die 28-jährige shama kabani setzt eine million dollar - Vision

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MIT DER AUSZEICHNUNG
„FEHLER DES MONATS“ BELOHNT
KLAUS KOBJOLL DEN MUT SEINER
MITARBEITER, ETWAS ZU WAGEN –
SELBST WENN SIE DAMIT GRANDIOS
SCHEITERN. SEITE 25
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STEFAN KADUK WOLLTE SEINEN STUDENTEN
NICHT IMMER DIE GLEICHEN METHODEN
VORBETEN UND SUCHTE MUSTERBRECHER IN
DER WIRTSCHAFT. SEITE 25
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MITTAGS ISST DETLEF LOHMANN GRUNDSÄTZLICH ZU HAUSE, SPÄTESTENS UM 18 UHR
VERLÄSST ER DAS BÜRO UND DELEGIERT, WAS
ER KANN, AN SEINE MITARBEITER. SEITE 26
ANDERS MACHER
TEXT: NINA KLÖCKNER
Weitermachen wie immer ist keine Antwort auf den Wandel in der Arbeitswelt.
Viele Unternehmer haben dies erkannt und brechen aus alten Mustern aus.
Es soll besser laufen – für sie selbst, ihre Mitarbeiter und die Firma. Willkommen in
einer Welt, in der Fehler belohnt, Chefs gewählt und Büros abgeschafft werden!
DIE 28-JÄHRIGE SHAMA KABANI
SETZT EINE MILLION DOLLAR IM JAHR UM,
OHNE EINE FIRMENZENTRALE
ODER EIN BÜRO ZU HABEN. SEITE 28
20 MINUTEN PRÄSENTIERTE MARC STOFFEL
DEN MITARBEITERN SEIN KONZEPT. DANACH HABEN
SIE IHN ZUM CHEF GEWÄHLT. SEITE 28
OLAF MÜCKE BESCHÄFTIGT REGELMÄSSIG
MITARBEITER, DIE SCHON LÄNGST DAS
RENTENALTER ERREICHT HABEN. SEITE 29
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 Natürlich hat Klaus Kobjoll den Preis auch
schon mal gewonnen. War ja schließlich seine
Idee, der Fehler des Monats. In einem Seminarraum des Nürnberger Hotels Schindlerhof ließ der
Inhaber einen fünf Meter langen, sanft rauschenden Wasserfall errichten. Nach der Lehre des FengShui fehlte der im Interieur noch in der Reichtumsecke. Dennoch erwies sich das glucksende Bassin als
handfestes Problem. „Alle zehn Minuten mussten
Teilnehmer pinkeln, weil es in dem Raum so schön
plätscherte“, sagt der Hotelchef.
Idee top, Ergebnis Flop. So etwas mag der Unternehmer. Denn nichts fürchtet er mehr als Stillstand.
Er stellt grundsätzlich keine Leute ein, die schon Erfahrung in einem Konzern gesammelt haben. „Die
sind versaut fürs Leben“, sagt Kobjoll. Mit der Auszeichnung „Fehler des Monats“ belohnt er den Mut
seiner Mitarbeiter, etwas zu wagen, auch wenn sie
damit manchmal grandios scheitern. Nur so, glaubt
er, kann sich das Unternehmen weiterentwickeln.
Das ist ihm eine gute Flasche Rotwein wert.
Wer unter Kobjoll arbeitet, kommt aber noch
in den Genuss ganz anderer Spezialitäten. Der Chef
zahlt Wunschgehälter, das heißt, ein
Mitarbeiter trägt bei seiner Bewerbung in einem Fragebogen ein, was
er verdienen will. Und das bekommt
er dann auch – Traumtänzer werden
aussortiert. Gemeinsam mit den Angestellten hat er vor ein paar Jahren
außerdem den Mitarbeiter-AktienIndex entwickelt, kurz Max, eine Art
Werkzeugkasten zur Selbstkontrolle. Jeder bekommt zu Jahresbeginn
1000 Punkte, jeden Monat verliert er
davon automatisch ein Prozent. Um
das wieder auszugleichen, muss er sich
in einem der 16 Bereiche hervortun,
für die es Punkte gibt. Die Pünktlichkeit spielt dabei eine Rolle, die Arbeitsqualität, aber auch die Anzahl der eingereichten Verbesserungsvorschläge.
