sehen wie der Vater den Erlkönig als bloße Ausgeburt von Angst- und Fieberträumen und als Ausdruck der Krankheit des Knaben, die ihn am Schluss des Gedichts tötet. Wiederum anderen Interpreten zufolge verkörpert die Figur des Erlkönigs die männliche Natur des Knaben. Diese locke den widerspenstigen Knaben zunächst mit mütterlichen, dann mit erotischen Phantasien in ihr Reich und gewinne schließlich gewaltsam die Oberhand. Durch den nächtlichen Ausflug ins dämonische Leben werde der Knabe seiner Unschuld beraubt und letztlich gezwungen, seine wohlbehütete Kindheit zu verlassen. Sein Tod symbolisiere das unaufhaltsame Ende seiner naiven Integrität und seinen zwangsläufigen Eintritt in die Welt der Erwachsenen. Seine männliche Natur hole den fliehenden Knaben buchstäblich ein. Da helfe kein noch so schneller Galopp des Vaters, der seinen Sohn ins beschützende elterliche Heim zurückholen und so retten wolle. Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm. Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? – Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht? Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif? – Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. – „Du liebes Kind, komm, geh mit mir! Gar schöne Spiele spiel’ ich mit dir; Manch’ bunte Blumen sind an dem Strand, Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“ — Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht, Was Erlenkönig mir leise verspricht? – Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; In dürren Blättern säuselt der Wind. – „Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn? Meine Töchter sollen dich warten schön; Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“ – Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönigs Töchter am düstern Ort? – Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau: Es scheinen die alten Weiden so grau. – „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ – Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids getan! – Dem Vater grauset’s; er reitet geschwind, Er hält in Armen das ächzende Kind, Erreicht den Hof mit Mühe und Not; In seinen Armen das Kind war tot. 25 26 Jonathan Bruckmeier, Larissa Wäspy, Marthe Lola Deutschmann, Sascha Tuxhorn, André Wagner, Frank Wiegard, Michel Brandt, Annette Büschelberger, Maximilian Grünewald 27 VATER, MEIN VATER VON ILDIKÓ GÁSPÁR 23. Oktober 1989. Der 23. Oktober ist ein wichtiger Tag in der ungarischen Geschichte. Es ist der Tag, an dem 1956 die Revolution ausbrach. 33 Jahre später wurde an diesem Tag die neue ungarische Republik gegründet und der 23. Oktober wurde zum Gedenktag ernannt. Ich kann mich sehr gut an diesen Tag erinnern: Ich war damals vierzehn Jahre alt, saß in meinem Klassenzimmer, dieses Mal nicht in schwarz und weiß gekleidet, da wir unsere Pionieruniformen nicht mehr tragen mussten. Auch ein rotes Tuch musste um den Hals getragen werden, ohne dieses wäre es kein Pionieruniform gewesen, sondern eine einfache Festkleidung. Vielleicht haben sich einige Lehrer gedacht, die neue Freiheit würde nicht lange andauern, bald käme eine neue Uniform, vielleicht die alte wieder zurück? Eine eindeutige Entscheidung könnte zu unvorhersehbaren Konflikten führen, die beste Entscheidung war, erst mal alles offen zu lassen. 