Rede Astrid Hainzl - Bundesministerium für Wissenschaft und

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
vielen, vielen Dank, ich freue mich SEHR über diese Auszeichnung! Dafür gibt es kaum Worte und
deshalb ist es mir gleich am Anfang ein Bedürfnis DANKE zu sagen.
Die Geschlechterforschung hat in der österreichischen Öffentlichkeit und vor allem in den breiten
Medien nicht immer ein einfaches ‚Standing‘. Zum Einen herrscht das Gefühl vor, dass wir in Punkto
Gleichstellung quasi schon alles erreicht haben und damit reicht‘s dann auch wieder! Und zum
Anderen löst oft schon die Forderung nach einer inklusiven Sprache einen Schrei des Entsetzens aus.
Wenn ich mich als Forscherin aus dem Bereich Gender- und Diversität in Organisationen vorstelle, so
muss ich durchaus auf eine breite Palette an Reaktionen gefasst sein. Das geht vom Manager, der
mich fragt was ich denn als Gendertante so den ganzen Tag mache und ob das überhaupt eine
Wissenschaft ist, bis zur ehemaligen Studienkollegin die mir vorwirft mit der Umständlichkeit und
Länge der geschlechtergerechten Sprache für die Abholzung des Regenwaldes als Papierlieferant
verantwortlich zu sein. Aber mein Forschungs- und Arbeitshintergrund stößt auch immer wieder auf
Neugierde und großes Interesse. Ich meine diese unterschiedlichen Reaktionen rufen nur sehr
wenige Forschungsfelder hervor und genau das ist es, wofür ich meinem Beruf sehr dankbar bin: es
ist ein extrem spannendes Feld, in dem ich mich hier bewegen darf, ein Feld, für das ich Feuer und
Flamme gefangen habe.
Was ist es also genau, dass die Geschlechterforschung so spannend macht und – da von der WU
kommend immer auch Kosten und Nutzen im Auge habend - was bringt’s, sich mit
Geschlechterforschung auseinanderzusetzen. Das sind die Fragen, die ich aus meiner persönlichen
Perspektive mit Hilfe meiner Arbeit beantworten möchte.
In meiner Arbeit stand der Prozess der Aufsichtsratsbesetzung im Zentrum. Ich habe untersucht wie
Kandidatinnen und Kandidaten für diese Positionen evaluiert werden und welche Unterschiede sich
in diesem Prozess für Frauen und Männer ergeben. Befragt wurden dabei Aufsichtsratsmitglieder,
Headhunter und vor allem Personen, die für die Besetzung von Aufsichtsratspositionen
verantwortlich sind.
Gefunden habe ich dabei eine Reihe von – und das ist mir sehr wichtig herauszustreichen – in den
meisten Fällen unbewussten Handlungsmustern, die einen sehr großen Genderbias aufweisen. Ich
möchte Ihnen hier zwei meiner zentralen Findings nennen.
Zum einen wird Kompetenz für Männer und Frauen unterschiedlich definiert, wenn es um die
Besetzung einer Aufsichtsratsposition geht. Bei einer Frau als Kandidatin wird ein
Kompetenznachweis ohne Zweifel verlangt, also mindestens eine Vorstandposition sollte es für das
Mandat im Aufsichtsrat dann schon sein. Gleichzeitig herrscht aber die Meinung, dass nicht alle
Mitglieder des Aufsichtsrates Vorstandserfahrung brauchen. Das gilt aber dann für die männlichen
Kandidaten. Wir haben hier also durchaus unterschiedlich strenge Kompetenzanforderungen.
Das zweite Erkenntnis das ich erwähnen möchte ist, dass der Prozess der Aufsichtsrats-Besetzung ein
höchst persönlicher ist, bei dem Kompetenz für die Entscheidenden letztlich nicht der tatsächlich
ausschlaggebende Faktor ist, an dem Kandidatinnen und Kandidaten evaluiert also gemessen
werden; vielmehr gibt Vertrauen den Ausschlag. Das holt oder erarbeitet man sich in
entsprechenden Netzwerken, Clubs und bei geteilten Freizeitaktivitäten. In der Forschung zu Top
Management Positionen besteht dafür der Begriff „old boys network“. Für Frauen gibt zu diesen
Wertegemeinschaften um einiges höhere Eintrittsbarrieren und so haben sie viel weniger Kanäle um
das gemeinsame so wichtige Vertrauen mit entscheidungstragenden Personen zu bilden.
Wir sehen anhand dieser zwei Beispiele einen Besetzungsprozess, der also für Kandidatinnen und
Kandidaten durchaus sehr unterschiedlich aussieht.
Und jetzt stellt sich die Frage, wie hätte die Geschichte ausgesehen, wenn ich in meiner Arbeit nicht
den Genderaspekt in den Fokus genommen hätte.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Arbeit auf einem ganz anderen Level stehen geblieben wäre;
nämlich an der Oberfläche der Evaluierung von Kandidatinnen und Kandidaten. Ich wäre
wahrscheinlich zu dem Schluss gekommen, dass der niedrige Frauenanteil darin begründet liegt, dass
es einfach zu wenige ausreichend qualifizierte Frauen für Aufsichtsratspositionen gibt; so wie das in
der Diskussion um die Frauenquote meist argumentiert wird.
Eine Kollegin von mir hat unlängst gesagt „ohne einen Fokus auf Gender und Diversitätsforschung
behandeln wir solche Prozesse wie wir Kopfweh mit einem Pulver behandeln; wir behandeln nämlich
die Symptome ohne die Ursachen zu kennen.“ Bei Anstrengungen den Frauenanteil in Aufsichtsräten
zu steigern liegt meist der Fokus darauf Frauen zu schulen und Frauen in Lehrgängen zu qualifizieren,
nach dem Motto „fix the women“. Der Prozess der Besetzung und die Mechanismen, die zum
Ausschluss von Frauen führen werden dabei nicht diskutieren.
Geschlechterforschung kann uns also im organisationalen Kontext einen enormen Mehrwert bringen.
Sie ermöglicht es uns nicht auf der Ebene der Symptome stecken zu bleiben sondern die Ursachen zu
ergründen. Für die Nutzung dieser wertvollen Erkenntnisse möchte ich dann gerne den Ball an die
Politik weitergeben.
Lassen Sie mich abschließend wieder an den Beginn meiner kurzen Ausführungen kommen. Danke
für diese Auszeichnung, die ein Signal setzt, welchen Stellenwert Genderforschung in Österreich
haben kann und soll. Danke also an das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und
Wirtschaft, das diesen Preis ermöglicht. Danke an die Jury!
Danke an Frau Prof Hanappi-Egger und Frau Prof Mensi-Klarbach, eure kritische Unterstützung hat
viel zur Gestaltung dieser Arbeit beigetragen. Danke auch dass ihr mir es ermöglich habt für diese
Arbeit die Daten unseres gemeinsamen EU Projekts zu nutzen, das vom Bundesministerium für
Bildung und Frauen koordiniert wurde und für das ich hier auch gerne Werbung mache und mich
freue wenn Sie mich beim anschließenden Buffet eventuell darauf ansprechen. Schließlich will ich
mich auch bei meinem Partner, bei meiner Familie und Freunden bedanken, die mich sehr unterstütz
haben.
Vielen Dank!