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Im Ganzen fanden bis zum Bundessängerfeste
79 Vorstandssitzungen statt.
Die einzelnen Ausschüsse standen vor einem
Problem, das nicht so leicht zu lösen war, denn
die Zahl der Voranmeldungen zur Teilnahme am 10. Deutschen Sängerbundfeste hatte bereits eine derartige Höhe erreicht, dass
alle bisher stattgefundenen Feste – selbst das
letzte in Hannover mit seinen 40.000 Teilnehmern – weit in den Schatten gestellt wurden.
Es gab keine Vorbilder. Nicht nur der Verkehrsausschuss und der Wohnungsausschuss standen vor gigantischen Aufgaben, auch die Frage
der zu errichtenden Sängerhalle, um vor allen
Eventualitäten des Wetters geschützt zu sein,
verursachte langwierige Beratungen.
Inzwischen wurde im Bauausschusse die Idee
der Erbauung einer Holzhalle durch den Architekten Ing. Georg Rupprecht aufgeworfen. Das
Projekt Rupprechts wurde nach ernstester Prüfung angenommen. Der Bau wurde der Firma
Chromy übertragen, die in einem Zeit-
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raume von fünf Monaten die gewaltigste Holzhalle, die je zur Ausführung gelangte, auf der
Jesuitenwiese im Prater fertig stellte. Diese
Sängerhalle ist ein Wunderwerk der modernen Technik und fand in in- und ausländischen
Fachkreisen einmütige Anerkennung. Sie ist
182 Meter lang, 110 Meter breit und besteht
aus drei Hallenschiffen. Das Sängerpodium, auf
dem gleichzeitig 40.000 Sänger Platz fanden,
umfasst 7000 Quadratmeter und steigt in 32
fast zwei Meter breiten Stufen über sechs Meter an. Von der obersten Stufe hatte man einen imposanten Rundblick auf die Halle. An der
Rück- und den beiden Seitenwänden des Podiums befinden sich breite Rampen, die den Aufmarsch des Sängerheeres in kürzester Zeit ermöglichten. Dank der vom Ordnungsausschuss
getroffenen Maßnahmen war das Podium stetes
innerhalb zehn Minuten gefüllt. Die einzelnen
Stimmgattungen der
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jeweils mitwirkenden Sängerbünde sammelten
sich außerhalb der Halle auf dem Festplatze an
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bestimmten Treffpunkten und der Ordnungsausschuss gab für jede einzelne Gruppe mittels
Lautsprechern die Weisung zum Betreten des
Podiums. Die Sängerhalle ist aus steirischem
Fichtenholz bester Qualität erbaut. Für die Abholzung waren 17 Joch Wald erforderlich. Das
zum Hallenbau verwendete Holz hat ein Gewicht
von über zwei Millionen Kilogramm. Mehr als
5000 Schrauben, ungefähr 15.000 Klammern
und etwa 14.000 sogenannte Ringdübel halten
die Tausende von Stämmen zusammen, die der
Riesensängerhalle das Gerippe geben.
Die Arbeiten waren größtenteils für die Arbeiter,
die hiebei bis zu einer Höhe von 25 Meter auf
schmalen Balken stehend, zu arbeiten hatten,
mit großen Gefahren verbunden.
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Um allen Eventualitäten des Winddruckes begegnen zu können, wurde ein Winddruck von 125
Kilogramm auf den Quadratmeter waagrechte
und 25 Kilogramm auf den Quadratmeter lotrechte Fläche auf Grund der Erfahrung für unsere Gegenden im Einvernehmen mit dem Wiener Stadtbauamte angenommen. Die vordere
Stirnwand kann demnach dem Druck einer Last
von 25 Eisenbahnwagen Widerstand leisten.
Die Kosten der Sängerhalle beliefen sich auf
eine Million Schilling.
Die Akustik der Sängerhalle wurde von allen
Gästen anerkannt und gelobt und hat sich nicht
nur bei den Probeaufführungen vor dem Feste,
sondern insbesondere bei den einzelnen Hauptaufführungen als geradezu glänzend erwiesen.
Auf dem Festplatze rings um die Halle herum
breiteten sich 50 Kioske, eine Anzahl Gaststätten und Zelte aus. Bot der Festplatz
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schon vor dem Feste reges Leben und Treiben,
so war der Verkehr während der Festtage geradezu imposant. Man konnte vor und nach den
Hauptaufführungen nur schrittweise vorwärts
kommen. Der Andrang der von auswärts gekommenen Festgäste sowie der Einheimischen
war derart groß, dass viele keinen Einlass zu
den Hauptaufführungen finden konnten.
Die Postverwaltung errichtete ein eigenes Postamt, das den Andrang kaum bewältigen konnte.
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… Der Männergesangsverein „Arion“ aus Brooklyn und der Brooklyner Sängerbund trafen
am 17. Juli mit Sonderschiff in Wien ein. Den
amerikanischen Sängern wurde bei Ihrer Landung ein herzlicher Willkomm entboten. Zum
Empfange hatten sich die Gesangvereine des
zweiten Bezirkes und die Turner mit einer Musikkapelle eingefunden. Als das Schiff sich dem
Ufer näherte sangen die Amerikaner das „Grüß
Gott!“
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Summarische Übersicht der musikalischen
Veranstaltungen.