28 Wir saßen also in der Klasse in unserer Alltagskleidung. Es gab einen Lautsprecher über dem Türeingang, durch den man sonst das sogenannte Schulradio hören konnte. Es war ein Mittel der Propaganda: nicht nur Musik, Nachrichten und wichtige Informationen über das Schulleben, sondern auch die Namen der guten und der schlechten Schüler wurden regelmäßig verkündet. Mit sieben Jahren wurde ich einmal unter den schlechten Schülern erwähnt, ich kroch vor Scham unter die Bank und bin bis zum Ende der Pause dort geblieben. Dieses Mal wurde aber durch den Lautsprecher eine Sendung des offiziellen ungarischen Radios übertragen. Mátyás Szúrös, Präsident des Parlaments und provisorischer Präsident der Republik, teilte uns mit, dass Ungarn von nun an nicht mehr eine Volksrepublik sondern eine Republik sei. Ich verstand nicht, was der Unterschied war, und fragte mich, warum es besser wäre, eine Republik ohne Volk zu haben. Unsere Klassenlehrerin stand uns gegenüber. Sonst trug sie bei Schulzeremonien auch eine Pionieruniform, was ich lächerlich fand. Besonders, wenn sie sich so vor den Russischlehrer stellte und ihm salutierte. Er hatte wenig Haare, trug einen dunkelbraunen Anzug, lächelte nie und genoss offensichtlich das größte Ansehen an der Schule; größeres als der Direktor selbst, da er nicht nur der Russischlehrer war, sondern auch der offizielle Vertreter der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei. Wir dachten damals, er sei in die Klassenlehrerin verliebt – ich glaubte das nicht. Jetzt, wo sie vor der Klasse stand, war sie anders. Sie hatte Musik und Geschichte unterrichtet, und da in den Wirren der letzten Monate kein richtiges Lehrbuch zu den letzten 50 Jahren Geschichte gedruckt worden war, hatte sie es nicht gewagt irgendetwas zu unterrichten, so endete für uns die ungarische und die Weltgeschichte mit dem zweiten Weltkrieg. Was später geschehen ist, war uns ein Rätsel. Was wir bis dahin selbst aufgeschnappt hatten, wurde jetzt als Lüge bezeichnet. Wenn wir nachfragten, bekamen wir keine Antworten nur Ausreden. Diese fünfzig Jahre sind für mich ein Mythos geworden, in dem lauter alte Männer mit oder ohne Haare, mit oder ohne Brille, im schwarzen Anzug und ohne Lächeln auf überdimensionalen Bildern im Straßenbild zu sehen waren. Bei Zeremonien wurden ihre Bilder in verschiedenen Größen, nicht je nachdem, wie groß der Mensch, sondern wie wichtig seine Position in der politischen Hierarchie war, über dem großen Tisch aufgehängt wurden, an dem die Politiker saßen. Man wusste nie, welcher von den großen und den größeren Männern auf den Bildern schon gestorben und welcher noch am Leben war. Als ich danach fragte, wurde mir immer nur gesagt, ich sei eine schlechte Schülerin. Fünfzig Jahre. In genau diesen fünfzig Jahren ist mein Vater aufgewachsen, hat zusammen mit meiner Mutter unsere Familie gegründet. Sie haben früh geheiratet und haben vom Staat eine Wohnung bekommen. Auf ein Auto oder Telefon hätten sie ewig warten müssen. Da beide keinen Führerschein hatten – mein Vater wollte keinen, ein Auto und der Sprit kosteten zu viel, meinte er – haben beide nie eins beantragt. Ein Telefon benötigte man auch nicht. Wer uns gesucht hatte, konnte uns finden. Ich bin sicher, dass er davor Angst hatte, er sei nicht genug wert, diese Sachen zu bekommen. Er verdiene sie nicht. Ein kleiner Mann, der sich damit abzufinden hat, was er vom Staat bekommt. Seinen eigenen Vater hatte er sehr früh verloren. Wenn wir versuchen, uns daran zu erinnern, wie unsere Eltern in unserer Kindheit waren, bauen wir ein Mythos um sie auf. Für uns waren sie damals die Großen, die stark sind und fast alles tun konnten, was wir nicht konnten. Wir möchten uns dieses Bild bewahren: Eine Idee des guten Vaters und der guten Mutter. Der gute Vater ist weise und kräftig, er verteidigt uns, er zeigt uns wie ein echter Mann zu sein hat. Einfach weil er es ist – ein echter Mann, ein echter Mensch. Was