APÜ Zivilrecht WS 2015 Hofmair/Pierer/Wöss 1. Fall Vor einigen

APÜ Zivilrecht WS 2015
Hofmair/Pierer/Wöss
1.
Fall
Vor einigen Jahren übernahm Anton die väterliche Tankstelle mit angeschlossener Werkstatt. Um
den Betrieb weiterführen zu können, wurden ihm bei Übernahme von der Gewerbebehörde
Auflagen zur Reduktion der Bodenkontamination erteilt. Die dafür nötigen Umbauarbeiten wurden
von Anton bis zum heutigen Tag weder durchgeführt noch seitens der Behörde überprüft, obwohl
die dazu eingeräumte Frist schon längst abgelaufen ist. Dieser Umstand ist auch seinem
Konkurrenten Bernd, KFZ Händler und Werkstättenbetreiber, bekannt.
Als Bernd eines Tages am Betriebsgelände des Anton vorbeikommt, fällt ihm ein seltener,
spezialangefertigter Kühlergrill auf (Wert EUR 930,00). Nach einem solchen hält er schon länger für
einen Kunden Ausschau. Bernd betritt den Kassenraum der Tankstelle, wo er auf Antons 14 jährigen
Sohn Clemens trifft. Dieser darf – was Bernd weiß – regelmäßig die tankenden Kunden kassieren. Auf
den Kühlergrill angesprochen, meint Clemens, er wisse den genauen Preis nicht, glaube aber, dass er
ungefähr EUR 1.000,00 wert sei. Bernd meint darauf, er wolle diesen unbedingt. Anton will er dafür
jedoch nur EUR 500,00 geben, denn sein Schweigen in Hinblick auf die nichteingehaltenen Auflagen
habe schließlich seinen Preis. Würde Clemens nicht spuren – so Bernd weiter – würde er die Behörde
an die Auflage „erinnern“, was sogar zur Schließung des Betriebes führen könne. Clemens, in Sorge
um die Zukunft der Familie, willigt ein, übergibt den Kühlergrill und nimmt die EUR 500,00 entgegen.
Als Anton von dem Geschäft erfährt, ist er zuerst wenig begeistert, meint aber, es helfe ja doch
nichts.
Da der ursprüngliche Kunde nicht mehr interessiert ist, stellt Bernd ein Foto des Kühlergrills auf seine
Homepage mit dem Hinweis „zu verkaufen“. Der autobegeisterte Daniel stößt noch am gleichen Tag
auf das Angebot schreibt Bernd eine E-Mail, in dem er meint, er kaufe den Kühlergrill sofort um EUR
600,00. Das ist Bernd zu wenig. Er richtet ein Schreiben an Daniel, indem er diesen den Kühlergrill
um EUR 800,00 anbietet und bringt es am 2.3 zur Post. Auf die E-Mail von Daniel geht er in seinem
Schreiben gar nicht ein. Daniel bekommt das Schreiben am 5.3 zugestellt. Da er jedoch am nächsten
Tag eine 3 monatige Reise antritt, und noch etliche Vorbereitungen zu treffen hat, legt er den Brief
ungeöffnet zur Seite. Erst bei seiner Rückkehr findet er diesen wieder. Da auch EUR 800,00 für einen
Autofan noch ein Schnäppchen ist, schreibt er Bernd per E-Mail zurück, dass er nehme das Angebot
an. Bernd solle ihm den Kühlergrill zuschicken.
Inzwischen hat Anton, der schon länger mit dem schlechten Gewissen hadert und sich darüber
hinaus maßlos über die Dreistigkeit des Bernd ärgert, die Auflagen der Behörde erfüllt. Nach
Abschluss der Arbeiten und (anstandslose) Abnahme durch die Behörde, will Anton den Kühlergrill
zurück. Bernd möchte erstmal abwarten, bis sich die Lage beruhigt und will den Kühlergrill deshalb
nicht mehr an Daniel verkaufen.
Variante 1: Daniel liest das schreiben noch am 5.3 und antwortet zwei Tage später, er nehme das
Angebot an.
Variante 2: Daniel liest das schreiben noch am 5.3 und antwortet zwei Tage später. Bernd liefert
daraufhin die Ware.
Wie ist die Rechtslage?