40 Jahre Tauchgruppe SLRG ZUG

40 Jahre Tauchgruppe SLRG ZUG - Wie alles begann.
Früher, als es noch keine Hallenbäder gab und man nicht einfach an
warme Meere verreisen konnte, badete man in den einheimischen
Gewässern und dies natürlich nur im Sommer. Da aber ausserhalb der
Schwimmclubs, die Kunst des Schwimmens meist nur beschränkt vorhanden
war führte dies zu vielen Bade-Unfällen. So gründeten Ende der 40 er Jahre
überall in der Schweiz, 1948 auch in Zug, gute Schwimmer SLRG Sektionen.
Ihr Ziel war, Badeunfälle zu vermeiden und bei Notfällen helfend eingreifen zu
können.
Die Erfindung von Tauchermaske, Flossen und Lungenautomat
ermöglichte den Rettungsschwimmern auch nach einem Unfall noch zu
helfen oder zumindest das Opfer zu bergen. Der Einsatzbereich war durch
die Sprungschicht begrenzt, so dass als Taucherausbildung der Satz: „Halte
nie den Atem an!“ genügte. Auch die Zuger SLRG erhielt in den 50er Jahren
zwei AGA Tauchgeräte mit je zwei Pressluftflaschen mit 7 Litern Inhalt und
einem Betriebsdruck von 150 bar. Gefüllt wurden diese Geräte im
Kaskadensystem von 4 Flaschen mit 50 Litern Inhalt. Dabei wurden diese
abwechselnd aus den Standflaschen mit steigendem Druck gefüllt, bis am
Schluss die Geräte, im Idealfall etwa 140 bar enthielten. Meist war es aber
auch viel weniger, da zuerst eine neue Standflasche von den
Sauerstoffwerken in Luzern geliefert und dann montiert werden musste. Die
Tauchgeräte, das Füllsystem und das SLRG-Boot waren im Strandbad
Chamerfussweg stationiert. Um die temperaturbedingte Tiefenbegrenzung zu
überwinden klebten die Taucher Neoprenplatten zu Tauchanzügen
zusammen. Sie mussten aber beim Anziehen den Körper einseifen damit
diese nicht zerrissen. Bald waren aber in Sportgeschäften in Luzern und
Zürich, aus den Mittelmeerländern und Amerika importierte, gefütterte Anzüge
erhältlich, die nun auch das Vordringen in grössere Tiefen gestatteten. Die
bisherige, sehr bescheidene, Ausbildung genügte nun nicht mehr und der
damalige Technische Leiter der SLRG ZUG, Sepp Haller, führte mit einem
Tauchlehrer aus Zürich den ersten Tauchkurs (67) durch.
Inzwischen war der Kreis der Personen, die in ihren Ferien mit
dem Gerätetauchen in Kontakt gekommen und auch entsprechend gut
ausgebildet worden waren, gewachsen. Sie suchten die Möglichkeit, diesem
faszinierenden Sport auch ausserhalb der Ferienzeit und in heimatlichen
Gewässern nachzugehen. Als einzige Möglichkeit bot sich hier die SLRG
ZUG an. Hier konnten die gefüllten Pressluftflaschen, die restliche
Ausrüstung war ja meist bereits vorhanden, ausgeliehen werden.
Die Taucher der SLRG waren bald recht bekannt und erhielten
Tauchaufträge rund um den Zuger- und bis zum Vierwaldstättersee so dass
auch die nötigen Ausrüstungen angeschafft werden konnten um eigene Kurse
durchzuführen. Bojenarbeiten bis auf über 40 Meter waren kein Problem. Fr.
50.- berechnete die Tauchgruppe pro Tauchstunde und die Taucher erhielten
eine Entschädigung von Fr. 20.-, „Händschegäld“ genannt. Ab etwa 1972
kamen dann die ersten Neopren-Trockenanzüge auf den Markt, was die
Taucherei doch viel angenehmer machte.
1971 wurden wir von der Kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung für
eine Forschungsarbeit über Zugerrötel zum winterlichen Einsatz an
Zigeunerplatz und Chiemen angefragt; eine ziemlich frostige Angelegenheit.
Daraus entstand das alljährliche Röteltauchen mit Rötelessen, zu dem auch
jedes Mal ein Politiker eingeladen wurde.
An den Sonntagen konnte man die Taucher häufig am Chiemen beim
Tauchen und anschliessenden Wurst-Bräteln antreffen. Nach der Eröffnung
des Hallenbads Loreto wurde Mittwoch und Freitag trainiert, mit
anschliessenden meist ausgedehnten Stammtischen in verschiedenen
Lokalen. Der SEEMUUGGI erschien 1972; vorerst nur als Informationsorgan
der Tauchgruppe.
Für die SUSV - 2*Prüfungen wurden externe Tauchlehrerexperten
eingesetzt, bis der Tauchchef selbst das Tauchlehrer-Brevet erworben hatte
(1976). Nun wurden auch die Taucher der SLRG Innerschwyz hier
ausgebildet und geprüft.
Die Taucher der SLRG engagierten sich auch jahrelang bei der
Seepolizei an Samstag und Sonntagen als Sicherungstaucher.
Um eine administrative Trennung zwischen SLRG und Tauchgruppe
durchzuführen und die Synergien zu erhalten wurde am 18. Okt 1973 die
Tauchgruppe der SLRG ZUG gegründet; dies auch im Hinblick auf eine
Mitgliedschaft im SUSV als 42. Tauchclub. Als Vorstand genügten drei
Mitglieder: Der Tauchleiter, sein Stellvertreter (Peter Schmalz) und die
Kassierin (Ruth Meister). Zwei Mal im Jahr fand eine Mitgliederversammlung
statt, wobei der offizielle Teil in der Regel in zwanzig Minuten erledigt war und
der Schwerpunkt eindeutig auf dem nachfolgenden Nachtessen lag.
Die Synergie funktionierte aber auch gegen oben. Marcel Capitelli
wurde Präsident des SUSV und der Tauchchef Mitglied der erweiterten
Technischen Kommission der SLRG SCHWEIZ.
Der Tauchleiter a.D. (1969 - 95)
Heinz Bossard, Mon**SUSV/CMAS
Lasst hören aus alter Zeit
Es war natürlich nicht nur auf und
unter dem Meer was los, auch rund um
den Zugersee, das Tauchen im Süsswasser und die Aktivitäten der SLRG Tauchgruppe gab es Abenteuer; auch diese
sollen nicht vergessen werden.
AGA-Tauchgeräte
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2 x 8 lt
150 bar Betriebsdruck
Sie hatten bereits ein Manometer, aber
die Reseveschaltung schnitt die Luftzufuhr, drei Atemzüge nach der Erhöhung
des Atemwiederstand, komplet ab. Flinke
Akrobatik um den Reseveschalter, hier
hinter dem Kopf des Tauchers, zurückzustellen, war gefragt.
1970
Renato Mondadori, angehender
Sportlehrer und aktiver Wasserballer,
möchte Tauchen lernen um in der RS bei
den Tauchern mitzumachen.
Also auf in die Seeliken, den selbstgeklebten Neoprenanzug, nach ausgiebigem Einseifen angezogen, das 2 x 8 Liter
AGA (Betriebsdruck 150 bar) auf den
Rücken und rein ins Wasser.
18 Meter Tiefe, kalt und dunkel.
Plötzlich saugt Renato vergebens, es
kommt keine Luft mehr. Was ist passiert?
Da, wie gewöhnlich, das Tauchgerät
nur halb gefüllt ist, hat sich die Reserve
eingeschaltet und da die AGA-Reserve
ganz besonders perfid konstruiert ist;
(Man hat etwa drei Atemzüge, dann blokkiert sie jegliche Luftzufuhr) hat Renato
keine Ahnung wie ihm geschieht, - er hat
einfach keine Luft mehr. Und das auf 18
Metern und zum ersten Mal am Tauchen.
Das grosse Husten beginnt und dann ab,
Richtung Oberfläche. Hier wird weiter gehustet, was die Lunge hergibt.
Nach einer Viertelstunde drehen wir
den Reserveknopf und wiederholen den
Tauchgang. Das gibt gute Kampfschwimmer!
Detektiv Moser hat den
Durchblick
1970
Sepp Haller, Detektiv Moser und
ich sind früh in Zug abgefahren und sitzen nun in Aarau im Amtshaus.
Es geht darum, den Grund für den
tödlichen Tauchunfall am Zigeunerplätzli,
der Erste im Zugersee überhaupt, herauszufinden. Sepp hat mich gefragt ob
ich nicht als „Sachverständiger“ für Meertauchen mitkommen könne. Ich frage
mich, wie Polizist Moser, sonst hauptsächlich zuständig für Velodiebstähle, die
Hintergründe eines Tauchunfalls aufklären könne.
Die drei Tauchkameraden des Opfers werden von Moser einzeln unter die
Lupe genommen und beschreiben den
Vorfall aus ihrer Sicht. Nachher, beim Mittagessen, diskutieren wir die Aussagen.
Ich finde den Ablauf plausibel, aber Polizist Moser ist gar nicht meiner Meinung.
Absoluter Unsinn, findet er, aber gut abgesprochen. Ich staune, muss aber am
Nachmittag feststellen, dass ich ihn gewaltig unterschätzt habe.
Langsam, aber sicher, holt er aus
den drei Zeugen die Wahrheit heraus und
so sieht die Story plötzlich ganz anders
aus. Einen Schuldigen gibt es nicht, aber
ein Tauchgang auf über 70 Meter, und
das ohne Rettungsweste, ist doch ziemlich gewagt.
Wie heisst es so schön: Fischer,
Jäger und Taucher sagen die Wahrheit...
und Polizisten lernen offensichtlich mehr,
als nur Bussenzettel ausfüllen.
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Tauchtaufe für
Kampfschwimmer
Tiefenjagd im
Zugersee
Lasst hören
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November ist’s und saukalt. Mike und ich wollen unbedingt den Zigeunerplatz
mal weiter unten besichtigen.
Also rein in den Neopren und
abgetaucht. Unsere Minilämpchen erhellen eine steile, stufenförmig abfallende
Felswand, die wir bis auf
etwa 50 Meter Tiefe bereits
kennen.
Auf etwa 72 Metern ist
die Felswand zu Ende und
es beginnt ein Schlammabhang. Wir finden, es sei nun
genug und beginnen mit dem
Aufstieg.
Komisch, so etwa ab 40 Metern beginnt das Wasser immer kälter zu werden. Das gibt’s doch nicht! Je höher wir
kommen, desto kälter wird das Wasser, immer kälter. Jetzt sollten wir doch noch
ein paar Dekominuten einschalten, aber
es ist nun wirklich arschkalt. Auch Mike
hat genug. Wir lassen Dekompression,
Dekompression sein und kehren, vom
Schmerz getrieben, zur Oberfläche zurück. Hier stehen wir nun, steif und starr
vor Kälte und können nicht einmal mehr
unsere Tauchgeräte ablegen. Zum Glück
hat Mike seine Freundin dabei. Ihr Job ist
es nun, uns die Ausrüstung abzunehmen,
und zu mir nach Hause unter die warme
Dusche zu chauffieren, wo wir endlich unsere Anzüge ausziehen können.
Am nächsten Tag, ein Telefon von
Mike: „Du, mich schmerzt meine Schulter,
könnte es nicht etwa ein Dekounfall
sein?“ Nach Konsultation aller verfügbaren Bücher, kann ich ihn soweit beruhigen, dass es
sich dabei wohl eher um einen Rheumaanfall handeln
müsse.
Wie dieser Selbstversuch sehr schön zeigt, wirkt
sich die Stickstoffnarkose
sehr deutlich auf die Kälterezeptoren aus. Man könnte
dort unten also ohne weiteres, bei wohligem Gefühl,
erfrieren. Aber heute hat
man für solche Tauchgänge
ja Trockentauchanzüge......
Die Blauband-Regatta ist im Gang
und ich bin mit Ernst Seiler auf dem Polizeiboot unterwegs. Ein plötzlich einfallender Westssturm hat sich chaotisch
ausgewirkt. Sicht gleich null, Katastrophenmeldungen im Funk. Aber so schnell
wie der Sturm gekommen ist, hört er wieder auf. Alles vorbei?
Ruhe im Funk, aber direkt vor uns
sehen wir den Masttopp und die Bugspitze eines Stars aus den Wellen ragen.
Was sollen wir machen? In der Regel
saufen vollgelaufene Stare ab. Vielleicht
haben modernere Modelle Auftriebskörper?
Den Nasstauchanzug habe ich
schon vor dem Sturm angezogen, also
Flossen an, Brille auf und Tau unter den
Arm. Ernst legt das Tauchermesser bereit
um im Notfall das Tau kappen zu können.
Wir wollen ja nicht das Polizeiboot an der
tiefsten Stelle des Zugersees versenken.
Ich schwimme hinüber, tauche ab und
lege das Tau um den Mastfuss.
Ernst dreht auf, 500 PS reissen mit
Vollgas und der Star nimmt Fahrt auf.
Lenzer öffnen und Grosstuch runter, so
kommt sogar ein Star ins Gleiten. Ich darf
auf einem surfenden Star Steuermann
spielen. Wir überholen das ganze, übriggebliebene Regattafeld und fahren, natürlich nicht über die Ziellinie, aber doch als
Erste ins Ziel. Die letzten 100 Meter segle ich dann noch mit der Fock zur Boje.
Der Skipper, er und sein Vorschöttler
sind von einem Motorboot gerettet worden, zeigt sich gar nicht begeistert. Er ist
sofort nach Hause gefahren, wahrscheinlich um die Versicherung über den
Schicksalsschlag, der ihn getroffen hat,
zu informieren und um bei der Werft ein
neues Schiff zu ordern. Er will ja nächste
Woche an der Europameisterschaft teilnehmen.
Uns kommt nur komisch vor, dass
die Verschlussdeckel der Auftriebskörper
entfernt und die Tücher knallhart dichtgeholt worden sind. Aber ein Boot versenkt
man doch nicht, wenn man einen 10 jährigen Buben an Bord hat? Auch wenn
man schon einmal Eines zu Lasten der
Versicherung versenkt hat? Oder nicht,
oder doch?
Interessante Ausrüstungsdetails:
Michel-Anzug, Modell Schweizer
Armee
Dekometer
Doppelzehner mit konischen
Hahnengewinden
Lasst hören
aus alter Zeit
Wenn schwimmende
Wracks erzählen
könnten......
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In Tiefenbrunnen
Rheomakrodex
am rechten Zürichseeufer liegt, das
Zürcher Tauchzentrum. Ich bin hier um
Bruno bei seiner Tauchlehrerprüfung moralisch zu unterstützen. Beim Mittagessen spricht mich ein anderer Kandidat an
und meint: „Du kennst mich sicher nicht
mehr, aber du bist schuld, dass ich hier
gelandet bin.“ Ich erinnere mich. Vor Jahren hatte mich Walti Bucher, Schwimminstruktor und ehemals mein Tauchschüler,
Dozent an der ETH, angefragt, ob ich
nicht für einen Wochenkurs angehender
Sportlehrer eine Abschlusslektion machen würde.
Die Jungs sind eine ganze Woche
mit Schwimmen, Springen und Wasserball im Ägerisee herumgeplanscht und
ich sollte ihnen nun am Freitag Abend,
mit einer Einführung ins Freitauchen, im
Lättich, ein interessantes Finale gestalten. Ich bereite also eine Serie von passenden Aufgaben vor.
Zuerst eine kurze theoretische Einführung und ab ins Wasser. Nach einer
Stunde bin ich knütschblau und muss
raus. Die Lektion wäre nun eigentlich vorbei und die Kursteilnehmer ins Wochenende entlassen. Aber sie denken gar
nicht daran, aufzuhören. Ich habe mir
vorgestellt, dass nach einer Woche, die
Kursteilnehmer eigentlich genug Wasser
gesehen hätten, aber dem ist gar nicht
so. Es scheint, als hätte ich ihnen ein
Fenster zu einer neuen Welt aufgemacht.
Irgendwann verabschiede ich mich, von
meinen unermüdlichen Schülern und
gehe.
Die Lektion muss gut gewesen sein.
Zur ersten Hilfe bei Dekounfällen
wird die Infusion von Rheomakrodex, einem Plasmaexpander empfohlen. Da die
Fertigkeit eines Fixers bei Tauchlehrern
nicht vorausgesetzt werden kann, organisiert Professor Bühlmann einen Infusionskurs.
Wir treffen uns an einem Samstagmorgen im Hörsaal des Unispitals Zürich.
Der einführende Arzt begrüsst die Kursteilnehmer und beginnt mit Erklärungen
zum Thema: „Externe Herzmassage“.
Aufruhr auf den hinteren Rängen. Paul
Brünisholz, als militärischer Sanitätsinstruktor, protestiert: Herzmassage sei, für
nicht medizinisch ausgebildete Personen,
verboten und tabu. Unbeeindruckt macht
der Arzt weiter und ich meine etwas ähnliches wie „idiotische Idee“ und „Prioritäten setzen“ zu hören.
Aber das Thema interessiert uns,
und alle sind voll dabei. Aus jedem Referat und jeder Demonstration spricht die
Praxis. Das Fazit: Es ist nicht so wichtig
wie Ihr es macht, wichtig ist, dass ihr es
macht. (Mit diesen Informationen im Hinterkopf habe ich später, an all den schönen Herzmassage und CPR-Kursen immer grosse Freude gehabt, wenn es mal
wieder um zwei Zentimeter höher oder
tiefer und ähnlich wichtige Details ging.)
Der Fixerkurs wird auf den Nachmittag verschoben. Zuerst werden Gummiarme zerstochen, nachher gehen wir zum
Nahkampf über. Auch berühmte Tauchkoryphäen werden bleich und bleicher,
wenn das Blut zur Decke spritzt. HIV
kannte man damals noch nicht und Gummihandschuhe waren nur im OPS üblich.
Fazit: „Ein äusserst interessanter
und lehrreicher Samstag“.
Auf unseren Odysséen im Mittelmeer hatten wir immer zwei Flaschen
Rheomakrodex dabei, zum Glück brauchten wir sie nie.
Der Kampf um mehr als zwei Sterne
fand früher, mit teils abenteuerlichen Prüfungbestimmungen, ausschliesslich in
Neuchâtel statt.
Für die 3 Stern-Prüfung haben wir
uns gut vorbereitet, Walti und ich; ein halbes Jahr hartes Training im Hallen- und
im Männerbad. Leider haben wir ein kleines Problem. Für diese Prüfung sind 40
Tauchgänge auf 40 Meter im Süsswasser
nachzuweisen und uns fehlen genau
zwei. Meertauchgänge haben wir, schon
lange, mehr als genug.
Am Wochenende vor der Prüfung
findet das Skitauchen in St. Moritz statt;
die letzte Möglichkeit, unsere zwei Tauchgänge noch nachzuholen.
Und das alles auf 1900 Metern Höhe.
Der erste Tauchgang ist
problemlos: Plaun da Ley,
rechts, steile Felswand, Forellen, Nullzeit, 10 Minuten.
Der Zweite führt uns beinahe in eine Katastrophe.
Plaun da Ley, links, Bachdelta, nach 15 Minuten endlich auf 40 Metern; Aufstieg
nochmals 15 Minuten, Sternchen vor den Augen, Dekompression fällt aus, wegen keine Luft mehr. Aber
die 40 mal 40 Meter-Tauchgänge sind geschafft!
Dazwischen findet auch
noch der Plauschwettkampf
statt. Und das alles mit einer
Gerätefüllung.
Für den Transport ins ferne Oberengadin hat Gebi den Opel Kapitän seines
Onkels organisiert. Sechs Taucher mit
Tauch- und Skiausrüstung können Gebi
nicht an seiner sportlichen Fahrtechnik
hindern. Auf dem Heimweg, am Sonntag
Abend, treten die Bremsen in Bummel-
streik und wir müssen in Chur eine Garage suchen. Der mühsam aufgetriebene
Meister der Autotechnik, füllt Bremsöl
nach und meint, dass man im Minimum
jedes Jahr den Ölstand kontrollieren sollte. Soviel zur Prüfungsvorbereitung.
Am Wochenende darauf, in Neuenburg. Zum Glück treffe ich am Morgen einen welschen Kollegen der sogar einen
Vorbereitungskurs gemacht hat. Er gibt
mir in 10 Minuten alle guten Tips.
Legendäre Übung: Notaufstieg aus
40 Metern mit der Fenzy,- Vollgas und
Stop auf genau 3 Metern. Perfekt gemacht,- aber, wo bleibt der kontrollierende Experte? Er folgt erst mit etlicher Verspätung, meint, dass diese Übung der
Gesundheit nicht zuträglich sei und be-
merkt, dass er dies nicht zwei Mal am
Tag machen würde.
Walti hat dann leider das Pech, dass
er, bei der 20-Meter-Rettung, zu heftig
am Bleigurt des Rettlings rüttelt; dieser
löst sich und verschwindet im Schlamm.
Vorgehen und Resultat sind zwar korrekt,
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Star Wars
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aus alter Zeit
aber leider ist er trotzdem vorerst durchgefallen. Wieso, wenn man an der Prüfung alles richtig macht, der Experte aber
seinen Bleigurt nicht sichert?
Mein Rettling, Americo Galfetti,
wiegt ca. 150 kg.
Ich vergesse zwar
alles, was mir mein
welscher Kollege
gesagt hat, bringe
in aber mit brachialer Gewalt und
meinen Cressi
Concorde-Wettkampf-Flossen
nach oben und fixiere in an der
Schiffstreppe bis er
aufschreit: Uebung
gelungen!
Als ich Francois
Clair (Instructeur en chef)
auf französich die transportable Dekompressionskammer erklären soll,
erleidet er einen halben
Nervenzusammenbruch,
ich auch. André Och
kommt zufällig dazu und
rettet die Situation.
An der Prüfung
zum Tauchlehrer muss
man auch eine Tauchtaufe durchführen. Mein
Täufling ist Roland Ferrero. In den Bestimmungen
steht, dass man den angehenden Taucher in ruhiger und gelöser Atmosphäre auf die Tauchtaufe
vorbereiten sollte. Instructeur Ferrero ist Génèvois,
was liegt da näher, als mit
ihm ins Bistro zu gehen
und einen Ballon Weissen
zu kippen. Die Abschlussnote ist dann zwar nicht gerade
grandios...
Ja, früher pilgerte man häufig ins
Maison du Plongeur.
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Das neuste Hilfsmittel, der
Rettungspneu
1972
Am FFZ Seefest können wir die Aktivitäten der Tauchgruppe präsentieren.
Peter Rütimann hat einen Sponsor gefunden, der bereit ist, einen Regaeinsatz zu
sponsoren.
Das Szenarium in Kürze: Ein Ruderboot versinkt in der Katastrophenbucht.
Der um Hilfe rufende Ruderer wird vom
Rega-Helikopter gerettet. Anschliessend
springen Taucher vom Helikopter ab und
bergen das versunkene Ruderboot. Für
die Rega ist das Problem noch neu und
so wird der Ertrinkende mit einem Autopneu aus dem Wasser gefischt. Heute
macht die Rega das natürlich nicht mehr
so.
Am Sonntag Morgen, nach dem
ersten Seefest, alarmierte der damalige Stadt- und FFZ-Präsident, Gründungsmitglied der SLRG, Emil Hagenbuch, seine Taucher, zur ersten Seeputzete, nachdem Spaziergänger die
Qualität des Zugersee-Wassers bemängelt hatten.
Unser Logo, geschaffen vom
Grafiker Markus Meienberg
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Ernst, der Rettling
hat seine
abenteuerliche
Rettung glücklich
überstanden
Auf einem Tauchgang ausserhalb
der gängigen Routen, treffen wir auf das
Wrack eines Motorboots. Ein Motorboot
der interessanteren Art. Ein Boot mit Hamilton-Jet-Antrieb. Als Tauch- und Rettungsboot wäre es, wegen der fehlenden
Schraube, ideal. Schon seit sieben Jahren wartet dieses Wrack auf uns.
Mit Hebesäcken, Rettungsbällen
und Muskelkraft ziehen wir das recht
schwere Ding zuerst in Walchwil auf den
Strand, pumpen es aus, schleppen es anschliessend nach Zug und setzen es dort
wieder auf Grund (und binden es an).
Kaum einen Tag später ist unser Fundstück weg und wir müssen uns als Detektive betätigen. Telefonate mit Versicherungen, Dossiers die nicht mehr vorhanden sind, alles Mögliche läuft hinter den
Kulissen.
Es stellt sich dann heraus, dass
Ives, ein guter Kollege des Versicherungsdirektors, das geborgene Schiff,
vom Strand weg, zu einem Vorzugspreis
gekauft hat. Das Boot ist inzwischen bereits in einer Tiefgarage in Oberwil unter
Verschluss genommen worden. Zum
Glück stellt Ives relativ schnell fest, dass
die Renovation dieses Prunkstücks seine
Managerkräfte weit übersteigen würde.
Unsere Reklamationen
stossen daher auf relativ offene Ohren. Hans Wickart,
Präsident der SLRG und
aufstrebender Offizier bei
der FFZ, fährt mit der Autodrehleiter vor und holte unser Jetboot in einer Blitzübung ab. Das Stadtbauamt, sehr kulant, stellte uns
einen Arbeitsplatz beim alten Werkhof (heute steht
dort der Laubenhof) zur
Verfügung.
Ein Sommer lang Arbeit, im Gestank
von Polyesterharz. Zum Glück habe ich
einen „Freund“ bei Schrauben Bossard;
er freut sich jedesmal riesig, wenn ich
mit einem Schächtelchen voll rostiger
Schrauben (mit Zoll-Gewinden) auftauche.. Peter Rütimann gelingt es sogar bei
der Garage Huber ein Auto mit passendem Motor (Sechszylinder) aufzutreiben.
In einer Nacht- und Nebelaktion (wörtlich
zu nehmen!) entsorgen wir das motorlose
Wrack auf dem Autoabbruch. Nach grossen Mühen erhalten wir, was theoretisch
gar nicht möglich wäre, eine Boje vor unserer Basis bewilligt.
Leider gelingt es auch den grössten
Automechanikerkoryphäen nicht, den
Motor auf die nötige Tourenzahl zu bringen, die es für den optimalen Betrieb
braucht; irgend etwas stimmt mit dem
Vergaser nicht. So erleidet unser sensationelles Boot das Schicksal aller Schiffe,
es sinkt.
Jetzt wird es eng, die Seepolizei hat
uns eine Mahnung geschickt. Sie droht
uns an, das versunkene Wrack, unter kostenfolge, zu heben und zu entsorgen.
