Betreten verboten! | Manuskript "Betreten verboten

Betreten verboten! | Manuskript
"Betreten verboten!" - Liegenschaften der Sowjetarmee
Bericht: Knud Vetten
Das Gelände der ehemaligen Garnison in Altengrabow im Jerichower Land. Früher das Reich
der Sowjetarmee. Insgesamt 7.000 Hektar. Viele Gebäude stehen noch. Was man nicht sieht,
sie sind unterirdisch miteinander verbunden. Ein kilometerlanges Schachtsystem. Seit Jahren
ein Ort für illegales Treiben. Wir wollen in diese Unterwelt absteigen und sind mit Rainer
Aumann vom Bundesforst verabredet. Die Feuerwehr ist vor Ort und drängt auf eine
zusätzliche Sicherung, denn es steigt penetranter Gestank auf.
Rainer Aumann
„Wir können Ihnen eine Sicherheitsleine anbieten. Falls ihnen schlecht wird über
Zugzeichen."
"Das machen Sie mal."
"Das wäre noch eine Maßnahme."
Grundsätzlich ist das Betreten des gesamten Geländes für die Allgemeinheit verboten. Doch
das wird regelmäßig missachtet. Immer wieder treiben Unbekannte ihr Unwesen in den
Schachtanlagen. Für Rainer Aumann ist es das erste Mal, dass er in die Unterwelt hinabsteigt.
Eine Überraschung. Denn hier unten müssten eigentlich laut Plan überall Rohrleitungen sein.
Rainer Aumann
„Die Versorgungsleitungen kamen hier raus, gingen dann über diese breiten Querbunker,
die hier sind und haben dann alle Gebäude miteinander versorgt. Diese Leitungen, die hier
in diesem Bereich waren, die sind komplett entnommen worden und sind von
Metalldieben letztendlich geklaut worden.“
Das Bunkersystem ist riesig, Tonnen von Metall sind offenbar abgebaut und abtransportiert
worden. Nach kurzer Zeit entdecken wir, warum es hier so stinkt.
Rainer Aumann
„Das ist ein Wildschwein...
Frage: „Wie kann denn das da rein kommen?“
„Es muss da oben ein Schacht sein. Irgendein Schacht muss da geöffnet gewesen sein und
da ist das Schwein durchgefallen und ist dann ganz elendig wahrscheinlich verdurstet. Es
geht ja relativ schnell. Und verwest jetzt und wird von den Maden aufgenommen.“
Das tote Schwein ist für Rainer Aumann ein beunruhigendes Indiz dafür, dass oben nicht alle
Schächte sicher abgedeckt sind.
Rainer Aumann
„Auch wenn wir diese Schächte mit schweren Betonteilen permanent abdecken, wundern
wir uns immer wieder, dass sie in regelmäßigen Abständen zur Seite geschoben sind. Dass
hier Leute unberechtigter Weise reingehen, die sind sich - glaube ich - gar nicht im Klaren,
was sie für Gefahrenstellen hinterlassen, für Tiere, aber auch für andere Menschen.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
1
Betreten verboten! | Manuskript
Wenn sie hier reinfallen, sich verletzen, kommen sie nicht wieder heraus. Der ist
verschwunden, den findet kein Mensch wieder und dann wird man später nur ein Gerippe
finden.“
Diesen Schacht werden die Feuerwehrleute nun wieder sichern. Doch wo sich die offene
Stelle befindet, entdecken wir heute nicht.
Ortswechsel: In der Oranienbaumer Heide liegen noch jede Menge Munitionsreste der
Sowjetarmee. Nur bestimmte Wege sind beräumt. Deswegen gilt auch hier in der Fläche ein
absolutes Betretungsverbot. Wir treffen die zuständigen Förster. Nach kurzer Zeit machen sie
uns auf ein Auto aufmerksam. Bei der Kontrolle stellt sich heraus, es sind die Kollegen des
Landkreises. Sie berichten uns von illegalen Fahrten im Sperrgebiet:
Steffen Elstermann
Landkries Wittenberg - Untere Forstbehörde
„Wir haben hier ja einen Haufen Krad-Fahrer – Crossfahrer und so was. Man kann es nicht
unterbinden, weil die Fläche ist viel zu groß. Die Behörden sind viel zu dünn bestückt,
aber, wenn wir schon mal in der Gegend sind, dann gucken wir nach dem Rechten.“
Welches Risiko die Motocross-Fahrer eingehen, zeigen diese Bilder. Sie wurden von einem
der Fahrer mit einer Helmkamera bei einer sogenannten Ausfahrt aufgenommen und dann
im Internet veröffentlicht. Wir zeigen die Ausschnitte Frank Hünefeld von der zuständigen
Forstbehörde. Zunächst seien solche Fahrten Ordnungswidrigkeiten, die mit erheblichen
Geldstrafen geahndet werden können. Doch diese Fahrer handeln – so Frank Hünefeld –
auch äußerst verantwortungslos.
Frank Hünefeld, Landkreis Wittenberg
„Das würde ich in jedem Fall für lebensgefährlich ansehen. Der Fahrer, den man hier sieht,
der geht ein erhebliches Risiko ein und das Risikopotential dieser Fahrr als sehr hoch, also
eigentlich als extrem hoch einschätzen. Man muss sich jetzt nur vorstellen, nach der
nächsten Kurve, das kann der Fahrer nicht wissen, taucht ein Spaziergänger, Radfahrer auf,
also hier kann es ganz schnell passieren, dass man in den strafrechtlichen Bereich kommt."
2012 und 2013 endeten solche illegalen Geländefahrten tragisch: Zwei Fahrer verunglückten
tödlich. Man müsste meinen, dass das etwas geändert hätte:
Frage: „Hat das dazu geführt, dass dort nicht mehr gefahren wird?“
Frank Hünefeld, Landkreis Wittenberg
„Das muss man leider verneinen. In diesem Umfeld, also wo sich diese Vorkommnisse
zugetragen haben, wird weiter gefahren."
Über die illegalen Fahrten will niemand mit uns vor Ort sprechen. Bei Recherchen stoßen wir
auf eine beharrliche Mauer des Schweigens.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
2
Betreten verboten! | Manuskript
Zurück nach Altengrabow. Rainer Aumann führt uns zu einem Bunker, der lange Zeit
zweckentfremdet wurde - als Versteck von Metalldieben.
Rainer Aumann
„Hier stehen wir vor einem von ehemals zwei Bunkereingängen. Das Mauerwerk ist
eingerissen. Wir haben festgestellt, dass Unbefugte reingegangen sind und den Bunker als
Lagerraum benutzt haben. Altmetalle in Tonnen-Größenordnungen waren
zwischengelagert.“
Die Förster kamen den Dieben auf die Spur, als sie breiten Reifenabdrücken auf dem Gelände
folgten. Mit LKW wurde das Diebesgut wohl abtransportiert. Offenbar steckten gut
organisierte Profis dahinter. Doch wer - das ist bis heute unklar.
Rainer Aumann, Bundesforst
„Wir haben Anzeige gegen Unbekannt gestellt. Aber wie es so oft ist, wenn man keine
festen Indizien hat, keine Kennzeichen feststellen konnte, dann verläuft das im Sande. Die
Polizei bemüht sich, es wird auch hier öfter mal Streife gefahren, aber wir haben hier
bisher noch keinen Täter fassen können.“
Metalldiebstahl und Motocross-Rennen - die ehemaligen Liegenschaften der sowjetischen
Streitkräfte eignen sich besonders für illegales und gefährliches Treiben. Klar ist: Mit den
damit verbundenen Risiken werden wir noch viele Jahre leben müssen.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
3