Den geraden Weg verlassen und
ausbrechen aus gängigen Mustern.
Experimentieren und riskieren. Das
fällt schwer. Alles so machen wie
immer, weil es sich angeblich über
Jahre bewährt hat, fällt leichter. Es
ist bequemer, erscheint sicherer.
Doch Veränderung ist zwingend. Die
Klaus Kobjoll, Hotelier,
schaltet gerne in seinem
Wohnwagen ab. Er stellt
keine Leute ein, die schon
Erfahrung in einem Konzern
gesammelt haben. „Die
sind versaut fürs Leben.“
FOTO: MIGUEL PEREZ FOTODESIGN
WUNSCHGEHALT
Arbeitswelt von heute lässt Stillstand kaum mehr
zu: Fachkräftemangel, Vernetzung, Wertewandel,
Work-Life-Balance, Familienorientierung, Globalisierung. Wer sich nicht anpasst, wird links und
rechts überholt. Die Erkenntnis dämmert vielen
Unternehmen, etwa BMW. Einmal im Jahr findet im
Forschungs- und Innovationszentrum des Autokonzerns ein Querdenker-Kongress statt. Und in diesem
Jahr vergibt das Netzwerk XING im Rahmen eines
Ideenlabors den New Work Award, mit dem Konzepte für zukunftsweisendes Arbeiten und innovative Antworten auf die radikalen Umwälzungen in
der Arbeitswelt gekürt werden.
Stefan Kaduk ist begeistert von solchen Initiativen. Der Wissenschaftler, der an der Universität der Bundeswehr in München Wirtschafts- und
Organisationswissenschaften lehrt, beschäftigt sich
seit über zehn Jahren mit „Musterbrechern“, wie er
sie nennt. Irgendwann dachte sich Kaduk, er könne seinen Studenten nicht immer die gleichen Methoden vorbeten. Also hat er nach Leuten gesucht,
„die Dinge auf intelligente Art anders machen“.
Mit drei Kollegen befragte er in den vergangenen
sechs Jahren über 600 Führungskräfte, vom kleinen
MUSTERBRECHER
Stefan Kaduk, Wirtschaftsund Organisationswissenschaftler,
erforscht das Querdenkertum
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MANAG EMENT
BY SMARTPHON E
Shama Kabani, Gründerin, führt
Bewerbungsgespräche per
Videokonferenz über das Web
Auch Detlef Lohmanns Motivation hat viel mit
der Vergangenheit zu tun. Der Diplom-Ingenieur
arbeitete erst bei Daimler, dann in der Automobilzuliefererindustrie. Immer wieder hatte er das Gefühl, alle nur zu nerven – mit seinen ewigen Fragen
und seinen Verbesserungsvorschlägen. Also ist er
gegangen und hat sich eine Firma gesucht, bei der
er als Minderheitsgesellschafter einsteigen und als
Geschäftsführer arbeiten konnte. Allsafe Jungfalk
sitzt in einer Kleinstadt am Bodensee und ist eine
Spezialfirma für die Sicherung von Ladegut für Lkw:
Vom Zurrpunkt über Gurte, Netze, Schienen bis zu
Sperrelementen ist alles im Programm. Lohmann
wollte nur eines: „für die Angestellten alles so machen, wie ich es gerne gehabt hätte.“ Damit es für
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FOTOS: DIRECTEMPLOYERS ASSOCIATION; TINA RUISINGER
Mittelständler bis zum Dax-Manager. Die Ergebnisse
hat das Quartett in einem Buch zusammengefasst:
„Musterbrecher. Die Kunst, das Spiel zu drehen“.
Es sind sehr unterschiedliche und individuelle Geschichten dabei herausgekommen. Doch drei Dinge
einen die Querdenker: die Lust am Experimentieren,
der Trieb, selbstbestimmt zu arbeiten, und der Mut,
Verantwortung ab- und Kontrolle aufzugeben.