Aber es gibt eine Lösung; Ernst und „Fritz
the Cat“ kaufen das Wrack für ein Nachtessen. Sie bauen es um und hängen einen Aussenborder dran. Ende gut - besser als gar nichts.
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Das Jet-Boot
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Abenteuerreise in der
Schweiz
Wir haben ein Tauchweekend
geplant. Am Samstag machen wir
einen Tauchgang zum Ledischiff im
Walensee. Es ist schon recht spannend mit zwei Tauchkollegen auf
30m erfolglos ein Wrack zu suchen,
das „dank der am Känzeli angeknoteten Leine einfach zu finden ist“,
wenn die Leine dann halt nicht vorhanden ist und der Kompasskurs
nicht stimmt. Die Spannung steigt
wenn der eine Tauchkamerad, vom
Langstreckentauchen ausser Atem
gerät, der andere gleichzeitig einen
Schwindelanfall anzeigt und anschliessend sofort mit dem Schnellaufstieg beginnt. Kurz gesagt: Ein
Tauchgang aus dem Horrorbuch.
Wir schlagen unser Nachtlager im Festsaal des Restaurant
Schwert in Näfels auf, das den Eltern von Hans Jutzeler (Der erste
Taucher der das 2*-Brevet mit nur einem
Bein schafft) gehört.
Am Sonntag geht’s weiter ins
Bündnerland, der Caumasee ist unser
Ziel. Dummerweise treffen wir auf ein
Fahrverbot. Nach intensiver Suche finden
wir den Polizeipräsidenten von Flims am
sonntäglichen Stammtisch, wo er uns die
Erlaubnis gibt mit einem Auto zum See
runter zu fahren. Das ganze Tauchpuff im
Kofferraum, spreizt der Merz beide Beine
(Doppelgelenkpendelachse), aber die
Fahrt auf dem Holperweg
hinunter gelingt. Nach dem
Tauchgang habe ich natürlich einen gesalzenen Bussenzettel an der Windschutzscheibe.
Da der Polizeipräsident
die nächsten Wochen im Spital Chur verbringt, gibt es
eine intensive Korrespondenz mit dem Polizeiamt Ilanz. Zum Glück bessert sich
der Gesundheitszustand des
Polizeipräsidenten wieder,
ein Ableben wäre teuer gekommen.,.
Die erste Fahrstunde
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Samstag Nachmittag; ich habe Pikketdienst auf dem Polizeiboot. Die Sturmwarnung läuft und ein Föhnsturm tobt. Im
Bojenfeld vor dem Rehgarten liegt eine
Jolle quer über einer Jacht. Zwei Segler
versuchen abwechselnd sich über Wasser und ihre Jolle von der Jacht wegzuhalten. Wir fahren so nahe heran wie’s irgendwie geht und Pietro, der Freund und
Helfer am Steuer, stellt das Polizeiboot in
den Wind. Dann steht er auf, meint : „Du
fährst!“ und geht nach hinten um den
Schiffbrüchigen ein Tau zuzuwerfen.
Jetzt habe ich ein Problem. Den
Bootsführerausweis habe ich zwar und
vom Zusehen her weiss ich, dass die
zwei Hebel am Steuerrad die Gas- und
die zwei Hebel am Armaturenbrett die
Schalthebel sind. Aber im Kopf sehe ich
schon die Schlagzeilen: „Polizeiboot versenkt sieben Jachten und zerschellt am
Ufer!“ Da bleibt nur: „Probieren geht über
studieren“.
Unter diesen Umständen kann man
nicht mit dem Steuerrad manövrieren,
sondern ausschliesslich mit den Motoren.
Mit dem einen Motor Vollgas vorwärts mit
dem anderen das Gleiche aber rückwärts. Sekunden später nochmals, aber
diesmal umgekehrt. Ziemlich anstrengend für Kopf und Hand.
Zwischenhinein knallt es aus der Kupplungsbox, aber das Getriebe hält durch.
Nach ein paar Minuten haben wir die Jolle am Haken und können sie von der
Jacht wegziehen.
Es ist das einzige Mal dass ich die
Kiste fahren darf. Ich vermute, dass man
dazu eigentlich eine Ausbildung braucht.
Gleichberechtigung?
In den 70er Jahren war die Zusammenarbeit mit der SEPO recht eng.
Samstag- und Sonntagnachmittag wurde
immer ein Taucher der SLRG und ein
Seepolizist zusammen auf dem Polizeiboot eingesetzt. Dies hörte leider ziemlich schnell auf, als die SLRG die erste
Taucherin, meine Schwester Verena, in
ihre Reihen aufnehmen konnte.
Es überschritt natürlich die Grenzen
des Erträglichen, wenn die sonntäglichen
Passanten eine wohlgeformte, sehr junge
Dame auf dem Dach des Polizeiboots im
Bikini „sünnelen“ sahen. Obwohl sie natürlich auch das 2*-SUSV Tauchbrevet
hatte! So weit geht die Gleichberechtigung dann auch wieder nicht.
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Weltmeister
Auf der Muota sind
Weltmeisterschaften im
Kanufahren. Da braucht
es Rettungsschwimmer,
vor allem wenn die Muota Hochwasser führt. Da
man wegen dem kalten
Wasser nur Rettungsschwimmer mit Tauchanzügen brauchen kann,
bedeutet das: Taucher
sind gefragt.
Die Zentralschweizer Oberrettungsschwimmer sind zwar nicht dieser
Meinung; dafür lerne ich neue Rettungshilfsmittel kennen, darunter das „Rettungsgschtältli“. Ganz raffiniert; so eine
Art Hosenträger mit einer Öse auf dem
Rücken. Hier befestigt man mit einem
Karabiner ein Seil . Der Rettungsschwimmer muss den Ertrinkenden nur packen
und die Kameraden können die Beiden
dann ans Ufer ziehen. Ich finde, man sollte das Ding zuerst mal ausprobieren. Wir
binden das Seil an einem Baum fest und
ich hüpfe rein. Ab geht’s wie auf der Wasserrutschbahn, plötzlich ein Ruck und ich
hänge hilflos in einer Wasserwalze fest.
Sekunden werden zu Minuten, die Luft
wird langsam knapp; was machen den
meine Kollegen, wollen sie mich hier ersaufen lassen? Doch endlich tut sich was
und auf dem letzten Zacken werde ich
herausgezogen.
Was ist passiert? Offensichtlich haben wir die Kraft des Wassers unterschätzt und als sich das Seil, an dessen
Ende ich hänge, ruckartig strafft, „spikken“ Cello und Peti wie von der Armbrust
geschossen, selbst ins Wasser. Nun
müssen sie natürlich zuerst selbst ans
Ufer kriechen, bevor sie mich herausholen können. Dieses Rettungsgerät eignet
sich also nur bedingt für solche Aktionen;
im Gegensatz zu unseren Taucherflossen, die dem Rettungsschwimmer im
Wildwasser wenigstens ein Minimum an
Kontrolle geben, vorausgesetzt man sichert sie entsprechend.
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Der Untergang der
Marie-Claire
Kaum zu glauben, aber die Jungs
haben es geschafft. Sie haben es so weit
getrieben bis die kleine Jacht vollgelaufen und abgesoffen ist. Weil das Boot
durch einen Aussenborder angetrieben
war, möchte die Versicherung, motiviert
durch das Amt für Umweltschutz, das
Schiff heben lassen. Auch der Eigner
hängt sehr daran und möchte es am
Liebsten zurück. Ich verspreche mein
Möglichstes zu tun.
Um die Untergangsstelle zu finden
brauche ich eine Kreuzpeilung. Zuerst interviewe ich den Badmeister des Männerbads, der als Zeuge die Polizei informiert
hat und zeichne seine Angaben auf einer
Karte ein. Im Restaurant Casino finde ich
eine Serviertochter, die dem munteren
Treiben bis zum bitteren Ende zugesehen
hat, und kann die Peilung vervollständigen. Beide Angaben scheinen mir ziemlich genau und plausibel, aber es bleibt
am Schluss doch noch ein Quadrat von
etwa 400 Metern Kantenlänge. Einen
Nachmittag lang versuche ich, zusammen mit der Seepolizei und dem Echolot
des Polizeiboots mein Glück, habe aber
leider keins. Ein besseres Echolot muss
her und da inzwischen digitale Echografen zu vernünftigen Preisen auf dem
Markt sind, besorge ich so ein Ding und
montiere es an einem
heissen Samstag Nachmittag am Schnorchel.
Um den in Strömen
geflossenen Schweiss zu
kompensieren, bestelle
ich in der „Hechtländi“ einen Kübel. Nach dem ersten Schluck des kalten
Schaumgetränks, habe
ich das Gefühl mich tritt
ein Pferd, in die rechte
Niere. Vor Schmerz falle ich fast vom
Barhocker, so etwas habe ich noch nie
erlebt. Die Barmaid versucht vergeblich
jemand von Rütimanns aufzutreiben; so
schleppe ich mich die Treppe hoch bis
aufs Sofa in der guten Stube. Mutter Rütimann alarmiert dann meine Gattin, die
mich auf der Notfallstation abliefert.
Der diensttuende Arzt steckt dem
stöhnenden Patienten eine Infusion und
injiziert eine Portion Buscopan. Nach
dreiviertel Stunden und dem dritten Buscopan, rede ich, so gut es geht, dem Arzt
ins Gewissen und verspreche ihm, das
ganze Spital zusammenzuschreien wenn
er nicht endlich mit dieser sinnlosen
„Therapie“ aufhören und mich wegspritzen würde. Er lässt sich überzeugen und
nach einer Stunde Gesundheitsschlaf erwache ich putzmunter und symptomfrei.
Dummerweise lasse ich mich anschliessen zu einer Übernachtung, mit anschliessendem Tagesaufenthalt in der
Cafeteria bis zur spätnachmittäglichen
Arztvisite, überreden.
Die Suche nach dem Boot geht weiter, aber ausser dem Ansaugstutzen der
VZUG-Wasserleitung zeichnet sich nichts
auf dem topfebenen Seegrund ab. Da
GPS noch nicht erfunden ist, muss ich
die Aktion nach ein paar Tagen ergebnislos abbrechen, was leider, ausser der
Versicherung, niemand so recht befriedigt.
In Gersau wird ein neuer Hafen gebaut. Allerneuste Technologien kommen
zum Einsatz. Der erste Hafen, bei dem
die schwimmenden Betonelemente bereits schwimmend gegossen werden.
Cello und Peti haben einen lässigen
Job gefasst. Sie müssen, im Auftrag des
Ingenieurbüros, die Wasserung des ersten fertiggebauten Elements überwachen. Um die Fortschrittlichkeit des Verfahrens zu dokumentieren wird sogar
eine Zeitrafferkamera eingesetzt. Ein
sensationeller Streifen soll entstehen.
Leider ist es mir nie gegönnt gewesen ihn
zu sehen. Ein Gerücht besagt, dass auf
einem Bild das schwimmende Element
zu sehen sei und auf dem nächsten
schon, um ein Haar, nichts mehr. So
schnell ist die Wasserung gegangen. Das
ist das Resultat, wenn man Oberwalliser
Häfen bauen lässt!
Die Idee ist eigentlich genial, aber
doch nicht ganz durchdacht. Im Tiefbau
gibt es spezielle Schläuche um z.B. eine
Kanalisationsleitung zu bauen. Man hebt
einen Graben aus, legt eine aufgeblasene Wurst hinein und schüttet Beton darüber. Wenn dieser hart geworden ist,
lässt man die Luft aus der Wurst, zieht
die Wursthaut heraus und hat einen runden Kanal.
Unser Oberwalliser stellt sich vor,
dass man die Schläuche mit Spannfix zusammenbinden könnte; vier Schläuche
ergeben ein Floss. Darauf errichtet er
eine Plattform und auf dieser Plattform
wird das Lehrgerüst für den Bau eines
Betoncaissons aufgestellt. Ein riesiges
Schlauchboot mit 57 Tonnen Stahl darauf.
Man giesst nun den Beton in dieses Lehrgerüst und erhält einen schwimmenden
Betonkörper von mehr als 100 Tonnen
Gewicht. Ist der Beton ausgehärtet lässt
man die Luft aus dem Schlauchboot, das
Lehrgerüst sinkt ab wie ein Schwimmdock, der Betoncaisson schwimmt, und
wird aus dem abgesenkten Lehrgerüst
herausgezogen. Anschliessend bläst man
wieder Luft ins Schlauchboot und das
Lehrgerüst taucht wieder aus den Fluten
auf. Der nächste Betonblock kann gegossen werden. Das geht sehr schnell und
günstig. Seine Offerte ist die günstigste
und er erhält den Zuschlag. Er hat nur einen kleinen Überlegungsfehler drin, und
den bemerkt der Ingenieur auch nicht.
Wenn die Luft aus den Schläuchen
abgelassen wird, verringern sie logischerweise ihren Querschnitt und flutschen
nach allen Seiten aus den Spanngurten
heraus. Der Hilfsmannschaft gelingt es
gerade noch einige Balken zwischen dem
Leergerüst und dem schwimmenden Betonklotz zu verkeilen und so das 57-Tonnen Schlauchboot vor dem Absaufen zu
bewahren.
Nun erben Bruno und ich den Job.
Am Montag treffen wir in Gersau leider
nur zwei Spanier, die zwar einen Kran,
aber von der ganzen Sache auch keine
Ahnung haben. Wir beginnen voller Elan
mit unserer Arbeit. Zuerst schauen wir
Lasst hören
aus alter Zeit
Der versunkene Hafen
von Gersau
Lasst hören
aus alter Zeit
uns die Situation an und versuchen uns
in die Überlegungen des Ingenieurs hineinzuversetzen. Eine Betonmole (Beton
schwimmt, juhui!) dümpelt vor uns im
Wasser. Darum herum hängen, mit Stangen verkeilt, viele Eisenträger sowie
Holzelemente und dazwischen stechen
Gummiwürste aller Grössen in den Himmel. Schnell den Baukompressor mit
dem Anschluss verbunden und Vollgas.
Leider passiert gar nichts. Grosses Studium der Gebrauchsanweisung. Aha, ein
Reduzierventil begrenzt den Druck auf
0.3 bar. Na ja die Schläuche liegen auch
beträchtlich unter vier Metern Wassertiefe. Logisch dass da nichts passiert. Also,
Reduzierventil weg und dann, Full Power.
Nun tut sich etwas, aber nichts Sinnvolles. Was ist zu tun?
Nur eine Idee des Bauunternehmers
ist brauchbar. Am Strand liegen 30 kleine
Gummiwürste, die je 2 Tonnen Auftrieb
haben, wenn sie voll aufgeblasen sind.
Eine Lösung liegt nahe. Wenn wir die
kleinen Säcke rund ums Lehrgerüst verteilen, können wir es wieder zum
Schwimmen bringen. 30 Ballons mit
einem Volumen von je 2000 lt sind vorhanden, das Lehrgerüst wiegt 57 Tonnen,
wenn wir’s clever machen, genügt dieser
Auftrieb. An die Arbeit Genossen. Mit der
Stoppuhr wird die Füllzeit bestimmt. Je
zehn Sekunden Luft, Sichtkontrolle, ein
Zeichen zum Spanier, noch 2, 3, 4 Sekunde. Es funktioniert, kein einziger Ballon zerplatzt. Jedes Mal beim Füllen weg
vom Gerüst. Spanische Knoten entsprechen nicht immer unseren Qualitätsansprüchen. Und wenn unser Knopfspezialist mal nicht den richtigen Schlick
erwischt hat und sich der Sack beim
Füllen mit einem Knall selbstständig
macht und an die Oberfläche schiesst
wird’s ungemütlich. Es ist in diesem Falle
ratsam sich nicht zwischen dem aufgeblasenen Sack und dem Lehrgerüst aufzuhalten. Der Taucher käme ziemlich
flach heraus. Zwei Kubikmeter Luft sind
unter Wasser etwa gleich wirkungsvoll
wie ein zwei Tonnen schweres Wasserbett dass einem auf den Kopf fällt.
Drei Mal alle 30 Säcke umgehängt
und das Lehrgerüst ist wieder auf dem
Niveau der schwimmenden Hafenmole.
Jetzt muss der Betonklotz aus dem
Schwimmdock ausgefahren werden.
Muskelkraft ist gefragt, ein „Habegger“
muss genügen. Also, ran und gehantelt
was das Zeug hält. Die Drahtseile sind
gespannt wie Gitarrensaiten, sie tönen
auch ganz ähnlich und im Hinterkopf hat
man die Stories von Bauarbeitern denen
reissende Drahtseile den Kopf abgesägt
haben. Wildes Hüpfen auf dem Betonklotz bringen diesen langsam dazu sich
von seiner Umhüllung zu trennen.
Irgendwann, nach einer Woche Arbeit, wagen sich dann auch der Bauunternehmer und der zuständige Ingenieur
bis zum Bauplatz vor. Wir versuchen ihnen klarzumachen, welche Überlegungsfehler sie in ihr Projekt integriert haben
und wie diese eliminiert werden könnten.
:
Das Lehrgerüst ist weg, wohin? 57
Tonnen, irgendwo zwischen 20 und 40
Metern. Graue Würste ragen aus dem
Wasser. Die Seestrasse ist gesperrt. Der
200 Tonnen Pneukran ist, mit verlängertem Ausleger, bereit. Ich frage den Kranführer welche Kraft am äusseren Ende
noch zu erwarten währe. Er meint, fünf
Tonnen. Ob er wisse, dass seine Last
mehr als das Zehnfache sei. Im Falle eines Falles würde er halt bergseits aussteigen, er habe so das Gefühl im Arsch.
Unter dem Lehrgerüst geht es nämlich
noch mindestens 20 Meter weiter in die
Tiefe, - für den Anfang.
Die Kran-Flasche (300 kg) ist auf 25
Metern angerauscht. Ich ziehe sie mit einem Doppelzug, so weit es geht, nach
aussen und befestige das Lehrgerüst
(wahrscheinlich kann er mit seinem Haken nun nicht mal mehr zwei Tonnen halten). Anschliessend öffne ich abwechselnd die vier Zuleitungen, die zu den
entsprechenden Riesen-Würsten führen.
Lange passiert nichts, aber plötzlich
kommt Bewegung in die Sache. Ächzend
lösen sich die 57 Tonnen vom Grund und
beginnen ihren Weg nach
oben. Nichts wie weg, wie
schon so oft.
Und siehe da, nach
geraumer Zeit, die
Schläuche haben sich offenbar in den Gurten verklemmt, taucht wie das
Ungeheuer von Loch
Ness unser Lehrgerüst
aus den Fluten auf, - und
bleibt auch oben.
Gott sei dank gibt es zu
dieser Zeit noch keine
Tauchcomputer, das
Piepsen würde den ganzen Tag nicht aufhören.
So geht es nun weiter, volle zwei
Jahre bis zum bitteren Ende, dem Konkurs des Bauunternehmers. Beinahe hätte er unsere Rechnung nicht mehr bezahlt, wenn nicht Cello, als Jurist, und
Peter Rü, als Assistent, persönlich vor
dem Walliser Obergericht angetreten wären und hier einen wohlwollenden Richter
und einen in Saudiarabien wieder zu
Geld gekommenen Bauunternehmer gefunden hätten. So können wir auch unseren Kompressor endlich abbezahlen.
Es stecken noch viele weitere Erlebnisse hinter diesem interessanten Bauplatz, Drahtseile, die reissen wie Bindfäden. Oberwalliser Nichtschwimmer, die
einen musterhaften 6 Meter SLRGSprung vom absaufenden Leegerüst mit
anschliessendem Kleiderschwimmen bis
ans Ufer vorführen. Aber ganz besonders
in Erinnerung geblieben ist mir der Januarmorgen, an dem der Nasstauchanzug,
steif gefroren, in der Baubaracke am Haken hing.
Sicher ist, gefroren haben wir damals selten. Wenn wir gezittert haben,
hat das ganz andere Gründe gehabt.
Unterwegs zum Baum in der Seeliken,
mit handgeklebten Tauchanzügen und
AGA-Geräten
Lasst hören
aus alter Zeit
Zweiter Akt des
Trauerspiels
Padu trainiert für die **Prüfung
Lasst hören
aus alter Zeit
Für Gebi ist alles OK
Lasst hören
aus alter Zeit
Ein lustiger
Betriebsausflug
Es ist Samstagabend und ich sitze
im Restaurant Hechtländi, nichts Böses
ahnend, hinter einer Coupe. Plötzlich
kommt Bewegung in die Passanten;
was ist los? Die Zuschauer drängen
sich am Ufer wie beim Seefest. Auf
dem See dreht sich, mit heulendem
Motor, ein Boot im Kreis, den
Suchscheinwerfer gen Himmel gerichtet,
einzig ein Flakgeschütz fehlt noch für einen Kriegsfilm.
Dem friedlichen Coupesser ist sofort
klar um welches Boot sich es hier handeln und er kann sich auch bereits vorstellen, welches Problem hier eventuell
vorliegen könnte, es wäre ja nicht das erste Mal. Er begibt sich also schleunigst
zum Bootshaus der Feuerwehr, wo er, erstens einen frischgeduschten ehemaligen
Schulkameraden mit Anzug und Krawatte, sowie den Postenchef der Polizei antrifft. Mein ehemaliger Schulkamerad ist
ziemlich verwirrt. Der Postenchef behauptet steif und fest, dass es sich hier
nur um eine Übung handeln könne. Ich
erfahre, dass André die nötigen Massnahmen bereits in die Wege geleitet hat.
Er fährt schon ein paar Minuten später
mit dem Schnorchel vor, und wir, André,
Hans (ein Arbeitskollege meines Schulkameraden, er hat, welcher Zufall, sogar
Badehosen dabei) sausen los.
Die Sache ist nicht ganz einfach; unser „Übungsobjekt“ fährt Vollgas, hat
mehr als doppelt soviel PS wie wir und
zusätzlich 300 Liter Benzin (die Feuerwehr tankt immer voll auf) an Bord. Seine
Bugwelle spritzt uns das Seewasser wie
ein Wasserfall ins Boot. Wir müssen die,
Karrussel fahrende, Bombe zuerst zu
bremsen versuchen.
Wir knüpfen unser dickes Ankerseil
an einen Rettungsball und fahren dem
wellenwerfenden Ungetüm dicht vor der
Schnauze vorbei. Das Ankerseil wickelt
sich um die Schraube und das Oelwehrboot wird deutlich langsamer. Andre und
Hans imitieren Willhelm Tell und es gelingt ihnen, ohne zwischen den Bordwänden zerdrückt zu werden.
Nun ist die Übung vorbei und die
Volksmassen können beruhigt nach Hause gehen.
Meine Coupe ist natürlich inzwischen aufgetaut, aber die Barmaid stellt
mir eine neue hin.
Die Kantonale Gebäudeversicherung spendiert der SLRG
ein neues Ankertau und fünf, den
feuerpolizeilichen Vorschriften
entsprechende, Kunststoffcontainer. Wir können sie sehr gut gebrauchen; unsere bis jetzt übliche Methode, das Bootsbenzin
zu lagern, ist letzte Woche durch
die Feuerpolizei scharf kritisiert
worden.
Der Schatz im Zugersee
Lasst hören
aus alter Zeit
In den Anfangszeiten des Tauchens
am Zugersee meint ein lieber Kollege aus
Zürich eine Goldgrube gefunden zu haben. Es ist ihm aufgefallen, dass zwischen Zigeunerplatz und Grindwäschi,
überall Baumstämme herumliegen (Mikado). Am Zigeunerplatz auf 40 Metern,
über dem Querriss, sind sie sehr dekorativ drapiert.
Früher war beim ehemaligen Seehotel Lothenbach ein Holzlagerplatz und neben dem Restaurant Löwen eine Sägerei,
angetrieben vom Lothenbach. Alles Holz
wurde vom Chiemen her, in Ermangelung
einer Strasse, über den See geführt. Es
giebt eine Regel, dass beim Flössen 10%
aller Tannen versinken. Bei den Harthölzern ist der Prozentsatz noch höher.
Es scheint das dieser Kollege das
gleiche Buch gelesen hat wie ich: „Wie
kann man beim Tauchen Geld verdienen?“. Er hat anschliessend beschlossen, seine sauer verdienten Ferien nicht
in warmen Gewässern zu geniessen,
sondern sich ein Vermögen aus dem Zugersee zu fischen.
Mit Tauchausrüstung und Floss
macht er sich an die Arbeit. Alles was wie
Holz aussieht wird aufgefischt und wohl
geordnet am Ufer gestapelt. Leider hat
der Unglücksritter sein Projekt nur
schlecht vorbereitet. Da der Säger nicht
bereit ist, mehr als hundert Franken pro
Ster zu bezahlen, lohnt es sich beim besten Willen nicht, das Holz bis zur Strasse rauf zu bringen.
Turi hat dann das gesammelte
Schmalholz nutzbringend verwertet. Der
einzige „kohlebringende“ Stamm liegt
wieder auf dem Seegrund. (Die Anzeige
wegen Diebstahls gegen Unbekannt ging
damals von einem neutral geschätzten
Wert von Fr. 4000.- aus).
Es war natürlich wirklich eine Situation zum Totlachen. Der Tauchchef der
SLRG, Sonntag Abends, füdliblutt (mangels Badehose und in Erwartung eines
menschenleeren Strands) bindet, rittlings
auf im sitzend, einen riesigen Baumstamm ans deutlich angeschriebene Rettungsboot der SLRG, derweil das Gründungsmitglied, Sport- und Kantonsschulprofessor Vögeli, ruhig seine Brustschwimmübungen durchführend, sich
sehr befremdet über das irritierende Treiben um sich herum zeigte.
Preisfrage: Wo liegt jetzt diese
Mooreiche?
Lasst hören
aus alter Zeit
In den 80er-Jahren machten
unsere Fische nicht gerade
den besten Eindruck...
Lasst hören
aus alter Zeit
Aber es wurde
auch wieder
besser...
Lasst hören
aus alter Zeit
Schnorchel 1
Jet-Boot
Die Rettungsboote
Schnorchel 2
Lasst hören
aus alter Zeit
Das waren noch
Zeiten, als zu den
Brevetprüfungen noch
die Presse erschien...
Fritz macht heute seinen ersten
Tauchgang. Das Wetter ist nicht super,
umso besser, wir haben das ganze
Strandbad für uns. Wir steigen nach der
theoretischen Einweisung die Leiter am
grossen Steg hinunter. Von dort geht es
vorsichtig über den Sandgrund bis auf
drei Meter. Keine Probleme, bis jetzt.