passiert, wenn wir in unserer Kindheit keinen Vater hatten? Der Filmregisseur István Szabó, 1938 geboren, gehört zu einer sogenannten vaterlosen Generation. Die Väter sind im zweiten Weltkrieg gestorben oder verschollen. Oder sie sind vielleicht zurückgekehrt, aber zu sich selbst und ihrem Leben konnten sie nie 29 wieder zurückfinden. Diese Generation ist die, die ohne Väter aufgewachsen ist, und deren Geschichte – mit oder ohne Väter – als Lüge dargestellt wurde. In einem seiner frühen Filme, Vater von 1966, erzählt er über diese Erfahrung. Sein Alter Ego im Film hat seinen Vater am Ende des Kriegs verloren, und wenn er seine Mutter fragt, wie sein Vater gestorben sei, erhält er keine Antwort, nur Ausreden. Er stellt sich immer wieder neue Geschichten zu seinem Vater vor – so wird der Vater zum Mythos, zum Helden. Der Sohn nimmt an der Revolution von 1956 mit seinen Mitstudenten teil, und erlebt die Unabhängigkeitsbestrebungen des ungarischen Staates unter des Präsidentschaft von Imre Nagy, einem „Guten Vater“, als einen Akt des Erwachsenwerdens, die Erlangung der Unabhängigkeit von seinem Vater. Vierzig Jahre später, 2006, hat sich herausgestellt, dass István Szabó von 1957 an – möglich gemacht durch seine Teilnahme an der Revolution – über seine Mitstudenten Berichte für die ungarische Staatsicherheit schrieb. Auf diesen Vorwurf hin antwortete er, dass diese Berichte fiktive Erzählungen waren, um die Aufmerksamkeit von den wirklich wichtigen Personen und Ereignissen abzulenken. Was passiert, wenn in unserer Kindheit ein Vater vorhanden war, den wir aber nie kennenlernen konnten? Was, wenn sein Dasein eine Lüge war? Was, wenn er etwas vorspielen musste, damit er seine Arbeit – seine Macht – nicht verlöre? Hatte er sich als etwas anderes gezeigt, als er ist, da er selbst in Gefangenschaft der Sehnsucht nach Anerkennung von seinem eigenen, längst verstorbenen Vater, lebte? 30 Péter Esterházy, 1950 geboren, stellt in seinem Roman Harmonia Caelestis von 2000 seinen Vater nicht nur durch die verschiedensten Geschichten dar wie István Szabó seinen Vater zeigte, sondern beschreibt ihn immer wieder als eine neue Figur: mal ist er ein Mann, dann eine Frau oder auch ein Kind. Die Vaterfigur – die einmal sogar selbst Imre Nagy sein kann – wird zum Mythoshelden und allgemein kollektiven Vater. Kurz nachdem er den Roman beendete, machte er die Entdeckung, dass sein eigener Vater in Wahrheit 22 Jahre lang ein Spion für das Kádár-Regime war – 1956 bis 1988 war János Kádár die Hauptsekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei. Neben all den verschiedenen Figuren, als Spion hat er seinen Vater in dem Roman nicht beschrieben. Zwei Jahre später verfasste er anhand der Berichte seines Vaters einen neuen Roman mit dem Titel Verbesserte Ausgabe. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion, die beiden Vorstellungen der gekannten und der nicht gekannten Vaterfiguren lässt er im Werk miteinander verschmelzen. Und so entsteht der Vater dieser Epoche: der Vater der Opposition der sich selbst verleugnen muss, um sich zu schützen, und der Spion-Vater, der sich genauso selbst verleugnen muss, um sich zu schützen, jeweils vor der anderen Seite. Was ist hinter der Maske, hinter der Lüge? „Auf meinen Schultern sitzt mein Vater und darauf mein Großvater, und auf dem Großvater sitzt der Vater meines Großvaters. Ich trage einen Turm,” sagt eine Figur in Tankred Dorsts Theaterstück Merlin. Man möchte als Kind natürlich entsprechen. So sein, wie der Vater, man will der Mächtigste sein. Man denkt nicht, der Vater müsste sich auch seinem Vater und der jeweiligen