Wertvolle Hilfen DIE BERÜHRENDE GESCHICHTE VON MAPAPU Mit allen Sinnen trauern und Mitpendler ihrer Kinder. Die Idee der mapapus war geboren. Comitari hat die beiden auf der Messe „Tod und Leben“ in Bremen getroffen. Comitari: Jen, was genau macht Ihr bei mapapu? Jen: Wir nähen Puppen aus Anziehsachen geliebter Menschen. 80 Prozent der Puppen werden aus dem Bereich der Trauerhilfe in Auftrag gegeben, wir haben aber auch Puppen zu Taufen oder 1. Geburtstagen gefertigt. Wichtig ist, dass wir stets T-Shirts geliebter Menschen verwenden. M apapu ist ein Puppe und soll trösten. Puppen als Seelentröster? Geht das? Ja, sagen die Erschaffer der mapapus, der MAma-PApa-PUppen-Tiere, Jennifer Arndt-Lind, genannt Jen, und ihr Mann Hendrik Lind. Das besondere an einem mapapu: es wird aus T-Shirts des geliebten Menschen hergestellt und riecht nach diesem Menschen. Es riecht nach Mama oder Papa, die gerade nicht da sind, nach dem verstorbenen Brüderchen, nach der Tochter, die gerade ausgezogen ist. Die ersten mapapus nähten die Firmengründer für zwei ihrer vier Kinder, die beide in ihre Patchwork-Familie mitbrachten. Als Zeichen von Zusammenhalt, Einheit und Liebe wurden die mapapus Kuscheltier, Freund 36 Comitari: Uns interessiert natürlich vor allem der Bezug zu Trauer. Jen: Wir machen mit unseren mapapus Erinnerungen greif- und riechbar, denn der persönliche Geruch eines Menschen bleibt in der Kleidung lange haften. Geruch hat für mich eine große Bedeutung. Wenn ich einen bestimmten Duft rieche fühle ich mich zurückversetzt als fünfjähriges Kind und an meine Oma erinnert. Wir nähen auch mapapus für Trennungskinder, eine Puppe aus der Kleidung der Mutter, eine aus der Kleidung des Vaters. Mit dem Geruch ihrer Eltern verbinden Kinder Schutz, Liebe und Geborgenheit. Die sich trennenden Eltern können ihrem Kind folgendes einzig wichtige Zeichen in seiner bedrohlichen Situation geben: „Hier ist etwas, das ist genau wie Du: aus dem Stoff Deiner Eltern. Wir gehen zwar getrennte Wege, doch in Dir sind wir für immer vereint! Wir bleiben beide für immer Deine Eltern!“ Comitari: Sind mapapus nur für die Zielgruppe Kinder gedacht? Jen: 50 Prozent unserer Puppen gehen an Erwachsene! Wenn ein geliebter Mensch stirbt, ist die Klamottenfrage eine große Frage. Wo gibt man die Kleidung des Verstorbenen hin? Oftmals lagert die Kleidung dann in einer Kiste. Ein mapapu dagegen ist greifbar, man kann ihn in den Arm nehmen, er sieht freundlich aus, er sitzt auf dem Sofa, er sitzt im Auto als Beifahrer. Und von Kindern wissen wir ja, daß sie mit Kuscheltieren sprechen und Antworten bekommen. Steckt in einem mapapu beispielsweise die tiefe Symbolik „verstorbene Mama“, so entsteht eine Art Kommunikation mit ebendieser im Kind! Und diese Kommunikation ist es, die im Trauerprozess effektiv nach vorne bringen kann. Unsere erwachsenen Kunden berichten uns auch fast ausnahmslos, daß bei ihnen die gleiche Kommunikation entsteht! Comitari: was braucht Ihr für Eure Arbeit, um einen mapapu herzustellen? Jen: Gerne hätten wir 2 T-Shirts, da sich der Stoff im Gegensatz zu Hemden dehnt und gut verarbeitet werden kann. Nach einem Gespräch oder schriftlichen Informationen mit unseren Kunden beginnt unsere kreative Arbeit. Jeder mapapu ist ein Unikat und hat hinten eine Geheimnistasche für persönliche Stücke, zum Beispiel Knöpfe, Murmeln, Briefe. Comitari: Wie ist denn die Idee entstanden, einen mapapu für Trauernde zu machen? Jen: Eine Bekannte, deren 19jähriger Neffe gestorben ist, hat mich gebeten, für seine Geschwister, die beide unter 10 Jahren alt waren, eine Puppe aus seinen T-Shirts zu fertigen. Es war eine intensive Erfahrung, die T-Shirts zu zerschneiden. Uns wurde bewusst, was unsere mapapus können, welche Kraft sie tatsächlich haben. Dann ist Hendrik mit eingestiegen, wir wussten: das muss in die Welt! Comitari: Gibt es noch eine weitere Geschichte? Jen: Eine Mutter schrieb uns an, dass ihre erwachsene Tochter am Telefon geweint hätte. Sie hatte vor 15 Jahren im Kindesalter die Schwester verloren und war traurig. Sie sagte zu ihrer Mutter: „Ich vergesse sie langsam“. Es gab noch einen Frotteeschlafanzug der verstorbenen Tochter, aus dem wir einen mapapu fertigen konnten. Die trauernde Schwester sagte uns: „Ihr habt sie mir ein Stück zurückgebracht“. Das passiert uns oft. Wir sind oft sehr nah am Wasser gebaut, wenn die Stoffe mit einer Geschichte zu uns kommen, und wenn sie gehen und wir solche berührenden Rückmeldungen bekommen. Comitari: Vielleicht ist das die Empathie, die Dich dazu gebracht hat. Jen: Ja, wir bitten um die Geschichte, bevor wir einen mapapu fertigen. Ich bekomme oft Impulse, die ich dann individuell umsetze. Auch wenn alle mapapus unterschiedlich aussehen, haben alle diesen nilpferdartigen Kopf (lacht). Comitari: ich habe noch eine emotionale Frage, was ist Dein größter Wunsch, was soll die Puppe bewirken? Jen: Trost und Freude. Sie soll den Tod bunter machen. Und ich habe MAPAPU SOLL TROST UND FREUDE VERMITTELN noch ein Anliegen, dass ich Dir erzählen möchte. Wir geben ab sofort Seminare, in denen Trauernde selbst ihren mapapu fertigen. Ich habe oft beim Nähen gedacht, dass es hilfreich wäre, wenn die Trauernden selber nähen würden. Freunde fragen uns oft: wie haltet ihr das aus? Ich sage dann: jede Geschichte ist traurig, aber jede einzelne erzählt von Liebe und zwar in der reinsten Form. Dafür bin ich sehr dankbar, dass diese Aufgabe zu mir gekommen ist. Comitari: Vielen Dank! Weitere Informationen zu den mapapus unter www.mapapu.de 37
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