Plötzlich schiesst Fritz zur Oberfläche, ich hintennach. Er taucht aber nicht
ganz auf, mit der Brille bleibt er unter
Wasser und saust mit einem Wahnsinnstempo davon. Ich habe keine Chance in
zu erwischen. Er pedalt, zum Glück, in
Richtung Ufer, da kann nicht viel passieren, irgendwann wird er ja den Kopf anschlagen. Das tut er auch, macht eine
Vierteldrehung nach rechts und weiter
geht’s mit unvermindertem Tempo, in
knietiefem Wasser! Das Ganze wird mir
langsam unheimlich, aber in spätestens
50 Metern wird er am kleinen Steg ankommen. Was passiert aber, wenn er
nochmals eine Vierteldrehung macht?
Scheisse! Ich gebe nun auch Vollgas,
aber direkt, über die abgekürzte Distanz.
Gott sei dank, denn Fritz wählt die
schlimmstmögliche Lösung,
sein Spurt geht
nun weiter,
Richtung Rigi.
Dank meiner
Abkürzung kann
ich ihn endlich
schnappen. Ich
blase seine Weste auf, sein Gesicht kommt aus
dem Wasser,
seine Augen
sind weit aufgerissen.
Völlig ausser Atem keucht er: „Was ist?“
Er hat keine Ahnung was in den letzten
Minuten passiert ist. Ich auch, - noch
nicht.
Leider hat Fritz ein paar Jahre später am Chlausenegg nochmals das gleiche Problem. Dort hat es statt flachem
Sandgrund aber eine steile Felswand.
Das Wasser ist sehr trüb und sein Tauchpartner hat nicht die geringste Chance,
ihn rechtzeitig zu erwischen, Fritz ist weg.
Eine lange Suchaktion hat keinen Erfolg
und die Abdankung findet ohne Fritz statt.
Zwei Jahre später „stolpert“ dann ein
Tieftaucher über den Vermissten und er
kann geborgen werden.
Wieder einige Zeit später findet Walti
eine verlorene Taucherlampe. Auch ein
Handschuh hängt noch dran. Wenn ein
Taucher am Chlausenegg also noch einen Handschuh finden sollte, wäre es
besser, er würde ihn liegen lassen.
Jahre später lese ich in einer Fachzeitschrift dass 2-3 % der Bevölkerung an
dieser psychischen Anomalie (Paniksyndrom mit Bewusstlosigkeit) leiden. Möglicherweise liessen sich so auch einige unerklärliche Autounfälle erklären.
Lasst hören
aus alter Zeit
Tauchtaufe mit Fritz R.
1975
Lasst hören
aus alter Zeit
Die Grenzen ärztlichen
Wissens
Womit wir dann beim Sinn der obligatorischen ärztlichen Tauchtauglichkeitsuntersuchung wären.
Die Praxis zeigt, dass physische
Tauchhinderungsgründe nur mit aufwändigsten Untersuchungen und psychische
gar nicht ausgeschlossen werden können. Wer aus anatomischen Gründen, die
in einer einfachen Untersuchung feststellbar sind, tauchuntauglich ist, merkt das
sofort, beim ersten Tauchgang. Wenns
weh tut, hört er in der Regel auf. Ein offenes Foramen Ovale (30% der Bevölkerung sollen davon betroffen sein!) tut
zwar nicht weh, kann aber nur sehr
schwer diagnosdiziert werden.
Es gab mal eine Zeit als Asthma
noch als absoluter Tauchhinderungsgrund gegolten hat, bis die Statistiker
feststellten, dass der Anteil von Asthmatikern unter den Tauchern gleich hoch war,
wie unter der nichttauchenden Bevölkerung. Was hatten denn diese Lausbuben,
oder -Mädchen, gemacht? Sie hatten
dem zeugnissausstellenden Arzt, man
will ja den Hausarzt nicht mit der Verantwortung belasten, bei der Anamnese das
Asthma einfach verschwiegen. Interessanterweise hatten tauchende Asthmatiker auch plötzlich keine Asthmaanfälle
mehr, und in der Unfallstatistik war nirgendwo Asthma als Unfallgrund anzutreffen.
So ist es möglich dass eine bisherige Asthmatikerin in der Nationalmannschaft Unterwasserrugby mitspielt und
ein betablockertherapierter Hochdruckpatient Tauchlehrer wird. Die Praxis zeigt
dass auch querschnittsgelähmte oder
trommelfellperforierte Taucher mit Metallplatten im Schädel unter problemlosen
Umständen und mit kompetenten Partnern ihren Sport ausüben können.
Heute, am 19. Sept. 82
ist Zweisternprüfung und Ich sollte
eigentlich im Seeliken-Bad aufkreuzen.
Das dürfte schwierig werden, ich bin
nämlich mit Antoinette im Bürgerspital. In
aller Herrgottenfrühe haben bei ihr die
Wehen eingesetzt und ich musste eine
Notfallübung durchziehen. Es scheint
also ein interessanter Tag zu werden, zur
Sicherheit habe ich ein Funkgerät mitgenommen.
Nach langer Wartezeit, das Funkgerät bringt wenigsten einige Abwechslung,
kreuzt ein Arzt auf, verkündet etwas von
Steisslage und fragt ob ich etwas gegen
einen Kaiserschnitt einzuwenden hätte.
Ich finde dass wir die Zeit nicht mit Diskussionen vergeuden sollten und kann
ein paar Minuten später einen kleinen,
schrumpeligen, verschmierten Buben im
warmen Wasser schwenken.
An diesem Sonntag ist einiges los
gewesen und zum Glück auch alles gut
abgelaufen, im Bürgerspital und in der
Seeliken
REGA down
Ende November, Nachts um 10 Uhr
läutet das Telefon. Die Polizei ist dran und
frägt, ob ich nicht den Schnorchel klar machen könne; das Polizeiboot sei in der Werft
und sie hätten eine Meldung dass ein
Föhnsturm im Walchwiler Bojenfeld zwei
Jachten losgerissen hätte.
Ich werde ins Strandbad gefahren und
muss nicht mal das Boot runterdrehen. Ich
kann zwar die Meldung kaum glauben, der
See liegt spiegelglatt, kein Lüftlein weht.
Trotzdem ziehe ich das Ölzeug an und nehme Taucherlampe und Töffhelm mit. Pius,
nicht gerade der seekundigste Polizist,
kommt mit. Wir fahren Vollgas Richtung Süden.
Kurz vor dem Chiemen wird die Luft
plötzlich heiss und ein komisches Rauschen
liegt in der Luft. Und nun kommt auch Dünung auf, und Dünung ist hier der richtige
Ausdruck. Solche Wellen habe ich auf dem
Zugersee noch nie gesehen. Auch der
Sturm ist plötzlich da, höchste Zeit den Vollvisierhelm anzuziehen, denn das Flugwasser das über unser Boot spritzt ist eisig kalt.
Im Lichtkegel der Lampe sehen wir eine
weisse Jacht in den Wellen treiben und versuchen in die Nähe zu fahren. Die Idee erweist sich sofort als idiotisch, denn sowohl
die Jacht, wie auch wir, surfen von jedem
Wellenberg ins Tal hinunter. Und die Wellenberge sind unglaublich hoch.
Pius versucht zu funken. Sobald er das
Funkgerät vor den Mund hält, veranstaltet
der Wind ein Pfeiffkonzert das jede Verbindung verunmöglicht. Pius schlottert, er
ist inzwischen patschnass. Jede Welle
läuft oben in den Ledermantel hinein
und unten natürlich auch wieder heraus. Wir beschliessen zurückzufahren.
Unsere Jacht wird am
anderen Tag gefunden; praktisch unbeschädigt, steht sie auf dem eigenen
Kiel, zwischen den Felsen auf dem
Chiemen.
Der Funkpiepser läuft wie es sich für
einen Feuerwehrmann gehört, auch
wenn’s eigentlich nicht gestattet ist. Und
mitten auf der Neugasse tönt es aus dem
FFZ-ipot: „Aufgebot Ölwehr, Helikopterabsturz im Zugersee!“
Die werden das doch nicht ohne
SLRG durchziehen wollen? Tauchausrüstung unter den Arm und Schnorchel gestartet. Auf die Meldung bei der Seepolizei kriege ich doch schon einen Auftrag:
„Untersuchungsrichter mitnehmen“. Im
Ennetsee ist die Ölwehr schon dabei eine
Ölsperre zu errichten. Einige wenige
Trümmer schwimmen noch herum. Ich
sehe schnell; Taucher, sind hier im Moment nicht nötig. Der Pilot war allein an
Bord, der Absturz muss genau untersucht
werden, hier sind Polizeitaucher zuständig.
Ich mache mich wieder auf den
Heimweg. Da fällt mir ein farbiges Etui
auf, das auf der Wasseroberfläche treibt.
Ich fische es aus dem Wasser und werfe
schnell einen Blick hinein. Ich bin zwar
nicht Apotheker, aber was ich sehe, veranlasst mich, das Necessair doch noch
schnell auf dem Posten vorbei zu bringen.
Ein Helikopterabsturz ist zwar eine
sichere, aber auch ziemlich exklusive Art,
sich vom Leben zu verabschieden.
Lasst hören
aus alter Zeit
Der Heubeeriliföhn tobt
Der Tauchchef wird
verabschiedet 1996
Lasst hören
aus alter Zeit
in der Seeliken
Lasst hören
aus alter Zeit
Lasst hören
aus alter Zeit
Lasst hören
aus alter Zeit
Lasst hören
aus alter Zeit
Lasst hören
aus alter Zeit
Röteltauchen
1971 werden wir
von der Jagd- und Fischereiverwaltung gebeten, an einem Forschungsprojekt über den
Zugerrötel mitzumachen.
Zwei Teams sind im
Einsatz; die Einen starten in Turis Fischerhütte,
die Andern von der Kantonalen Fischbrutanstalt
in Walchwil. Von dort traversieren wir über den
See zum Chiemen und tauchen dort auf
dem Rötelplatz. Eine ziemlich kühle Veranstaltung zu dieser Jahreszeit. Heisses
Wasser aus der Thermosflasche, vorher
in den Anzug gekippt, ist eine eher psychologische Massnahme.
Der Tauchgang ist recht interessant,
das Wasser relativ klar, die Rötel fehlen
zwar, aber ich sehe die grösste Trische
meines Lebens. Wir fotografieren und
nehmen Bodenproben. Grossen Erfolg
haben die Kollegen, die vergessen haben, den Verschlusspfropfen vom Probenrohr zu nehmen. Auf 40 Metern lässt
sich das natürlich nicht mehr nachholen.
Ein vom Kanton spendiertes Essen
bringt die schlotternden Taucher wieder
unter die Lebenden zurück. Da sich auch
der zweite Teil der Veranstaltung erfolgreich entwickelt, beschliessen wir, diesen
Anlass zur Tradition werden zu lassen. In
den folgenden Jahren lädt der Präsi, Peter Rü, natürlich nur für den zweiten Teil,
einen interessanten Politiker ein.
Regierungsrat Alois Hürlimann meint
zwar, er habe gleich nach dem Essen
den nächsten Termin; nachmittags um
Vier, ist er immer noch am Erzählen.
Triesche sucht nach
Rötel-Kaviar
Rötelplatz vor und
nach dem Kiesen
UW-Film mit
Hindernissen
Ich drehe einen Film über
die Zugerrötel; oder versuche
es wenigstens. Res Merz hat
mir sein Hugi-Gehäuse mit
den zwei Scheinwerfern ausgeliehen. (Dieses Gehäuse
liegt immer noch irgendwo vor
Ras Muhammed,- Sladli ruhe in Frieden).
Da der Mensch nur zwei Hände hat, werde ich zur Tauchgangbeleuchtung einen
der Filmscheinwerfer einschalten.
Bruno begleitet mich. Seine Taucherlampe, ein Spiro-Lämpchen mit etwa
3 Watt, aber immerhin wasserdicht, wird
erst sichtbar als es um uns herum langsam dunkel wird. (Zu dieser Zeit konnte
man sich halt Halogenlicht nur zum Filmen leisten).
Wir tauchen also langsam, Turis Ansaugleitung folgend, nach unten. Am
Fuss der Wand, es wird etwa in 40 Metern Tiefe sein, ich habe eben den zweiten Scheinwerfer auch eingeschaltet,
wird meine Beleuchtung rapide schwächer und im Handkehrum stehe ich in völliger Dunkelheit. Weit unter mir sehe ich
das Armseelenlichtlein von Bruno, das
kurz darauf auch verschwindet.
Da stehe ich nun, auf 40 Metern mit
der schweren Kamera in der Hand, in
pechschwarzer Nacht. Ich weiss nicht
einmal mehr wo die Wand ist und gerade Aufsteigen darf ich auch nicht, weil
der Fels, gut drei Meter überhängend,
über meinen Kopf hinausragt. Die einzige sinnliche Wahrnehmungen ist die
Grundberührung mit den Füssen und
das beruhigende Blubbern des Lungenautomaten.
Wo bleibt nur Bruno? Es
scheint mir unwahrscheinlich dass er
mich mit seinem Minilämpchen in der
Dunkelheit wiederfindet. Also los, vorsichtig die Fenzy anblasen; in der einen
Hand die Kamera, die andere zum
Schutz über den Kopf gehalten und mit
der dritten Hand die Fenzy reguliert.
Geht es überhaupt aufwärts und wenn
ja, wie schnell? Beruhigt bin ich, als es
doch langsam ein bischen heller wird
und ich noch rechtzeitig vor dem Überhang anhalten kann. Auch Bruno hat
auf diesem kurzen Tauchgang nicht viel
gesehen.
Der Film wird dann aber doch noch
fertig.Mit aufgeladenen Batterien steige
ich, nachts um 22 Uhr, mit Gebi aus Turis
Fischerhütte ins Wasser. Turi hat Netze
gesetzt und ich habe mit Gebi die Szene
vorher abgesprochen.
Ich suche mir in 40 Metern eine Stelle mit gefangenen Röteln und lege mich
hinter das Netz. Gebi kommt nun mit der
Lampe von der anderen Seite und
schaut sich die Rötel an. 15 Minuten und
die Szene ist im Kasten.
Ein Kameramann des Schweizer
Fernsehens sucht geanau solche Aufnahmen zur Komplettierung eines Films über
den Rötelfang. So wird die Filmsequenz
an einem Sonntagabend zum Abschluss
der Tagesschau gesendet.
Es sei das erste Mal, dass das
Schweizer Fernsehen einen Super 8Film gesendet habe. Es ist ja auch relativ
neu, dass das Fernsehen überhaupt farbige Bilder auf die Reise schickt.
Gebi hinter dem Netz
Pirouette auf dem
Rötelplatz
Zu einer Zeit als der Begriff Octopus
nur für einige Meertaucher eine Bedeutung hatte, bei den Amerikaner war dies
bereits Standard, hatte ich mir auch
schon einen Nemrod Snark II als Zweitautomaten zugelegt. Der Snark II war als
Upstream-Automat konstruiert, sehr billig,
sehr einfach, und, vor allem in der Tiefe,
sehr wirkungsvoll. Wenn man ihn nicht irrtümlicherweise am Manometeranschluss
befestigte (gleiches Gewinde), sonst flog
einem natürlich der Mitteldruckschlauch
um die Ohren. Dieser Schlauch war nicht
gebriedet, nicht gepresst, sondern nur
eingeschraubt - meistens. Es gab Serien,
da konnte man mit einem kleinen Ruck
die zweite Stufe vom Schlauch abziehen.
Die wichtigste Eigenschaft: Er war billig.
Turi und ich wollen seinen Rötelplatz
begutachten. Ich nehme meinen Aquazepp zur Beleuchtung und zum Testen
mit. Bei der letzten Rückreise von der
Odyssee hat sich nämlich, durch die Erschütterung, der Scheinwerfer eingeschaltet und die ganze Batterieladung ist
in Wärme umgesetzt worden, zum Glück
ohne ein Feuer zu entfachen. Dabei ist
aber die Frontscheibe teilweise angeschmolzen. Ich warne also Turi dass
eventuel die ganze Angelegenheit mit einem respektablen Knall implodieren könne, er solle sich dadurch ja nicht erschrecken lassen.
Wir gehen also runter auf den Rötelplatz; erstaunlicherweise bleibt der
grosse Knall aus. Um Turi im Lichtstrahl
des Scheinwerfers mein OK-Zeichen geben zu können, klemme ich mir den
Zepp unter den Arm. Dummerweise gerate ich dabei mit dem Ellenbogen an
den „Gas-Schalter“. Das Resultat ist
eine motorgetrieben 360° Pirouette.
Nun findet der Knall doch noch statt,
aber anders als erwartet.
Mein Snark II ist beim Zwirbeln in die
Schraube geraten und vom Mitteldruckschlauch abgerissen worden. Nun sehe
ich, rechts von mir, den Schlauch, wie ein
losgelassener Feuerwehr-Strahlrohr, in einem wilden Blasenschwall, auf und ab
schiessen. Ich versuche, so gut es geht,
den Schlauch zusammenzuknicken um
den Luftverlust zu bremsen; vergebliche
Liebesmühe, mit den dicken Handschuhen. Ich gebe Turi das Zeichen dass etwas nicht in Ordnung sei und wir dringend aufsteigen müssten, er scheint aber
nicht meiner Meinung. Als er auch auf
das Notfallzeichen nicht reagiert, beschliesse ich, in Anbetracht der unsicheren Luftvorratssituation (noch kein Manometer), den sofortigen Aufstieg.
Aquazepp senkrecht und Vollgas. An
der Oberfläche gelingt es mir dann doch
noch den Schlauch zusammenzudrücken
und nach einem mehr oder weniger beruhigten Blick auf Turis Luftblasen versuche
ich, wenigstens auf drei Metern, noch so
etwas wie eine Dekompression durchzubringen. Klar, grosse Sorgen muss ich mir
nicht machen, wir sind ja erst ein paar Minuten unten gewesen, aber es kann ja
nicht schaden. Bald ist mein Gerät leer
und ich muss rauf. Wo ist Turi? Offensichtlich immer noch unten, wie mir seine
Luftblasen verraten.
Als er dann auch zurückkommt, sein
zuvor nur halbvolles Gerät ist inzwischen
auch leer, meint er, dass ich ihm nicht allzusehr gefehlt hätte...............
Sag mir, wo die Rötel sind...
Aus Turis Lungenautomat kommen
komische Töne. Verrückt! Hier sind Sie
ja, schön aufgereiht wie im Supermarktgestell. Alles kapitale Burschen, einer neben dem anderen. Mann müsste sie nur
herausgrapschen. Hier, im Querspalt auf
18 Metern direkt unter Turis Fischerhütte.
Während dem ganzen Tauchgang
haben wir keinen Schwanz gesehen,
ausser den üblichen Trischen und ein
paar mickrigen Kaulbarschen, nichts als
leere Netzte bis hinunter auf 50 Meter.
„Du hättest gescheiter deine Netze
aus dem Fenster gehängt“ sage ich
nachher, beim Umziehen, zu ihm.
Lasst hören
aus alter Zeit
Wie kriegt man Luft in die
Taucherflaschen?
Der Wi-, Wa-,
Watschenmann...
In den Urzeiten der SLRG-Taucherei
füllten die tapferen Froschmänner ihre
Tauchgeräte im Strandbad Chamerfussweg. Eine Füllrampe mit 4 Standflaschen
à 50 Liter mit 150 bar waren da verbunden. Man füllte die Tauchgeräte im Kaskadenverfahren d.h. man schloss ein Gerät an, öffnete die erste Standflasche,
liess den Inhalt überströmen, schloss diese Flasche und wiederholte den Vorgang
mit den anderen drei Flaschen. Wenn die
vierte Flasche neu war, konnte man so
sein Gerät auf einen Enddruck von vielleicht, bestenfalls, 140 bar (damals noch
Atü) füllen.
Es handelte sich in der Regel um
AGA-Geräte von 2x8 Litern Inhalt mit einem Betriebsdruck von 150 bar. Wenn
man rechtzeitig nachbestellte, lieferte das
Sauerstoffwerk Luzern eine neue Standflasche nach. Die Rechnung für die benötigten Standflaschen bezahlte übrigens
die Stadt Zug.
1970 installierte die Kantonale Gebäudeversicherung, für den Bedarf der
Feuerwehren, im Bunker, am Ort der heutigen Casino-Tiefgarage, einen Kompressor. Auch die Taucher der Polizeikorps
und der SLRG erhielten die Bewilligung
dort zu füllen. Der Kompressor war ein
„brüllendes“ Monster. Nach der Einweihungsfeier durfte der junge Taucher, mit
dem damaligen Technischen Leiter der
SLRG Sepp Haller, Käsekuchen essen in
der Taube. Alles was Rang und Namen
hatte von Feuerwehr und Polizei war
auch da.
Sepp war übrigens nicht nur Technischer Leiter der SLRG, er war auch Leiter
des Krankenwagendienstes und in dieser
Funktion auch Chauffeur der Regierungslimousine, mit den besten Beziehungen
zu den Kantonalen Behörden inbegriffen.
Endlich hatten wir volle Tauchgeräte.
Leider machte der kleine junge Taucher den Fehler, an einem Sonntag
Nachmittag, mit den Feuerwehrkameraden vom Atemschutzkorps der Feuerwehr in der Gartenwirtschaft des Restaurant Hirschen einige Bierchen zu kippen.
Die Diskussion kreiste natürlich um
den neuen Kompressor. Das junge Taucherlein interessierte, unter anderen kleinen Details, wieso eine automatische
Kondensatentleerung nicht auch gleich
installiert worden sei (preislich wäre das
ja alleweil dringelegen). Leider beachtete
er nicht, dass am gleichen Tisch auch der
Installateur der Anlage, er war damals
Chef des Atemschutzes, auch anwesend
war. Das war ein kapitaler Fehler.
Bereits am Tage darauf, waren die
unbedachten Äusserungen des kleinen
Taucherleins bereits Thema einer Sitzung
des zuständigen Regierungsrates (sic!).
Der arme Technische Leiter wurde grauenhaft zusammmengeschissen und das
Betreten der Füllstation den SLRG-Tauchern sofort verboten.
Leider kam nun ein tragisches Unglück dazu. Sepp verunglückte in Ausübung seines Jobs tödlich.
Das kleine Taucherlein wurde nun
zum Tauchchef befördert, was aber der
Füllung unserer Tauchflaschen keinesfalls zuträglich war. Nach mehreren Sitzungen mit dem legendären Feuerwehrinspektor Hasenmeile, auch „Hasebüngel“ genannt, und verschiedenen Wiedererwägungsgesuchen, brachten wir es
fertig das wenigstens der neue Technische Leiter der SLRG, Tschuss Aeberli,
beruflich Bademeister im Strandbad Zug,
die Berechtigung zum Füllen unserer Geräte erhielt. Selbstverständlich war über
jede Füllung genau Buch zu führen und
die Entschädigung wurde für jede Flasche auf Fr. 2.- festgelegt. Nur diesmal
mand eine Ahnung von diesen Dingen
habe, und hat dann, irgendjemand, einen
alten Kompressor mit wenig Betriebsstunden untergejubelt, ein Sonderangebot, sozusagen. Weitergehende Vermutungen verkneife ich mir jetzt...
Waldeslu-u-u-uft....!
Es ergab sich dann, dass Gebi von
seinem Einsatz als Tauchassi bei der
SUBEX auf Elba nach Hause kam. In seinem jugendlichen Leichtsinn hatte er dort
einen „frischrevidierten“ Kompressor K14 erstanden (günstig (!) für Fr. 3000.-).
Voller Mitgefühl bot er dem armen gestressten Tauchleiterlein seine Hilfe an.
Wir mussten den Kompressor nur in
Altdorf abholen. Frisch gestrichen und silbern leuchtend stand er da, die Mutter aller Kompressoren. Ehemals Eigentum
des USZ Basel, vermutlich ein Modell
aus der Nullserie. Ich kannte ihn, wir hatten uns schon auf der Fieramosca mit
ihm herumgeärgert. Nach zigtausenden
von Betriebsstunden hatte er sich wahrscheinlich schon auf den Ruhestand gefreut. Hinter dem Haus machten wir einen
Probelauf; mindestens 20 Meter flog die
Zündkerze nach der ersten Zündung in
den Nachthimmell. Das interessierte uns
aber gar nicht, wir wollten ja einen Kompressor mit Elektromotor.
Peter Rü brachte dann den „Mokken“ von der ABB mit. Nun finge das lustige Füllen an; meinten wir. Leider
machte sich das Alter unseres Methusalems in jeder Beziehung bemerkbar.
Ein Kompressor ist sehr stark mit einem Dieselmotor verwandt, er funktioniert
nur umgekehrt, - meistens. Die Luftqualität war von jeglicher Norm, soweit so etwas damals schon bekannt wahr, weit
entfernt. Ely kotzte fast nach jedem
Tauchgang. Bruno Merz riskierte in der
Tauchschwimmer-RS bei einer Wechselatmungsübung, mit anschliessendem
Lasst hören
aus alter Zeit
bezahlte das nicht die Stadt Zug, sondern
diese wurden der SLRG fakturiert. Das
Resultat war, dass man im Sommer alle
verfügbaren Geräte bis zum letzten „Lufttropfen“ leersoff. Dann versuchte man
den Bademeister zu motivieren, die Geräte zu füllen, während der Badesaison
meiste ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn
sich der fleissige Bademeister in seinem
gedrängten Tagesprogramm irgendwann
zwei Stunden abklemmen konnte, musste
das kleine Tauchleiterlein mit seines Papas Auto ins Strandbad fahren, alles was
wie ein Tauchgerät aussah einladen und
zur Füllstation führen. Hier trug er die Geräte in einem langen, feuchten (daher wenigstens kühlen) Gang etwa hundert Meter ins Dunkel und konnte dort zusehen,
wie der liebe Bademeister den Kompressor dazu brachte die Geräte zu füllen. Anschliessend transportierte er die Kübel im
Kofferraum wieder ins Strandbad zurück.
Dies erlaubte den SLRG-Tauchern
für die nächsten zwei Wochen wieder einige Tauchgänge, bis eine überraschende Schlechtwetterperiode dem Bademeister wieder die Gelegenheit gab eine
Füllsession einzulegen. Mit wieviel bar
(oder Atü) ein Taucher damals ins Wasser stieg interessierte kein Schwein, die
Hauptsache war, dass man das Gerät
nicht vorher mit der Velopumpe auffüllen
musste.
Dass diese Situation für das Tauchleiterlein untragbar war, ist klar und ich
bin überzeugt, dass alle anderen Beteiligten eine höllische Freude an diesem Treiben hatten, mit Ausnahme der SLRGTaucher natürlich.