Autorität anpassen. Und so trägt man einen Turm von Vätern auf den Schultern, die in gewisser Weise alle miteinander identisch sind: sie finden ihre Identität in der Annahme und der Anerkennung von Autorität. Man wird von dieser Sehnsucht nach Anerkennung erdrückt oder vertilgt. Der Vater bleibt. Der Böse. Das Monster. Die Angst vor dem Versagen. Die reine Furcht. Damals, als unsere Klassenlehrerin vor der Klasse stand, und zuhörte, wie die neue ungarischen Republik ausgerufen wurde, blickte sie uns sehr ernst an. Ihre Augen drehte sie in Richtung der Fenster. Die nackten Äste im Schulhof spiegelten sich in ihrer goldgerahmten, etwas zu großen Brille, hinter der ihre Augen plötzlich voller Tränen waren. Die Tränen rannten ihre Backen herunter, aber sie stand weiter regungslos da, bewegte sich nicht, stand vor der ganzen Klasse, die ihr erstaunt zusah und schwieg, und sich weder in Alltagsnoch in Festkleidung niemals so festlich gefühlt hat wie in diesem Moment. Hier habe ich etwas über die verschollenen 50 Jahre verstanden. Unsere Lehrerin trug ihren Ring immer verkehrt, damit man denkt, sie sei verheiratet. Sie war es aber nie. Es gab eine Legende in der Schule über sie: einmal wollte sie ein Mann aus der DDR heiraten. Vielleicht war ihr halbes Jahrhundert Leben auch nur eine Lüge, aber die Tränen waren echt. SEIN WAHNSINN IST DES ARMEN HAMLETS FEIND 31 32 Frank Wiegard, Maximilian Grünewald, Michel Brandt, Jonathan Bruckmeier, Sascha Tuxhorn 33 ENGE GRENZEN FÜR WEITE HORIZONTE EIN GESPRÄCH ÜBER THEATER UND POLITIK IN UNGARN Seit 2010 regiert die rechts-konservative Partei Fidesz in Ungarn und sorgt mit radikalen Gesetzesänderungen unter ihrem Ministerpräsidenten Viktor Orbán regelmäßig für Unruhe in der Bevölkerung und provoziert laute Kritik in ganz Europa. Der Dramaturg Michael Gmaj hat sich bei einem Arbeitstreffen in Budapest mit dem Hamlet-Regisseur Csaba Polgár und seiner künstlerischen Mitarbeiterin Ildiko Gáspár über die politische Lage in ihrer Heimat unterhalten, die großen Einfluss auf ihre Arbeiten hat. Csaba Polgár, auch Schauspieler am renommierten Budapester Örkény Theater, hat sich dem Karlsruher Publikum beim PREMIÈRES-Festival 2013 mit dem ungarischen Gastspiel von Tankred Dorsts Merlin oder Gott, Heimat, Familie vorgestellt. Die Inszenierung thematisierte den Verlust demokratischer Vorgänge in Ungarn. 34 Michael Gmaj: Wie schwer ist es derzeit, in Ungarn als Künstler unter der rechtskonservativen Regierung zu arbeiten? Csaba Polgár: Im Moment ist es sehr hart, mit freien Gruppen in Ungarn zu arbeiten, da es unklar ist, ob man noch staatliche Förderung erhält oder nicht. Die freie Szene wird dadurch konsequent zerstört. Die Truppe um Viktor Bodó, dem wohl derzeit international bekanntesten ungarischen Regisseur, musste sich vor kurzem auflösen, da die weitere Finanzierung einfach gekippt wurde. Unsere erste Arbeit mit meiner freien HOPPart-Truppe haben wir ohne jegliche Unterstützung gemacht, Kleists Hermannsschlacht. Für die folgende Arbeit Korijolanusz haben wir ein wenig Geld für das Bühnenbild bekommen, was aber hinten und vorne nicht gereicht hat. Also mieteten wir mit den Mitteln einfach einen Raum, der als Bühne funktioniert hat. Ildiko Gáspár: Es war dann absurd. Als wir mit Korijolanusz international großen Erfolg hatten, und zu einem Gastspiel nach Paris eingeladen wurden, wo das Team vor Ort uns diesen hier angemieteten Raum als Bühnenbild komplett nachgebaut hat. Die erste Bühne des Landes hatte unter ihm eine starke Besucherauslastung. Zugleich stand der Theaterleiter, dessen Homosexualität bekannt war, im Kreuzfeuer der rechtskonservativen und rechtsextremen Parteien. CP: Das war fantastisch – Sie haben uns daraufhin dieses Bühnenbild für weitere Gastspiele überlassen. Für das Geld hätten wir wahrscheinlich eine ganze Produktion in Budapest finanzieren können. MG: „Etwas ist faul im Staate Ungarn …?