Pressemitteilung Die Geschichte von Johannes Schwalm Vortrag Stefan Prinz Am Freitag, 14. August, um 19.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus in Schrecksbach erzählen und dazu ein paar Fotos zeigen. Eintritt frei. Die Geschichte von Johannes Schwalm begann in Willingshausen – und ist 239 Jahren später in Amerika noch längst nicht zu Ende. Es ist die wahre Begebenheit einer Familiengeschichte, die mit einer Tragödie in der Schwalm ihren Anfang nahm und Jahrhunderte später zu einem amerikanischen Traum wurde. Im Februar 1776 klopfte ein kleiner Trupp hessischer Soldaten an die Tür eines der Fachwerkhäuser in Willingshausen und verlas den eingeschüchterten Bewohnern eine Anordnung von Landgraf Friedrich II. Diese sogenannte Dienstpflicht regelte, dass junge Männer zwischen 16 und 30 Jahren in die Armee eingezogen werden. Ob sich Johannes Schwalm angesichts dieses Befehls nach Kräften wehrte oder klaglos in sein Schicksal ergab, ist nicht überliefert. Desertieren wäre auch sinnlos gewesen. Denn dann wurde kurzerhand ein anderes männliches Familienmitglied verpflichtet oder sogar der FamilienBesitz beschlagnahmt. Fest steht nur: Hessische Truppen zwangsrekrutierten Johannes Schwalm aus Willingshausen und brachten ihn zunächst in die wenige Kilometer entfernte Wasserfestung Ziegenhain. Von dort wurde er unter strenger Bewachung zusammen mit anderen Leidensgenossen zu Fuß weiter über Kassel, Hannover und Bremen nach Bremerhaven geführt und schließlich in die Neue Welt verschifft - nach Amerika. Denn der hessische Landgraf Friedrich II brauchte dringend Geld. Deshalb vermietete er Tausende seiner Soldaten an seinen Schwager, den britischen König Georg III. Das Oberhaupt der damaligen Weltmacht Großbritannien versuchte mit Hilfe der Hessen die Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Kolonie in Amerika niederzuschlagen. Nach anfangs erfolgreichen Schlachten im so genannten „Knyphausen Regiment“, geriet Johannes Schwalm bei der legendären Schlacht von Trenton im November an der Ostküste in amerikanische Gefangenschaft. Der junge Schwälmer wurde gemeinsam mit hunderten anderen hessischen Kriegsgefangenen wie eine Trophäe durch die Stadt Philadelphia geführt. Für den Willingshäuser war damit der Krieg in der Neuen Welt vorbei. Zurück in die Schwalm konnte oder wollte Johannes aber offensichtlich nicht mehr. So beschloss er, Amerikaner zu werden. Er ließ sich im heutigen Bundesstaat Pennsylvania nieder und baute tausende Kilometer von den Getreidefeldern seiner Schwälmer Heimat entfernt, eine neue Existenz auf. Er fand eine Frau, heiratete und wurde Vater. Zwei Generationen später bewirtschaftete sein Enkel Samuel Schwalm gemeinsam mit seiner Frau Elizabeth eine eigene kleine Farm. Aber selbst nach so langer Zeit galten die Schwalms in den USA offensichtlich noch immer als Ausländer. Anders ist es kaum zu erklären, dass sich Samuel Schwalm entschloss, seinen Patriotismus unter Beweis zu stellen. Im amerikanischen Bürgerkrieg meldete er sich im Jahr 1861 als Kriegsfreiwilliger. Samuel Schwalm wollte zeigen, dass er bereit war, für die neue Heimat zu kämpfen. Dieser Wunsch war offensichtlich so groß, dass er seine hochschwangere Frau mit den gemeinsamen vier kleinen Kindern auf der Farm zurückließ, um für die Nordstaaten in den Kriege zu ziehen. Bevor sich Samuel verabschiedete, gab ihm Pfarrer Peter Klinger, vermutlichebenfalls ein Deutschstämmiger aus seiner Heimatgemeinde, einen Zettel mit auf den Weg. Darauf hatte der Geistliche eigens ein Gebet für Samuel in dessen deutscher Muttersprache aufgeschrieben. Diese Zeilen sollten ihm als Soldat Halt und Hoffnung geben (siehe Kasten). Mehr als drei Jahre kämpfte Samuel Schwalm zwischen 1861 und dem Sommer 1864 in zahlreichen Gefechten und sah dem Tod mehrfach ins Auge. Das Gebet trug er während der gesamten Kriegszeit in einer Tasche bei sich. Das Beten hatte geholfen: Ein knappes Jahr vor Kriegsende kehrte Samuel Schwalm auf seine Farm zu Frau und Kindern zurück. Der Historiker Ross Schwalm ist ein Nachfahre von Samuel. Er ist sich sicher, dass sein Urgroßvater fest auf Gott vertraute. Heute sind die Nachkommen von Johannes und Samuel Schwalm so zahlreich, dass sich viele untereinander gar nicht kennen. Vielleicht bemüht sich Ross Schwalm gerade deshalb, die Geschichte seiner Familie zu bewahren. Vor genau 40 Jahren gründeten die amerikanischen Schwalms die „Johannes-Schwalm-Gesellschaft“, um die Erinnerung an die Familiengeschichte mit den hessischen Wurzeln wach zu halten. Vor ein paar Wochen feierten die Schwalms ein großes Jubiläumsfest und stellten dabei Szenen aus dem Bürgerkrieg nach – 150 Jahre nach dessen Ende. Das Andenken an die Heimat ihres Ahnen haben die amerikanischen Schwalms nie vergessen. Er vor ein paar Tagen schrieb Ross Schwalm dem Autor dieser Zeilen: „Would love to see some current photos of Willingshausen.“ (Es wäre schön, einige aktuelle Fotos von Willingshausen zu sehen). Die Bilder sind auf dem Weg nach Amerika. Foto 1: Samuel Schwalm als Soldat Foto 2: Grabstein von Samuel Schwalm
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