Weiberkram von Univ.-Prof. Irene Dyk-Ploss Streikgefahr? Noch streiken sie nicht, die österreichischen Kindergartenbediensteten, obwohl sie sowohl in Bezug auf das Einkommen wie auch die Gruppengrößen mindestens ebenso viele Gründe hätten wie ihre Kolleginnen und Kollegen in Deutschland. Im Gegensatz zu den streikenden Nachbarn fehlt unserem Kinderbetreuungspersonal eine schlagkräftige Interessenvertretung – aufgrund der unterschiedlichen Träger (Land, Gemeinden, Betriebe, private Träger) sind mindestens drei verschiedene Gewerkschaften zuständig. Daher wird sich am durchschnittlichen Betreuungsschlüssel von durchschnittlich einer Fachkraft auf 12 (bis 20) Kindergartenkinder (Deutschland 1: 3 bis 1:8) wohl nicht so schnell etwas ändern, ebenso wenig an der Bezahlung, die um 100 bis 200 Euro unter der in Deutschland liegt. Und während mittlerweile alle Lehrer akademisch ausgebildet werden, hinkt die wichtige Vorschulbildung auch hier nach. Also Grund genug für Streiks … ▸ E-Mail: [email protected] Juni 2015 Weil Fachkräfte fehlen Vollversammlung fordert „Blum-Bonus neu“ – Steuerreform: Finanzminister soll Abbau der kalten Progression gewährleisten – auch Betroffene von Nettolohnvereinbarungen dürfen nicht leer ausgehen. AK-ANLIEGEN. Das Vorarlberger Arbeitnehmerparlament setzte sich in seiner 174. Vollversammlung mit dem Notstand am Lehrstellenmarkt auseinander. „Heuer gibt es im Ländle acht Prozent weniger Erstjahreslehrlinge“, das ist laut Lehrlingsexperte Egon Blum „weit weniger als der demografische Wandel erklären kann“. Er belegt das auch: Die Zahl der 15-Jährigen nahm in Vorarlberg von 2008 bis 2014 um 339 ab, im selben Zeitraum gab es 771 Lehrlinge weniger. Blum und AK-Präsident Hubert Hämmerle beklagen das enorme Imageproblem der Lehre. Dass jeder Fünfte heute durchfällt, komme manchem Unternehmen freilich Foto: Dietmar Stiplovsek 6 Arbeit AK-Präsident Hämmerle lud Lehrlingsexperte KR Egon Blum als Referenten ein. machen. 5000 zusätzliche betriebliche Lehrstellen sollten entstehen. Jetzt sind es über 21.000 weniger geworden. Ein Bekenntnis zum Produktionsstandort ist nur wahr in Verbindung mit einem echten Bekenntnis zur Lehre. Hubert Hämmerle AK-Präsident ganz gelegen. „Diese Leute verdienen weniger und werden auch nicht abgeworben“, so Blum. Gegenteiliger Effekt trat ein Die nackten Zahlen indes will niemand wahrhaben. Noch heute hält Österreich an der Lehrlingskündigung fest: Sie wurde 2008 eingeführt, um nach Ansicht der Wirtschaftsvertreter den Betrieben die Ausbildung wieder schmackhaft zu » Alle fünf Fraktionen der AKVollversammlung sind sich darin einig, dass sofort gegengesteuert werden muss. Für den AK-Präsidenten, der selber zahlreiche Lehrlinge ausgebildet hat, ist klar: „Es braucht Maßnahmen, die dafür sorgen, dass wieder mehr betriebliche Lehrstellen angeboten werden und die Qualität der Lehre verbessert wird.“ Im Einzelnen fordert die AK-Vollversammlung den Gesetzgeber dazu auf: ● Vorgeschlagen wird ein „BlumBonus neu“, der sich aus drei Komponenten zusammensetzt: einem Qualitätsbonus (3000 Euro für alle Lehrlinge, die nach dem zweiten Lehrjahr einen verpflichtenden Qualifikationsnachweis erbringen), einem Zusätzlichkeitsbonus (3000 Euro pro zusätzlichem Lehrling für maximal fünf Lehrlinge pro Unternehmen) sowie einem Treuebonus (je 2000 Euro für maximal zwei Lehrlinge pro Jahr für Unternehmen, die den Lehrlingsstand vom Vorjahr aufrechterhalten.) ● Weiters soll das seit über 30 Jahren bewährte „VEM-Fondsmodell“ auf alle Betriebe ausgeweitet werden. Alle VEM-Betriebe zahlen 2,4 Promille der Bruttolohn- und Gehaltssumme in einen Ausbildungsfonds ein. Diese Gelder werden schließlich u. a. für Rückvergütungen bei positivem Abschluss des zweiten Lehrjah- res, für die Ausbildner-Ausbildung oder für berufsbezogene Informationen und Aktivitäten verwendet. ● Zum Dritten muss die Lehrlingskündigung wieder fallen. Entlastung nicht verschenken Die Vollversammlung hat sich auch noch einmal mit der Steuerreform befasst. Alle Kammerräte fordern den Finanzminister gemeinsam auf, die sogenannte kalte Progression durch die jährliche Indexierung des Einkommenssteuerrechts an die Preisentwicklung abzubauen. Außerdem muss sich die Steuerreform auch auf echte Nettolohnvereinbarungen auswirken. „Es