Das Bedürfnis der Gesellschaft nach Schutz – das Bedürfnis des Kindes nach Freiheit Tagung: Risiko verboten?! Wiener Kinderfreunde 27.11.2015, Wien Klaus Vavrik www.kinderjugendgesundheit.at Bedürfnis – Balance • • • • • Sicherheit Schutz Verlässlichkeit Beständigkeit Angst vor Bedrohung und Gefahr • .... • • • • • • • Wagnis Abenteuer Neugierde Freiheit Autonomie Herausforderung .... Bewahrung < Spannungsfeld > Bewährung 27.11.15 Klaus Vavrik 2 Jugend gilt als Zeit ... • .. der legitimen Experimentierfreude • .. des Hunger nach Erfahrung • .. der Entwicklung des freien Willens und der Selbstbestimmung • .. der Zukunftsorientierung Jugendliche Vitalität 27.11.15 Klaus Vavrik 3 Jugend ist aber auch eine Zeit .. • • • • .. des Selbstzweifels und der Angst .. des Kampfes um seine Rolle .. des Verlustes von Sicherheit .. der existenziellen Krisen • Demütigung, Entwertung, Stress, Spannung, .. Jugendliche Vulnerabilität 27.11.15 Klaus Vavrik 4 Jugend hat ... • .. eine Geschichte • .. eine Biographie • .. einen Weg des Geworden-Seins 27.11.15 Klaus Vavrik 5 Wie Kinder lernen ... 27.11.15 Klaus Vavrik 6 Guter Hoffnung sein ? • Kinderwunsch, Schwangerschaft & Co • Geburtenrate sinkt, Gebäralter steigt • Reproduktionsmedizin ca. 9% > Anstieg der Mehrlinge > hohe FG-Raten > Steigende Sectio-Raten • Erhöhte Fehlbildungsraten, Entwicklungsstörungen, chronische Erkrankungen, Health-care-utilization, ... • 1,4 Kinder pro Frau = Perfektionsanspruch, Erwartung > Enttäuschung, „Schaden Kind“ Kinder geraten zunehmend in ein Spannungsfeld zw. überhöhter Wunscherfüllung und „Schadensfall“! 27.11.15 Klaus Vavrik 7 Website Werbungen • „Jederzeit mehr als 500 Samenspender auf Lager.“; Cryos International, Dänemark • „2100 Eizellspenderinnen von allen ethnischen Gruppen im Alter von 18 – 32, welche auch bereit sind zu reisen. Unsere Eizellspenderinnen sind Frauen, die begabt, intelligent und gut erzogen sind.“; Kalifornien • „Blaue Augen, hellbraune Haare und mittelstarke Knochenstruktur. Blutgruppe A positiv. Zahlung per Kreditkarte“, California Cryobank 27.11.2015 Klaus Vavrik 8 Bindung • Angeborenes („archaisches“) Bedürfnis • Angst und Trennung (= Stress) aktiviert • Körperliche Nähe und affektive Resonanz beruhigen • „Sicherer Hafen“ • Pflegesystem • Feinfühligkeit • Erkundung Begrenzte Sicherheits-Kreisläufe Ichbrauche Dich,um… Ichbrauche Dich,für... Gib auf mich acht Hilf mir Genieße mit mir Unterstütze meine Erkundungen Ichbrauche Dich,für... Ichbrauche Dich,für... Heiße mich willkommen Schütze mich Tröste mich Freue Dich an mir Organisiere meine Gefühle ©1999 Cooper, Hoffman, Marvin &Powell Autonomieentwicklung (?) • • • • • • • • • • „Richtiges“ Fördern Resilienz Trennungsbiographien Haftungsangst und –fragen Zumuten und Zutrauen Selbst- und Risikoeinschätzung Peer-Group Risflecting Kinder- und Jugendunfälle ... 27.11.15 Klaus Vavrik 11 Moderne Morbiditäten Die Risikofaktoren für Gesundheit und Entwicklung sowie die modernen Morbiditäten von Kindern und Jugendlichen haben sich fundamental verändert. International zu beobachten ist eine stete Zunahme von • Lebensstilerkrankungen • Chronischen Entwicklungsstörungen • psychosozialen Integrations- und Regulationsstörungen sowie nach wie vor eine Benachteiligung entlegener ländlicher Regionen, städtischer Ballungszentren und bestimmter sozialer Gruppen. 27.11.15 Klaus Vavrik 12 Der Befund: Österreich 2010 (HBSC) • • • • • • 27% der 15-Jährigen rauchen 30% zw. 13 - 15 J. waren zumindest 2x betrunken 20% leiden an Übergewicht oder Essstörung mit 25% höchste Gewalterfahrungsrate Europas 15,8% der Buben > 4,5 Std. tägl. mit PC-Spielen 30% der Mädchen klagen über allgemein schlechtes Befinden (Kopfschmerz, Schlafstrg., Nervosität, ...) • 17,5% aller KiJu haben eine vom Arzt diagnostizierte chronische Erkrankung oder Behinderung • 15% werden als psychisch auffällig qualifiziert 27.11.15 Klaus Vavrik 13 Psychosoziale Belastungen Risikoscore n. Laucht (Mannheim 1986) • Broken Home