„Ganz Paris träumt von …“ – Na, wie geht es weiter?

„Ganz Paris träumt von …“ – Na, wie geht es weiter? Stellen wir uns einmal folgendes Szenario vor: Münsterbusch, Breinig, Mausbach, die Altstadt oder die Mühle würden komplett dem Erdboden gleichgemacht. Weil Großkapitalisten Bodenschätze schürfen wollen, von denen sie noch nicht einmal selbst glauben, dass es sie tatsächlich gibt. Einzig der Aktienhandel und die Gewinnoptimierung interessieren sie. Wie würden Sie sich fühlen? Was würden Sie unternehmen? Ein Viertel in Aufruhr Genauso geht es den Bewohnern des Pariser Quartiers Chaillot. Sie haben Angst. Angst, ihr gewohntes Leben nicht mehr leben zu können. Nicht mehr in ihr Stammlokal „Chez Francis“ gehen zu können, nicht mehr sie selbst sein zu können, den Alltag in ihrem Viertel für immer zu verlieren. Die Heimat ganz gewöhnlicher Menschen – Lumpensammler, Kloakenreiniger, Blumenmädchen, Straßensänger, Bettler, Kellner, Geschirrwäscherinnen – ist in Gefahr. Ihr Leben droht, aus den Fugen zu geraten. Selbst Heilsarmee und Polizei sind hilflos. So beginnt das satirische Märchen „Die Irre von Chaillot“ von Jean Giraudoux. Ein geifernder „Präsident“, ein opportunistischer „Baron“, ein aalglatter „Makler“ und ein eiskalter „Prospektor“ treffen sich im besagten Viertelcafé, um ihre perfiden Pläne zu besprechen – die erste Sprengung ist bereits konkret geplant. Doch sie haben ihre Rechnung ohne Aurelie gemacht. Die alte Comtesse, von den Viertelbewohnern liebevoll und ob ihrer Verschrobenheit voller Respekt „Die Irre von Chaillot“ genannt, bekommt Wind von der Sache. Und wehrt sich. Gemeinsam mit ihren Freundinnen, der Geister wahrnehmenden „Irren von Saint-­‐Sulpice“, der gar nicht so weiblichen „Irren von Passy“ und der gesetzlich gewandten „Irren von La Concorde“, schmiedet sie einen Plan … Dr. Katharina Stenten Semsch in der Titelrolle Ja, ohne zu viel vorwegzunehmen, es geht gut aus, dieses Märchen – romantische Lovestory inklusive. Eine Frage aber bleibt: Ist es eine Illusion oder doch eine echte, reale Option wie Aurelie zu handeln, sich gegen die Mächtigen zu stemmen? Nun, die Antwort ist dem Zuschauer überlassen. Wer sich selbst ein Bild machen will, ist herzlich zu den Aufführungen von „Theater Bühne frei“, der Theatergruppe des Helene-­‐Weber-­‐Hauses, ins Kulturzentrum Frankental eingeladen. Wie bereits in der Sommerausgabe von Treffpunkt Stolberg berichtet, feiert das Ensemble 2015 sein 25-­‐jähriges Bestehen. Für die große Jubiläumsproduktion hat Regisseur Thomas Bünten ein Ensemble aller Generationen zusammengestellt. Die jüngste Darstellerin ist die neunjährige Jule, die mit Genehmigung der Bezirksregierung Köln das kecke Blumenmädchen darstellen wird. Die mit 82 Jahren älteste Teilnehmerin ist die in Stolberg nicht unbekannte Ärztin im „Unruhestand“ Dr. Katharina Stenten Semsch, die –so viel sei verraten – der Titelrolle ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken wird. Ihre Interpretation der „Irren von Chaillot“ vereint ungeheure Lebenserfahrung, liebende Güte und kompromisslosen Mut, aber auch die ganz menschlichen Lebensbrüche und unweigerlichen Niederlagen. Daneben sind weitere 15 Akteure aus