Was der Grund war, dass das junge
Taucherlein dermassen geplagt wurde
kann ich nicht erklären. Ich vermute, dass
ich unbeabsichtigt und auch ungewollt einem schlafenden Hund heftig auf den
Schwanz getreten war. Mit ein bischen
Fantasie lässt sich der Vorgang rekonstruieren: Irgendwer war wahrscheinlich
davon ausgegangen, dass sowieso nie-
Lasst hören
aus alter Zeit
Notaufstieg, beinahe das Leben seines
Zugführers (Mais, Merz, s’est quoi cette
air, s’est de-geu-lasse !!!) und ich erhielt
von paar zürcher Tauchern beinahe eine
Anzeige wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Was, schlechte Luft, das macht
uns nichts, wir sind uns die miesesten italienischen Füllstationen gewohnt!). So
ging es nicht weiter.
Wir bestellten bei der Firma
EUROSUB einen grossen Standfilter für
Fr. 800.-. Zuerst interessierte mich natürlich wie so ein Filter aufgebaut ist und ob
überhaupt etwas drin sei. Ich schraubte
in also auseinander. Es ging nur sehr
mühsam (übrigens war Aktivkohle drin),
das Zusammenschrauben nur zur Hälfte
und dann gar nichts mehr. Das ganze
Team ins Auto und ab nach Hallwil zu
den Herren Wecker und Lehmann.
Der gewiefte Techniker Lehmann
hatte das Gefühl, wir hätten etwas nicht
richtig gemacht und meinte man müsse
nur dass Rohr ein bischen erwärmen und
das Ganze könne problemlos wieder
auseinandergenommen werden. Denkste, auch der Schweissbrenner hilft gar
nichts, wenn ein Gewinde bereits kalt
verschweisst ist. Aber, man ist ja kulant
und holt den nächsten Filter aus dem
Lager. Voilà, das Herausschrauben geht
perfekt, verdammt, beim Hineinschrauben geht nichts mehr. Offensichtlich hatte
sich hier der Lehrling im Gewindedrehen
geübt. Zum Glück sieht dann das Gewinde des dritten, und letzten, Filters vernünftig aus und funktioniert auch so.
Keep cool, es wird ja auch nur mit 200
bar belastet.
Dafür waren unsere geschmacklichen Probleme ein für alle Mal gelöst. Ein
Meter Aktivkohle verhalfen uns zu
Waldesluft, ausser es passierte wieder
mal ein Scheiss und die Kohle landete,
pulverisiert und durch den Sinterfilter
gedrückt, in der Tauchflasche.
Sticky Fingers
Die Luft war nun gut, aber es zeigte
sich ein anderes Problem. Bei den diversen elbanischen „Generalrevisionen“ unseres Ungetüms war auch die Leitung
der Druckölschmierung ersetzt worden.
Serienmässig wäre dort ein kleines Filterchen eingebaut gewesen. Dieses hatte
sich natürlich inzwischen in Luft aufgelöst
und fehlte bei unserem Prachtstück.
Als Resultat wanderten, bei jeder Inbetriebnahme, die kleinen Metallspänchen aus dem Schmiersumpf nach oben
in die vierte Stufe. Dort verkeilten sie sich
im Schmierspalt (2-3/1000mm) des fliegenden Kolbens und verschweissten ihn
innert Sekunden mit dem Zylinder. Ein
begabter Werkzeugmacher (Fritz Reck)
gelang es, diese Kolben auf den Tausendstel genau nachzudrehen.
Irgend wann war aber die Geduld
meiner Mutter erschöpft (ein Buchbinder
der immer mit Armen schwarz bis zu den
Ellenbogen herumläuft, ist untragbar) und
sie bot der Tauchgruppe ein zinsloses
Darlehen für einen neuen, funktionierenden Kompressor an. Unsere Probleme
waren wieder einmal gelöst. Ein „Grossauftrag“ (siehe: Der sinkende Hafen) erlaubte uns dann, nach und nach, das
Darlehen zurückzuzahlen.
Mit den Jahren wurde dann, mit der
Mithilfe von Peter Rütimann (Steuerung)
und Peter Schmalz (Installation), die Anlage immer weiter ausgebaut und wir verfügten so über die leistungsfähigste Füllstation weit und breit.
Für die Mitglieder war die Luft gratis.
Fremdbezüger, sie mussten nur wissen,
wo der Eingangsschlüssel versteckt war,
warfen einen „Fünfliber“ ins Kässeli.
Flieg, Kolben, flieg!
auf dem Gelände der ehemaligen
Ziegelei Brandenberg ein Wassersportzentrum. Das Gebäude erstreckt sich, zigarrenförmig auf Pfählen, in den See hinaus. Unter unserem Klubraum werden wir
18 Meter Wasser bis zum Seegrund haben. Tauchen direkt aus dem Klubraum,
welche Perspektive. Natürlich gehört
auch eine Füllstation dazu.
Wir haben mit verschiedenen Unterwasserarbeiten ziemlich Geld auf dem
Kompressorkonto gespart und ich mache
mich an die Planung. An einem Kurs
habe ich bei der Zürcher Seepolizei im
Tiefenbrunnen eine Dräger Füllanlage
gesehen, bei der ein kleiner Bauer Kompressor drei Speicherflaschen mit 300 bar
füllt. Dieser Ansatz scheint mir sehr vernünftig und so etwas schwebt mir auch
für uns vor. Später stellt sich dann leider
heraus, dass sich Pressluft bei Drücken
über 200 bar nicht so verhält, wie das
Boyle-Mariotte in jedem Taucherlehrbuch
stolz verkünden.
An einem Kurs, organisiert vom
SUSV bei Bauer-Kompressoren in München, hole ich mir einige Grundkenntnisse. Dort spricht man bereits von Drücken
von 540 bar, aber das scheint mir dann
doch ein bisschen heiss.
Bei einer Volksabstimmung bewilligen die Stimmbürger 42 Millionen für die
Seeufergestaltung. Der Siebbach wird für
sagenhafte 11 Millionen offengelegt, ein
Mehrfamilienhaus wird gebaut und ein
neuer Stadtrat weigert sich das Wassersportzentrum zu realisieren.
Übrig bleibt wenigstens ein Kompressorraum und so können wir wenigstens unsere Füllstation weiter planen.
Als sich auch noch die Tauchgruppen von
See- und Kantonspolizei mit je 15 000.beteiligen, steht einer Realisierung nichts
mehr im Weg.
Es muss so irgendwann anfangs der
Fünfzigerjahre gewesen sein, der damalige K 14 Kompressor war im Prototypenzustand und der Seniorchef von BAUER
kämpfte mit dem Problem, wie er die
Dichtungsringe der vierten Stufe den Belastungen anpassen könnte. Bei einer
Bergwanderung hatte er dann die wunderbare Idee, es einmal ohne Dichtungsringe zu versuchen. Er konstruierte einen
Kolben mit einem sehr kleinen Spiel zwischen Zylinderbohrung und Kolben (2-3/
1000 mm) und dachte sie mit Schmieroel
unter dem entsprechenden Druck zu
dichten.
Eine entsprechende Pumpe zu konstruieren lag ausserhalb seiner Möglichkeiten, also nahm er eine normale Treibstoffpumpe eines Dieselmotors. Seine
Überlegungen gingen dahin, dass diese
Pumpe genau synchron zum „Freiflugkolben“ der vierten Stufe arbeiten müsste,
um ein Rückfliessen der verdichteten Luft
zu verhindern. Genaue Vorschriften für
die Einstellung der Antriebskette stellten
diesen Vorgang sicher.
Da die „lausigen Kompressorwarte“
vergassen diese Kette zu schmieren
stellten sich fortlaufend Defekte ein. Als
Weiterentwicklung wurde dann bei der
nächsten Generation des K 14 anstelle
der Kette ein wartungsfreier Zahnriemen
aus Gummi eingebaut. Nun gingen die
„lausigen Kompressorwarte“ noch weiter
und bauten die Zahnriemen ein, ohne
sich um die Synchronisation der Pumpe
mit dem Freiflugkolben zu kümmern. Und
siehe da es funktionierte.
Seither benützt BAUER ganz gewöhnliche Keilriemen, kein Schwein kümmert sich um die Synchronisation und
niemand weiss, wie und warum die ganze Sache funktioniert.
Lasst hören
aus alter Zeit
Die Stadt plant
Fotos aus dem
Kompressorraum
von Peter Schmalz
Elly, die Seenixe
Lasst hören
aus alter Zeit
Warten auf den Sturm
Lasst hören
aus alter Zeit
Gebi der Doppelpirat
Der erste Tröcheler am Zugersee
Konstruktion: Ernst Michel
Helmut, Peter, Franz
Lasst hören
aus alter Zeit
Thomas, Bruno und Jan
Man fährt gerne mit
dem Aquazepp beim
Rigiblick vorbei
Lasst hören
aus alter Zeit
Bruno Merz
Odysséen 1970 - 90
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Jedes Jahr charterten wir ein bis
zwei Mal ein Schiff für eine Woche um
nach Lust und Laune (unserer und der
des Kapitäns) und abhängig vom Wetter,
die Inseln des Thyrrenischen Meers zu
erkunden. Das Gebiet in dem sich die
Odysseen abspielten, erstreckte sich
zwischen Capraia im Norden, Giannutri
im Süden und Scoglio d’Africa (Africhella) im Westen. Die Ausgangspunkte waren Porto Azzurro, Talamone und Porto
Santo Stefano. Die Boote waren meistens abenteuerliche Oldtimer, Zweimast-Gaffelschoner, so ca. 15 Meter lang
und 50 Tonnen schwer. Wenn der Wind
mal von hinten kam, konnten wir sogar
segeln. Aber im Mittelmeer ist der Wind
meist entweder zu schwach oder zu
stark und kommt fast immer von vorn.
Das Juwel unter den Tauchgebieten
war Monte Christo mit der Villa von König
Vittorio Emanuele, einem Park mit exotischen Gewächsen und einem Museum
ohne Besucher. Die Insel wurde in den
70er Jahren unter Schutz gestellt, mit einem Ankerverbot im Umkreis von 500
Metern. Auch wir konnten nur noch mit
den Archäologen von Oxford hinfahren,
und als Rudi, unser Kapitän, mal ganz
gute Laune hatte. Was aber nicht viel
brachte, da wir damals wetterbedingt
(Sturmodyssee), nur drei mal ins Wasser
kamen.
Inzwischen übernachten die Fischer
von Porto Santo Stefano, auch „wetterbedingt“, und bemühen sich, nachts, mit der
Harpune in der Hand, ihre Fänge aufzubessern.
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Das erste Odyssee-Schiff war die
ELBA MARINA. Die einzige sanitäre Instalation war eine WC-Kabine an Deck,
die nach dem Schwerkraftprinzip funktionierte. Übernachtet wurde auf Luftmatrazen; wer es luxuriös wollte, nahm ein
Klappbett mit. Bei Regenwetter wurde
das Sonnensegel aufgespannt und der
Kampf um einen Trockenplatz begann.
Die Letzten, die, meist ausreichend
erfrischt, vom Landgang zurückkamen,
mussten sich halt ihren Schlafplatz organisieren. Ein Erker in der Hafenmauer
oder ein Tisch in einer Gartenwirtschaft
boten meist Schutz genug. Wir ruhten
sanft am Busen der Natur, oder so.
Die ELBA MARINA im
Hafen von Porto Azzurro
Auf der TYRA und der FIERAMOSCA gab es bereits relativ trockene Kojen
und ein Pumpklosett an dem manchmal
der Zettel hing „Out of order, go ashore“
was uns anschliessend erlaubte, mit der
„Grossen Zerlegung“ des Patienten, unsere Parkdienstkenntnisse zu erweitern.
SEEMÖWE und MARLIN waren dann
bereits keine Seelenverkäufer mehr.
TYRA
Zweimastgaffelschoner
Einzylindermotor 28 PS
Togg, togg, togg, togg, togg.......
FIERAMOSCA I
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Auf, auf, zur fröhlichen
Odyssée
Zug – Tirrenia, 800 Kilometer
sind es ungefähr, und jedes Mal
Abenteuer pur, jeder Kilometer. Am
Gotthard bohrt man zwar ein Loch,
aber bis das Jahrhundertwerk fertig
ist, geht es noch einige Zeit und im
Mai und Oktober ist der Pass meist
noch gesperrt. Wir fahren also über
den San Bernardino im Konvoi,
manchmal verbunden mit Funkgeräten und das mit gutem Grund. Die
Autos sind noch nicht für das Zurücklegen grösserer Distanzen konstruiert und wenn sie mal 60’000 Kilometer auf dem Tacho haben, ist es höchste Zeit sich um einen Ersatz zu kümmern.
In Thusis oder so, gehen wir Nachtessen.
Spätestens im Tessin ist der TCSPannendienst an der Reihe. Kurz bevor wir
eine Unterkunft für die Nacht zu suchen beginnen, stellt der Patrouilleur fest, dass sich
die Zündverteilerfeststellschraube gelockert
hatte und, nach deren Fixierung, einer Weiterfahrt nichts mehr im Weg stehe.
Beim Überqueren des Apennin ergiebt
sich dann das nächste Problem. Trotzdem
der Anlasser nicht mehr will, gelingt es, den
Motor, rückwärtsrollend, wieder in Gang zu
bringen. Dank der italienischen Beleuchtung im Tunnel hat es auch niemand gesehen.
Die Autobahn hat bald ein Ende, der
Tankinhalt auch und die Suche nach einer
Tankstelle beginnt. In Italien kommen Tankstellen entweder gehäuft vor, dafür sind sie
alle im Streik, oder man findet zwar die einsame Tankstelle und es gibt weit und breit
keinen Operateur. Ein Reservebidon empfiehlt sich in jedem Fall.
Am Zielort hat nun die Garage eine
Woche Zeit den Wagen zu reparieren, vorausgesetzt es gelingt ihr, die englischen Ersatzteile zu organisieren.
Andreas der Kapitän der TYRA und Susi
seine Lebensgefährtin.
Vorsicht: Odysséen können für Frauen
gefährlich sein!
Languste
Fotos Peter Schmalz
Die Bühlmann-Tabelle
war immer dabei
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Matrose erklimmt
die Takelage
Die Fieramosca wird
im Hafen von Talamone
beladen
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Rudi, Alexander und Ilse
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Grotone
Franz
Mare molto mosso agitato
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Eine steife Brise bläst und als wir
die Bucht von Portoferraio verlassen,
kommt noch eine zackige Dünung dazu.
Normalerweise dauert die Fahrt
nach Piombino 90 Minuten, aber heute
wird’s wahrscheinlich etwas länger dauern. Das Bordrestaurant ist wegen Glasbruchgefahr geschlossen, mit einem
magennervenberuhigenden Drink ist’s
also nichts. An Deck ist die Luft auch viel
frischer; bedeutend frischer als auf den
Toiletten, wie ich beim Vorbeigehen feststellen kann. Aber auch hier ist die Situation chaotisch. Vom Vordeck läutet
die Schiffsglocke. Ich traue meinen Augen nicht: Auf der Brücke steht der Steuermann, (oder ist’s der Kapitän?),
krümmt sich über die Reling und reihert.
Es empfiehlt sich, die Windrichtung
zu beachten; die Kotze fliegt heute tief.
Nun wird’s auch mir langsam ungemütlich und ich bin froh, als wir heil an der
Mole von Piombino anlegen.
Horst in Aktion
Die TYRA in Montechristo
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Bärenkrebs
Emerita und Fieramosca
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Fieramosca vor Capo Liveri
Morgenessen
in Giglio Porto
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Giglio Campese
Giannutri
Sonnenuntergang in Campese
Campese
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Die Gefangenen von Monte
Christo
Eine sehr interessante Odyssee auf
der Fieramosca hat uns Rudi versprochen. Da er ja den Wildhüter auf Monte
Christo besonders gut kennt, sollte es
uns möglich sein, auch ohne Bewilligung
(Naturschutzgebiet, Ankerverbot!) hinzufahren. Ich habe extra noch einen Superaquazepp organisiert (70 kg, 10 km/h)
und los geht’s.
Leider gibt der Bierkonsum von Rudi
zu gröberen Bedenken Anlass. Er verdoppelt sich, quasi von Stunde zu Stunde; irgend etwas ist mit dem Wetterbericht nicht in Ordnung (Mare mosso, agitato). Obwohl Rudi zuerst gesagt hat, wir
würden nicht in der Hauptbucht anlegen,
(um den Wildhüter nicht allzustark zu
kompromitieren) ankern wir dann schlussendlich doch in der Cala Maestra (unter
den Augen des Wildhüters). Dem sehr
prekären Wetterbericht zufolge, setzen
wir zwei Anker mit je etwa hundert Metern
Kette. Zum Ufer hin vertäut Rudi das
Schiff mit zwei dicken Tauen. Keinen Moment zu früh, denn das Theater geht sofort los.
Obwohl wir in der Abdeckung des Inselgebirges liegen, schlägt die Tramontana mit brutaler Gewalt zu. Die Taue spannen sich wie
Basssaiten und fibrieren auch entsprechend bei jeder Böe.
Unsere massive Aluminium-Gangway
saust, wie eine alte
Zeitung, quer übers
Deck. Rudi hält
Kriegsrat und erklärt,
dass, immer laut
Wetterbericht, der
Wind mitten in der
Nacht wechseln und
dann mit der gleichen
Stärke aus der anderen Richtung blasen
würde. Eine nicht sehr erfreuliche Vorstellung. Ich reservierte mir für alle Fälle
die Koje gleich unter dem Niedergang.
Sie ist zwar bei Regenwetter etwa feucht,
erlaubt aber den sofortigen Ausstieg.
Mitten in der Nacht beginnt die Ankerwinsch zu rattern; raus aus dem Sack
und rauf aufs Deck, der Wind kommt nun
voll von vorn. Rudi gibt Vollgas und wir
versuchen, gegen den Sturm, aus der
Cala Maestra herauszukommen. Auf dem
Vordeck geht alles drunter und drüber.
Ich versuchte noch das, was von den
zwei Aquazepps übrig geblieben ist, mit
Tauen festzuzurren. Ein Riesenknall, unser Heck ist, zwischen den Felsen, auf einem Steinbrocken aufgeschlagen. Mit
voller Motorkraft und der Ankerwinde
kommen wir vom Ufer frei und keine
zwanzig Meter neben dem steilen Felsufer können wir, mit halbem Wind und
akrobatischer Schräglage, Richtung Süden entkommen. Aus der Küche melden
sich inzwischen unsere ganzen Porzellan- und Glaswaren scheppernd ab. Rudi
beschwört die ganze, auf dem Heck versammelte, recht verstörte Mannschaft, ja
sitzenzubleiben und garantiert, auf jedes
„Mann über Bord Manöver“ zu verzichten.
Der Super-Aquazepp
sche, immer mit der Krängung des
Schiffs, hin und her.
Ein Fluchtversuch wird nach drei
Stunden abgebrochen, wir sind nur vier
Kilometer weit gekommen und die Bilgenwarnung lärmt, obwohl die Lenzpumpe
pumpt was sie kann.
Wir sind, zwei Tage über den Charter hinaus, Gefangene von Monte Christo, das einzige Schiff weit und breit. Nur
die Express-Ferry Genua-Neapel ist noch
unterwegs, aber nicht express und ganz
ungewohnt nahe dem Festland. Weder
Wildhüter, noch Fischer, noch Guardia Finanza sind draussen. Jeder der ein Schiff
besitzt, bleibt zu Hause; - nur wir können
nicht. Nachteilig ist natürlich, dass dieses
Tohuwabohu auch keinen Tauchbetrieb
zulässt. Gerade drei Tauchgänge sind
witterungsbedingt möglich. Meine schönen Aquazepps, - ganz für die Katz...
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Mit Ach und Krach können wir so in
die Abdeckung entkommen. Dort treffen
wir dann die versammelten Fischkutter
von Porto Santo Stefano; auch ihnen ist
der Mistral zu stark um nach Hause zu
fahren. Unser Matrose steuert, Rudi steht
andächtig an der Bordwand und lauscht
auf die Sirene des Bilgenwasserwarngeräts.
Beni frägt mich was „Nähchäschtli“
auf englisch heisse. Auf meine Rückfrage
wieso er denn, in einer solch kritischen
Situation, Fremdsprachen lernen wolle,
(Ich weiss ja den richtigen Ausdruck auch
nicht!) meint er, dass die entsprechende
Schublade auf dem Küchenboden herumsause und er den Kapitän darüber informieren wolle. Ich versuche im beizubringen, dass sich unser Kapitän im Moment sicher nicht für den Zustand des
Nähkästchens interessieren würde.
Für’s Erste sind wir nun mal davongekommen. Leider ist das
Einzige was sich in dieser
Woche noch ändert die
Windrichtung, und dies
alle paar Stunden. Aus einer Bucht raus, in der
übernächsten wieder
rein. Zwar immer in die
Windabdeckung, so gut
es geht, aber dafür den
Schwell und die Wellen
des vorherigen Windes
voll aufs Schiff.
Die Kochleistung unseres Kapitäns geht sehr
zurück, zum Glück auch
der Appetit seiner Passagiere. Peter Rü und ich
behelfen uns; er gestaltet
eine Kalte Platte und ich
hänge die Weinflasche
an den Mast. So können
wir uns abwechselnd mit
Speis und Trank versorgen. Die Platte saust,
synchron zur Weinfla-
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Es lebe der RECTAKompass!
Das Chachelischiff, einer der bekanntesten Tauchplätze von Monte Christo, ist recht schwierig zu betauchen. Genau in der Mitte der Cala Santa Maria
liegt das Wrack eines mit Steingut beladenen Schiffs zwischen 48 - 52 Metern
Tiefe. Ein grosses Fischernetz ist am
Wrack hängen geblieben.
Früher schwebte es, einer Kathedrale oder einem Atomkraftwerk-Kühlturm
ähnlich, rund ums Wrack herum. Später
hat es sich dann aufs Wrack gelegt, wie
wenn es die herumliegende Ladung
schützen wollte. Dieses Netz erschwert
natürlich den Tauchgang nicht unerheblich, da die geistige Fitness in dieser Tiefe
nicht mehr besonders ausgeprägt ist. In
der Regel taucht man vom Schlauchboot
aus ins Blaue ab, bei guter Peilung und
klarem Wasser landet man meist am richtigen Ort.
Schwieriger ist der Aufstieg. Es gibt
zwei Möglichkeiten: Entweder ein Freiwasseraufstieg mit Dekompression unter
dem Schlauchboot, dies ist die langweilige und je nach Wetter auch die gefährlichere Version, oder das Tauchen dem
Grund entlang zur südlichen Wand der
Bucht. Dies ist dekompressionsmässig
ein bischen heikel, weil man über den
Grund, oder zumindest mit Grundsicht, in erheblicher Tiefe, eine längere Strecke zurücklegen muss. Da
die Deko-Tabellen auf dem Rechteck-Tauchgangsprofil beruhen,
muss man die noch zurückzulegende Strecke in die Grundzeit einrechnen - oder so. Während der Dekozeit an der Felswand kann man
dann, ganz gemütlich, zur geankerten Fieramosca zurücktauchen.
Dies wollen Peter Rü und ich
auch so machen, als wir, das
schwere Einkaufsnetzchen mit den
geborgenen Kaffetassen in der Hand, die
Felswand erreichen. Gemütlich geht es
aufwärts, bis die Felswand auf 28 Metern
abrupt zu Ende ist und es wieder abwärts
geht. Es fällt uns sofort auf, dass hier etwas nicht stimmen kann. Die wunderbaren unberührten Felder von grossen Roten Gorgonien, belebt von vielen kleinen
Fischen, erfreuen zwar unsere Augen,
beruhigen uns aber in keiner Weise. Etwas ist krumm gelaufen und die Kombination der Anzeigen von Uhr, Tiefenmesser, Manometer und Tauchtabelle rufen
nach einem schnellen „Führerentschluss“.
Um diesen zu erleichtern, hat ein Offizier der Schweizer Armee (Peter), immer
einen RECTA-Kompass dabei. Also die
Libelle ausgefahren, einen Ostkurs eingestellt und schnellstens Abschied genommen von unserem kleinen, neuentdeckten
Paradies. Nach einigen bangen Minuten,
nur von klarem Wasser umgeben, bei denen uns scheint, die Zeiger von Manometer und Uhr bewegten sich immer schneller in die entgegengesetzte Richtung, ist
Land in Sicht.
Wir möchten hier noch nachträglich
dem VBS (früher ASS, noch früher EMD)
unseren besten Dank aussprechen, für
dieses polyvalente Hilfsmittel, auch wenn
es sicher ursprünglich nicht für diesen,
eher ausgefallenen, Verwendungszweck
konzipiert worden ist.
Auf Giannutri liegt, gleich ausserhalb
der Cala Maestra (ja dort, wo man in einem original römischen Keller, zwischen
Amphoren und Schafscheren, eine Pizza
essen kann), auf 60 Metern Grund ein
Frachter.
In einer dunkeln, ruhigen Winternacht, anfangs der Siebzigerjahre, sauste
er, von Livorno kommend, mit voller Kraft
auf die nördliche Küste der kleinen Insel.
Es scheint dass niemand am Steuer,
stand. Die ganze Mannschaft, entweder
übermässig erfrischt, oder vor dem Fernsehapparat, oder gar beides; sonst hätten
sie nämlich die Lichtsignale des Leuchtturms gesehen. Es gab, wie es scheint,
keine Opfer, alle konnten ans Ufer
schwimmen.
Wieso es der Frachter so eilig gehabt hatte, kann nur vermutet werden.
Die überall ums Wrack verstreuten Autos
der oberen Mittel- und Luxusklasse, mit
italienischen und deutschen Nummernschildern, sollten als Decksladung, vermutlich möglichst schnell,
nach Tunesien
gebracht werden.
In jedem Fall ein interessanter und
nicht einfacher Tauchgang zwischen 50
und 60 Metern mit freiem Abstieg vom
Schlauchboot.
Mit dem Unterwassertöff geht es bedeutend einfacher. Während die Kollegen
mühsam ins Schlauchboot klettern, kann
der Aquazepp-Pilot direkt von der Fieramosca, die in der Cala Maestra vor Anker
liegt, ins Wasser steigen. Auf dem Rükken das 12 lt- Gerät mit einer „Pony-Bottle“ von 5 lt zur Sicherheit. Auf dem Kompass Kurs Nord und runter den sandigen
Abhang. Bei 75 Metern scharf links und
wieder bergauf. Schon bald kommen die
ersten Autowracks in Sicht. Sie sind praktisch unberührt. Aus dem Nebel taucht
ein dunkler Schatten auf. Es ist der
Wulstbug des Frachters. Schnell eine
Runde über das Schiff, die Kollegen sind
inzwischen auch herunter gekommen,
und dann, Richtung Ufer, dekomprimierend zurück zur Fieramosca. Ein kurzer
Tauchgang von einer halben Stunde, das
Tauchgerät ist am Schluss noch halbvoll.
