Flüchtlinge dankbar – Helfer erschöpft

Flüchtlinge dankbar – Helfer erschöpft
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Durch den Nieselregen: Rund 300 Flüchtlinge sind seit der Nacht auf Mittwoch im
Tennis Center Keferloh einquartiert worden. Fotos: Köppl (5) / Gaulke (6)
Flüchtlinge dankbar – Helfer erschöpft
Mehrere Hundert Flüchtlinge sind in der Nacht zum Mittwoch im Tennis
Center Keferloh angekommen. Nach und nach waren sie in Bussen in das
dort kurzfristig eingerichtete Notlager gebracht worden. Bei den
Flüchtlingen handelt es sich hauptsächlich um Männer, vor allem aus dem
arabischen Raum und aus Afrika. Wie lange sie bleiben, ist offen.
notunterkunft in Keferloh über nacht eingerichtet und bezogen
Mehrere Hundert Flüchtlinge sind in der Nacht zum Mittwoch im Tennis Center Keferloh
angekommen. Nach und nach waren sie in Bussen in das dort kurzfristig eingerichtete
Notlager gebracht worden. Bei den Flüchtlingen handelt es sich hauptsächlich um Männer, vor
allem aus dem arabischen Raum und aus Afrika. Wie lange sie bleiben, ist offen.
Von FRANZ Köppl und Ilsabe WEinfurtner
Keferloh – Mitternacht im Tennis Center Keferloh: Der erste Bus mit 63 überwiegend aus
Syrien stammenden Flüchtlingen kommt in der Notunterkunft an. Die aussteigenden Fahrgäste
– ausschließlich Männer – sind gekennzeichnet von den Strapazen der vergangenen Stunden.
Zunächst am Hauptbahn in München gestrandet, waren sie in das Münchner Ankunftszentrum
der Regierung von Oberbayern an der Lotte-Branz-Straße gebracht worden. Das Zentrum
drohte vollkommen zu überlasten, nachdem allein am Dienstag rund 2400 Menschen in Zügen
aus Ungarn am Hauptbahnhof angekommen waren. Mit einem Hilferuf hatte sich die
Regierung von Oberbayern daher an das Landratsamt gewandt – mit dem Ergebnis, dass
Helfer in Windeseile acht der zehn je rund 650 Quadratmeter großen Hallen in Keferloh
bezugsfertig machten (wir berichteten). Der Weiler Keferloh liegt zwischen Grasbrunn und
Haar an der B 471.
http://webviewer.merkur.de/muenchnermerkur/3163/article/317177/33/7/render/?read... 03.09.2015
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Als dort dann am späten Abend die ersten Flüchtlinge ankommen, wollen sie nur noch eins:
essen und dann schlafen. Manche scheinen den kurzen Weg vom Bus zur Essenshalle
schlafwandelnd zurückzulegen. Das Essen ist auf langen Tischen aufgebaut und die
Erschöpften nehmen es aus den Händen der Helfer meist lethargisch entgegen. Damit sie
erkennen, dass die Wurst schweinefleisch-frei ist, sind die Wurstplatten mit Plaketten
versehen, auf denen ein Schwein mit einem großen roten Kreuz durchgestrichen ist. Während
die Männer meist schweigend essen, erfasst der Sicherheitsdienst alle Anwesenden anhand
ihrer Notfallpapiere.
Die ganze Nacht über wird der Bus immer wieder neue Flüchtlinge bringen. Die Zahlen
weichen voneinander ab: Das Landratsamt spricht von „etwas mehr als 200 Männern“, die
Regierung von Oberbayern von „rund 300 Personen“. Unklar blieb gestern, wie lange die
Menschen in der Notfallunterkunft ausharren werden. Hatte das Landratsamt noch am
Dienstag von einem Aufenthalt zwischen zwei und vier Tagen gesprochen, hieß es gestern, es
sei nicht abzusehen, wie lange sie bleiben werden. Auch, ob weitere Flüchtlinge nach Keferloh
ziehen werden, ist nicht klar. Die Regierung von Oberbayern ist bemüht, sie mit Bussen auch
in andere Bundesländer zu bringen. Regierungspräsident Christoph Hillenbrand bedankte sich
gestern in einer Pressemeldung ausdrücklich bei „allen beteiligten Stellen und den vielen
ehrenamtlich Engagierten“. Und auch Landrat Christoph Göbel (CSU) würdigte die Helfer,
„die bis spät in die Nacht und zum Teil bis an die Grenze ihrer physischen Kräfte geschuftet
haben“. Er stellte aber auch klar: „Beliebig oft sind solche Situationen insbesondere auf
ehrenamtlicher Basis aber nicht zu stemmen.“
Und in der Tat scheint es unglaublich, was allein die rund 100 Ehrenamtlichen verschiedener
Landkreis-Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks (THW) am Dienstagabend vollbracht
haben: 700 Betten aufgestellt, samt Decken, Kissen und Matratzen. Lebensmittel und
Hygieneartikel organisiert, Zelte für die Duschen herbeigeschafft sowie mehr als 100
Toiletten. Nach neun Stunden ist den Helfern die Erschöpfung anzumerken und viele freuen
sich nur noch auf ihr Bett.
Trotzdem sind die Gefühle positiv. Lisa Paul (24) von der Feuerwehr Grasbrunn, die
eigentlich nach Italien fahren wollte, hatte ihren Urlaubsantritt kurzerhand verschoben. „Wir
sind halt die Ersten, die da sind, aber so ein Einsatz ist eine Selbstverständlichkeit, wenn man
das Ehrenamt ernst nimmt.“ Julia Ascher (28) vom THW München-Land pflichtet ihr bei. „Ich
bin froh darüber, was wir erreicht haben und dass wir die armen Menschen entsprechend
empfangen können.“ Ähnlich äußert sich Stefan Pscherrer (30), ebenfalls vom THW München
-Land: „Ein Supergefühl, auch wenn das hier nicht nur in der Arbeit, sondern auch in der
Freizeit stattfindet.“
Weil nicht feststeht, wie lange die Flüchtlinge bleiben werden und was sie wirklich benötigen,
bittet das Landratsamt alle, die etwas spenden möchten, ihre Gaben nicht an den Hallen
abzugeben. Besser ist es, sich vorab zu erkundigen beim Grasbrunner Helferkreis, unter Tel.
089/45 46 25 05. Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) und Haars Zweite
Bürgermeisterin, Katharina Dworzak (SPD), sind sich einig, dass geholfen werden muss. Die
Gemeinden selbst allerdings sind nicht die ersten Ansprechpartner, da es sich bei der
Notunterkunft um ein Projekt der Regierung von Oberbayern handelt.
Verbindliche Zahlen
kann das Landratsamt München nicht liefern. Tagtäglich ändert sich die Zahl der Flüchtlinge,
die im Landkreis Aufnahme finden sollen. Noch vor zwei Wochen war von 3800 Menschen
die Rede, die bis Ende des Jahres aufzunehmen sind. Jetzt heißt es, es könnten 5360 sein. Den
aktuellen Stand will Landrat Christoph Göbel heute bei einer Pressekonferenz melden. Dann
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soll auch geklärt werden, wie viele Turnhallen zu Beginn des Schuljahres wieder für den
Unterricht genutzt werden können und wann die Traglufthalle in Neubiberg bezugsfertig ist.
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