Stolberg, Eschweiler, Alsdorf, Würselen, Aachen, Jülich und Vaals aktiv auf der Bühne zu erleben. Jubiläumsproduktion zum 25-­‐jährigen Bestehen „Unser Jubiläumsstück werden wir besonders aufwändig gestalten, um unserem Publikum einen wunderbaren Abend zu bieten“, verspricht Thomas Bünten. Mit Malin Jander konnte – wie schon bei der Tragödie „Antigone“ 2013 – eine kongeniale Lichtdesignerin gewonnen werden, die das reduzierte Bühnenambiente mit schrägen, an die Farbwelt Marc Chagalls erinnernden Kolorationen illuminieren wird. Und auch der Ohrenschmaus wird nicht zu kurz kommen: Die ehemalige Bandleaderin Andrea Weyer in der Rolle der Straßensängerin wird einen nur allzu bekannten Chanson zum Besten geben. Der Impuls mitzusingen, ist durchaus gewollt … Und das Kostümkonzept wird bunt und zirkusartig die 20er-­‐ und 30-­‐Jahre zitieren. Die Premiere ist am 11. September. Fünf weitere Aufführungen folgen. Zeit genug also, sich das Theaterstück anzuschauen. Wer weiß? Vielleicht identifiziert sich der eine oder andere Zuschauer mit dem Lumpensammler, der eine flammende Rede hält zum Niedergang der Welt, oder mit Martial, dem Kellner, der messerscharf und lakonisch beobachtet. Oder mit Irma, der Geschirrwäscherin, die einfach ihr Leben lebt, trotz aller Widersprüche. Mit Pierre, der wegen eines ungedeckten Schecks in Bedrängnis gerät. Oder mit dem Kloakenreiniger, der im Grunde ein Geschichtenerzähler ist. Oder tatsächlich mit dem eigentlich dienstbeflissenen Polizisten, der dann doch geheime Leidenschaften offenbart. Und wer will nicht integer sein wie der Taubstumme im Stück? Aber auch die Abgründe der so genannten „Makker“, der Großkapitalisten, spiegeln unsere Gesellschaft – und uns. Wer ertappt sich nicht ab und an dabei, allzu egoistisch zu sein, den eigenen Vorteil zu suchen, Vorurteile zu propagieren? Wer ist nicht profitorientiert und manchmal gierig? „Die Irre von Chaillot“ ist ein satirisches Märchen über die Kunst zu leben. Die Lebenskunst. Witzig. Frech. Explosiv. Ein Stück, ein Stoff, dem sich „Theater Bühne frei“ liebevoll, auf die Charaktere fokussiert, nähert. Ein Stück für die ganze Familie. Ein Stück für alle. Lassen Sie es sich nicht entgehen! „Die Irre von Chaillot“ von Jean Giraudoux Ein satirisches Märchen aus dem Paris der 1930er-­‐Jahre über eine verschrobene Lebenskünstlerin, die sich und die Viertelbewohner mit einer List von gierigen Kapitalisten befreit, Lovestory und Chanson inklusive. Bunt, überzeichnet, witzig, frech und stimmungsvoll. Mit Baronen, Präsidenten, Maklern, Prospektoren, Straßensängern, Lumpensammlern, Blumenmädchen, Kloakenreinigern, Taubstummen, Lebensmüden, Polizisten, Kellnern, Geschirrwäscherinnen – und mit vier Damen unbestimmten Alters. Unterhaltsam und für alle Generationen geeignet. Aufführungen am 11., 12., 13., 18., 19. und 20. September 2015 im Kulturzentrum Frankental. Freitags und samstags um 19 Uhr, sonntags um 18 Uhr. Kartenvorverkauf: Helene-­‐Weber-­‐Haus, Oststraße 66, und Bücherstube am Rathaus, Rathausstraße 4 in Stolberg, sowie printproduction, Theaterstraße 82 in Aachen Reservierungen: 02405-­‐2764 und [email protected] Weitere Informationen: www.theaterbuehnefrei.de