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Im Tiefflug zur NASIM
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Beim ersten Besuch sahen die
Wagen noch fast wie neu aus und
Gebi konnte sogar noch ein Reserverad mitnehmen.
Übrigens ist in dieser Tiefe ein Reserverad sechseckig.
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Operationssaal Fieramosca
Bei Mistral liegt man in der Cala
Spalmatoia relativ ruhig. Aber jetzt ist es
mit der Ruhe plötzlich vorbei; dabei ist
die Sonne noch kaum richtig aufgegangen. Der Bootsmotor rumpelt und Rudi
verlangt, dass sofort jemand, das am
Ufer verankerte, Hecktau löse. Aha, der
Wind hat gedreht und Rudi läuft schon
wieder am Limit. Da ich vorsichtshalber in
ziviler Kleidung zu übernachten pflege,
bin ich schnell aus der Koje. Als weitere
Freiwillige springt Ruth ins Schlauchboot
und wir hangeln uns am Hecktau an
Land. Wir gehen davon aus, dass wir das
Tau lösen und Ruedi uns dann zurück
zum Schiff zieht. Aber unser „Patentierter
Kapitän der britischen Handelsmarine“
schlägt wieder einmal brutal zu.
Zwischen den hochschlagenden
Wellen, am scharfgezackten Felsufer,
bleibt uns nicht anderes übrig, als zuzusehen, wie unser begnadeter Skipper, mit
eingelegtem Vorwärtsgang, in der einen
Hand das Ende unseres Taus, mit der anderen Hand vergeblich versuchend, den
Schalthebel, der sich natürlich immer
mehr aus seiner Reichweite entfernt, zurückzustellen, nun gezwungen ist, unsere
Verbindung loszulassen. Als Resultat
hängen wir nun plötzlich auf dem messerscharfen Riff und es ist schnell klar,
welches Schicksal unserem Schlauchboot bevorsteht, wenn uns nicht sofort etwas einfällt.
Ein Sprung ins Wasser und ich stelle
blitzartig fest, dass ich, erstens, vergessen habe meine Schuhe anzuziehen und,
zweitens, die Felsen mit Seeigeln übersät
sind. Mit der einen Hand versuche ich, je
nach Wellenhöhe, bald stehend, bald
schwimmend, unser Dhingi vom Felsen
weg zu halten und mit der anderen Hand,
den Anker, der mir Ruth gegeben hat, so
weit wie möglich rauszuwerfen. So gelingt es Ruth das Schlauchboot von den
Felsen freizubekommen.
Ich kann ins Schlauchboot klettern; wir
starten den Motor und fahren, das Tau
aufrollend, unserer Fieramosca hinterher.
Meine Füsse sehen aus, wie mit einem Häcksler bearbeitet und sind gespickt mit abgebrochenen Stacheln. Aber
unser erstklassiges „Erste Hilfe-Team“
beginnt sofort mit den „Lebensrettenden
Sofortmassnahmen“. Aus dem Küchenwird ein Operationstisch und zwei Chirurginnen machen sich mit Armeesackmessern an die blutige Arbeit. Ich muss präzisieren, es sind natürlich die eleganteren
Modelle, ohne Zapfenzieher, dafür mit
Pinzette und feinem Federmesser. Ruth
und Esther schnitzeln, mit offensichtlichem Vergnügen, flott drauflos und kippen hin und wieder eine Ladung Mercurochrom über die beiden Operationsfelder. Anesthesieschwester Megi hält meinen Kopf und jedes Mal, wenn ich zu
Stöhnen beginne, erhalte ich einen
Schluck aus der Whiskyflasche. Nach
etwa zwei Stunden Arbeit haben sie tatsächlich den grössten Teil der Seeigelstacheln aus meinen Fusssohlen herausgeholt; ich werde verbunden und in den Aufwachraum verlegt.
Am nächsten Tag ist bereits wieder
Tauchen angesagt,- der Trockenanzug
macht’s möglich.
Rudi schlägt natürlich dem Gipfel
den Boden ins Gesicht, als er sich beklagt, dass sein Schlauchboot bei dieser Aktion ein klitzekleines Leck eingefangen habe. Ja einem „Patentierten
Kapitän der englischen Handelsmarine“ kann man wahrscheinlich nichts
gut genug machen.
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Ein Riesenseeigel; zwischen den Stacheln, sieht
man die Saugfüsschen
(Ambukralfüsschen)
Die „Meersau“,
ein grosser Drachenkopf
Dem Monte Argentario, die Halbinsel
auf der Porte Hercole und Porto Santo
Stefano liegen, vorgelagert, finden wir
das kleine Inselchen Argenterola. Hier
findet meist der letzte Tauchgang, vor der
Rückkehr ans Festland, statt. Sowohl zu
Fuss wie auch mit dem Aquazepp ist das
Inselchen gut zu umtauchen. Auf der
Nordseite findet man in nur 6 Metern Tiefe den Eingang zu einer riesigen Höhle.
Auf der Südseite gedeihen in 40 Metern
Tiefe schöne Edelkorallen. Diese will ich
besuchen. Leider ist hier die Sicht, wegen der Landnähe, meist sehr schlecht,
vergleichbar mit dem Zugersee. Um auch
den Heimweg wieder zu finden, habe ich
mir einen ziemlich grossen Präzisions-
Peilkompass um den Hals gehängt. Bei
den Edelkorallen knie ich mich in den
weichen Schlamm um sie anzuleuchten.
Sofort entwickelt sich eine dichte
Schlammwolke. Also, nichts wie weiter.
Leider beachte ich nicht, dass mein
Kompass zwischen den Propellerblättern
der Antriebsschraube durchgerutscht ist.
Sowie ich starte, rollt sich die Kordel auf
der Propellerwelle auf und ich finde meinen Kopf plötzlich mit der Propeller-Abdeckung eng verbunden. Das muss ziemlich komisch aussehen. Zum Glück gehört zur kompletten Tauchausrüstung
auch ein Messer.
Direkt vor der Höhle
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Argenterola,
das Silberinselchen
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Während vielen Jahren waren wir, in
unserem Ausgangshafen Talamone, an
einem sensiblen Punkt der Werltpolitik.
Wir wussten zwar, dass die CRESTA,
über deren Deck wir manchmal an Bord
der Fieramosca klettern mussten, für
Sprengstofftransporte benutzt wurde. Die
zugehörige Fabrik befand sich im Pinienwald direkt hinter dem Sandstrand. Hinter
und neben dem Pinienwalt befand sich
einer der grössten Campingplätze der
Toscana. Wie es scheint, wurde durch
den Pinienwald von der italienischen
Schwerindustrie die Waffen angeliefert,
die dann gleich mit dem Sprengstoff
verladen werden konnten.
Das waren dann vermutlich die
gleichen Schiffe, die wir beim Tauchen in
der Strasse von Tiran vorbeifahren sahen.
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Istruttore Quattro Stelle
Heute hat uns der Wildhüter
gefragt, ob wir nicht seinen Kollegen zum Chachelischiff mitnehmen
würden. Er hat um den Hals eine
grosses goldenes Medaillon, das
Ihn als 4-Sterne Instruktor des Italienischen Tauchsportverbandes
ausweist; also, wieso nicht?
Wir gehen runter und jeder
buddelt, wie gewohnt, für sich, im
Scherbenhaufen herum. Wo ist
denn unser Istruttore? Die Sicht ist
gut und da nirgends ein lebloser
Körper herumliegt, muss er den
Tauchgang, ohne sich abzumelden, frühzeitig abgebrochen haben.
Als wir ihn nachher, an der
Oberfläche im Boot, wiederfinden,
meint er, dass er auf dem Chachelischiff ein unsicheres Gefühl gehabt habe. Wo werden in Italien die
Instruktoren-Brevets verlost?
Spirografen
(Röhrenwürmer)
Sie verschwinden, wenn sie ein unsicheres Gefühl haben, blitzartig.
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Der Krake schleicht sich davon
aus
Tief atmend
ein
Giannutri, Cala Spalmatoia, Spätnachmittags. Cello, Gebi, Kurti und ich
sitzen um die Seekarte und planen noch
einen Abendtauchgang. Wir wollen an der
Punta San Francesco nur einen kurzen
Tauchgang, der am Morgen war recht
happig gewesen, durchziehen. Die Karte
zeigt eine Wand; wir werden senkrecht
runter und auch wieder rauf tauchen, 40
Meter, 10 Minuten, also beinahe ein Nullzeitentauchgang.
Der Matrose fährt uns mit dem
Schlauchboot raus und wir machen ab,
dass wir etwa 10 Minuten der Wand entlang tauchen würden; er brauche ja nur
auf unsere Luftblasen zu achten. Wir tauchen ab und die Wand ist da, wie wir das
auf der Karte gesehen haben. Am Fuss
der Wand geht’s auf dem Sandgrund weiter. Wunderschöner Bewuchs, Höhlen mit
Leben gefüllt, Rote Gorgonien.
Die TYRA in der Cala Spalmatoia
Hoppla, wir sind schon 15 Minuten
unten, höchste Zeit aufzusteigen. Also
schön die Wand hoch, aber, (was soll
das?) auf 30 Metern ist sie zu Ende. Soweit man sehen kann, erstreckt sich eine
gerade Sandfläche, - das war aber auf
der Seekarte nicht vorgesehen! Zum
Glück habe ich einen Kompass dabei und
weiss, in welcher Richtung das Ufer liegt.
Die Zeit drängt; die Dekozeit können wir
berechnen, wenn wir wieder an der Wand
sind.
Von rechts beginnt plötzlich eine
rauhe Strömung zu blasen und behindert
unser Kompassschwimmen erheblich.
Wo kommt den diese Strömung plötzlich
her? Nach endlosen Minuten, ich verliere
beinahe den Glauben an die Kompassnadel, sind wir wieder an der Wand zurück.
Wir steigen auf. Die Dekozeit ist inzwischen nicht mehr schätzbar, wir müssen
eine neue Rechnung machen. Aber verdammt, was ist denn hier los? Es geht
rauf und runter, wie an der Chilbi. In der
halben Stunde, in der wir unten gewesen
sind, ist, wie es scheint, ein Sturm aufgekommen. Die Brecher, die an die Steilkü-
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Flexible Tauchgangplanung?
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
ste donnern, verhindern eine Dekompression auf 3 Metern. Wir verkeilen uns
im Kreis, in einer Felsspalte auf 6 Metern, um nicht weggerissen zu werden.
Ein eifriges Rechnen beginnt. Der Tauchgang vom Morgen - Restsättigung - 15
Minuten/45 Meter - 10 Minuten 30 Meter
- Dekotiefe ist zwingend 6 Meter. Wir haben, zum Glück, jeder ein Hilfsmittel dabei.
Die Italiener haben den Dekometer
erfunden, ein analoger Vorläufer des
Tauchcomputers. Auch wenn die gesamte schweizerische Taucherwelt den Einsatz dieses Hilfsmittels verdammt, sind
wir in diesem Moment doch froh darum.
Es erlaubt uns, die Tabellen etwas zu relativieren und auch zu extrapolieren. Ich
frage mich wie die schweizer „Obertauchfrösche“ diesen Tauchgang berechnen
würden; wahrscheinlich würden sie die
ganze Nacht dekomprimieren. Inzwischen wird es nämlich langsam dunkel.
Irgendwann entscheiden wir demokratisch, dass wir nun genug dekomprimiert hätten; wir tauchen ins Blaue hinaus, weg von der Felswand und steigen
auf. Wo ist das Schlauchboot? Das hat
uns nun gerade noch gefehlt. Von jedem
Wellenberg herunter versuchen wir unser
Boot zu entdecken,- vergeblich. Die Aussicht, in dieser Brandung, mehrere hundert Meter, gegen die Strömung schnorcheln zu müssen, erhöht nicht gerade die
Stimmung. Wir halten wieder Kriegsrat.
Das Erklimmen der Felswand ist nirgends möglich. Doch plötzlich kommt
uns, wie ein Korken auf den Wellen tanzend, unser Gommone entgegen. Wir
seien ja praktisch an der gleichen Stelle
auf- wie abgetaucht, meint unser Tauchtaxidriver.Von den Luftblasen sei, nach
dem Aufkommen das Sturms, überhaupt
nichts zu sehen gewesen. Wir sind sehr
froh, vor dem Einbruch der Nacht, auf unserem Schiff zurück zu sein.
Seekarten sind für eine genaue
Tauchgangplanung nicht geeignet!
Statt der Seemöwe,
- ein Marlin
Rudi und die Fieramosca sind unerreichbar und wir brauchen also ein anderes Odysséevehikel. Ich habe bei einem Reisebüro die Seemöwe gebucht,
aber die ist nicht in Porto Santo Stefano
eingetroffen. Der Reisebüroleiter beruhigt mich, sein Agent in Santo Stefano
habe die Situation im Griff und eine Alternative gefunden. Er drückt mir ein
Couvert mit unserer Vorauszahlung in
die Hand und meint, ich müsse es nur
seinem Agenten im Hafen übergeben;
ich träfe ihn in der Hafenbar. Am Ziel angekommen, wird mir mitgeteilt, ich fände
Herr Hildebrand, so heisst der Agent, in
der Werft.
Nun ist die Werft in der Hafenstadt
Santo Strefano nicht etwa am Hafen,
nein, sie ist auf dem Berg. Verglichen
mit Zug, etwa in der Schönegg. Wir fahren also auf den Berg und in der Werfteinfahrt fällt mir sofort ein Fiat mit Zuger
Autonummer auf, weiter hinten steht
noch ein Mercedes. Mir geht ein Licht
auf: Hier muss die Werft sein in der die
Motorjacht von Pierre Sudan, sie ist ihm
abgebrannt, repariert wird. Auch Herr
Hildebrand treffen wir hier und um eventuellen Problemen (ich weiss ja nicht,
wie viel Kohle im Umschlag ist) aus dem
Weg zu gehen, schlage ich vor, den Umschlag von einem Neutralen öffnen zu
lassen. Wir treffen Pierre auf der Brücke
seines Schiffs, im „Übergwändli“ mit der
Schleifmaschine in der Hand. Ich staune, das hätte ich ihm nicht zugetraut.
Hildebrand kommt mit zum Hafen
und ein schmucker Zweimaster, die
„Marlin“, legt sauber (römisch-katholisch) an der Hafenmole an. Der Eigner
und seine Frau blicken erst etwas skeptisch, aber der Odyssee steht nichts
mehr im Weg.
Muräne
Riviera
Nach vielen Jahren in denen wir unsere Odysseen im Thyrrenischen Meer
durchgeführt haben, sind die italienischen
Behörden auf die Idee gekommen dass
solche Charterfahrten nur noch von italienischen Schiffen durchgeführt werden
dürfen. Das zwingt die MARLIN, und
auch uns, nach Frankreich auszuweichen. Wir starten jetzt von Bormes-LesMimosas, nicht weit von Le Lavandou gelegen. Hier, vor Hyères liegen die bekanntesten Tauchgebiete der französischen Riviera.
Wir liegen vor dem Hafen in der
Bucht vor der Insel Port-Cros. Vorsichtigerweise hat unser Kapitän zwei Anker
mit voller Kette ausgelegt, den die Tramontana gibt Vollgas. Wir sind zwar hier
in der Windabdeckung der Insel, aber
zentraleuropäische Seeleute sind vorsichtig. Und trotzdem, wir sitzen in der Kombüse, trinken Kaffee und das letzte Bier,
sehen wir die Lichter der anderen Boote
an uns vorbei ziehen. Unser Zweimaster
segelt tatsächlich, die zwei Anker hinter
sich her ziehend, quer durch die Bucht.
Zwei Tage gibt es keine Ruhe und selbst
die Maxijacht, die versucht wegzusegeln,
ist eine halbe Stunde später wieder zurück.
Nun kommt die erste Passagierfähre
von Hyères herüber. Über die Wellenkämme sieht man grosse
Teile des Rumpfes, jedesmal, bevor das respektable Schiff ins
nächste Wellental knallt.
Die aussteigenden Passagiere hinterlassen einen unvergesslichen
Eindruck Tropfnass und
käsebleich wanken sie
die Gangway hinunter.
Man sieht, dass sie
dem Himmel danken,
nochmals davongekommen zu sein.
Odysséen im Tyrrennischen Meer
1970-90
Als Optimist habe ich meinen Toyota im Halteverbot auf der Hauptstrasse,
zwischen zwei Bäumen, keine 50 Meter
vom Polizeiposten entfernt stehen und,
um dunkle Gestalten abzuschrecken,
das Handschuhfach offen gelassen.
Wir erleben eine Superwoche rund
um Giannutri und werden vom Eignerpaar hervorragen betreut. Sie sind Wiener und so lernen wir die gute östreicher Küche kennen. Wenn wir untereinander Mundart parlieren, ist das für sie
eine Fremdsprache, während wir ihr
wienerisch natürlich bestens verstehen.
Zum Schluss kriegen wir ein Riesenkompliment: Sie hätten noch nie so
gute Taucher an Bord und, trotz anfänglichen Bedenken, viel Freude mit
uns gehabt. Bisher seien sie halt nur
mit Wienern unterwegs gewesen und
Schweizer seien ihnen halt doch ein
bisschen exotisch vorgekommen.
Wir sind dann noch ein paar Mal,
von Südfrankreich aus, mit ihnen unterwegs gewesen
Mein Auto finde ich, ohne Bussenzettel oder Kratzer, am Abstellort wieder. Bei uns hätte man es sicher schon
lange abgeschleppt.
.
Der Sinai ruft
Sinai
1972-80
Von 1972-79
machten wir unsere
Tauchexpeditionen an
einem Brennpunkt der
Weltpolitik, im Sinai.
Zuerst als Vagabunden
mit Schlafsack, den
gemieteten VW- Buss,
ausgehend von Tel Aviv
durch den Negev „prügelnd“, später mit der
ARKIA nach Sharm in
Hugi’s Tauchcenter.
Ich erinnere mich an einen Flug in
der „Angströhre“, dem Metroliner, zwei Turboprops, nirgends Stehhöhe; aber für jeden
Passagier ein Fenster. Die Hostesse bestand aus einer Thermosflasche und der
Jagdpilot am Steuer präsentierte uns, direkt
auf der Grenze, in der Mitte des Golf von
Akaba, im Messerflug, die Korallenriffe von
Saudi Arabien und die Nachschubfrachter
des Iran-Irak-Kriegs auf der Reede von
Akaba.
Der Metroliner,
Angströhre genannt
Einmal picknickten wir auf dem Deck
einer grossen Jacht, direkt auf der zurückgenommenen Waffenstillstandslinie im Marsa Bereika. Die Israelischen Ada’s, die auf
ihrer Seite, am Strand, gesünnelt hatten,
versuchten erfolglos, uns, mit ihren Sturmgewehren fuchtelnd, von unserem Ankerplatz zu vertreiben. Also in der Luft, am Boden und unter Wasser, Action pur.
Sinai
1972-80
Mit Gebi auf der
Geisterbahn...
Gebi hat an alles gedacht. Für ihn ist klar, die
Wüste ist trocken. Also
hat er im Taxfree-Shop
eine Magnumflasche
Dimple (12 Years old) gekauft. In unserem Tel Aviver Hotel checken wir ein.
Neben den Tauchtaschen,
klemmt er sich auch noch
seine „bruchsicher“ verpackte Whiskyflasche unter den Arm. Dummerweise rutscht sie, gleich vor
der Lifttüre, aus der Wellpappebox und zerschellt auf dem luxuriösen Marmorboden. Über drei Treppenstufen ergiesst sich Gebis wertvoller Notvorrat in die Hotellobby. Letzte Reste können
noch im Flaschenboden gerettet werden,
ein sofortiger Verbrauch drängt sich aber
Gebi hinter Schwarzen Korallen
bei Faraun Island
auf. Es riecht wie in einer Whiskybrennerei.
Gebi ist gestresst. Eigentlich wäre
jetzt Zeit schlafen zu gehen. Er liegt auf
dem Bett und manipuliert mit einem Schraubenzieher an seinem Fenzy-Jacket herum.
Endlich ist das Überdruckventil raus und
Gebi zieht strahlend ein Bündel israelischer
Pfunde hervor. Er hat den Zoll überlistet.
Die Umstehenden staunen. Gebi hat erfahren, dass die Ein- und Ausfuhr von Israelischen Pfunden verboten ist. Aber er hat leider das Pech, dass Israelische Pfunde hier
billiger zu kaufen sind, als in der Schweiz.
Lustiges Reisen
Anderntags geht die Reise Richtung
Sinai los. Endlose Strassen durch Palmenhaine, Steppen und Wüste wechseln
sich ab. Zum Glück ist ein Autobuss voller junger Damen auch in Richtung Eilath
unterwegs. Mit Lippenstift kritzeln sie die
Heckscheibe ihres Cars mit „frommen“
Sprüchen voll. Da sich der Gegenverkehr im
Rahmen hält, gelingt uns bei 100 km/h von
Fenster zu Fenster ein eifriger Tauschhandel Orangen gegen Äpfel.
Kamelmarkt
Sinai
1972-80
Unsere erste Zwischenstation ist die Wüstenstadt Bersheeba. Wir
parkieren unser Auto direkt
vor dem Haupteingang und
organisieren eine „Planggenwache“.
Viel Interessantes gibt es
zu sehen. In der Abteilung
Geflügel werden die armen
Hühner wie am Fliessband
vom Leben zum Tode befördert. Der Schächter hat ein Messer im
Mund, ergreift das Huhn bei den Beinen
und zieht im das Messer quer durch die
Kehle. Dann lässt er es in eine Tüte fallen,
die Beine strampeln noch ein paar Sekunden, und schon ist das Federvieh verkaufsbereit. Der diensttuende Fachmann findet
es nicht lustig dass ich sein Aktionen filme.
Ich kann aber im letzten Moment seinem
scharfen Messer entfliehen.
Zurück bei unserem Auto laufe ich
gleich in den nächsten Hammer hinein.
Sogar in unserer Kabine hat sich ein
Huhn eingenistet. Die Umgebung gefällt
ihm gar nicht. Es hat schon unsere ganze
Kabine vollgeschissen. Orlando erklärt mir,
er kenne meine „Vorliebe“ für Fisch und Vogel und dass es sich hier um ein persönli-
ches Geschenk, nur für mich, handle. Ich
organisiere eine Kartonkiste und mein Huhn
findet einen Platz auf der Ladefläche. Nach
der Ankunft in Eilath entlasse ich es in die
Freiheit.
Am anderen Tag zeigt sich die Basiscrew absolut begeistert. Es sei ihnen
noch nie passiert, quasi in der Wüste, ein
lebendes Huhn zu finden. Sie hätten es natürlich sofort auf den Grill geklemmt.
Trockene Wüste
So eine Sinaiexpedition muss vorbereitet sein. Der Expeditionsleiter denkt an
Wasservorräte und kauft einen 5 Gallonen
Bidon. Am anderen Tag fährt unser Superfahrer Gebi vor. Das
Wasser im Bidon
sieht eher wie Sirup
aus . Gebis Kommentar: „In der Wüste braucht man kein
Wasser, man braucht
Benzin“.
Im Prinzip hat er
ja recht.
Unser VW-Buss fährt wie ein Formel-1
Wagen. Es ist eine Version die in der
Schweiz garantiert nicht erhältlich ist. Der
Motor ist nicht plombiert und die Kiste läuft,
voll beladen mit uns sechs und dem kompletten Gepäck und Tauchausrüstungen auf
der Brücke, über 140 km/h. Gebi am Steuer
reizt das natürlich voll aus. Auf der schurgeraden Piste hinunter nach Ras Muhammed
frässt er, voll chrösch, in eine vielleicht fusshohe Sanddüne. Der folgende Knall lässt
uns das Schlimmste befürchten, aber das
rechte Vorderrad ist noch dran. Gebi meint,
dass Sand ja normalerweise weich sei. Es
war aber seeeehr feiner Sand!
Joe’s Naama Hilton
Joes Hotel, inmitten eines Alteisenlagers, an der Naama Beach ist ziemlich luxuriös. Wir haben Halbpension gebucht, und
auch bezahlt. Im Abwaschbecken stapelt
sich das dreckige Geschirr bis zur Decke.
Da das Hotel keine Dächer hat, ist Horst
vorsichtig. Er schnappt sich einen Sonnenschirm und richtet sich seine eigene Schlafecke ein. Es sieht aus wie „Der arme Dichter“ bei Spitzweg.
Was macht der Barsch im
Tiefkühler?
Ein Blick in den Tiefkühler vor dem Hotel macht alles klar. Er ist offensichtlich
schon längere Zeit nicht mehr mit dem
Stromnetz verbunden. Olfaktorisch sind interessante Nuancen festszustellen. Der erste Fischmumienfund im Sinai.
Wurst und Bier
Jeden Morgen müssen wir beim Supermercado vorbeischauen um etwaigem
Hunger oder Durst vorzubeugen. Der bester
Platz um eine Kiste Bier, bei 40 Grad im
Schatten, einigermassen kühl zu halten, befindet sich unter dem Beifahrersitz. Die
Würstchen sehen zwar gut aus, aber für
koschere Wienerli, haben wir schnell festgestellt, können sich nur Fische begeistern.
Doktorfisch
Sandaale
Sinai
1972-80
Geschwindigkeitstests
Sinai
1972-80
Menue gastronome am Ras
Mohammed
Spezialitätenrestaurant
Hugi
Glücklicherweise haben wir auf unserer Expedition einen Mehrsternekoch dabei
und ein Sponsor („Fritz the Cat“ und MAGGI) haben uns mit Trocken-Fastfood versorgt. Wir haben aber doch ein Problem; in
der Wüste wachsen fast keine Bäume und
Quellen sind ziemlich selten.
Da Gebi unseren Wasserbidon zu einem Benzinbehälter umfunktioniert hat,
müssen wir viele Cognac-, Whisky- und
ähnliche Flaschen ausleeren um genügend
Wasservorräte mitnehmen zu können. Als
Brennholz „organisieren“ wir hinter den wenigen Restaurants die alten Gemüseboxen.
So haben wir mitten auf dem Riff von Ras
Muhammed die Wahl zwischen TomatenPilz- oder Erbsensuppe.
