Singen ohne zu atmen, aber mit passendem Blick

Kultur lokal
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Musikstudenten proben öffentlich
Singen ohne zu
atmen, aber mit
passendem Blick
Von unserem Redaktionsmitglied
REGINA BOJAK
Gütersloh (gl). „Sie müssen
auch nicht ganz wegsehen, aber
sie müssen sich auch nicht so beseelt anschauen. Schade, was?“
Peter Kreutz, Professor an der
Musikhochschule
Detmold,
schmunzelt. Mit dem Kursus
Liedinterpretation ist er auch in
diesem Jahr wieder Gast in der
Musikschule für den Kreis Gütersloh. Zusammen mit neun
Schülerinnen und Schülern aus
seinen Gesangsklassen.
Und wie schon in den acht Jahren zuvor weiß Peter Kreutz, wie
er seinen Schülern die Kunst des
Singens beibringt und die Freude
am Proben erhält. Auf unnachahmliche Weise korrigiert er den
Sängernachwuchs. Die kleine
Spitze, dass es bei Schumanns
Duett „Liebesfrühling“ gar zu
schade sei, sich nicht tief in die
Augen zu blicken, müssen sich
Maria Pönicke (26) und Knut
Krüger anhören. Peter Kreutz
möchte zwar, dass die beiden miteinander kommunizieren, aber
nicht so direkt eben. „Sie haben
nur vier Takte. Da dürfen Sie sich
nicht vorsichtig reinschleichen“,
ermuntert Peter Kreutz den Stu-
denten zu mehr Energie, während
Maria Pönicke eher „wie ein Insektenschwarm summen“ soll.
„Nicht atmen“, verlangt Peter
Kreutz dann praktisch Unmögliches. „Binden Sie das Stück noch
an. Jetzt atmen“, erlöst der Professor die beiden. „Du liebst
mich, wie ich dich“, singen sie
dann irgendwann voll Inbrunst
und „herzig“ wie Kommilitone
Gregor Loebel die Stimmung des
Lieds am Tag zuvor präzise definiert hat.
Loebel ist gleich anschließend
an der Reihe. Zusammen mit
Kirsten Labonte singt der
24-Jährige ebenfalls das Schumann-Duett. Auch für die beiden
hat Kreutz eine Aufgabe: „Das ,so
wahr’ drückt aus, dass Ihre Liebe
zueinander so selbstverständlich
ist, wie die Sonne scheint, wie der
Wind weht, wie in der Natur alles
geregelt ist. Versuchen Sie einmal, das beim Singen deutlich zu
machen“, erklärt er, was er möchte. Und auch bei diesen beiden
Nachwuchssängern soll nicht nur
die Tonlage stimmen, sondern
auch der Gesichtsausdruck. Die
Sänger merken selbst, wenn es
nicht so klingt wie es soll. Nach
ein, zwei neuen Einsätzen ist der
Lehrer zufrieden: „Sehr schön,
danke.“
Teilnehmer im Kursus Liedinterpretation: (v. l.) Professor Peter Kreutz, Knut Krüger, Gregor Loebel, Jenni
Reineke, Janina Hollich, Kirsten Labonte, Myriam Dewald, Julia Spies und Maria Pönicke. Donnerstag und
Freitag (15 bis 18 Uhr) proben sie vor Publikum in der Musikschule für den Kreis Gütersloh. Der Eintritt ist
frei.
Bild: Bojak
Immer noch ein bisschen besser
Janine Hollich hat Samuel Barbers „Bessie Bobtail“ als Übungsstück ausgesucht. Myriam Dewald hat sich Gustav Mahlers
„Kuckuck ist tot“ vorgenommen.
Mit klarer Stimme singt sie von
Frau Nachtigall, die jetzt an Kuckucks Stelle für Unterhaltung
sorgen soll. Auch mit ihrem Können ist Kreutz zufrieden, gibt ihr
hier und da noch einen Tipp, an
welcher Stelle sie auf dem Weg
zur Perfektion noch feilen könnte.
Immer mit einem Lächeln im Gesicht und ohne seine Schüler
bloßzustellen vor dem Publikum,
das am Nachmittag nach und
nach eintrudelt, um die öffentliche Probe anzuhören. Denn das
ist das besondere am Kursus
Liedinterpretation, dass es am
Ende nicht nur zwei Konzerte
gibt (Samstag, 4. September, 17
Uhr; Sonntag, 5. September, 11.30
Uhr, Kreismusikschule Gütersloh), sondern das Interessenten
auch zusehen dürfen, wie schwierig es ist, aber auch, wie viel Freude es offensichtlich machen kann,
richtig singen zu lernen.