Hotelier Kobjoll erinnert sich noch gut an den
Tag, an dem er beschloss, anders zu sein als die anderen. Mit Anfang 20 machte er ein Praktikum in
einem Fünf-Sterne-Hotel in München. Die Beatles
standen auf dem Höhepunkt ihres Schaffens, deshalb steckten ihn seine Chefs in einen schwarzen Anzug und banden ihm eine silberne Krawatte
um. Das war für den jungen Mann so unerträglich,
dass er seitdem nur noch zweimal in seinem Leben
eine Krawatte getragen hat und sich schon damals
schwor: „Das werde ich mit meinen Mitarbeitern
nicht machen.“ Heute ist Kobjoll 66 Jahre alt, trägt
am liebsten Jeans und macht seinen Angestellten
keine Vorschriften bei der Kleiderwahl. Sie sollen
selbst entscheiden, wie sie dem Gast gegenübertreten. Geschadet hat es bisher nicht. Der Schindlerhof wurde 2013 zum vierten Mal zu Europas bestem
Arbeitgeber in der Hotellerie gekürt.
alle besser läuft: Chefs, Mitarbeiter, das Unternehmen.
Die ersten paar Monate schaut
er nur zu, weil er vom operativen
Geschäft keine Ahnung hat. Das
Geschäft läuft auch ohne ihn, das
gibt ihm Zeit zu lernen. Als er genug gesehen hat, fängt er an, den
Laden total umzukrempeln. Er löst die Abteilungen
auf, damit Informationen freier fließen können. Er
ersetzt ritualisierte Konferenzen durch Ad-hoc-Meetings, die im Stehen durchgeführt werden und meist
nach zehn Minuten vorbei sind. Er veröffentlicht alle
relevanten Zahlen täglich am Schwarzen Brett: Auftragslage, Umsätze, Budget. Alle sollen wissen, wie
es um das Unternehmen steht. Und er tut vor allem
eines: Er gibt Verantwortung ab.
Vor acht Uhr fängt er nie an zu arbeiten, von
12.30 Uhr bis 14 Uhr geht er nach Hause, um mit seiner Familie zu essen, spätestens um sechs verlässt er
das Büro. In der Woche kommt er auf 35 Bürostunden. „Es ist eine Grundsatzentscheidung“, sagt er. Er
hat darüber sogar ein Buch geschrieben, „Und mittags geh ich heim“, das 2012 zum Managementbuch
des Jahres gekürt wurde.
Am Wochenende geht er nie ins Büro. Was aber
nicht bedeutet, dass er in dieser Zeit nicht über seine
Firma nachdenkt. Lohmann hat kein Laptop, kein
Smartphone, er hat nur ein ganz normales Handy.
Wenn er unterwegs ist, lässt er es meistens ausgeschaltet, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass seine Mitarbeiter selber eine Lösung finden, wenn sie
ihn nicht erreichen.
Bei Allsafe Jungfalk ist die Hierarchie seit Lohmanns Antritt vor 14 Jahren völlig auf den Kopf
gestellt. Damit das auch alle glauben, hat der Chef
eine umgedrehte Pyramide im Unternehmen
ausgehängt, mit seinem Namen ganz unten. Die
Menschen, die die Arbeit machen, den Kontakt zum
Kunden haben und ihre Bereiche am besten kennen,
sollen auch die Entscheidungen treffen.
Wer hier anfangen will, muss eine mehrstufige
Einstellungsprozedur durchstehen. Zum ersten
Vorstellungsgespräch dürfen alle Angestellten kommen, vom Lagerarbeiter bis zum Geschäftsführer,
aber vor allem die Leute, die später mit dem Bewerber zusammenarbeiten werden. Danach muss der
DIE UMGEDREHTE
PYRAMIDE
Detlef Lohmann,
Geschäftsführer, lässt
sein Handy meistens
aus. Seine Mitarbeiter finden schon selber
eine Lösung, wenn sie
ihn nicht erreichen
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..
WAHLBAR
Kandidat zwei Tage zur Probe arbeiten, in denen er
sich selbst ein Aufgabenprofil gibt. „Wer damit nicht
klarkommt, passt nicht“, sagt der Chef.