Leider trudle ich verspätet beim Nachtessen ein. Drei dunkelbraune, harte Kügelchen liegen auf meinem Teller. Ich gehe in
die Küche und versuche dem Koch die Geheimnisse seiner kulinarischen Köstlichkeit
zu entlocken. Um meinen Fragen Nachdruck zu verleihen, nehme ich eine Pfanne
zur Hand. Der Koch, übrigens ein Schweizer, flüchtet auf die andere Herdseite und
verspricht Besserung. Die Kügelchen sind
Hühnermägen! Ich liebe exotische Küche.
Sinai
1972-80
This is my expensif wife...
ruft der Jüngling unter der Tür und
stellt uns so seine hübsche Begleiterin
vor. Wir sitzen auf den Bänken vor dem
Tauchcenter von Willy Halpert an der Coral Beach in Eilath und vertreiben uns die
Zeit, bis unsere Geräte gefüllt sind.
Es ist der Meeresbiologe Hans Frikke, der uns anschliessend zu motivieren
versucht, die grossen Drahtkäfige, die er
selber zusammengeschweisst hat, über
den Strand hinunter ins Meer zu schleppen.
Ich hatte seine Spuren schon 1968 auf
dem Feld mit den Sandaalen bemerkt. Er
hatte das ganze Gebiet mit Schnurquadraten eingeteilt. Fricke war schon als Student
mit dem Velo von Deutschland bis hier an
die Coral Beach getrampt um mit seinen
Forschungsarbeiten zu beginnen. Das Golf
von Akaba ist halt das am nördlichsten und
uns auch am nächsten gelegene, tropische
Meer.
Gespenster in
Dahab
Sinai
1972-80
„Was rappelt da im
Nachttischlein?“ Frägt
Horst im „Hotel“ Dahab,
wo wir regelmässig
Duschübernachtungen
einschieben. Orlando
klärte ihn auf.
Kapitale Einsiedlerkrebse würden die Abwasserleitung zur Dusche hinaufaufkrabbeln
und sich dann in den
Nachttischlein-Schubladen verkrümeln. Horst
ist beruhigt. Wir verschieben dann aber die
Einsiedlerkrebse doch
wieder zurück an den
Strand.
Super, wir sind die einzigen Taucher hier. Gebi streichelt einen Riesenzackenbarsch; Kurt filmt. Aber der
Nachttauchgang schlägt Alles.
Aus allen Löchern kriechen die Gorgonenhäupter
heraus, setzen sich oben aufs
Riff und entrollen ihre Fangarme in die Strömung; ein gespenstischer Anblick, wie aus
einer anderen Welt. Das ganze Riffdach ist übersäht von
Fangarmen die mit ihren „Fingern“ nach dem vorbeitreibenden Plankton greifen.
Jetzt geht die Show aber
erst richtig los...
Gorgonenhaupt
Sinai
1972-80
Science Fiction
am Lighthouse
Sinai
1972-80
Ein Schwarm von „Blinkifischen“ (Photoblepharon) ist aus der Tiefsee heraufgeschwommen. Im Scheinwerferlicht sind diese Fische recht unauffällig, aber wenn man
die Taucherlampe ausschaltet, taucht man
inmitten eines Feuerwerks. Rundherum
blinkt es wie wild und wenn man versucht
auf einen Lichtblitz zu leuchten, sieht man
nur die Riffkorallen. Nach jedem Blitz schlagen sie einen Haken zur Seite.
Diese Fische wagen sich nur in mondlosen Nächten so weit nach oben. Man
kennt sie auch noch nicht lange. Zuerst vermutete man hinter der seltsamen Lichterscheinung feindliche Kampftaucher.
Die Blinkifische tragen
ihre „Blitzlichter“, bestehend
aus Leuchtbakterien, in einer
Klapptasche unter den Augen.
Blitzlicht aus
Photoblepharon
Laternenfisch
Blitzlicht ein
Sinai
1972-80
Tempel
An diesem Tauchplatz wohnt
ein kapitaler Napoleon, der
sich gerne als Film- und Fotomodel produziert.
Amphoras
heisst das Tauchgebiet,
wo diese riesigen Amphoren herumliegen. Sie
scheinen zum Transport
von Quecksilber gedient
zu haben, das im
Edelmetallbergbau benötigt wurde. Beim im 17.
Jahrhundert untergegangenen Schiff soll es sich
um eine türkische Galeone gehandelt haben.
Sinai
1972-80
Steinanker
sind quallenähnliche Tiere. Sie treten in grossen Kolonien auf. Die
Drückerfische und alle Planktonfresser sind begeistert.
Sinai
1972-80
Salpen
Sinai
1972-80
Zackenbarsche
Sinai
1972-80
Blue Hole Diving
Wir, das heisst Orlando, Kurt, Horst,
Toni, Gebi und ich, sind in Dahab gelandet.
Was liegt da näher als ein Tauchgang im
Blue Hole. Im Reiseführer steht: Zugang nur
für Fahrzeugen mit 4-Rad-Antrieb. Versuchen wir’s doch mal. Die Strasse wird immer schmäler, die Löcher immer tiefer, bis
wir wirklich nicht mehr weiter kommen. Kurt
findet das Problem lösbar und lässt uns
aussteigen.
Tatsächlich, staunend sehen wir zu,
wie unser VW, selbstverständlich mit dem
entsprechenden Anlauf und allen vier Rädern in der Luft, die Spalte im Saumweg
überwindet. Unsere ganze Ausrüstung, Koffer, Kisten, Tauchgeräte fliegt mit.
Glasklar ist das Wasser im Blue hole
und traumhaft ist der freie Fall. Auf 70 Metern bremst mich der Sandboden. Beim
Blick nach oben, sieht man auf 40 Metern
die winzig-kleinen Taucherlein der Wand
entlang tauchen. Nun sofort, es gilt ja Luft
zu sparen, die Fenzy mit der Abluft gefüllt
und los geht der rasante Aufstieg, abgestoppt, bei den Kameraden an der Wand.
Makrelen auf der Jagd
Nur Gebi hat’s, hinter meinem Rücken,
noch tiefer geschaft. Sensationell auch die
Aussenseite des Blue Hole. Eine respektable Makrele, die, getarnt hinter einem grossen Napoleon auf die Jagd geht.
Ein Riesenschwanz
Sinai
1972-80
Schön ist’s hier am Ras Muhammed.
Ich habe ausdekomprimiert und segle
noch ruhig, knapp über der 10 MeterGrenze ums Riff herum. Kein bisschen
Strömung, das Wasser ist arschklar, ich
schaue in die blaue Tiefe. Bald wird meine
Flasche leer sein, ich sauge noch die letzten Atemzüge heraus und dann geht’s
rauf.
Da, ich traue meinen Augen nicht,
ein Fischsschwanz, aber was für einer.
Dieses Monster muss ich in Augenschein
nehmen, also sofort runter. Leider sehe
ich nur noch einen Schatten im Loch verschwinden. Jetzt wird’s heiss, soll ich im
nach? Auf vierzig Metern und praktisch
ohne Luft?
Die Entscheidung wird mir leicht gemacht, das Einatmen wird immer schwerer. Jetzt gilt es einen Kompromiss zu finden zwischen sparsamer Verwertung der
übrig gebliebenen Luftmoleküle, schnellem Aufstieg und Zusatzdekompression.
Zum Glück spendiert mir der Lungenautomat, wegen dem abnehmenden Umgebungsdruck, so etwa alle 10 Meter einen
Atemzug. Beim Aussteigen kann ich garantieren dass die Flasche wirklich leer ist.
Wimpelfisch
Einer belgischen Tauchgruppe gelang
es eine Foto des Giganten zu schiessen
(Erschienen im Aventures Submarines).
Der Zackenbarsch war mindestens drei Meter lang.
Zu dieser Zeit kannte man noch kein
Finimeter, man hatte eine Reserveschaltung, die etwa ein Fünftel des Flascheninhalts zurückhielt, um für die Dekompression noch einen Luftvorrat übrig zu
haben.
Für jeden Taucher hatten wir zwei
Tauchgeräte dabei, aber um diese nachzufüllen, mussten wir hunderte von Kilometern weit fahren. Also musste jedes
Atü ausgenützt werden; ein Gerät war
erst dann leer, wenn wirklich nichts mehr
herausgesogen werden konnte
.
Sinai
1972-80
Die mit dem Haifisch
tanzen...
Ely, Walti und ich sind vor der
Jackfish-Alley vom Zweimaster gesprungen.
Kaum im Wasser ruft Walti etwas von einem
Hammerhai und wir lassen uns durchfallen
bis wir auf etwa 40 Metern an der Riffwand
landen. Vom Hammerhai ist zwar nichts zu
sehen, aber dafür kommt uns ein kapitaler
Ammenhai entgegen.
Ganz entgegen allgemeiner Haigepflogenheiten zeigt er nicht nur keine
Angst, sondern schwimmmt direkt auf
mich zu, dreht eine Runde um mich herum und schwimmt weiter. Ich komme
kaum nach, mit einstellen und abdrükken.
Ely und Walti schütteln sich vor Lachen
Pterois Volitans und der
Wunderhandschuh
Fröhliches, individuelles Tauchen am
Ras um Sid (Sharks Point) ist angesagt.
Der neuseeländische Diveguide vom Aquamarin Divecenter führt ein paar Touristen
spazieren.
Staunend kann ich zusehen wie er unter den Riffvorsprung greift und, ich glaub
es nicht, versucht einen der dort schwebenden Rotfeuerfische ans Licht zu heben. Er
zuckt zurück und aus seiner behandschuhten Handfläche steigt ein schwarzer Faden
auf. Wie vom Blitz getroffen, lässt er seine
Tauchergruppe Gruppe sein und schiesst
an die Oberfläche, ja sogar darüber hinaus.
Ich folge ihm zur Riffkante und sehe nur
noch wie er im Crawlstyl bereits gut die
Hälfte des breiten Riffplateaus zurückgelegt
hat. Auch die Kollegen kommen nun nach;
aber wir haben es ja nicht so pressant.
Wie wir das Ufer hochgestiegen sind,
sehen wir unseren Guide wie er zwei Österreichern, bei ihrem Wohnmobil, die Teestunde vermiest. Er badet bereits seine blutende Hand in ihrem heissen Wasserkesse!.
Sein Arm ist bereits auf das Doppelte angeschwollen; heisses Wasser scheint nicht
gerade ein Wundermittel zu sein. Wir pakken ihn in unseren Pick-up und fahren mit
ihm in die Notfallstation von Sharm el Sheik.
Der diensttuende Arzt ist absolut nicht
überrascht und beruhigt unseren Patienten.
Er spritzt ihm ein Serum und zwei Stunden
später können wir unseren unglücklichen,
nun wieder quietschfidelen, Kollegen abholen.
Als wir ihn fragen, wie er dazu komme,
einen Rotfeuerfisch in die Hand zu nehmen,
meint er, dass seine neuseeländischen
Tauchhandschuhe (echt Leder) die robustesten der Welt seien. Aber muss man das
denn unbedingt ausprobieren?
Sinai
1972-80
30 Minuten Warten auf 20 Metern am
Sharks Point, brauchte es, bis der Grauhai
zu einer Portraitaufnahme bereit war.
Sinai
1972-80
Amos der Kampfschwimmer.
Mitte der Siebzigerjahre wurde im Sinai eine Tiefenbeschränkung von 40 Metern
eingeführt. Das setzte uns natürlich hart zu.
Aus war es mit dem freien Tauchen. „Big
Brother is watching you.“ Unser Big Brother
war Amos, ein junger Kampfschwimmer,
frisch aus dem Militärdienst zurück. Da der
speichernde Tauchcomputer noch nicht erfunden war, spielten wir ständig ein kleines
Versteckspiel mit ihm. Und des öfteren wurden wir von ihm, wie kleine Rekruten, zusammengeschissen. Bis es uns dann aber
zuviel wurde.
Riffhai
Amos und ich machen zusammen
mit etwa 48 Engländern einen Ausflug
nach Ras Muhammed. Geheimnisvoll
meint er, dass heute keine Tiefenbegrenzung gelte. Unser Schiff ankert zwischen
den Riffen von Ras und und eine gewaltige
Strömung bläst. Bis die Engländer unter der
Leitung ihres Diving-Marshalls mit der
Tauchgangplanung fertig sind, treiben wir
schon im Wasser. Amos hat mich vorher
noch gefragt ob ich in der Strömung bis
zum Riff rüberzuschwimmen vermöge und
ich meinte, schlimmstenfalls würde ich den
Grauhai
Weg dem Grund entlang nehmen. Nun ich
habe es geschafft, aber wie, weiss ich
selbst nicht und hänge nun schwer atmend
am Riff. Für Amos, der immer noch im militärischen Trainingzustand ist, natürlich kein
Problem. Nun hat es ihn aber offenbar gepackt und er stürzt sich wie ein Jagdflieger
in die nördliche Schlucht. Es bleib mir
nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Zum Glück lässt nun die Gegenströmung
nach und ich versuche mich auf die Kontrolle der Atmung zu konzentrieren. Ich bemerke aber, dass dies, je tiefer wir kommen, desto unmöglicher wird. So bei ca. 50
Tiefenmetern findet er dann, es
sei genug. Ich lasse mich der
Wand entlang treiben wie eine alte
Dampflokomotive und bin richtig
froh, dass es dann zwischen den
Riffen im Strömungsschatten wieder aufwärts geht. Vor allem, da
es mir noch nie gelungen ist, in so
kurzer Zeit, eine so grosse Luftmenge durch den Automaten zu
jagen. Ich verzichte dann darauf,
Amos zu erklären, welche Tauchtechnik ich für die Vernünftigere
halte.
Sinai
1972-80
Sehr interessant wird es an
der Oberfläche. Die Südspitze
des Sinai ist gerade von den Israelis an die Ägypter zurückgegeben worden. Diese haben ein
paar Zelte als Militärbasis auf die
Klippe gestellt.
Der Kommandant klettert
herunter und watet über das Riffplateau bis an die Kante heran.
Von dort aus diskutiert er mit unserem Amos. Er beklagt sich,
dass der Nachschub von Kairo
sehr zu wünschen übrig lasse.
Vor allem der Mangel an Zigaretten mache ihm zu schaffen. Eine Stange Zigaretten ist schnell aufgetrieben, jetzt geht
es nur noch um die Übergabemodalitäten.
Diplomatische Komplikationen liegen in der
Luft, der ägyptische Offizier ist nämlich
Nichtschwimmer.
So ergibt es sich, dass ein israelischer
Offizier, einem ägyptischen Offizier, auf
feindlichem Territorium, eine Stange Zigaretten überreicht. Leider habe ich keinen
Fotoapparat bereit und daher ist dieser historische Vorgang auch nie in der Weltpresse dokumentiert worden.
Barrakudaschwarm
Auf dem Wrack der YOLANDA.
Heute liegt es, nach einem Sturm, ein paar
hundert Meter tiefer, vor den Riffen von Ras
Muhammed.
Sinai
1972-80
Makrelen
Imposante Gorgonie
Riesenbarsch
Sinai
1972-80
Suppenschildkröte
Die grossen Thune, die hier am
Strand herumliegen, sehen aus wie echt,
sind aber aus Polyester und einsame
Waisenkinder. Ein italienisches Kamerateam hat einen Film gedreht, und da
Thunfische nicht auf Befehl ins Bild
schwimmen, haben sie solche aus Kunststoff mitgebracht. Wir adoptieren Einen.
Er wird zuoberst auf unserer Ladung
montiert und muss unsere Expedition mitmachen.
Natürlich wollen wir ihn auch nach
Hause mitnehmen. Beim Eingang zum
Tel Aviver Flughafen schnappe ich mir ein
Industrierolli und packe unseren Fisch
drauf. Er sieht wirklich aus wie echt.
Rund um uns herum staunen Völkerstämme aller Nationalitäten und Hautfarben, welcher Clown auf die Idee kom-
Imperator
men könne, einen Thunfisch von 150 cm
Länge als Fluggepäck einzuchecken.
Das psychologisch geschulte Sicherheitsgirl interviewt uns intensiv und
beäugt unser Souvenier von innen und
aussen. Sie lacht und meint, dass der
Thunfisch Mundgeruch habe. Nach
Wein....? findet sie!
Drei „Tigers“ von der SWISSAIR stehen mit finsterer Mine daneben und finden es gar nicht lustig. Unsere Dame
macht uns zwar Hoffnungen, will aber
nichts versprechen, klebt dem Thunfisch
einen Gepäckkleber um den Schwanz
und legt ihn aufs Förderband.
Und siehe da; in Kloten taucht der
Thunfisch, schwanzvoran, aus dem Untergrund wieder auf.
Sinai
1972-80
Der fliegende Thunfisch
Gorgonie
Sinai
1972-80
Mondsichelbarsch
Sinai
1972-80
Sonnenuntergang
in Sharm
Arabischer
Kaiser
Mein Wrack,
der Marktnauen von
Buonas
Der Marktnauen von Buonas
1995
Direkt unter dem
Schloss Buonas
springe ich
rein. Miggel
Speck, der Berufsfischer, hat
mich mit seinem
Boot hergefahren. Er
möchte, wie immer,
dass ich das hängengebliebene Netz löse. Er
hofft jedes Mal dass sein
Netz an einer Schatzkiste hängengeblieben sei; bisher haben
wir
leider immer Pech gehabt. Heute sieht es
ein bisschen besser aus, kein Schatz
zwar, aber doch ein Wrack. Auf 20 Metern liegt es, halb im Schlamm vergraben
auch Ruderschäfte schauen noch aus
dem Dreck, an ihnen ist
wahrscheinlich schon manches Netz hängen geblieben. Anker, Kaffeekrug
und Zappi liegen auch
noch auf dem Kieshaufen herum.
Was könnte denn
das für ein
Schiff sein?
Miggel
meint, ich solle
mal in der Totenkapelle von Buonas nachschauen, er habe dort das
Bild eines im Sturm untergehenden Schiffes gesehen. Die Kamera
unter den Arm und hin. Tatsächlich, es ist
das Schiff und gewisse Details stimmen
überein. Der Maler muss also das Schiff
noch gesehen haben. Dramatisch sieht
der Kampf der Insassen gegen die wütenden Elemente aus. Auch das Untergangsdatum, der 24. Dez. 1817 ist vermerkt.
Der Marktnauen von Buonas
1995
Meine Schwester arbeitet in der
Kantonsbibliothek und findet dort sogar
einen Augenzeugenbericht. Sechs Jugendliche aus Buonas waren am Weihnachtstag nach Walchwil gefahren um
eine Ladung Kies zu holen. Auf dem
Heimweg gerieten sie in einen Sturm und
der Nauen sank einen Steinwurf vor der
Halbinsel. Da zu dieser Zeit die Kunst
des Schwimmens noch nicht weit verbreitet war, ertranken alle, bis auf ein Mädchen, das, vom im Schloss wohnenden
Pfarrresignat Bossard, mit einem Ast gerettet werden konnte.
Die Angelegenheit wird immer interessanter und ich informiere den Kantons-
archeologen Stefan Hochueli.
Er hat natürlich sofort Angst,
dass sich Grabräuber über das
Wrack hermachen würden, und
überlegt ob man es heben
könnte, oder mit Kies überschütten sollte. Ich versuche ihn
zu beruhigen und ihm klarzumachen, dass Unterwasserarchäologie für mich kein Fremdwort sei. Es stellt sich dann heraus , dass es sich bei dem
Schiff um eine Seltenheit handelt, da es durch seine schwere
Ladung fast unbeschädigt auf
den Grund gelegt worden war.
Alle anderen vergleichbaren Ledischiffe sind abgewrackt und
verfeuert worden. Das letzte,
gefunden 1915 bei der Ausgra-
Der Marktnauen von Buonas
1995
bung des Burggrabens von Schloss Hallwil, wurde dort ausgestellt und im Zweiten Weltkrieg zu Heizzwecken verwertet.
An der Aabachstrasse brennt ein altes Bauernhaus. Grosseinsatz mit Atemschutz. Bald ist alles vorbei, die Feuerwehr steht herum, und die Medienmeute
wartet auf die Presseorientierung. Unter
den Kameraleuten sehe ich Geri Guldenschuh vom
Schweizer Fernsehen. Wie ich zu
ihm sage, dass
ich etwas für ihn
hätte, sind wir sofort im Zentrum
des Polizeiinteresses. Ich zeige
im meine Unterlagen, die ich miniaturisiert immer
im Portemonnaie
mitschleppe und
er ist sofort begeistert.
Wir verabreden uns für Unterwasseraufnah-
men und dank
der Fürsprache
von Stefan können wir sogar
durch den
Schlosspark bis
ans Ufer runter
fahren. Zwei mal
dreiviertel Stunden filmen wir,
was die Batterien hergeben.
An einem
wunderbaren Februarmorgen
fahre ich mit dem
SLRG-Boot, einem ganzen
Fernsehteam und Miggel nochmals hinüber. Die Sonne scheint, leichter Nebel
liegt über dem See und im Schlosspark
hüpfen ein halbes Dutzend Rehe herum.
Den Kameraleuten laufen die Augen
über. Dabei wollen wir ja nur die Überwasseraufnahmen für den Schweiz Aktuell Beitrag machen. Alles geht rund, die
Aufnahmen sind alle im ersten Durchlauf
Der Marktnauen von Buonas
1995
im Kasten und wir sind nach drei
Stunden zurück, ein Riesentheater wegen zweier, am Hafen geparkten, Autos inklusive.
Mit Katrin Böschenstein von
den Zuger Nachrichten habe ich
auch einen Artikel aufgegleist.
Jetzt versuche ich alles zu koordinieren, denn Mitte März findet in
Zug die Delegiertenversammlung
des Schweizer Unterwassersport
Verbands statt. Am Freitagabend
bringt also das Fernsehen den
Beitrag und am Samstag können
wir die „Zuger Nachrichten“, praktisch als Sonderausgabe, mit den
Schlagzeilen und dem Wrackbeitrag auf der Frontseite verteilen.
Der Fernsehbeitrag gewann
in Schweiz Aktuell und auch auf
3sat den Preis „Best of the year“.
Sybille untersucht das Wrack
Monate später sinddann die Wrackplünderer tatsächlich unterwegs gewesen.
Die Kaffeekanne, die oben
auf dem Kieshaufen gelegen
hat, ist weg. Aber auf ein, am
richtigen Ort platziertes, böses Gerücht materialisiert
dann der emailierte Artefakt
wunderbarerweise am alten
Ort. Die Seepolizei säubert
darauf, im Auftrag der Kantonsarchäologie, das Wrack
von allen Überresten.
Schnellschuss Helengeli
Helengeli
1982-93
Nachdem Fihalohi gezeigt hat, dass
die Malediven mehr als einen Tauchgang
wert sind, wollen wir nun eine Klubreise
machen. Ein Kollege , Maitre de Cabin
bei der BALAIR, will uns den Aufenthalt
organisieren. Zwei Wochen vor dem Abflug löst sich unsere Vorfreude in Luft auf.
Nun müssen wir uns schnell etwas
einfallen lassen. Ich schaue mit Ruth
Meister den Subaqua-Katalog durch; ein
Foto weckt unser Interesse. Eine Insel
langgezogen, am Aussenriff gelegen. Die
Form deutet auf starke Strömungen hin;
sowas suchen wir. Abgelegen, am nördlichen Ende des Nordmale-Atolls.
Helengeli
1982-93
Das Riff überlebt immer!
Von 1982 - 96 besuchten wir jedes
Jahr mindestens ein Mal unsere Insel.
Sie war relativ bescheiden eingerichtet
und hatte dadurch ihren eigenen
Charme. Zuerst unter österreichischem,
später unter schweizer Management. Mit
dem Basisleiter Ueli Weibel konnten wir
auch frei und ganz nach Lust und Laune
drauflostauchen. Mit amtlich verordneten
Tiefenbegrenzunge hatte er nichts am
Hut, dafür konnte er seine Gäste taucherisch richtig einschätzen.
Helengeli galt als Ökoinsel, daher
kam das Bier vom Fass, und das in rauen
Mengen. Interessante Diskussionsthemen, wie: „Was unterscheidet den Tiefenrausch von anderen Suchtmitteln?“.
Je früher der Morgen, desto bleicher
der ceylonesische Barmann. Ein
lauter Wecker war unverzichtbar.
Zuerst erreichte man die Insel
nur mit dem Dhoni in vierstündiger
Fahrt; besonders interessant, wenn
mal, auf der Rückfahrt, morgens um
zwei Uhr, der Motor streikte. Später
kam dann das Schnellboot, da war
jedes Auge gefragt auf der Suche
nach versteckten Korallenriffen; ein
Motorboot hat keine Bremse!.
Eines Jahres waren Walti und
Elly im Januar, eigentlich die ruhige
Jahreszeit, zu Besuch. Zwei Wochen lang donnerten die Brecher
über das Riff. Sie kamen nur drei
Mal zum Tauchen. Am Hausriff war
das Tauchen sogar unmöglich.
Wir besuchten die Insel im
Steinfisch
Herbst des gleichen Jahres; sie war am
Aussenriff zwei Meter höher geworden
und die Riffabhänge sahen aus wie eine
Kiesgrube, in der eine Hundertschaft Indonesier mit Dynamit gefischt hatten. Ein
Jahr später sprossen die ersten Korallenzweiglein aus den Ruinen und drei Jahre
später war von den Schäden nichts mehr
zu sehen.
Vorfreude
Peitschenkoralle und Wimpelfische
Helengeli
1982-93
Paradieskaiser
Besondere Hektik treffen wir einmal
im Oktober an. Auslaufende Strömung
und extrem trübes Wasser lassen nicht
gerade einen lustigen Tauchgang erwarten. In den Oberflächenwirbeln sieht man
aber bereits zahlreiche Flossen aus dem
Wasser ragen, als ob ein Rudel Haifische
sich besammelt hätte. Doch nichts dergleichen, es sind Mantas.
Sofort runter und hinter den Korallen
Deckung gesucht, die Strömung zieht
lausig. Oekologisches Verhalten bleibt
reine Theorie. Die Sichtweite beträgt
etwa sechs Meter. Aus dem Nirgendwo
tönt gespenstisch ein Gong. Ueli gibt
Signale indem er mit seinem Messer auf
die Tauchflasche schlägt. Plötzlich, wie
ein Schlag gegen den Kopf! Aus der
Suppe vor mir taucht ein Manta auf, wie
ein Lastwagen aus dichtem Nebel. Sicher
vier Meter breit und das Maul geöffnet
wie ein Scheunentor. Wahnsinn!