darf nicht sein, dass da der Unternehmer die Vorteile einstreicht“, sagt der AK-Präsident. ▸ Vollversammlung Mehr Infos auf www.ak-vorarlberg.at SERIE Die kleinste wirtschaftliche Einheit: Der Mensch – Folge 6 Nerven wie Draht HINTER DER BÜHNE. Der Ball, die Gala, die Firmenfeier – heute mimt die Werkstattbühne des Bregenzer Festspielhauses ein uriges Bierzelt, morgen schlüpft sie zusammen mit den Seefoyers in das Gewand eines Festsaals. Was immer der Kunde wünscht, sagt Eva-Maria Feuerstein. Als frisch gebackene Veranstaltungsmanagerin erfährt sie seit Februar, wie Flexibilität zur zweiten Natur wird. AKtion: Schon die erste eigene Veranstaltung gemanagt? Eva-Maria Feuerstein: Ja, aber das war nur ein kleiner Workshop. Was reizt Sie besonders an Ihrer Aufgabe? Feuerstein: Die Vielseitigkeit. Dass man von allen Gewerken die Fäden in der Hand hält und das alles managt. Dass man mit vielen verschiedenen Leuten zu tun hat und lernt, mit ihnen umzugehen. Dass man punktgenau liefern muss. Dieser Lösungsfindungsprozess ist spannend. Auch wenn einen Kunden manchmal scharf an die Grenze führen? Feuerstein: Das ist eigentlich kein Problem. Im Grunde gibt es nichts Unmögliches. Außer wenn man mit Gesetzen wie Brandschutz usw. in Berührung kommt. Hat sich Ihre Berufswahl schon früh abgezeichnet? Feuerstein: Jedenfalls war ich bei unserem Maturaball an der HTL Dornbirn im Kernteam dabei. Wird’s bei euch im Veranstaltungsmanagement jetzt eigentlich ruhiger, wenn die Festspiele den ganzen Platz beanspruchen? Feuerstein: Ja, tatsächlich. Wir nutzen die Gelegenheit und schauen auch über den Gartenzaun. Man kann immer etwas lernen. Ab und an werden wir auch hinzugezogen, wie bei der Eröffnungsveranstaltung. Da tut man dann einfach zusammen. Es ist schon eine eigene Atmosphäre hier. Familiär. Irgendwie viel behüteter, weil wir halt alles im Haus haben. Alle Werkstätten, Licht und Ton usw. Wenn man etwas Spezielles braucht, dann ist das alles da. Daraus erwächst ein gewisses Grundvertrauen in die Leute. Was braucht man, um in Ihrem Job gut über die Runden zu kommen? Feuerstein: Man braucht eine gewisse Eigenmotivation, die durch den Tag trägt. Auch wenn der Kun- de komplett genervt ist, musst du immer freundlich und sehr flexibel sein. Lösungsorientiertes Denken ist das A und O. Du darfst dich nie in ein Problem reinsteigern. Und Nerven wie Drahtseile … Feuerstein: Ja, das auch. Da hilft mir vermutlich mein Wäldarnaturell. Wenn Sie sich’s aussuchen könnten, welche Veranstaltung würden Sie gerne über die Bühne bringen? Feuerstein: Alles, was Messe, Firmenveranstaltung, Kongress ist. Konzerte mit Bands und Yeah und so, das brauch ich eher nicht. Was macht Eva-Maria Feuerstein, wenn sie nicht hinter den Kulissen arbeitet? Feuerstein: Dann bin ich gern in der Natur und geh spazieren. Beim Musikverein in Langenegg spiele ich Querflöte und Piccolo. Wofür geben Sie am liebsten Geld aus? Feuerstein: Ich bin ein Mädchen (lacht) und kaufe extrem gern ein. Wenn Sie sich ein Jahr lang nicht um Ihren Lebensunterhalt kümmern müssten, was würden Sie tun? Feuerstein: Vermutlich würde ich trotzdem irgendetwas organisieren. Es macht mir einfach Spaß. Foto: Thomas Matt Eva-Maria Feuerstein veranstaltet Feste, Messen und Kongresse – in diesem Job ist lösungsorientiertes Denken das Um und Auf. Eva-Maria Feuerstein organisiert fürs Leben gerne. Veranstaltungsmanagement Wirtschaft sind wir alle. Der einzelne Mensch ist die kleinste wirtschaftliche Einheit. In dieser Reihe stellt die „AKtion“ Menschen und die Berufe vor, mit denen sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Beruf: Veranstaltungsmanagement (in Deutschland bereits ein Lehrberuf oder etwa an der Hochschule für Internationales Management in Heidelberg zu erlernen. Feuerstein wählte diesen Weg.) Ausbildung: Bachelorstudium 3 Jahre Einstieg: Geschieht oft über Praktika, der Verdienst ist am Anfang entsprechend niedrig, z. B. 1300 Euro, wohlgemerkt nach abgeschlossenem Studium. Eva-Maria Feuerstein hat’s besser erwischt, sie wird bei Kongresskultur Bregenz nach städtischem Besoldungsschema bezahlt. Normalwochenarbeitszeit: 40 Stunden; kann je nach Veranstaltungsdichte auch mehr sein, nicht aber mehr als 60 Stunden.
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