theater ittigen 2016

THEATER ZYTIG
theater ittigen 2016
NITROCELLULOSE MIT SALPETER
Der Stufenbau Ittigen, ein historisches Gebäude das in den 30-er Jahren der
Produktion von Celluloid diente, ist heute ein denkmalgeschützter Kulturtempel. Die
ehemalige Fabrikstätte eignet sich besonders gut für Theateraufführungen, die einen
Bezug zur Geschichte in der Region haben. "In Teufels Küche" ist ein theatralischer
Bilderbogen über 600 Jahre Geschichte von Ittigen und speziell von diesem
Stufenbau. Der Spielort ist Teil der Inszenierung.
Der schmucklose Raum dient als Theaterstätte. Das Publikum sitzt praktisch mitten
im Spielgeschehen, teilweise hautnah. Auf einem Podest, auf dem sonst eine
Rockband den Takt angibt, ist die aufwändige Licht-und Tontechnik aufgebaut.
Daneben findet noch ein Schlagzeug Platz. Der Techniker projeziert Bilder an die
Wand, die einzelne Szenen stimmungsmässig untermalen, schaltet und waltet - gut
sichtbar für alle - über Scheinwerfer und Lautsprecher und haut ab und zu auch
zünftig auf die Pauke, beziehungsweise auf das Schlagzeug. Dabei entpuppt er sich
als Könner dieses Faches, der mit diskretem Humor den Takt angibt.
Eine "Reiseleiterin" begleitet durch die Jahrhunderte. Hexen und Hexenmeister
haben wohl ihre Seelen schon verloren, darum sind sie unsterblich und überleben die
Jahrhunderte. Sie müssen in Teufels Küche in einem gewaltigen Topf pausenlos
Nitrocellulose mit Salpeter rühren und explosive Speisen kochen. Neben dem
strengen Küchendienst sind sie dazu verdammt, ständig auf der Suche nach Seelen
zu sein. Aber sie machen das mit verführerischem Charme; das Ergebnis lässt sich
sehen..... Es gab und gibt immer solche, die ihre Seele verkaufen, um von Elend und
Krieg zu profitieren. Hauptsache, das Geschäft kommt in Schwung.
Der Bühnenbildner, der ein genial einfaches, aber vielseitig verwendbares
Spielumfeld geschaffen hat, kann nebenbei seine pyrotechnischen Vorstellungen
effektvoll umsetzen. Die Kostüm-und MaskenbildnerInnen haben all ihre Fantasie
farbenprächtig und stilvoll umgesetzt.
Die theatralische Reise durch all die Krisen, Kriege, friedlichere Zeiten,
gesellschaftlichen, politischen und industriellen Epochen ist ein überaus buntes und
voller Überraschungen ausgestattetes Abenteuer. Der Zuschauer wird durch das
lebendige und ausdrucksvolle Spiel der rund 20 Spielerinnen und Spieler bei bester
Laune gehalten, teilweise sogar miteinbezogen.
Regisseur Hanspeter Incondi hat zusammen mit einem topmotivierten Team tolles
und begeisterndes Theater geschaffen. Für das "theater ittigen" eine typische
Produktion: mutig und neben dem Mainstream. Und ich füge das Prädikat hinzu:
absolut sehenswert.
Belp, 31.Januar 2016
Urs Hirschi