“ MG: Was sind die Gründe hierfür? CP: Das Erste, was die neue Regierung 2010 formuliert hatte, war ein Statement, dass freie Gruppen keine Gelder mehr kriegen sollen, weil sie nicht Teil des offiziellen Theatersystems in Ungarn seien. IG: Es ist reine Eifersucht des Intendanten des ungarischen Nationaltheaters, Attila Vidnyánszky. Durch seine politische Nähe zur Fidesz-Partei wurde ihm teilweise auch die Verantwortung über die Verteilung der Fördermittel an die Kulturszene übertragen. Er selbst wurde unter der letzten Regierung von der ungarischen Theaterszene und den damaligen Verantwortlichen schlecht unterstützt, vielleicht sogar als Künstler verkannt. Nun macht er mit der ihm zustehenden Macht das Gleiche mit uns. Nach dem Regierungswechsel 2010 wurde immer deutlicher, dass Vidnyánszky der Wunschkandidat der neuen Machthaber für die Nationaltheater-Intendanz war. 2013 wurde er dann als dessen Intendant berufen. Er versprach im Unterschied zu seinem Vorgänger Róbert Alföldi die von ihm konstatierte „Entwertung der ewig geglaubten europäischen Werteordnung“. Der ehemalige Intendant machte ein weltoffenes und anti-nationalistisches Programm. CP: So einfach kann man das nicht sagen! Der Staat funktioniert nicht erst seit dieser Regierung so schlecht. Das geht schon seit 10 Jahren so, ja vielleicht hat diese Entwicklung schon 1989, direkt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, begonnen. IG: Ungarn besitzt keine starke Identität. Seit Jahrzehnten hegt man den Wunsch, etwas Größeres zu sein, eine große Nation. Das ist natürlich Futter für die Nationalisten. Zudem ist für viele unklar, ob wir Teil des Westens oder Teil des Ostens sind. Wir können uns selbst nicht finden. CP: Als sich Österreich-Ungarn aufgelöst hat, war das ein Schock. Dann kam der Zweite Weltkrieg, danach der Sozialismus mit den Russen. Seitdem gab es gar keine Möglichkeit, eine eigene Identität zu entwickeln. IG: Die Ungarn haben einen Minderwertigkeitskomplex, deswegen halten sie sich so stark an die Konservativen, hängen an den alten Werten, wollen auch auf den Bühnen nichts Neues ermöglichen. So viele Theaterleute, die im Ausland erfolgreich arbeiten, erhalten hier in der Heimat überhaupt keine Anerkennung. MG: Wie verhält es sich mit dem umstrittenen neuen Medienrecht in Ungarn? Beschränkt das den Informationsfluss? 35 IG: In den Fernsehnachrichten wird z. B. nicht über die Proteste gegen die Regierung Orbán berichtet. Aber Tageszeitungen funktionieren zensurfrei. CP: Schlimmer ist die Zunahme der Selbstzensur. Dazu wurden die Ungarn schon im Sozialismus gut erzogen, und jetzt trifft das auf fruchtbaren Boden. MG: Aber auch die Verfassung wurde geändert, oder? Bürgerrechte werden beschnitten. CP: Mich stört allein, dass in der Verfassung Gott als Instanz genannt wird. Ungarn ist ein säkularer Staat, was hat Religion in der Verfassung verloren? Das größere Problem ist, dass es nur noch eine große, starke Partei gibt. Die Opposition wurde praktisch mundtot gemacht. IG: Selbst die Fidesz-Partei war ja bei ihrer Gründung 1988 eine liberale linke Partei. Sie war die Protestorganisation junger, linker Intellektueller. Dann hat nach und nach unter dem Parteivorsitzenden Orbán eine neue Ausrichtung nach rechts stattgefunden, mit der sie dann auch erst an die Macht gekommen ist. CP: Und sie werden mit diesen Wählern auch noch lange an der Macht bleiben. IG: Die Jobbik-Partei könnte stärker werden, da Fidesz „nur“ nationalkonservative, aber keine rechtsextremen Ansichten vertritt. Wobei Jobbik jetzt auch gemäßigte Wahlwerbung macht, die auf das konservative Familienbild setzt. MG: Wie versucht ihr als Theatermacher auf die Missstände aufmerksam zu machen? 