der Mutter • Sehr frühe oder späte Schwangerschaft • Belastete Partnerschaft (getrennt, geschieden, dissonante Paarbeziehung, alleinerziehend) • Geringe Wohnfläche • Armut(-sgefährdung), geringes Familieneinkommen • Niedriger Bildungsstand der Eltern • Psychische oder chronische physische Krankheit von Kindeseltern oder Geschwister • Gewalt in der Familie 27.11.15 Klaus Vavrik 14 Kumulation von Risikofaktoren % psychisch auffällig und psychische Entwicklung (Mannheimer Longitudinalstudie) Zahl der Risikofaktoren 27.11.15 Klaus Vavrik 15 Kinder mit Risikokonstellation Psychiatrische Diagnose mit 19 Jahren 30 Risiko OR 26,3 20 21,1 21,1 10 11 9,2 0 1,8 Sucht SSV/APS PPD (n=19) 27.11.15 AS/DS Kontroll (n=109) Klaus Vavrik 16 Wohlstand < ? > Wohlbefinden • 10-15% der Familien leben unter besonderen Belastungen. • 3-5% in Verwahrlosung, Gewalt, psychisch oder Sucht-kranken Eltern, ... • 130.000 Kinder leben in Armut, 3000.000 in Armutsgefährdung. • Kinderreichtum = Armutsfaktor, AlleinerzieherInnen, Mehrkind-Familien • 55% der Eltern geben an (2011), ihre Kinder mit „leichter“ Gewalt zu erziehen; 16% tun dies mit „schwerer“ Gewalt! • Kids-Rights-Index: Platz 40 (Erasmus School of Economics) Belastete Kinder leben oft eine ungünstige „Risiko-Balance“. Sie verunfallen deutlich häufiger und schwerer und sind durch ihre Lebensform die (chronisch) kranken Erwachsenen von morgen. Eltern und Umfeld habe eine Schlüsselfunktion bei der Entwicklung von Lebensstil und Gesundheit ihrer Kinder. 27.11.15 Klaus Vavrik 17 Bildungsqualität und -mobilität • Krippen-Betreuungsschlüssel vielerorts 1:8-9. International empfohlen wird 1:3-5. • 25.000 Jugendliche verlassen jährlich die Schule ohne sinnerfassend lesen zu können. • Bei akademischem Familienhintergrund erreichen 41% der Kinder einen akademischen Bildungsabschluss. • Bei Eltern mit höchstens Pflichtschulabschluss sind es 5%. • In dieser Gruppe sind Kinder mit Migrationshintergrund noch deutlich benachteiligt. 27.11.15 Klaus Vavrik 18 Entwicklung und Gesundheit Was brauchen Kinder und Jugend? • Stabilität und Sicherheit (emotionale Verwurzelung) • Perspektive und Zuversicht (Entwicklungsmöglichkeit) = Potential-Entfaltung! Dort, wo Kinder und Jugendliche ihre Potentiale entfalten können, entsteht automatisch Gesundheit und sozialer Zusammenhalt. 27.11.15 Klaus Vavrik 19 Lebenskompetenz • Vertrauen in sich selbst • Vertrauen in die Anderen • Vertrauen in die Welt 27.11.15 Klaus Vavrik 20 Social parenting Kinder- und Jugendgesundheitspolitik ... ist im besten Sinn des Wortes Zukunftspolitik! … soll insgesamt politisch priorisiert werden! … ist volkswirtschaftlich höchst sinnvoll (z.B. FH SROI 1:18)! 27.11.15 Klaus Vavrik 21 Bewusstseinsbildung 27.11.15 Klaus Vavrik 22 Die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit • … ist eine Vernetzungs- und Kooperationsplattform für Fachgesellschaften und Berufsverbände sowie Anbieter von präventiven und kurativen Gesundheitsleistungen sowie Ausbildung und Lehre, welche im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit tätig sind. • … entwickelt berufsübergreifende Positionen, Konzepte und Projekte. • Eingebunden sind ein Eltern-, ein Selbsthilfe-, ein wissenschaftlicher sowie ein Ethikbeirat. • Angestrebt wird die Brückenbildung zu Bildungs- und Sozialwesen in gesundheitsrelevanten Fragen. 27.11.15 Klaus Vavrik 23 Die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit • … tritt für gesundheitliche Chancengleichheit für alle in Österreich lebenden Kinder und Jugendlichen ein. • … möchte die Bewusstheit über den Wert der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft stärken und die gesellschaftliche Verantwortung deutlich machen. • … fordert gesunde und förderliche Lebensräume, die Stärkung von Elternschaft und Partizipation von Kindern und Jugendlichen ein. 50.000 ExpertInnen geben Kindern eine Stimme! 27.11.15 Klaus Vavrik 24 27.11.15 Klaus Vavrik 25
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