Ich versuche für eine Foto näher zu
kommen,- vergeblich. Dies gelingt mir
erst später. Der Manta steht bewegungslos, still in dieser Wahnsinnsströmung,
etwa ein Meter über dem Riff und wartet
bis die kleinen Putzerfischchen zu ihm
raufkommen. Ich robbe, immer in Dekkung, näher und näher an ihn heran. Auf
etwa zwei Meter gelingt es mir und ich
löse den Blitz aus. Er steigt weg und ich,
hinter ihm her, gegen die Oberfläche. Die
Strömung reisst mich nun natürlich mit,
aber es gelingen noch einige Fotos im
Gegenlicht. Jetzt aber nichts wie wieder
runter, bevor ich in den offenen Ozean
abgetrieben bin. Mit Mühe und Not erreiche ich noch das untere Ende des Tilas
und muss jetzt, möglichst im Strömungsschatten, zurück zum Ausgangspunkt.
Für mehr als eine halbe Stunde
reicht die Luft nicht, - aber was für
dreissig Minuten. Wo ist eigentlich Horst?
Helengeli
1982-93
Tanz der Mantas
Helengeli
1982-93
Aber den Kollegen gelingt es doch,
mir ein Wrack schmackhaft zu machen,
obwohl der Weg dahin etliche Stunden
dauert. Am Aussenriff des Gaavaru-Atolls
liegt das Wrack der „Sea Gull“. Ein
Dampfsegler, der auf dem Weg von Indien nach England, 1873 nachts auf das
Riff gedonnert ist. Die Einheimischeninsel
von Gaavaru ist auch einen Besuch wert,
aber das Wrack ist sensationel.
Auf 50 Metern liegt der hintere Teil
mit der Schiffsschraube, eine interessante Konstruktion aus der Anfangszeit des
Dampfschiffbaus, er sieht aus wie ein
riesiger Flugzeugpropeller. Unter dem
Schiff liegt noch Leergut herum, originale
Schweppes-Flaschen. Der Rest des
Wracks liegt über den ganzen Riffabhang
hinauf verstreut, rundum von den Korallen überwachsen, noch viele belebter als
es das Riff sonst schon ist. Ein wunderbarer Tauchplatz.
Helengeli
1982-93
Wracktauchen interessiert
mich nicht!
Helengeli
1982-93
Helengeli
1982-93
Elegant schwimmt der Rochen zwischen den Überresten der „Sea Gull““.
Helengeli
1982-93
Ruth und Nicki
betrachen die
Süsslippen
Luciano und
der Imperator
Helengeli
1982-93
Luciano und die Süsslippen
Selbst schlechtes Wetter,
(gibts den sowas auf den Malediven?) hält uns nicht vom Tauchen ab.
Der Schreck fährt einem aber doch in die
Flossen, wenn man auftaucht und sich
mitten im niederprasselnden Regen mit
einer Sichtweite von etwa 50 Metern
findet. Wo ist das Riff? Wo ist Indien?
Besser gleich wieder runter aufs Riff-
Luciano
Helengeli
1982-93
plateau und auf besseres Wetter warten,
solange die Luft reicht.
Beim nächsten Besuch an der Oberfläche taucht wunderbarerweise aus der
Wasserwand das Dhoni auf und wir können einsteigen. Glücklicherweise fehlt
diesmal die Strömung. Ein dreifach Hoch
auf die Dhonicrew.
Nicki mit Napoleon
Helengeli
1982-93
Ein Tauchgang zum Tila
mit Ueli ist ein besonderer Leckerbissen. Nach drei Minuten Bootsfahrt
hüpfen wir ins Wasser und versuchen, in
der starken Strömung, so schnell wie
möglich, runter zu kommen. Auf 25 Metern versammeln wir uns auf einem Riffplateau genau über dem Kanal. Und nun
müssen wir im Strömungsschatten nur
noch zuschauen.
Alles dreht sich um uns. Schnapperschwärme, Riffhaie, Napoleon, alles
kommt vorbei, ein Verkehr wie auf dem
Postplatz zur Stosszeit. Langsam macht
sich der Computer bemerkbar, die Nullzeit nähert sich ihrem Ende. Nun geht
der Tauchgang erst richtig los. Runter
über die Kante und abgetaucht. Bei 45
Metern liegen noch eine Reihe Korallenblöcke unter denen oft Haie schlafen.
Aber heute schlafen sie nicht, sie sind in
der Strömung unterwegs. Hilflos fliegen
wir zwischen den Gorgonien durch. Bevor es uns in den offenen Ozean spühlt,
schnell rechts weg, in die Deckung des
Tilas, und im Strömungsschatten wieder
hinauf. Dekomprimieren wird nun etwas
schwierig weil das Tila kaum bis zur 10
Meter-Marke heraufkommt.
Schlimmstenfalls lassen wir uns
dann doch in Richtung Indien davon
treiben. Die Bootscrew wird’s schon richten.
Ein Halfterfisch (Zanclus)
Keilfleck-Falterfisch
Zackenbarsche
Helengeli
1982-93
Blaukopf-Kaiser
Strömung braucht’s auch für den „Ali
Spezial“. Ueli führt diese Übung aber nur
durch, wenn er eine gute Crew zusammen hat. In Dreiergruppen wird am Rande des Kanals abgetaucht und jede
Gruppe versucht, so schnell wie möglich,
auf den Grund zu kommen. In 50 Metern
Tiefe setzt man sich in die Querspalten,
der, im übrigen blank geschliffenen, Kanalsohle. Nur ein paar einsame Drahtkorallen haben hier der Strömung wiederstehen können.
Rund herum ist der Teufel los. Haie,
Rochen, Riesenzackenbarsche und sogar ein Schwarm von 23 Adlerrochen
kreisen mühelos in der Strömung. Von
Zeit zu Zeit schaut jeder auf sein Finimeter. Dazwischen versucht man auch noch
die interessantesten Passanten auf den
Film zu kriegen. Wenn der Erste in der
Gruppe nur noch 100 bar in der Flasche
hat, der halbe Luftvorrat also aufgebraucht ist, wird aufgestiegen. Eine Blauwasser-Dekompression liegt vor uns.
Die Strömung treibt uns in rasantem
Tempo ins Innere des Atolls. Je nach
Grundzeit gibt es eine Dekompression
von 15 - 30 Minuten. Die aufmerksame
Dhonimannschaft kann uns erst mehrere
Kilometer vom Ausgangspunkt weg, wieder aus dem Wasser fischen.
Helengeli
1982-93
Ali Spezial
Helengeli
1982-93
Nicki und Ruth
ein stattlicher Zackenbarsch, und
lebe hier im Riff auf der Nordseite von
Helengeli. Den Tag durch schlafe ich und
verdaue. Aber am Abend, wenn es dunkel wird, bin ich unterwegs und warte auf
meine Freunde aus der anderen Welt.
Und sie kommen, jeden Abend und bringen sogar ihre eigenen Sonnen mit. Seit
diese komischen Wesen zu mir heruntertauchen, muss ich mir keine Mühe mehr
machen, irgend ein unachsames
Riffbärschlein zu erwischen, nein meine
Kollegen zeigen mit ihren handlichen
Sonnen direkt auf die besten Stücke des
kalten Büffets und bevor diese schlaftrunken den plötzlichen Sonnenaufgang
realisieren, schiesse ich aus dem Dunkel
heraus und schnappe mir den Leckerbissen. Ein Leben wie im Paradies...
Hier zeige ich Priska den Weg
Helengeli
1982-93
Ich bin Marianne,
Helengeli
1982-93
Hier bläst die Strömung häuffig nicht nur
von der Seite!
Wir haben das Glück eine Nacht
in Male zu verbringen. Zuerst gibt es
einen Stadtspaziergang in der am
dichtest bevölkerten Stadt der Welt. Es
leben auf diesem Inselchen (1,5 km2)
gleich viele Leute wie im ganzen Kanton Zug. Sogar Lichtsignale hat es auf
den Kreuzungen, um den bescheidenen Verkehr, der sich vorsichtig um die
badewannenähnlichen Schlaglöcher
schleicht, zu regeln. Die riesige goldene Kuppel der neuen Moschee wird
überragt von einem fünfstöckigen
Parkhaus. Woher sollen alle diese Autos kommen? Aber die Saudis werden
das alles mit der gleichen Bauabrechnung bezahlt haben.
Bei der Zollbehörde liegen haufenweise neue Tauchflaschen mit abgeschraubten Ventilen herum. Es
braucht viiiiiel Zeit bis sie alle kontrolliert sind, mit gutem Grund.
Vor Jahren wurden, übrigens
von Schweizern, Waffen in Tauchgeräten versteckt, eingeschmuggelt. Es
war die undemokratische Bildung ei-
ner neuen Regierung geplant. Die Geräte waren auch sehr clever umkonstruiert. So clever, dass Eines, dem
Umbauer, er hatte seine Bastelarbeit
bereits vergessen, beim irrtümlichen
Füllen, zwischen die Ohren flog.
Heute besteht wahrscheinlich
eher die Gefahr, dass auf diesem unkonventionellem Weg, Genussmittel
der harten Art, den Weg auf diese Inseln der Glückseligen finden.
In einem Speiselokal am Ocean
Drive gibt es ein Abendessen. Wir sind
die einzigen Touristen hier, die maledivischen Gäste bilden ein interessiertes
Publikum. An der Wand hängt das Bild
eines Alpensees, mit Berggipfeln und
röhrendem Hirsch.
Der Tisch ist schon gedeckt, auf
jedem Teller liegt bereits ein schwarzgebratener Fisch. 12 Töpfe mit Currysossen und verschiedenen Einlagen
stehen auf dem Tisch. Der Appetit hält
sich in Grenzen.
Lustiger ist das Spiel: Wer findet
heraus, was in der Currysosse
schwimmt? Die Getränkeauswahl ist
nicht überwältigend: Eine Büchse
Cola, - one Dollar.
Zum Dessert gibt’s
selbstgedrehte Zigaretten und Nelkenköpfe. Gut, das Abendmahl ist bescheiden,
aber wir, und auch die
Malediver, haben viel
zu lachen.
Im Hotel treten ich
ins Fettnäpfchen, mit
meinem Wunsch nach
einem Schlummerbier.
Es lebe der Prophet
Mohammed...
Helengeli
1982-93
Male live
Haiparade
Helengeli
1982-93
Ammenhai
Helengeli
1982-93
KIALOHA heisst die Maxi-Jacht,
die, seit Tagen, vor Helengeli vor Anker liegt. Jim Kilroy, der Eigner lässt
sich jeden Morgen von zwei Matrosen
an die Jetty fahren, verschwindet für
einige Zeit im Office und kommt nachher mit ein paar Metern Faxpapier zurück. So macht Arbeiten Spass,
scheint mir.
Bald wird die Reise weitergehen,
wenigstens für die Mannschaft. Der
Eigner erwartet sie, in ein paar Wochen, im Roten Meer. Ein paar tausend Meilen liegen vor ihnen und das
alles frontal gegen den Monsun.
Profisegeln ist kein Zuckerschlecken.
Sixty-nine Informations
oder der wahre Schatz von
Monte Christo
MARE
1984/85
Eine leicht bemooste Motorjacht
liegt neben der CRESTA im Hafen von
Talamone. Weiter hinten liegen die Fieramosca I und die Fieramosca II gut vertäut, besser gesagt, an die Kette gelegt,
von der Guardia die Finanza.(Jetzt wird
mir klar, wieso wir auf der Fieramosca
manchmal DDR-Bier mit Rostspuren an
den Kronkorken serviert bekommen haben. Rudi scheint einen Tauschhandel
mit den auf der Reede ankernden Ostblock-Frachtern, die hier Waffen und
Sprengstoff für den Irak-Iran Krieg einluden, getrieben haben.)
Er habe die HARYANNA, so heisst
unser Schiff, von einem Kollegen aus
Porto Santo Stefano geliehen und müsse
dafür die Motoren revidieren, meint Rudi:
Hauptsache sie schwimmt.
Bald erscheinen auch Mensun
Bound und Angus auf der Bildfläche.
Ruedi hat uns richtig genervt; wir sollen
unbedingt noch eine Odyssée im Oktober
unternehmen. Die Bewilligung für Monte
Christo habe er. Auf das Stichwort Monte
Christo tun wir natürlich unser Möglichstes. Werner Iten, Georges Parmentier,
Bruno Huber und ich. Wahrscheinlich hat
Rudi gar nicht damit gerechnet dass wir
alle auftauchen.
stung, doch noch Manöver zu fahren).
Hoffentlich haben wir keinen Motorausfall, sonst werden wir geradeaus quer
durchs Mittelmeer skippern und es wird
eine richtige Odyssee werden.
Die Motoren halten durch und wir erreichen das gelobte Land. Bei Punta Diavolo erreichen wir unseren Ankerplatz.
Unter dem Schiff ist es gerade 50 Meter
tief, obwohl wir nur etwa 20 Meter von
der Felsenküste entfernt sind. Nun lernen
wir zuerst die Grundregeln der UW-Archeologie. Wunderbar gezeichnete Pläne, die ganze Unterwasserlandschaft in
Planquadrate eingeteilt, hängt Mensun
an die Wand der Kombüse.
Bruno und Werni beim Dekomprimieren
MARE
1984/85
Mensun Bound ist der Bewilligungsberechtigte, Professor für Archäologie an
der Universität Oxford und Angus ein junger englisch-italienischer Berufstaucher.
Im Sommer hat eine englische Crew
vier Wochen nach einem Wrack gesucht,
das Rudi einmal beim Tauchen gesehen
haben will. „Thousands of Amphores!“
Die Engländer haben leider nichts gefunden aber die Schweizer werdens schon
schaffen; meint er.
Wir müssen nur noch Wasser und
Diesel bunkern. Zu diesem Zweck sollten
wir auf die andere Seite der Pier wechseln. No problems, unser Schiff hat ja
zwei Motoren. Aber leider fährt es nur geradeaus, aber mit Seilmanövern,
Schlauchbooteinsatz und Manneskraft
bringen wir es endlich an den richtigen
Ort. Des Rätsels Lösung: Rudi meint, das
Schiff könne leider im Moment nur geradeaus fahren, da ja der eine Motor noch
in Revision und demzufolge auch noch
nicht festgeschraubt sei.
Ein bischen komisch ist es schon;
wir füllen Wasser ein wo FUEL steht und
Diesel dort wo WATER steht. Aber Rudi
muss es ja wissen...
Wenn wir nach Monte Christo wollen, müssen wir nun ans Werk. Es ist
Samstag Abend. Zum Glück sind die Arbeitszeiten in Italien nicht so straff geregelt und es gelingt uns, nach 15 km Fahrt
noch eine Werkstatt zu finden, in der wir
den löchrigen Auspuffkrümmer zuschweissen können. Mit zwei Tagen Verspätung können wir dann endlich in Richtung der verheissenen Insel losrauschen.
Beim Betrachten des Schiffs von unten wird uns auch klar, wieso das Schiff
mit nur einem Motor manövrierunfähig ist.
Es ist nur ein Steuerruder vorhanden (Für
Landratten: Normalerweise hat ein Motorschiff hinter jedem Propeller ein Steuerruder. Dieses wird vom Wasser angeströmt
und erlaubt, auch mit nur einem Motor,
wenn auch meist mit verminderter Lei-
MARE
1984/85
Mensun staunt
Das ganze Gebiet haben die Engländer
bis zu einer Tiefe von 45 Metern abgesucht; das heisst, mit kleinen Sondierstöcklein systematisch im Sande gewühlt.
Uns bleibt also nur, die getane Arbeit weiterzuführen. Wir beginnen weitere Planquadrate einzuzeichnen und zu durchsuchen.
Am Anfang ist Mensun irritiert. Er
kann nicht begreifen, wieso wir beim Morgenessen dreiviertel Stunden diskutieren,
bevor wir anstalten machen in unsere
Ausrüstung zu steigen. Ich erkläre ihm,
dass bei uns nicht auf Befehl getaucht
wird und bei derart extremen Tauchgängen
zuerst die psychische
und physische Tagesform mit dem taucherischen Auftrag in Übereinstimmung gebracht
werden muss. Aber es
geht nicht lange und er
ist von unserem Konzept überzeugt.
Unsere Ausrüstung begeistert
Mensun. Das UW-Telefon, die Unterwasser-TV-Kamera von Peter Schmalz und
mein Aquazepp waren neu für ihn.
Meist tauchen Bruno und Werni zusammen. Bruno hat ein Militär-Doppelzehner mit einer 7 lt-Flasche als zweitem
System oben drauf. Werni hat auch ein
Doppelzehner; zur Dekompression bringen wir aber in der Regel noch ein zusätzliches Gerät an die Dekostufe.
Bruno hat einen Prototypen des ersten Tauchcomputers, dem Deko-Brain
organisiert. Wir können so gut Vergleiche
ziehen, zwischen den Bühlmann Tabellen
und der Dekobrain-Software. In der Folge
werden die Tauchgänge immer tiefer, die
Dekozeiten immer länger, so gegen anderthalb Stunden. Langsam wird der
Deko-Brain unverzichtbar, denn die
Tauchgänge von Werni und Bruno sind
auf der Bühlmann-Tabelle längst nicht
mehr zu finden. Dank den Notfalltabellen
der US-Navy (Ausdrücklich nicht zum
Tauchen geeignet!) können wir wenigsten
die Deko-Brain Werte auf Plausibilität
kontrollieren. Die Wand in der Cala Diavolo ist sehr lebendig und die dekomprimierenden Taucher können sich die Wartezeit mit biologischen Studien vertreiben.
HARYANNA an der Punta Diavolo
Georges mit UW-Telefon und UW-TV
MARE
1984/85
Angus erhält einen Blitzkurs im Tieftauchen; er ist bei seiner Profiausbildung
in Fort Bovisand bisher noch nie tiefer als
13 Meter gewesen. Aber er ist ein intelligentes Kerlchen; und begreift die Regeln
des Tieftauchens sowie das Benützen der
Dekotabelle sehr schnell.
Eine Stirnhöhlenvereiterung behindert mich ziemlich. Zuerst beim Abtauchen an der Ankerkette, mit dem Aquazepp in der einen Hand, mit der anderen
alle zehn Zentimeter den Druckausgleich
erzwingend, brauche ich zehn Minuten
bis auf 50 Meter. Nach einer ausgedehnten Rundfahrt über das Gebiet wird es
aber beim Auftauchen kritisch. Der Druckausgleich funktioniert nun überhaupt
nicht mehr und die Birne droht zu zerspringen. Es gibt aber keine Wahl, rauf
muss man immer. Ein Taucher kennt keinen Schmerz und mit etwas Glück, bleiben die Trommelfelle ganz. Wie’s in der
Stirnhöhle aussieht, kann man sich gar
nicht vorstellen. Naja, ich bin nachher
Bruno mit dem Deko-Brain
noch einige Tage ziemlich wacklig auf
den Beinen; Drehschwindel nennt man
das, und an Tauchen ist natürlich nun
überhaupt nicht mehr zu denken.
Als wir das Gefühl haben tiefere
Tauchgänge seien nun wirklich nicht
mehr zu verantworten, es ist inzwischen
Freitag geworden, beschliessen wir, weiter oben weiterzufahren und tatsächlich,
beim ersten Tauchgang findet Bruno einen golden glänzenden Kupfernagel und
Werni eine kleine aber unbeschädigte
Amphore.
Mensun flippt fast aus als wir den
Fund melden; aber vorläufig sind unsere
beiden Taucher noch an der Ankerkette
am Dekomprimieren. Zum Glück merken
sie nicht, dass ihre Dekompression inzwischen weitab der Küste im offenen Meer
stattfindet.
Das Schiff ist von Wind und Strömung vom Ankerplatz fortgetrieben worden und der Anker hängt frei ins Blaue.
Mensuns Angst gilt natürlich nicht den
Tauchern, er sorgt sich vor allem um die
Amphore und ist erst beruhigt als er sie
unversehrt in die Arme nehmen kann, die
Amphore. So haben sowohl Rudi wie
auch Mensun den Beweis für ihr etruskisches Wrack. Rudi zusätzlich noch die
Befriedigung dass es seine Schweizer
doch geschafft haben.
.
Mensun kann nun endlich seine Fotos machen. Etwa eine Stunde dauert es,
bis er seine „spontan“ wirkende Aufnahme mit der maximal möglichen Anzahl
von „Informations on one picture“ gestellt
hat.
Ja man lernt auch ausserhalb des
Wasser immer noch was dazu.Am Sonntag Morgen leistet sich unser „Patentierter Kapitän der Englischen Handelsschiffart“ noch einen Schnitzer der gröberen
Art. Als er für die Heimfahrt den Anker heben will, bleibt dieser unter den vorstehenden Felsblöcken am Grund hängen.
Er versucht herauszufinden was stärker
ist; die Kette oder die Ankerwinde.
MARE
1984/85
Das Foto mit den „sixty-nine
informations“
Bruno und Werni dekomprimieren immer noch
Das schwächste Glied im System ist aber
offensichtlich der Schwergewichts-Anker.
Nach einem riesigen Knall kommt nur die
Hälfte davon an die Oberfläche. Nun geht
die Diskussion los. Rudi hat Angst dem
Schiffsbesitzer den Anker ersetzen zu
müssen, er möchte die untengebliebene
Hälfte auch noch haben um ihn wieder
zusammenschweissen zu können. Leider
ist von uns Tauchern nur noch Angus uneingeschränkt einsatzbereit und uns
scheint das Risiko doch ein bischen
hoch, ihn allein auf 50 Meter zum Ankersuchen zu schicken, umsomehr als sich
herausstellt dass Rudi nicht einmal ein
Tau mit dieser Länge an Bord hat. Seiner
Meinung nach müsste man ja „nur den
Hebesack aufblasen.......“ (Ja, ja wir haben das ja auch schon so gemacht).
Am Schluss muss er doch klein beigeben und mit einem halben Anker die
Heimfahrt antreten.
So gelingt es schliesslich Georges
am Montag Morgen, nach einem kurzen
Rasurhalt zu Hause, rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Den Raubüberfall auf der Umfahrungsautobahn von Florenz können wir, dank überlegener Motorleistung und entschlossenem Auftreten, vereiteln.
MARE
1984/85
Es bleibt noch zu bemerken, dass
es Mensun doch noch gelang, aus dem
Expeditionsergebnis einen mehrseitigen
Farbbericht in der englischen Tauchzeitschrift DIVER zu machen; mit vielen
schönen Farbfotos und „maximum Informations on it“. Später hat er sogar ein
Buch über das Monte Christo Wrack geschrieben.
Merke: Archeologen müssen vor allem das PR-Handwerk beherrschen,
sonst kriegen sie keine Kohlen zusammen (man nennt das Found Raising).
Mensun’s Fazit:
Es ist einfacher aus einem Taucher einen
Archeologen zu machen, als aus einem
Archeologen einen Taucher.
Angus putzt Werni’s Amphore
Der Fachmann sieht sofort: Pélichet 47
Mensun und Joana
Die Nacht in der Fernando
kam
Ringsum ist Ruhe, die Geisterstunde
ist längst vorbei. Zwei Gäste sitzen noch
am Tisch und haben keine Lust schlafen
zu gehen, obwohl alle Gläser leer sind.
„Fernando is comming“ meint der Eine,
der mit dem dicken linken Arm. „Are you
sure ?“ „Go outside and have a look“. Der
zweite steht auf und geht zur Tür. „Why
you know it ? „ 3500 Pferde stürmen um
die Felsnase. Ein donnerndes Geräusch
erfüllt die Schlucht. Fernando ist da.......
GUARDIA FINANZA steht auf der
grauen, unbeleuchteten Jacht die längsseits kommt. Bruno weckt die ganze
Mannschaft, sonst glaubt am Schluss
wieder keiner, dass Fernando hier war.
Im l e t z t e n Moment (Bier seit zwei Tagen ausgegangen, Weinflasche seit dem
Mittag leer) bringt Fernando seinen Grappa von der Kapitänsbrücke. Anschliessend Waffenkontrolle (3 x 27 mm), Blick
in den Maschinenraum (3500 PS) und
auf die Kommandobrücke.
Die archäologischen Funde werden
gezählt, kontrolliert und quittiert.
Monte Cristo zum Zweiten
MARE
1984/85
Mit Vollgas fräst die „Corsaro Nero“,
ein umgebauter Sizilianischer Schwertfischfänger, durch die dunkle Nacht von
Genua in Richtung Talamone. Der Scheinwerfer über dem Steuerstand beleuchtet
grell das Vordeck, weiter vorne ist es
schwärzer als schwarz.
Der Kapitän ist mit seiner Freundin
ins Kistchen geschlüpft und hat das Steuerruder seinem Matrosen überlassen. Dieser, ein junger Süditaliener, ist offensichtlich neu in diesem Job. Die Kompassnadel schwankt immer etwa zwanzig Grad
links und rechts vom vorgesehenen Kurs.
Bei Tage, wenn man das Kielwasser sähe,
müsste man annehmen dass der Steuermann besoffen wäre, aber hier sieht uns
ja niemand. Die Strassenlampen vom toskanischen Festland flackern von
ferne;wäre uns irgendetwas im Weg, wir
würden’s, ohne es zu sehen, überrennen.
Ob hier alle so unterwegs sind...? Bruno
und ich finden das Ganze nicht geheuer,
kramen die Seekarte hervor und versuchen anhand der blinkenden Leuchttürme
den Kurs zu verifizieren.
Zwei Tage vorher haben wir von
Mensun Bound Bericht bekommen, dass
die Archeologische Expedition nach Monte Christo stattfinden würde. Wahrscheinlich ist alles ein Sponsorenproblem gewesen. Aber wenn RAI 1sagt, dass sie
kommen werden, ist auch ein Sponsor
schnell gefunden. Die grossen Reklameaufschriften auf dem Boot werden schnell
mit MARES-Transparenten überdeckt.
Auch wir haben schon die passenden
Tauchanzüge gefasst, leider nicht zum
Behalten . In Talamone wird noch das
restliche Material zugeladen und es geht
los nach Monte Christo.
Geradezu luxuriös ist die Ausrüstung.
Neben grossen Flaschen mit Helium und
Sauerstoff steht auch eine Galeazzi-Dekokammer herum. Unser archäologischer
Zeichner beginnt sofort damit, sie mit dem
Expeditionslogo zu beschriften. Nicht vergessen: Das Fernsehen kommt! Ich interessiere mich mehr dafür, ob Sie denn
auch einsatzbereit sei und was eine dicke
Schicht von Spinnweben daran zu suchen
hat.
