Dürfen Immobilien für Flüchtlinge beschlagnahmt werden?

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1. Oktober 2015
Durchgriffsrecht: Dürfen Immobilien für Flüchtlinge
beschlagnahmt werden?
In Deutschland werden nach Hamburg und Berlin nun auch Immobilien in Bremen von
der öffentlichen Hand beschlagnahmt, um Flüchtlingen Unterkünfte zu gewähren. Auch
in Österreich steigt die Angst vor solchen Maßnahmen. Die D.A.S. Rechtsschutz AG
klärt die Fragen: Ist mein Eigenheim sicher? Kann der Bund mich enteignen? Kann
mich mein Vermieter einfach so kündigen, um Asylquartiere zu schaffen? Und was hat
es mit dem neuen Durchgriffsrecht, das ab 1. Oktober gilt, auf sich?
Mit Donnerstag, dem 1. Oktober, hat die Regierung ein neues Instrument in der angespannten
Quartier-Situation für Asylwerber in der Hand: Das sogenannte Durchgriffsrecht. Dieses ist in
Kraft getreten. Demnach kann das Innenministerium die Nutzung und den Umbau von
bestehenden Bauwerken oder die Aufstellung beweglicher Wohneinheiten auf Grundstücken,
die im Eigentum des Bundes oder diesem zur Verfügung stehen, ohne vorheriges Verfahren
mit Bescheid vorläufig anordnen, wenn dem überwiegende Interessen der Sicherheit, der
Gesundheit und des Umweltschutzes nicht entgegenstehen. Gegen diesen Bescheid ist eine
Beschwerde nicht zulässig. Es sind Grundstücke in Gemeinden zu nutzen, die den
Gemeinderichtwert (1,5 Prozent der Wohnbevölkerung) nicht erfüllen.
Was bedeutet der Passus: „Grundstücke, die dem Staat zur Verfügung stehen“ im
neuen Durchgriffsrecht genau?
D.A.S.: Darunter sind Grundstücke zu verstehen, die dem Staat beispielsweise von
Privatpersonen oder karitativen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Ansonsten gilt
das Durchgriffsrecht nur für Grundstücke, die auch tatsächlich im Eigentum des Bundes
stehen. Das Durchgriffsrecht gilt daher nicht für Grundstücke im Eigentum von Land und
Gemeinden.
Sind mit 1. Oktober Enteignungen bzw. Beschlagnahmung von Grundstücken oder
Wohnungen zu befürchten?
D.A.S.: „Nein, denn der Bund darf aufgrund dieses neuen Gesetzes nur auf eigene oder auf
zur Verfügung gestellte Immobilien zurückgreifen. Dazu zählen etwa Kasernen. Eingriffe in
Privatrechte bzw. Enteignungen von Privatpersonen sind laut Bundesregierung damit
keinesfalls geplant."
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Wann soll vom Durchgriffsrecht Gebrauch gemacht werden?
D.A.S.: „Wenn das betroffene Bundesland die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen
Fremden im Vormonat nicht im Ausmaß des Verhältnisses durchschnittlich geleistet hat und im
betroffenen politischen Bezirk weniger hilfs- und schutzbedürftige Fremde untergebracht sind,
als auf Grund des Bezirksrichtwertes unterzubringen wären (1,5 % der Wohnbevölkerung einer
Gemeinde). Es dürfen nicht mehr als 450 hilfs- und schutzbedürftige Fremde pro Grundstück
untergebracht werden.
Was ist der Unterschied zwischen Durchgriffsrecht und Enteignung?
D.A.S.: "Da das Durchgriffsrecht des Bundes nur den Zugriff auf ihre eigenen und ihnen zur
Verfügung gestellte Immobilien ermöglicht, ist es keine Enteignung. Unter Enteignung versteht
man grundsätzlich den Entzug des Eigentums einer unbeweglichen Sache durch den Staat (§
365 ABGB). Die Enteignung soll angemessen entschädigt werden. Der meist genannte Grund
für eine Enteignung ist das Allgemeinwohl. Das heißt, das öffentliche Interesse muss weit über
dem eigenen Interesse stehen. Es kommt jedoch nur in den seltensten Fällen zu einer
Enteignung, da das Eigentum ein unverletzliches Recht einer Person darstellt und eine
Enteignung einen groben Eingriff darstellt."
Muss ich mir trotzdem Sorgen machen, dass meine Wohnung gekündigt wird, um
Asylquartiere zu schaffen ?
D.A.S.: "Nein. Sie haben dasselbe Kündigungsrisiko wie sonst auch. Der Wunsch,
Asylquartiere zu schaffen, rechtfertigt noch keine außerordentliche Kündigung. Es macht auch
keinen Unterschied, ob der Bund oder jemand anders der Vermieter ist. Auch hier muss der
Vermieter die gesetzlichen Kündigungsgründe sowie Kündigungsfristen und –termine wie bei
einer normalen ordentlichen Kündigung einhalten."
Wie hoch ist die Entschädigung, wenn der Bund Grundstücke bzw. Immobilien nutzt
bzw. zur Verfügung gestellt wird?
Pro Flüchtling, der auf dem Grundstück untergebracht wird, gibt es 20,50 Euro Kostenersatz
pro Tag.
Wie lange gilt das Durchgriffsrecht?
D.A.S.: Bis 31. Dezember 2018.
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Seit 1956 ist die D.A.S. Rechtsschutz AG mit Spezialisierung auf Rechtsschutzlösungen für
Privatpersonen und Unternehmen in Österreich tätig. Als unabhängiger Rechtsdienstleister bietet sie
umfassenden Versicherungsschutz, fachliche Betreuung durch hochqualifizierte juristische Mitarbeiter
und ein breites Dienstleistungsangebot inklusive 24h-Notruf-Hotline an. Der Firmensitz des
Unternehmens befindet sich in Wien. Die rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen Kunden in
regionalen D.A.S. Niederlassungen verteilt in ganz Österreich mit juristischer Kompetenz zur
Verfügung. In den vergangenen Jahren hat die D.A.S. Österreich ihre solide Marktposition gefestigt.
2014 erwirtschaftete sie im inländischen Direktgeschäft ein Prämienbestandsvolumen in der Höhe von
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