Die Folgen: Unter Lohmann hat das Unternehmen den Umsatz vervierfacht und den Gewinn verzwölffacht. „Bei uns machen Menschen Karrieren,
die sie sich selbst nie zugetraut hätten“, sagt er. So
Marc Stoffel, ist ein Leiharbeiter inzwischen Vorgesetzter von
Geschäftsführer,
15 Mitarbeitern. Und dem Chef bleibt die nötige
kann jederzeit
von den Mitarbei- Zeit, fern vom operativen Tagesgeschäft die stratetern abberufen gischen Entscheidungen zu treffen – und mit der
werden. Das ist Familie mittagzuessen.
Musterbrecher, hat auch Forscher Kaduk hekein Scheitern,
sondern ein rausgearbeitet, setzen auf die Motivation und die
völlig normaler Fähigkeiten des Einzelnen. Sie tun genau das, woVorgang mit sich so viele andere schwertun. Sie lassen los,
vertrauen, geben mehr Spielräume. Aber nicht jeder
kann mit den Freiräumen etwas anfangen.
Wer gerne einen Chef hat, der ihm jeden Tag genau sagt, was zu tun ist, und jede Verantwortung
scheut, ist bei Leuten wie Shama Kabani fehl
am Platz. Die junge Amerikanerin gründete vor
vier Jahren mit 1500 Dollar Startkapital die Marketing Zen Group, eine Firma, die Unternehmen hilft,
ihre Website zu verbessern, und OnlinemarketingKampagnen entwirft. Inzwischen setzt die 28-Jährige damit eine Million Dollar um, betreut Kunden
aus aller Welt und hat nebenbei noch einen Bestseller geschrieben. Nur eines hat sie immer noch nicht:
eine Firmenzentrale oder auch nur Büros.
Ihre 40 Angestellten kommen aus unterschiedlichen Orten der USA, aber auch aus Indien, Australien
und von den Philippinen. Die Bewerbungsgespräche
hat die Chefin über das Internet geführt. Alle arbeiten von zu Hause aus, jeden Freitag gibt es eine
Skype-Konferenz und alle drei Monate treffen sich
die Mitarbeiter persönlich in Dallas, dem Wohnort
der Firmengründerin. „Ich kann mein Unternehmen
vom Smartphone aus steuern“, behauptet Kabani.
Ihr ist es egal, wie und wann ihre Mitarbeiter arbeiten, Hauptsache, sie arbeiten gut. Die Mitarbeiter schätzen die Flexibilität und sind motivierter. Die
meisten Kunden werden über das Netz akquiriert.
Ist ein Treffen nötig, findet das beim Kunden statt.
„Sie erwarten, dass wir ihnen im Netz helfen, dafür
brauchen wir keine Büros“, sagt Kabani. Das Modell
birgt allerdings die Gefahr, Beruf und Privates völlig
zu vermischen. Kabani kann daran nichts Schlimmes finden. Sie ist froh, immer und überall arbeiten
zu können – dafür nimmt sie sich auch immer und
überall Freiräume heraus, wenn das nötig ist.
Es ist sicher leichter, so etwas in der IT-Branche
durchzusetzen als im deutschen Mittelstand. Aber
„90 Prozent verbringen die Zeit mit Verbesserungen
des Bestehenden“, sagt Wissenschaftler Kaduk,
„nur zehn Prozent sind bereit, neue Wege zu gehen und dabei auch ihre eigene Rolle zu hinterfragen und zu ändern.“
Das kann man der Softwarefirma Haufe-Umantis
nicht vorwerfen. Als Marc Stoffel im Juni seinen
Dienst als neuer Geschäftsführer antrat, konnte
er sich vom ersten Tag an damit beschäftigen,
seine Ziele umzusetzen. Stoffel hat einen Vorteil:
Er wurde von den Mitarbeitern gewählt.
Sein Vorgänger und Firmengründer Hermann
Arnold hatte beschlossen, dass er für die nächste
Wachstumsphase der falsche Mann an der Spitze
sei, und deshalb die Mitarbeiter aufgefordert, einen
Nachfolger zu wählen. 20 Minuten durfte sich Stoffel, der bis dahin Leiter Vertrieb und Marketing war,
der Belegschaft mit seinem Konzept präsentieren.