36 CP: Wir versuchen, Stücke zu zeigen, die subtil die wichtigen und kritischen Fragen stellen. IG: Aber wir erreichen hier in Budapest nicht die Leute, die wir haben müssten: Die da draußen auf dem Land leben und die Fidesz und Jobbik wählen. Vor allem müssten wir in die Schulen gehen. Ich habe ein Klassenzimmerstück gemacht, mit dem wir durch kleinere Städte getourt sind, was ein schockierendes Erlebnis für mich war. Teenager können mit 15, 16 Jahren noch gar nicht richtig schreiben. Sie waren apathisch, wussten, dass sie nach ihrem Abschluss keine Arbeit kriegen würden, hatten jede Hoffnung verloren. In einer Schule hat noch nicht einmal ein geregelter Unterricht stattgefunden. Der Lehrer kam einfach nicht. Im Stück ging es um obdachlose Kinder. Nach der Aufführung haben wir sie immer gefragt, wo die Geschichte hätte spielen können. In Budapest haben die Jugendlichen immer geantwortet: „Irgendwo weit weg!“ Auf dem Land haben sie die Geschichte als ihre eigene gesehen. Das Gefühl des Verlassenseins ist stark ausgeprägt. CB: Es ist zu einfach zu sagen: „Die Regierung ist schlecht“. Es ist unser aller Fehler. In Korijolanusz sind z. B. alle zu schwach zum Kämpfen. Sobald sie Freibier und etwas zu essen kriegen, hören sie auf mit den Protesten. Brot und Spiele reichen zwar nur für einen Tag, aber sie reichen als Bestechungsmittel. Das findet gerade in Ungarn statt. Die Wirtschaft geht den Bach runter und die Regierung baut im ganzen Land überdimensionierte Fußballstadien. Das Interview führte Michael Gmaj im Mai 2015. Sascha Tuxhorn, Annette Büschelberger 37 CSABA POLGÁR Regie Der Ungar Csaba Polgár wurde 1982 geboren und studierte an der Universität für Theater und Film in Budapest. 2007 gründete er mit Kommilitonen die HOPPart Independent Company. Im selben Jahr wurde er Ensemblemitglied des Örkény István Theaters, wo er neben zahlreichen weiteren Hauptrollen derzeit den Hamlet spielt. Seine Inszenierung von Tankred Dorsts Merlin oder Gott, Heimat, Familie war zum PREMIÈRES-Festival 2013 eingeladen. 2008 arbeitete er das erste Mal als Regisseur und brachte Die Hermannsschlacht von Heinrich von Kleist auf die Bühne. Es folgten 2010 Rechnitz von Elfriede Jelinek und Korijolanusz nach Shakespeares Tragödie Coriolanus. Mit dieser Arbeit war er eingeladen zu den Festivals Fast Forward in Braunschweig und Radikal Jung in München. Am Münchener Volkstheater inszenierte er Julius Caesar und Kinder der Sonne. Hamlet ist seine erste Arbeit am STAATSTHEATER. 38 ILDIKO GÁSPÁR Künstlerische Mitarbeit & Dramaturgie Ildikó Gáspár wurde 1975 geboren und ist eine ungarische Theaterregisseurin und Dramaturgin. Bis 2003 studierte sie an der Universität für Film und Theater in Budapest. Seit 2001 arbeitet sie an Theaterproduktionen aller Genres. Seit 2005 ist sie Dramaturgin, später auch Regisseurin am Örkény István Theater, wo sie auch regelmäßig mit Csaba Polgár zusammenarbeitet. Zudem war sie auch an einigen Arbeiten der HOPPart Company beteiligt. 