Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielen, vielen Dank, ich freue mich SEHR über diese Auszeichnung! Dafür gibt es kaum Worte und deshalb ist es mir gleich am Anfang ein Bedürfnis DANKE zu sagen. Die Geschlechterforschung hat in der österreichischen Öffentlichkeit und vor allem in den breiten Medien nicht immer ein einfaches ‚Standing‘. Zum Einen herrscht das Gefühl vor, dass wir in Punkto Gleichstellung quasi schon alles erreicht haben und damit reicht‘s dann auch wieder! Und zum Anderen löst oft schon die Forderung nach einer inklusiven Sprache einen Schrei des Entsetzens aus. Wenn ich mich als Forscherin aus dem Bereich Gender- und Diversität in Organisationen vorstelle, so muss ich durchaus auf eine breite Palette an Reaktionen gefasst sein. Das geht vom Manager, der mich fragt was ich denn als Gendertante so den ganzen Tag mache und ob das überhaupt eine Wissenschaft ist, bis zur ehemaligen Studienkollegin die mir vorwirft mit der Umständlichkeit und Länge der geschlechtergerechten Sprache für die Abholzung des Regenwaldes als Papierlieferant verantwortlich zu sein. Aber mein Forschungs- und Arbeitshintergrund stößt auch immer wieder auf Neugierde und großes Interesse. Ich meine diese unterschiedlichen Reaktionen rufen nur sehr wenige Forschungsfelder hervor und genau das ist es, wofür ich meinem Beruf sehr dankbar bin: es ist ein extrem spannendes Feld, in dem ich mich hier bewegen darf, ein Feld, für das ich Feuer und Flamme gefangen habe. Was ist es also genau, dass die Geschlechterforschung so spannend macht und – da von der WU kommend immer auch Kosten und Nutzen im Auge habend - was bringt’s, sich mit Geschlechterforschung auseinanderzusetzen. Das sind die Fragen, die ich aus meiner persönlichen Perspektive mit Hilfe meiner Arbeit beantworten möchte. In meiner Arbeit stand der Prozess der Aufsichtsratsbesetzung im Zentrum. Ich habe untersucht wie Kandidatinnen und Kandidaten für diese Positionen evaluiert werden und welche Unterschiede sich in diesem Prozess für Frauen und Männer ergeben. Befragt wurden dabei Aufsichtsratsmitglieder, Headhunter und vor allem Personen, die für die Besetzung von Aufsichtsratspositionen verantwortlich sind. Gefunden habe ich dabei eine Reihe von – und das ist mir sehr wichtig herauszustreichen – in den meisten Fällen unbewussten Handlungsmustern, die einen sehr großen Genderbias aufweisen. Ich möchte Ihnen hier zwei meiner zentralen Findings nennen. Zum einen wird Kompetenz für Männer und Frauen unterschiedlich definiert, wenn es um die Besetzung einer Aufsichtsratsposition geht. Bei einer Frau als Kandidatin wird ein Kompetenznachweis ohne Zweifel verlangt, also mindestens eine Vorstandposition sollte es für das Mandat im Aufsichtsrat dann schon sein. Gleichzeitig herrscht aber die Meinung, dass nicht alle Mitglieder des Aufsichtsrates Vorstandserfahrung brauchen. Das gilt aber dann für die männlichen Kandidaten. Wir haben hier also durchaus unterschiedlich strenge Kompetenzanforderungen. Das zweite Erkenntnis das ich erwähnen möchte ist, dass der Prozess der Aufsichtsrats-Besetzung ein höchst persönlicher ist, bei dem Kompetenz für die Entscheidenden letztlich nicht der tatsächlich ausschlaggebende Faktor ist, an dem Kandidatinnen und Kandidaten evaluiert also gemessen werden; vielmehr gibt Vertrauen den Ausschlag. Das holt oder erarbeitet man sich in entsprechenden Netzwerken, Clubs und bei geteilten Freizeitaktivitäten. In der Forschung zu Top Management Positionen besteht dafür der Begriff „old boys network“. Für Frauen gibt zu diesen Wertegemeinschaften um einiges höhere Eintrittsbarrieren und so haben sie viel weniger Kanäle um das gemeinsame so wichtige Vertrauen mit entscheidungstragenden Personen zu bilden. Wir sehen anhand dieser zwei Beispiele einen Besetzungsprozess, der also für Kandidatinnen und Kandidaten durchaus sehr unterschiedlich aussieht. Und jetzt stellt sich die Frage, wie hätte die Geschichte ausgesehen, wenn ich in meiner Arbeit nicht den Genderaspekt in den Fokus genommen hätte. Ich bin davon überzeugt, dass diese Arbeit auf einem ganz anderen Level stehen geblieben wäre; nämlich an der Oberfläche der Evaluierung von Kandidatinnen und Kandidaten. Ich wäre wahrscheinlich zu dem Schluss gekommen, dass der niedrige Frauenanteil darin begründet liegt, dass es einfach zu wenige ausreichend qualifizierte Frauen für Aufsichtsratspositionen gibt; so wie das in der Diskussion um die Frauenquote meist argumentiert wird. Eine Kollegin von mir hat unlängst gesagt „ohne einen Fokus auf Gender und Diversitätsforschung behandeln wir solche Prozesse wie wir Kopfweh mit einem Pulver behandeln; wir behandeln nämlich die Symptome ohne die Ursachen zu kennen.“ Bei Anstrengungen den Frauenanteil in Aufsichtsräten zu steigern liegt meist der Fokus darauf Frauen zu schulen und Frauen in Lehrgängen zu qualifizieren, nach dem Motto „fix the women“. Der Prozess der Besetzung und die Mechanismen, die zum Ausschluss von Frauen führen werden dabei nicht diskutieren. Geschlechterforschung kann uns also im organisationalen Kontext einen enormen Mehrwert bringen. Sie ermöglicht es uns nicht auf der Ebene der Symptome stecken zu bleiben sondern die Ursachen zu ergründen. Für die Nutzung dieser wertvollen Erkenntnisse möchte ich dann gerne den Ball an die Politik weitergeben. Lassen Sie mich abschließend wieder an den Beginn meiner kurzen Ausführungen kommen. Danke für diese Auszeichnung, die ein Signal setzt, welchen Stellenwert Genderforschung in Österreich haben kann und soll. Danke also an das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, das diesen Preis ermöglicht. Danke an die Jury! Danke an Frau Prof Hanappi-Egger und Frau Prof Mensi-Klarbach, eure kritische Unterstützung hat viel zur Gestaltung dieser Arbeit beigetragen. Danke auch dass ihr mir es ermöglich habt für diese Arbeit die Daten unseres gemeinsamen EU Projekts zu nutzen, das vom Bundesministerium für Bildung und Frauen koordiniert wurde und für das ich hier auch gerne Werbung mache und mich freue wenn Sie mich beim anschließenden Buffet eventuell darauf ansprechen. Schließlich will ich mich auch bei meinem Partner, bei meiner Familie und Freunden bedanken, die mich sehr unterstütz haben. Vielen Dank!
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