Bald kommt Monte Cristo in Sicht
und das grosse Rätselraten beginnt: Wo
ist die Punta del Diavolo? Zum Glück
habe ich mein Album mit den Fotos vom
letzten Jahr dabei und die charakteristische Klippe ist schnell identifiziert. Zuerst
brauchen wir eine feste Verankerung, ein
Mooring. Dazu müssen wir eine schwere
Kette auf einer Tiefe von 50 Metern an einem Felsblock befestigen; besser gesagt,
wir müssen natürlich zuerst einen Felsblock finden. Und dies alles während eines Tauchgangs der, wenn möglich, nicht
länger als 15 Minuten dauern sollte.
Runter geht’s, mitten im Sand ein
schöner Block, umgeben von Amphorenscherben, hier sind wir richtig. Die Markierungsboje befestigt, die Boje steigt auf
und wir warten auf die Kette. 10 Minuten,
die Kette kommt am dünnen Faden der
Markierungsboje herunter, natürlich weit
weg von unserem Block. Sofort hin, die
Kette gepackt, zurückgeschleppt und
um den Block gelegt und festgeschäkkelt. Geschafft,-die Dekozeit liegt noch
im Rahmen des Erträglichen.
Corsaro Nero, Dekokammer etc.
Filippo ist ein UWRoboter. Er wird an einem 200 Meter langen
Kabel geführt und übermittelt, das was seine
Kamera sehen sollte, an
seine Bedienungsmannschaft, die vor einem
Monitor sitzt.
Morgens um 9 Uhr
wird Filippo geweckt
und dann von seinem
Vater gefüttert (Batterie
laden). Anschliessend
werden seine zwei Schalen mit einer plastischen Masse gedichtet und verschraubt. Dies dauert ungefähr zwei
Stunden. Leider ist Filippo etwas kurzsichtig. Weil er normalerweise Pipelines
kontrolliert, verfügt er nur über ein Makroobjektiv, an ein Weitwinkel hat leider niemand gedacht. Ob man die Batterien vielleicht nicht auch nachts laden könnte?
Man kommt sich vor wie in einem
Land des real existierenden Sozialismus.
Man hört Professor Parkinson gröhlend
im Grab rotieren. Bella Italia.
Das Überwachungsteam in
der Kombüse
MARE
1984/85
Wer ist Filippo?
paar weitere Meter absinken und das könnte dann
vielleicht doch etwas zu
tief sein. Also lasse ich
Tiefe Tiefe sein und kehre
wieder zu Angus zurück. I
Ich habe nicht den
.
Eindruck, dass er mich
vermisst hat.
Wie tief kann man tauchen?
MARE
1984/85
Leider heisst’s bis jetzt: Ausser
Scherben nichts gewesen. Aber wir machen weiter.
Angus und ich gehen zu Filippo hinunter um ein paar Aufnahmen zu schiessen. Wegen seiner Kurzsichtigkeit kann
uns leider Filippo nicht sehen. Ich habe
den Aquazepp dabei. Auf ca. 60 Metern
mache ich eine Fotoserie, dann zeige ich
Angus an, er solle an der Stelle bleiben.
Ich fahre mit dem Aqazepp Richtung Norden, immer schön etwa zehn Meter über
dem Boden. Das Licht tendiert immer
mehr nach violet, die Watte im Kopf wird
immer dicker und der Motor des Aquazepp wird immer lauter. Zu sehen gibt es
nur Sand und Posidonien. Es
würde mich sehr interessieren
wie tief ich jetzt bin, aber ich
wage nicht den Gasgriff loszulassen, um den Tiefenmesser abzulesen. Da ich den Abtrieb an der Fenzy nicht kompensiert habe, (wie könnte ich
auch, ich habe nur zwei Hände) würde ich sofort um ein
Filippo und Angus in Aktion
auf 62 Meter
MARE
1984/85
Wenn
„Spezialisten“
Tauchen gehen
Der „Vater“ von
Philippo und unser archeologischer Zeichner planen einen
Tauchgang. Sie wollen
den Arbeitsplatz auch
mal aus der Nähe anschauen. Nico, Philippos Vater hat keine
Fenzy dabei, dafür
aber lange Flossen,
ein Zweiflaschengerät, und, wie mir
scheint, mehr als ausreichend Blei um
die Hüften. Seine Frau hilft ihm beim Anziehen. Unter dem Schiff ist es genau 50
Meter tief, wir sind etwa 30 Meter von der
Felswand entfernt und eine schwache
Strömung zieht am Schiff vorbei.
Ein Unglück ist absehbar. Aber wie
soll ich das Problem lösen, das hier auf
uns zukommen wird? Dazu braucht es
junge, durchtrainierte Typen und ich fühle
mich nicht fit genug um mich als Rettungsschwimmer zu profilieren. Also frage ich Angus ob er nicht seine Flossen
bereitlegen könne. Er frägt zurück:
“Why?“ Ich möchte mich natürlich nicht
blamieren und meine:“Du wirst es noch
sehen.“
Bruno, Joanna
Nico springt rein, kommt auch gleich
wieder hoch, reisst die Brille weg und beginnt zu husten. Ich muss mich gar nicht
bemühen; seine Frau ruft um Hilfe. Angus
kapiert sofort, auch der junge Expeditionsarzt sprintet übers Deck und beide
hechten ins Wasser.
Ich behändige den Rettungsring mit
dem Tau, den ich bereitgelegt habe und
werfe ihn dem kämpfenden Trio zu. Ich
schaue zu wie sie sich abmühen und
danke dem Herrgott dass ich nicht selbst
reingesprungen bin. So muss ich sie nur
noch zum Schiff zurückziehen und helfen
die Ausrüstung abzunehmen.
Ein völlig erschöpfter Angus meint
nachher: „Das
nächste Mal werde
ich dich nicht mehr
fragen, wieso ich
die Flossen bereitlegen sollte“.
CORSARO
NERO
Mensun und Joanna vor der
königlichen Villa
Der archäologische Zeichner am Werk
MARE
1984/85
Das Museum das keine Besucher hat
MARE
1984/85
Ein archäologische Zeichner dekomprimiert
Nach unserer anstrengenden Arbeit
für MARE haben wir einen Plauschtauchgang verdient. Das ganze Team verschiebt sich also mit den Schlaubooten
zu den Überresten des Wracks ausserhalb von Giglio Campese. Während Jahren war das englische Ausgrabungsteam
dort fleissig an der Arbeit gewesen um
das, was von den Grabräubern 30 Jahre
vorher nicht mitgenommen worden war
(unter anderem ein goldener Etruskerhelm), akribisch zu dokumentieren (einige Holzspäne).
Mir wird der archeologische Zeichner zugeteilt, ein kühler Engländer.
Schon im Schlauchboot sortiert er die
drei verschiedenen Dekotabellen die er
mitzunehmen gedenkt. Ich beruhige ihn
damit, dass es in der Regel noch früh genug sei, sich auf der Dekostufe mit solchen Details zu befassen. Wir sausen die
Wand runter auf die 50 Meter, um den
übrig gebliebenen Eindruck des Kielschweins und einen Steinanker zu bestaunen.
Beim Aufstieg haben wir genug Zeit
um in alle Ritzen und Löcher der Wand
schauen. Im Licht meiner Lampe zeigen
sich alle Bewohner die in der Regel im
Mittelmeer diese Löcher bevölkern. Von
meinem Tauchkameraden höre ich die
ganze Zeit absonderliche Geräusche und
aufgeregtes Blubbern.
Der goldene Etruskerhelm
Irgendwann sitzen wir wieder im
Schlauchboot. Mein Tauchkollege ist ausser sich vor Freude über alle diese Tiere
die er auf diesem Tauchgang zum ersten
Mal zu Gesicht bekommen hat und
schwört, als erstes zu Hause einen Unterwasserscheinwerfer zu kaufen. „Deformation professionelle“ oder fehlende Taucherlampe? Während fünf Jahren ist er
an der selben Wand aufgestiegen und
hat vorher von diesem ganzen Oekosystem nichts gesehen? Wahrscheinlich hat
er früher nur immer auf Tiefenmesser,
Uhr und Führungsseil geschaut und auf die Tonsignale von der Oberfläche
geachtet.
Ob und wie wir auf
diesem Tauchgang überhaupt dekomprimiert haben, interessiert ihn nachträglich nicht mehr im Geringsten.
Plan your dive and
dive your plan.
MARE
1984/85
Wir sind auf Giglio, hier
durchsuchen die Archäologen
einen Abhang nach den Überresten eines etruskischen
Wracks. Geoges und ich
möchten auch mal sehen wie
das so funktioniert. Der Diving
Marshal gibt uns den Tauchplan bekannt, 20 Minuten 35
Meter; nach 18 Minuten wird
er mit Hammer und Armiereisen ein Tonsignal geben, zwei
Minuten nachher nochmals, und wieder
zwei Minuten später müssen wir an der
Oberfläche erscheinen, sonst würden uns
die Sicherheitstaucher heraufholen. Die
Angaben werden ins Tauchjournal eingetragen und wir könnten loslegen. Das
wird schwierig, wir wollen ja nicht nur auf
30 Meter tauchen und wir wollen ja, so
wie Professor Bühlmann das als gesund
und richtig ansieht, nicht schneller als
10 Meter pro Minute aufsteigen und zusätzlich noch einen Sicheheitshalt von 3
Minuten auf 3 Meter einhalten.
Bruno und Gebi betreiben Wirtschaftskunde
Aber wir müssen das so machen, dass
unser „Tauchbuchhalter“ nichts merkt,
sonst gibt es Probleme. Es ist zwar war
ein bischen kompliziert, aber niemand hat
etwas gemerkt und es hat keine Probleme gegeben.
Während dem Tauchgang fällt mir
ein, dass ich hier etwa 20 jahre früher
schon mal getaucht habe und zwar auf
einer SUBEX-Odyssee . Es war damals
ein unglaublich langweiliger Nachttauchgang. Es scheint, dass
der damalige Tauchgangleiter etwas bestimmtes gesucht hatte.
Marc Parmentier am
Strand von Campese
Ich komme aus der Kabine hoch; in
der Kombüse herrscht Hektik. Blutspuren
am Boden. Giovanni, unser Matrose sitzt
da und hält zwei Finger, oder besser das,
was von ihnen geblieben ist, in die Höhe.
Unser Arzt greift sich den Arztkoffer und
macht routiniert an den Stümpfen mit
Gummibändern eine Abbindung. Heissa,
rot schäumt das Wasserstoffsuperoxyd.
Dafür hört es auf zu bluten. Ich versuche
ihn zu beruhigen und herauszufinden
was passiert ist . Der Kapitän der Corsaro
Nero, offensichtlich auch ein Meister seines Faches, hat, wie Rudi ein Jahr zuvor,
den Anker unter die Felsblöcke plaziert
und versucht die Leistungsfähigkeit seiner Ankerwinsch zu testen. Die Felsen
sind, auch dieses Jahr, stärker.
Zum Glück kann Giovanni tauchen,
wir haben ja auch eine tolle Ausrüstung
dabei. Er schnappt sich den EintönnerHebesack und versucht, ihn in ein paar
Metern Tiefe anzuhängen. Der Schäkel
ist zu gross, also legt er diesen um die
Ankerkette und fixiert ihn mit der linken
Hand. Mit der Rechten füllt er den Hebesack. Aber Boyle-Mariotte ist stärker als
seine Linke. Der Schäkel rutscht durch,
die Finger bleiben unten und die Fische
freuen sich.
Aber jetzt geht das grosse Ghetto
los. Die rundherum ankernden Römer
von „RAI uno“, mit ihren Superschlitten,
sind nicht bereit, die 35 Kilometer nach
Porto Santo Stefano zu fahren; der Diesel
ist ja auch nicht gratis. Unser Versuch die
italienische Luftwaffe zu mobilisieren misslingt. Italienische Helikopter fliegen
nachts nicht übers Meer.
Schlussendlich kommt gegen Morgen die Barkasse mit dem Gefängnissarzt von Pianosa und nimmt unseren
unglücklichen Unterwassermatrosen mit
ans Festland.
Am Samstag treffen wir ihn in Genua
wieder, eigentlich schon quitschfiedel. Er
meint, er habe noch Glück gehabt: Sein
Bruder habe als Berufstaucher beim zusammenstecken einer Pipeline die Hände
nicht schnell genug zurückgezogen.
Das muss hier wohl in der Familie
liegen.
MARE
1984/85
Wo sind die Finger
geblieben?
MARE
1984/85
Das mysteriöse Wrack
In Giglio achtet Mensun darauf, uns
möglichst von seinen Mitarbeitern fernzuhalten, zu stark unterscheiden sich die
englischen von den schweizerischen
Tauchgepflogenheiten.
Es gibt ein Gerücht, dass in der
Bucht von Giglio Campese ein Tauchboot
der Marine (vor längerer Zeit versteht sich)
ein Wrack entdeckt hätte. Mensun
wünscht das wir diesem Gerücht nachgehen sollen. Bruno und Werni haben schon
einen Tauchgang gemacht, behaupten
auch etwas gesehen zu haben, haben
aber vergessen eine Oberflächenpeilung
zu machen. Also nehmen wir noch einen
Anlauf mit Schmalzlis UW-Fernsehkamera. Ein Beiboot mit 6 PS-Motor ist unsere
Tauchbasis. Als wir auf dem Monitor etwas
zu sehen vermeinen, wir sind etwa 2 Kilometer vom Ufer entfernt, setzen wir eine
Boje und beschliessen zu tauchen.
Der Tauchplan ist sensationell. Ich
nehme den Aquazepp mit. Wenn wir auf
der Entscheidungstiefe 70 Meter etwas
finden, werden wir die Boje anbinden und
ich werde noch etwas herumfahren. Wenn
nichts zu sehen ist, werde ich den Zepp
Bruno übergeben und wieder aufsteigen.
Bruno soll dann, soweit es die Tauchzeit
zulässt den Grund in Richtung Ufer absuchen. Wir können dann den Luftblasen folgen.
Nichts wie runter, natürlich ist nichts
zu sehen und ich gehe wieder hoch.
Beim Aufsteigen habe ich das
Gefühl, ich spinne. Ich muss voll
schwimmen um mit dem Bojenfaden
in Kontakt zu bleiben, offensichtlich
hat es plötzlich starke Strömung. Die
Bojenschnur zeigt aber in die falsche
Richtung. Das gibt’s doch nicht! Ich
erreiche nach einem kurzen Dekohalt
die Oberfläche und sofort wird mir klar
was hier falsch gelaufen ist. Die
Bootsmannschaft hat ihr Böötlein an
der Boje befestigt und die aufkommende
Abendbrise treibt das Boot, samt anhängender Boje und Bojenstein, in flottem
Tempo davon. Die Frage nach den Luftblasen von Bruno ist überflüssig, wir sind
schon lange weit abgetrieben. Eifrig suchen wir die Oberfläche ab. Alle 10 vorhandenen Dekotabellen werden aus der
Mappe gekramt und alle nur denkbaren
Dekoprofile durchgerechnet. Bruno bleibt
verschwunden. Die Wellen werden immer
höher und die Sonne will auch schon untergehen. Nach anderhalb Stunden sind
wir uns einig, dass wir hier nichts mehr
verloren haben und begeben uns auf den
Heimweg zum Hafen.
Wir überlegen uns, wie wir dem Capitano del Porte und allen Anderen Brunos
Verschwinden nahebringen könnten, als
wir plötzlich vom Hafen her einen, schnell
crawlenden Schwimmer auf uns zu kommen sehen. Er winkte uns und als wir näher kommen, trifft uns fast der Schlag, es
ist Bruno.
Er ist mit dem Aquazepp noch ein
paar Runden und dann auf seiner Dekotiefe (ca. 24 Meter) mit dem Kompass zum
Ufer gefahren. Erschwerend kommt hinzu,
dass er, nachdem der Motor ausgefallen
ist, das unhandliche Ding vor sich her
schieben muss. Er hat den Weg zum Ufer
und dann diesem entlang bis zum Hafen,
dekomprimierend zurückgelegt. Uns fällt
ein schwerer Bleigurt vom Herz.
Angus und Georges mit einem
Chacheli vom Wrack
Campese Hilton
Unsere luxuriöse Unterkunft in Giglio Campese:
Die Case abanndonate
Wer trifft das Fenster mit
der leeren Bierflasche?
Natürlich Gebi
Georges ruht sich aus
MARE
1984/85
Mehrzweckfahrzeug für Personenund Materialtransporte
In Indonesien, fast am
Ende der Welt...
Ein Strassenverkehrsgesetz gibt es
in Indonesien nicht, scheint uns. Der Verkehr fliesst wild durcheinander, doch er
fliesst, in der Regel, und dazu noch relativ
problemlos. André hat als Fachmann das
Gewusel analisiert und meint, dass einfach jeder Verkehrsteilnehmer den 180°Sektor vor sich berücksichtige und sich
nicht um den Rest kümmere.
In Singapur sind wir umgestiegen,
besser gesagt umgewandert, und dann
hier in Surabaya gelandet. Bei diesen Distanzen sind meinem Fototrolley bereits
die Räder abgefault.
Mit Walti und Ely, Andreas hat sich
an der Spielkonsole im Jumbo der Singapur Airlines überarbeitet, besuche ich das
Helden- und Kriegsmuseum und ganz besonders ein russisches U-Boot der Whiskey-Klasse. Eine ganze Horde von hübschen, uniformierten Hostessen versucht,
uns mit Händen und Füssen die technischen Features des Boots zu erklären. Da
bezahlt man gerne den Eintrittspreis von
20 Rappen! Zum Schluss treffen wir noch
einen pensionierten Matrosen der sogar
deutsch radebrecht; er ist in der DDR ausgebildet worden.
Nachher verschlägt es uns an die Eröffnungsfeier des neuen Einkaufscenters
Surabaya Palace. Da wir die einzigen
Pindito
1999
Die PINDITO in Misool
Weissnasen sind, übertreffen wir als Attraktion sogar die aufspielende Band.
Der Velo-Rikscha-Mann findet es
mehr als unpassend, dass eine Weissnase unbedingt zu Fuss gehen und sich
nicht für die 20 Rappen fahren lassen will.
Am Schluss retten Ely und ich, Walti
noch das Leben. Er will, den wahrscheinlich einzigen, Fussgängerstreifen von Surabaya zum Überqueren der Strasse benützen. Im letzten Moment können wir ihn
von diesem selbstmörderischen Vorhaben
ab- und zurückhalten. Fussgänger sind im
Indonesischen Verkehrskonzept nicht vorgesehen, ein Trottoirwechsel entspricht einer sportlichen Höchstleistung unter dem
Moto: „Gring abe und seckle!“
Mein Versuch, in dunkler Nacht, bei
einem Strassenhändler, er betreibt seinen
Laden direkt neben einem Bürowolkenkratzer, Zigaretten zu kaufen, misslingt
mangels einheimischer Ruphias, er weiss
mit meinen Dollars nichts anzufangen. Er
hat so einen Schein noch nie gesehen.
Es scheint, dass Touristen in Surabaya relativ selten sind, obwohl nicht einmal
eine Malariaprophylaxe nötig wäre. Im
dichten Smog können garantiert keine
Anopheles-Mücken überleben. Aber die
Einheimischen sind hart im Nehmen. Im
Flüsslein, das durch Surabaya fliesst, baden ganze Völkerscharen. Ich würde nicht
mal wagen eine Zehenspitze in diese
Kloake zu stecken.
Pindito
1999
Die tollkühnen Männer in
ihren fliegenden Kisten
Mit einer Fokker Fellowship der Merpati Airways fliegen wir nach Ujung Pandang. Den sportlichen Piloten stört der
mangelnde Pneudruck im linken Reifen
des Bugradfahrwerks kein bisschen, es
sind ja zwei da. Zackig gibt er bereits auf
dem Rollweg Vollgas und ist so natürlich
schnell in der Luft; die Gepäckfächer, die
dabei aufspringen, stören niemanden.
Schwierige Anflugverfahren wie in Kloten
kennt man in Ujung Pandang nicht; der
Anflug geschieht, in umgekehrter Richtung, parallel zur Piste und nach einer
180°-Steilkurve wird die Kiste genau auf
den Pistenanfang geknallt.
Hier treffen wir auf Reni, Kobi, Priska, Guido, Andi, Patty, Heidi und Freddy;
die Mannschaft ist komplett. Hier kann ich
auch Zigaretten kaufen. Die guten einheimischen mit dem Nelkenduft. Ich investiere umgerechnet 12 Franken und der Kiosk ist ausverkauft. Von hier geht es weiter in Richtung Sorong. Ab hier ist nur
noch die 500 Ruphia-Note brauchbar; sie
ist 10 Rappen wert.
Staunend stellt man beim Einsteigen
fest, dass die Einheimischen alle am Mittelgang sitzen. Haben sie Angst aus dem
Fenster zu gucken, oder wollen sie den
Weissnasen gegenüber freundlich sein?
Doch bald merke ich, dass es aus der
Lüftungsanlage zu regnen beginnt, man
könnte sogar sagen: „Es chund cho seiche.“
Unser opulentes Handgepäck haben
wir einfachheitshalber hinten im Flugzeug
zu einem Turm aufgeschichtet. Hoffentlich muss niemand auf die Toilette.
Ely kriegt einen halben Herzinfarkt,
sie ist im Raucherabteil eingecheckt worden. Zum Glück raucht aber niemand.
Dafür macht der Pilot eine Zwischenlandung in Ambon. Das erlaubt uns einen
Kurzbesuch im Flughafengebäude und
eine Rauchpause auf der Piste.
Minutenlang kann ich aus dem Fenster, dicht unter dem Flugzeug, Korallenriffe bewundern, und plötzlich setzen wir
auf. Da es nicht spritzt, müssen wir in
Sorong gelandet sein. Der Tankwagen
besteht aus einem Handwagen mit sechs
200-Liter-Fässern, getankt wird mit der
Handpumpe. Wie das Tanklöschfahrzeug
aussehen könnte, will ich gar nicht wissen.
In der Kantine, ein Raum mit einem
defekten Getränkeautomaten, der aussieht wie ein Bunker in den eine Fliegerbombe eingeschlage hat, werden wir von
Peter, dem Kapitän begrüsst.
Imperator
Pindito
1999
Spitzkopf-Fledermausfisch
Kupferstreifen-Falterfisch
Prospekte, Reiseberichte und der
Unterwasserführer “Diving Indonesia“ sind
sich einig. Das ultimative Tauchen auf der
Pindito ist angesagt.Von Ambon nach
Sorong soll die Reise gehen. Zwei Jahre
gespart und dann gehts los. Leider gibt es
eine Routenänderung. Wegen politischen
Unruhen können wir nicht in Ambon starten.
Nach beinahe 20 Stunden fliegen,
lichtet die Pindito in Sorong, der Schlangenaal, bereits am Pier verheisst wunderbares, den Anker und fährt nach Süden,
als Ziel die Insel Misool.
Ein Blick auf die Seekarte
verkündet Unheil, ist doch das
Meer zwischen Australien und
Neuguinea nirgends tiefer als 40
Meter und dazu strömen aus
dem Urwald Irian Jayas eine Reihe schlammiger Flüsse ins Meer,
das Treibholz auf unserem Weg
spricht für sich. Im Tauchreiseführer wird die Arafura See als
weltweit grösster Mangrovensumpf und zum Tauchen ungeignet bezeichnet!
Unsere folgenden Tauchgänge bestätigten diese Vermutung. Sichtweiten von 6 bis 12
Metern sind die Regel und das
bei ganz gewaltigen Strömungen.
Makrofotografie ist angesagt,
aber Geschmacksache.
Peter, der Kapitän und Schiffseigner, versucht mich zu überzeugen dass die wahren Wunder des
Meeres in der Art der PygmäenSeepferdchen und Nacktkiemenschnecken kulminierten. Leider
habe ich vergessen meine Unterwasserlesebrille mitzunehmen.
Was er nicht sagt: Es ist für Ihn und
das Schiff einfacher und sicherer, westlich
von Neuguinea, praktisch in einem Binnengewässer mit guter Windabdeckungen, zu fahren. Die australischen und japanischen Perlenzüchter üben hier eine
Art Polizeigewalt aus, und sorgen dafür
dass sich Piraten fernhalten. Klar, für einen guten Kapitän kommt immer das
Schiff zuerst.
Was bleibt? Eine unwahrscheinlich
interessante Abenteuerreise.
Die letzten zwei Tage verbringen wir
dann aber doch noch an Korallenriffen traditionellen Zuschnitts mit schönem, klaren
Wasser und dem üblichen Gewimmel von
Grossfischen. So schön hätte es eigentlich auch 10 Tage lang sein können.
Pindito
1999
Um die halbe Welt, zu den
Nacktkiemenschnecken, in
der Waschmaschine
Pindito
1999
Drachenkopf
Pindito
1999
Federseestern
Buckeldrachenkopf
Wahnsinnsbrummer!
Riesige Wrackbarsche
Pindito
1999
J.Y. Cousteau nannte sowas einmal Lastwagenfische
Pindito
1999
Federstern auf Schwamm
Pindito
1999
Grüne Strömungskorallen,
gleich hauffenweise
Pindito
1999
„Diving Spaghetti-Monster“
Palolo-Wurm heissen diese Dinger
und zwei mal im Jahr sind sie zu Fortpflanzungszwecken unterwegs.
Wikipedia meint dazu:
Die Hinterleiber gelten als Delikatesse
und zugleich als Aphrodisiakum und
Fruchtbarkeitsmittel. Sie werden zu diesem Zweck aufgesammelt und roh sowie
gedünstet verspeist.
Wenn wir das damals gewusst hätten...
Pindito
1999
Wobbegonghai
Pindito
1999
Pindito
1999
Pindito
1999
Um bei diesen Strömungsverhältnissen
navigieren zu können, müssen Boot und
Padel optimiert sein. Ein wunderschönes
Kanu, jedes Detail ist perfekt gearbeitet
und poliert.
Ein Tauschgeschäft: Kokosnüsse gegen
Reis. Man sieht hier deutlich die unheimliche Strömung.
Pindito
1999
Kugelfische
Pindito
1999
Epaulettenhai
Leopardendrücker
Pindito
1999
Riesige Höhlen
Freiluftmausoleum mit Meersicht
Pindito
1999
Geheimnissvoll leuchten
Augen in der Dunkelheit
Pindito
1999
Fledermausfische
Pindito
1999
Barrakudas
Paradieskaiser
Pindito
1999
Schnapper
Pindito
1999
Weitere Tauchgeschichten
und Bilder findest du unter
www.heinzbossard.ch