2013 wurde sie beim Treffen der ungarischen Theater (POSZT) als Beste Dramaturgin für ihre Arbeit an Peer Gynt und Amphitryon ausgezeichnet. In Budapest inszenierte sie u. a. Schillers Maria Stuart und betreute dramaturgisch die Hamlet-Inszenierung in der Polgár die Hauptrolle spielt und Merlin oder Gott, Heimat, Familie. Demnächst inszeniert sie das Porträt einer ungarischen Familie Die Vaterlosen. LILI IZSÁK Bühne & Kostüme TAMÁS MATKÓ Musik Lili Izsák, geboren 1981 in Ungarn, studierte Architektur an der Ungarischen Universität der Gewerbekünste. Sie machte ihre ersten Arbeiten als Kostüm- und Bühnenbildnerin 2004 und arbeitete seitdem u. a. mit Viktor Bodó, Árpád Schilling und Andrej Serban zusammen. 2007 gewann sie den Preis für das Beste Kostüm beim Ungarischen Theatertreffen (POSZT), 2013 den Preis für das Beste Bühnenbild der ungarischen Theaterkritiker und 2014 den Kritikerpreis „Kostümbildnerin des Jahres“ für ihre Arbeit am Örkény Theater in Budapest. Mittlerweile zeichnet sie für über 50 Produktionen an Theatern und Opernhäusern in Deutschland und Ungarn verantwortlich. Für Csaba Polgár, mit dem sie regelmäßig arbeitet, entwarf sie die Ausstattung für Merlin oder Gott, Heimat, Familie, das das Premières-Festivals 2013 in Karlsruhe eröffnete. Tamás Matkó wurde 1981 in Debrecen, Ungarn, geboren. Schon mit 9 Jahren erhielt er Musikunterricht auf der Violine und dem Klavier. Er studierte Komposition an der Franz Liszt Hochschule für Musik in Budapest. Nach dem Studium arbeitete er regelmäßig als Musikalischer Leiter und Pianist an verschiedenen Theatern in Budapest. Csaba Polgár kennt er schon aus der Schulzeit, später die enge gemeinsame künstlerische Arbeit. Mit ihm zusammen entwickelte er die für Polgárs Regie so typischen A-cappella-Gesänge. Zusammen erarbeiteten sie in Deutschland zuletzt die musikalischen Konzepte für Julius Caesar und Kinder der Sonne am Volkstheater München. Matkó entwickelte auch die Musik für Merlin oder Gott, Heimat, Familie. Seit 2014 lebt und arbeitet Matkó in Berlin. 39 40 Luis Quintana, Marthe Lola Deutschmann, Annette Büschelberger, Larissa Wäspy, Sascha Tuxhorn, Jonathan Bruckmeier, Maximilian Grünewald, Michel Brandt 41 ANNETTE BÜSCHELBERGER Gertrud Annette Büschelberger studierte Schauspiel in Leipzig. Sie spielte u. a. in Dresden, Darmstadt und am Theater Heidelberg. Dort leitete sie von 2001 bis 2011 das Kinder- und Jugendtheater „zwinger3“. Seit 2014 ist sie im Ensemble des STAATSTHEATERS und spielt die ältere Hannah Arendt in Die Banalität der Liebe. Außerdem ist sie in Richtfest, Schatten (Eurydike sagt) und demächst Die Troerinnen zu sehen. MARTHE LOLA DEUTSCHMANN Ophelia, Totengräber Marthe Lola Deutschmann wurde 1991 in Hamburg geboren. Von 20112015 studierte sie am Max Reinhardt Seminar in Wien. Mit der Spielzeit 2015/16 stellt sich Marthe Lola Deutschmann als Ophelia dem Karlsruher Publikum vor. Sie ist außerdem in Dantons Tod, als Irina in Drei Schwestern, und demnächst in Die Kinder des Musa Dagh zu sehen. LARISSA WÄSPY Marzellus Larissa Wäspy war von der Spielzeit 2011/12 bis 2013/14 Mitglied des Opernstudios am STAATSTHEATER. Die Sopranistin studierte bis 2015 Gesang an der Musikhochschule in Karlsruhe. Die Stipendiatin der Hildegard Zadek Stiftung war in Karlsruhe als Xenia in Boris Godunow, Taumännchen in Hänsel und Gretel und Max in Wo die Wilden Kerle wohnen zu erleben. MICHEL BRANDT Güldenstern Michel Brandt, geboren 1990, studierte bis 2012 Schauspiel in Stuttgart. In der Spielzeit 2011/12 war er Mitglied am Schauspiel Stuttgart. Seit 2012 ist er fest in Karlsruhe engagiert und spielt u.a. die Titelrolle in Die Leiden des jungen Werther, außerdem ist er in Die Räuber, Tschick, Dantons Tod und Ein Sommernachtstraum zu sehen. JONATHAN BRUCKMEIER Bernardo Jonathan Bruckmeier, geboren in Wien, schloss 2013 an der Zürcher Hochschule der Künste sein Schauspielstudium ab und ist seit der Spielzeit 2014/15 in Karlsruhe engagiert. Zu sehen ist Jonathan Bruckmeier aktuell in den Produktionen Stolpersteine Staatstheater, Drei Schwestern, Dantons Tod und als Schweizer in Die Räuber. RONALD FUNKE Geist, ein Schauspieler, Fortinbras Ronald Funke wurde 1954 in Berlin geboren. Er arbeitete u.a. in Magdeburg, am Nationaltheater Mannheim, am Volkstheater Rostock und in Heidelberg. 