Danach gab es eine Diskussionsrunde – ohne Geschäftsführung. Stoffel wurde ohne Gegenstimme
gewählt und auch gleich mit jeder Menge Tipps ausgestattet. Denn auf dem Stimmzettel war auch viel
Platz für Feedback. „Einen besseren Start kann man
sich doch nicht wünschen“, sagt Stoffel. Dadurch,
dass er bei Haufe-Umantis bereits in verschiedenen
Positionen tätig gewesen war, habe er einen Vertrauensvorschuss gehabt. „Ich musste die Mitarbeiter
nach der Wahl nicht erst hinter mich bringen, dennoch muss auch ich mich als neuer Geschäftsführer
nun erst einmal beweisen.
Bei Haufe-Umantis läuft vieles demokratisch
ab. Die Mitarbeiter gestalten etwa den Businessplan mit. Und bei Neueinstellungen hat das Team
das letzte Wort, in dem der Bewerber arbeiten soll.
Demokratie kostet Zeit, es wird viel diskutiert im Alltag. „Dafür haben wir eine unglaubliche Energie in
unserem Unternehmen“, sagt Stoffel. „Die Mitarbeiter stehen ganz anders zu ihrem Arbeitgeber.“
Im Winter wird die gesamte Führungsebene neu
von den Mitarbeitern gewählt. Das bringt nicht nur
noch mehr Transparenz ins Unternehmen, sondern
eröffnet auch ganz andere Karrierechancen. Wer
einmal oben war, muss danach nicht gehen, sondern kann an anderer Stelle weiterarbeiten. Auch
weil die Abwahl von der Spitze kein Scheitern, sondern ein völlig normaler Vorgang ist.
Firmengründer Hermann Arnold hat nach seinem Ausstieg eine dreimonatige Auszeit genommen. Vor Kurzem ist er zurückgekehrt. Er arbeitet
jetzt wieder in der Entwicklung. Ein Segen für die
Firma. Denn Mitarbeiter wie Arnold zu verlieren,
können sich Unternehmen in der heutigen Zeit eigentlich nicht mehr leisten. Der Fachkräftemangel
macht die Suche nach geeignetem Personal zur
Glückssache. Außerdem würde mit dem Firmengründer ein Wissen das Unternehmen verlassen, das
praktisch unbezahlbar ist.
So ist das auch, wenn Mitarbeiter in Rente gehen. Damit ihre Kompetenz nicht mit ihnen in der
Gartenlaube oder auf einer Weltreise entschwindet,
hat sich Marion Kopmann etwas ausgedacht. Vor
einem Jahr gründete sie Masterhora, eine Plattform,
mithilfe derer Unternehmen mit Ruheständlern in
Kontakt treten und bleiben können. „Es ist Wahnsinn, was für ein Wissen da Jahr für Jahr einfach
verloren geht“, sagt Kopmann. Viele Unternehmen
merken plötzlich, wie sehr ihnen diese Kompetenz
fehlt, wenn immer nur Junge nachrutschen. Außerdem überlegen einige Firmen, ob sie mit Ruheständlern den Fachkräftemangel abpuffern können.
Olaf Mücke, Director von Gleeds Deutschland, ist
schon einen Schritt weiter. Seine Firma, die sich
der Projekt- und Kostensteuerung von Bauvorhaben widmet, beschäftigt regelmäßig Mitarbeiter, die
das Rentenalter längst erreicht haben. Erstens hält
er es für bereichernd, so heterogene Teams zu haben. Außerdem hat seine Firma gerade viele Aufträge, die sich mit dem Umbau von Gebäuden beschäftigen. Mücke konnte dafür Mitarbeiter gewinnen,
die vor 20 oder 30 Jahren an dem Bau beteiligt waren und nun in Rente sind. „Dieses Wissen ist Gold
wert“, sagt der Chef.
Nicht nur das gefällt ihm an seinen ältesten
Mitarbeitern. „Sie strahlen eine Ruhe und Gelassenheit aus“, sagt er. Und er weiß auch, warum.
„Sie haben es nicht mehr nötig, sich in den
Vordergrund zu spielen.“
MITA RBEITER IM
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RENTENALTER
Olaf Mücke (u. l.), Director, mit seinen Leuten.
Er findet es bereichernd, heterogene Teams zu haben
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