thema entwickeln internet - Techniken wissenschaftlichen Arbeitens

Ein Thema entwickeln
Prof. Dr. Thomas Lockenvitz
Vorbemerkung
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Hinter dem Punkt „Ein Thema entwickeln“ verbirgt sich eine Methode, mit deren Hilfe einer
wissenschaftlichen Arbeit erste Konturen verliehen werden sollen. Ziel ist es, über den Weg
einer „pragmatischen“ inhaltlichen Erschließung einen ersten Gliederungsentwurf zu entwickeln.
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Die Methode ist insofern pragmatisch zu nennen, als sie nicht nur von grundsätzlich
existierenden sondern insbesondere auch zugänglichen Quellen ausgeht. Was nützt eine
originelle Idee, wenn das zu ihrer Umsetzung notwendige Material nicht vorhanden oder nicht
beschaffbar ist. Auch eine wissenschaftliche Arbeit muss mit einer angemessen Portion
„Pragmatismus“ auf den Weg gebracht werden.
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Das Thema ist an dieser Stelle keineswegs erschöpfend aufgearbeitet - im Ergebnis liegt also
noch keine endgültige Gliederung vor.
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Die entstandenen Konturen sollen vielmehr den Arbeitsprozess in sinnvolle und effektive
Bahnen lenken. Der oft viel zu hohe Anteil ungerichteter und damit nicht zielführender
Tätigkeiten gerade zu Beginn einer wissenschaftlichen Arbeit soll auf ein Minimum reduziert
werden.
Ein Thema entwickeln
Prof. Dr. Thomas Lockenvitz
Erster Schritt
Im Anschluss an eine Quellenrecherche zu Ihrem Thema
wählen Sie eine repräsentative Anzahl von tatsächlich
vorhandenen Titeln aus.
Bei der Frage der Repräsentativität können verschiedene
Aspekte richtungsweisend sein:
„Klassiker“ zum Thema
aktuelle Veröffentlichungen
vom Gutachter empfohlene Titel
einführende Überblickswerke
Die Anzahl der ausgewählten Titel sollte an dieser Stelle
überschaubar bleiben; im links abgebildeten Beispiel sind es
19 Bücher.
Das Ziel ist es zunächst, einen inhaltlichen Überblick zu
gewinnen. Im Laufe der Arbeit werden weitere Quellen hinzu
kommen.
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Zweiter Schritt
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Geben Sie jeder Quelle eine Nummer, mit deren Hilfe sie sie im weiteren
Arbeitsprozess möglichst einfach benennen und identifizieren können.
Hierfür sind „Post-Its“ sehr geeignet.
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Dritter Schritt
Wandeln Sie das Inhaltsverzeichnis des ersten Buches in eine Mind Map
um. Bei sehr tiefer Gliederung reichen zunächst die großen Kapitel bis zur
zweiten Gliederungsebene.
Zu jedem Stichwort vermerken Sie die Nummer des Buches – in diesem
Fall also die „1“.
Im Ergebnis erhalten Sie eine Übersicht über die inhaltliche Struktur des
Buches.
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Vierter Schritt
Übertragen Sie die Inhaltsverzeichnisse der folgenden Quellen in die Mind Map.
Auf diesem Wege werden ihrer bestehenden Mind Map einerseits neue Inhalte
hinzugefügt, an anderen Stellen „vermehren“ sich die Hinweise auf Titel, die
sich zu einem Thema geäußert haben.
Vergessen Sie die Nummerierung nicht!
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Fünfter Schritt
Am Ende erhalten Sie eine Mind Map, die Auskunft gibt über alle Themen, Inhalte und Fragen,
die in den ausgewählten Quellen aufgegriffen und bearbeitet wurden.
Sie sollten an dieser Stelle einen guten Überblick über die Ihrem Thema zugrunde liegenden
inhaltlichen Strukturen haben.
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Sechster Schritt
Mit Blick auf Ihre Fragestellung fangen Sie nun an, mit der vorliegenden Mind Map zu spielen und
zu experimentieren: welche Inhalte sind für die Beantwortung der eigenen Fragestellung relevant
und wie können Sie miteinander kombiniert werden?
Sie können Beziehungen mit Pfeilen und mögliche Reihenfolgen mit Nummern darstellen.
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Siebter Schritt
Reduzieren Sie die Mind Map auf die für Ihre Arbeit relevanten Inhalte. Sie erhalten eine
inhaltliche Übersicht mit Hinweisen auf vorliegende Quellen.
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Ein Thema entwickeln
Achter Schritt
Gehen Sie die relevanten Quellen noch einmal genauer durch:
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notieren Sie auch die noch nicht erfassten, weiter reichenden Gliederungspunkte.
lesen Sie die Einleitungen und Schlussteile
sofern vorhanden, werfen Sie einen ausführlichen Blick in das Stichwortregister
lesen Sie einzelne Kapitel an
Nehmen Sie alle neuen Aspekte in Ihre Mind Map auf. Sie werden feststellen, dass ein
differenzierteres Bild entsteht.
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Neunter Schritt
Wandeln Sie die Mind Map nach dem unten
skizzierten Muster in eine Gliederung um. Das
Ergebnis ist eine vorläufige und noch nicht
vollständige Gliederung für Ihre wissenschaftliche
Arbeit.
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2.
3.
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
4.
4.1
4.2
4.3
5.
5.1
5.2
5.3
5.4
6.
7.
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
7.5.1
7.5.2
7.5.3
7.5.4
Einleitung
Geschichte des Spiels
Spielzeug Computer
Stress
Jugendeinrichtungen
Motive
Faszination
Wirkungen bei Kindern und Erwachsenen
Zusammenhang Spiel und Medien
Zur Rolle der Familie
Phantasietätigkeiten der Rezipienten
Transfer in die Wirklichkeit
Spielwirkungen
Emotionale Wirkungen
Motorische Wirkungen
Kognitive Wirkungen
Soziale Wirkungen
Zum Verhältnis von Spiel und Wirklichkeit
Spiel und Didaktik
Zur Ausbildungssituation
Spielbeobachtung
Arrangieren
Zum Verhältnis von freiem Spiel und gelenkten Spiel
Fähigkeiten des Spielleiters
Planung
Animation
Spielerorientierung
Einfühlungsvermögen
8.
Schluss
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Fazit
Ihre wissenschaftliche Arbeit ist noch nicht ganz fertig, aber …
Sie haben auf einfache Art und Weise und mit absolut überschaubarem Zeitaufwand ein tragfähiges
Gerüst für ihre Arbeit erstellt. Dieser erste Entwurf entspricht zwar noch nicht der fertigen Gliederung,
die noch genauer auf Ihre Fragestellung hin zugeschnitten werden muss, aber es ist ein Rahmen
geschaffen worden, der Orientierung bietet und damit das Handeln sicherer und zielführender werden
lässt.
Sie haben einen guten Überlick über Themen und Inhalte gewonnen, die im Zusammenhang mit
ihrem Thema in der Literatur diskutiert werden.
Sie haben einen „machbaren“ Weg gewählt, der sich auf erreichbare Quellen bezieht. Viel zu oft
leiden wissenschaftliche Arbeiten unter dem Problem nicht zugänglichen Materials. In einem – an der
Fachhochschule Kiel – auf drei Monate befristeten Zeitraum muss das Merkmal der Erreichbarkeit von
Quellen von einiger Bedeutung sein.