2011 wurde er für seine Rolle in Der Mann der die Welt aß als Schauspieler des Jahres nominiert. Aktuell ist er in Drei Schwestern, Kabale und Liebe und der Komödie Zuhause zu sehen. 42 MAXIMILIAN GRÜNEWALD Rosenkranz Geboren in Coburg, studierte Maximilian Grünewald bis 2013 Schauspiel in Leipzig. Er war Mitglied des Schauspielstudios am Maxim Gorki Theater in Berlin und ist seit der Spielzeit 2014/15 als festes Ensemblemitglied am STAATSTHEATER als Franz in Die Räuber zu erleben. Außerdem spielt er in Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir, Drei Schwestern und Kabale und Liebe. LUIS QUINTANA Laertes Luis Quintana wurde 1988 in Berlin geboren und studierte nach einer handwerklichen Lehre Schauspiel in Rostock. Seit der Spielzeit 2014/15 ist er fest im Schauspiel-Ensemble des STAATSTHEATERS. In Die Räuber spielt er die Hauptrolle des Karl. Weiterhin steht er in Dantons Tod, Ein Sommernachtstraum und Zuhause auf der Bühne. SASCHA TUXHORN Hamlet Sascha Tuxhorn wurde 1984 in Düsseldorf geboren und studierte Schauspiel in Hannover. Von 2010 bis 2015 war er fest am Nationaltheater Mannheim engagiert und spielte u. a. Danton, Woyzeck und Franz Moor. 2014 erhielt er den Arnold-Petersen-Preis. In der Spielzeit 2015/16 stellt er sich in der Titelrolle des Hamlet dem Karlsruher Publikum vor. ANDRÉ WAGNER Polonius, Totengräber André Wagner, geboren 1963, studierte an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Es folgten Engagements in Tübingen, Graz und Münster, bevor er 2002 am STAATSTHEATER engagiert wurde. Aktuell ist er als Schriftsteller in Agnes, in Die Banalität der Liebe, Ein Sommernachtstraum, Kabale und Liebe, Richtfest und Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir zu sehen. FRANK WIEGARD Claudius Er spielte nach seinem Studium an der Hochschule „Ernst Busch“ in Berlin u. a. am Staatstheater Kassel, Schauspiel Frankfurt und Maxim Gorki Theater in Berlin. Von 2007–2011 war er als festes Ensemblemitglied in Heidelberg. In der Spielzeit 2015/16 ist er in Karlsruhe als Danton in Dantons Tod zu sehen, ebenso in Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir, Kabale und Liebe sowie Drei Schwestern. 43 BILDNACHWEISE IMPRESSUM UMSCHLAG Felix Grünschloß SZENENFOTOS Felix Grünschloß PORTRÄTS Felix Grünschloß, Florian Merdes HERAUSGEBER STAATSTHEATER KARLSRUHE TEXTNACHWEISE Greenblatt, Stephen: Will in der Welt, Wie Shakespeare zu Shakespeare wurde, Berlin, 2004. Nicht gekennzeichnete Texte sind Originalbeiträge für dieses Heft von Susanne Bettels (Zum Inhalt, Zum Autor), Michael Gmaj (Zur Inszenierung, Interview) und Ildikó Gáspár (Vater, mein Vater) BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE 2015/16 Programmheft Nr. 276 www.staatstheater.karlsruhe.de GENERALINTENDANT Peter Spuhler VERWALTUNGSDIREKTOR Michael Obermeier SCHAUSPIELDIREKTOR Jan Linders LEITENDE DRAMATURGIN SCHAUSPIEL Brigitte Angela Ostermann REDAKTION Michael Gmaj, Mitarbeit Susanne Bettels KONZEPT DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net GESTALTUNG Kristina Schwarz DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe DER REST IST SCHWEIGEN 44 Sascha Tuxhorn
© Copyright 2024 ExpyDoc