Gut gemeint, schlecht gemacht - BUS

Serie Reiseleitung (Folge 14)
Gut gemeint,
schlecht
gemacht
Braucht man Reiseleiter
in jedem Fall? Oder kann
der Busfahrer diesen Part
mit übernehmen?
D
ie Aufgabenverteilung des Busfahrers
und der Reiseleitung hat ein breites
Spektrum und lässt so viele Reiseartspezifische Konstellationen zu:
• Die Ein-Mann-Show des Reisebusfahrers als Fahrer, Tourmanager, Fremdenführer und Animateur
• Der Reisebusfahrer, der assistiert wird
von einer Reisebegleitung (Service,
Bordküche, Handreichungen)
• Der Reisebusfahrer, der fallweise von
Fremdenführern und Stadtführern
unterstützt wird
• Die Arbeitsteilung Reisebusfahrer (Organisation) und fachlich-thematischeReiseleitung durch Fachreiseleiter (etwa VHS-Lehrer)
• Im Vereinsreisegeschäft – Arbeitsteilung von Gruppenobmann und Busfahrer
• Die Arbeitsteilung des Reisebusfahrers
mit einem echten Reiseleiter
• Der Reisebusfahrer als „Chauffeur“,
während sonstige Kompetenz und
Verantwortung beim Reiseleiter liegen.
Genauso vielseitig kann die unterschiedliche Qualifikation sein: vom langjährigen, touristischen „Kilometer-Millionär“, der mit einem Anfänger zusammenarbeiten „muss“, über die Kooperation
mit dem Fachexperten (der allen anderen
Bereichen des „Diesseits“ entrückt ist) bis
hin zu dem gleichen Erfahrungsstand
(Route, Länderkenntnis, Vorbildung). Zur
unterschiedlichen Aufgabenstellung und
Qualifikation kommt eine verschiedene
Kompetenz hinzu, die in den jeweiligen
Betrieben anzutreffen ist.
Auch beim Einsatz von echten Reiseleitern kommen Reiseleiteraufgaben auf
Mindestens eine Nummer zu groß für den „reiseleitenden“ Busfahrer: Führung durch Kulturgüter
den Reisebusfahrer zu: bei Reiseleiterausfall oder bei zeitweiser Trennung der
Gruppe; bei der Trennung Gruppe/Bus.
Der Reiseleiter führt eine Besichtigung
durch, während der Fahrer das Check-In
am Hotel vorbereitet oder das Mittagessen reserviert.
Grundsätzlich unterscheiden sich wie
gesehen dabei die Reiseleiter-Aufgaben
des Reisebusfahrers nur wenig von den
allgemeinen Aufgaben eines Reiseleiters.
Umso wichtiger ist es aber, deswegen die
elementaren Unterschiede zwischen der
Leistungsfähigkeit des Reiseleiters und
des Busfahrers zu erkennen und aus ihnen die richtigen Schlüsse zu ziehen: Der
Busfahrer muss ja so ganz „nebenbei“
auch noch fahren und Ruhepausen einhalten. Da die meisten Fahrer von Hause
aus Techniker sind und ihr Wissen für die
Gruppenbetreuung und die fahrtbegleitenden Kommentare zumeist autodidaktisch erarbeiten, sind diese persönlichen
Erschwernisse schwer mit der nicht stehengeblieben Zeit und den aktuellen
Kundenerwartungen zu vereinbaren.
Was früher vertretbar war, ist heute oft
qualitativ überholt. Die moderne Busreise
steht im Wettbewerb mit der Flugreise
und mit von Profis geleiteten Reisen.
Wenn der Reisebusfahrer den Reiseleiter
ersetzt, erwartet der Gast die gleiche
Qualität. Der Reisebusfahrer muss deshalb an sich den gleichen qualitativen
Bus-Fahrt 2/2009
Anspruch wie ein Reiseleiter stellen: Die
Gruppenbetreuung und damit auch die
reisebegleitenden Kommentare (erst
recht bei Führungen am Objekt) müssen
absolut professionell und fundiert sein,
sonst erwecke ich bestenfalls Mitleid.
Ein Mindestmaß an Theorie ist Voraussetzung für mehr Professionalität, und
das beginnt schon bei der Begrüßung:
Busfahrer sollten sich demnach ein Beispiel an Fahrern eines führenden niederländischen Busreiseveranstalters nehmen, die ihre Gäste wie folgt begrüßen:
„Guten Tag, ich bin Ihr Gastgeber – und
ich fahre auch den Bus.“ Dies natürlich in
schmucker blauer Uniform, was die
Selbstverständlichkeit des ordentlichen
Erscheinungsbildes unterstreicht.
Gerade routinierte Reisebusfahrer tun
sich oft schwer, ihre rhetorischen Fähigkeiten zu verbessern und „kulturelle“
Lücken zu schließen. Da dies zumeist
nicht an den intellektuellen Fähigkeiten,
sondern an der mangelnden Einsicht einiger scheitert, ist unter Kollegen im
Teamwork meist ein besseres Ergebnis zu
erzielen.
Die Vorsaison bietet sich für die Ausbildung besonders an und sollte als Trainingszeit genutzt werden. Das Bestreben
nach Verbesserung sollte vom Busfahrer,
dem Reiseleiter und dem Busunternehmer gleichsam erkannt, verfolgt und
Dieter Gauf
umgesetzt werden. B 43