Im Laufe der Festtage gelangt ein überreiches
musikalisches Programm zur Abwicklung, das
in nachstehende Gruppen zerfiel:
3 Hauptaufführungen in der Sängerhalle
49 Stundenkonzerte, die von 69 Gesangsvereinen bestritten wurden und in den Wiener Konzertsälen stattfanden.
3 Konzerte im Freien (Heldenplatz, Burghof)
3 Kirchenkonzerte (Liechtentaler, Augustinerund Alserkirche).
7 Bündekonzerte in der Sängerhalle.
In die Durchführung dieser Konzerte teilten sich
über 150.000 Sänger.
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In der Zeit vom 17. Bis 25 Juli fand eine Ausstellung in der Burg statt, welche im Auftrage
des Deutschen Sängerbundes Berlin und im
Einvernehmen mit dem Festausschuss für das
10. Deutsche Sängerbundesfest von der deutschen Sängerschaftsstelle in Wien, 1. Bezirk, In
der Burg, durchgeführt wurde. In dem neuen
Parterresaal der Hofburg wurde eine große Anzahl wertvoller und interessanter Objekte des
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Sängerwesens sowie aus den städtischen
Sammlungen der Gemeinde Wien zur Schau
gestellt.
Im Anschluss an den Ausstellungssaal befand
sich im großen Vestibüle die Treffbuchanlage
für die auswärtigen Sängergäste.
Die ersten Veranstaltungen.
Der erste Begrüßungsabend in der Festhalle
Schon lange vor der für den Begrüßungsabend
in der Riesenhalle angesetzten Stunde versammelten sich etwa 15.000 Sänger in freudiger
Stimmung zum ersten Abend.
Bundesvorstandsstellvertreter des Ostmärkischen Sängerbundes, Schriftsteller Karl Engelhart, eröffnete den Abend.
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Auf dem Podium hatten sich unterdessen die
Mitglieder der „Nordmark“-Sänger aus Hamburg und Schleswig-Holstein versammelt, die
unter ihrem Dirigenten, Ehrenbundeschormeister John J. Schäffler, drei Chöre, „Sturmbeschwörung“, „Wie´s daheim war“ und „Frühling
am Rhein“, unter lautem Beifall zum Vortrag
brachten.
Jubelnd begrüßten sodann die Sänger den inzwischen erschienenen Präsidenten des Deutschen
Sängerbundes, Rechtsanwalt Dr. Friedrich List,
mit dem Sängergruß, worauf das Mitglied des
Gesamtausschusses des Deutschen Sängerbundes, Bürgermeister Roth aus Leipzig, das Wort
ergriff und den Schubertschen Geist pries, der
das große Sängerfest in die Stadt Wien führte.
Er wies darauf hin, dass noch der Tag des politischen und wirtschaftlichen Zusammenschlusses kommen werde und würdigte die jetzt schon
deutlich zutage tretende Liebenswürdigkeit und
Gastfreundschaft Wiens. Der Deutsch Volksgesangsverein Wien
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brachte hierauf unter Leitung seines Chormeisters Josef Ruhm mehrere Volkslieder, darunter „Es steht ein Baum im tiefen Tal“, ein burgenländisches Volkslied, „Schnadahüpfeln vom
Grundlsee“ sowie mehrere sechsstimmige Jodler unter jubelndem Applaus der Zuhörer zum
Vortrag.
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Dr. Georg Kotek sang durch den Lautsprecher
seine berühmten „Almrufe“, die speziell die
deutschen Gäste entzückten, und die Kapelle
des Leipziger Männerchores unter Leitung des
Kapellmeisters Rudolf Steinbach spielte unermüdlich flotte Weisen.
So zeigte sich gleich am ersten Abend ein frohbewegtes Bild, dem die mit Fahnen in den Farben aller deutschen Länder und Gaue reichgeschmückte Sängerhalle einen würdigen Rahmen
bot.
Mit herzlichen Dankesworten des Vorstandsstellvertreters Engelhart schloss die Veranstaltung, die noch bis in die späten Abendstunden
hinein die Gäste aus aller Welt fröhlich vereinte.
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Der offizielle Begrüßungsabend.
Für 7 Uhr abends war der Beginn des offiziellen
Begrüßungsabends in der Riesensängerhalle im
Prater angesetzt, doch schon eine halbe Stunde
vorher strömten so viele Tausende in die Halle,
dass der Riesenraum im Nu überfüllt war.
Auf der Sängertribüne hatten der Thüringer
Sängerbund, der Sängerbund der Sudenten-
deutschen, der Steirische Sängerbund und der
Ostmärkische Sängerbund Aufstellung genommen.
An langen, weißgedeckten Tischen hatten sich
mittlerweile die Ehrengäste, darunter der deutsche Gesandte Graf Lerchenfeld, Bundeskanzler Dr. Seipel, die Bundesminister Dr. Schürff,
Schmitz und Dr. Slama, Bürgermeister Seitz,
Landeshautpmann
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Dr. Buresch, Polizeipräsident Schober, Präsident des Stadtschulrates Glöckel, die Präsidenten des Nationalrates Eldersch und Jukel, der
Dichterpriester Ottokar Kernstock und hunderte andere hervorragende Persönlichkeiten eingefunden. …
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Der 20. Juli
Die erste Hauptaufführung
in der Sängerhalle
Am Freitag, den 20. Juli, um halb 13 Uhr, fand
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in der Riesensängerhalle im Prater die erste
Hauptaufführung des Deutschen Sängerbundesfestes statt, die mit einer würdevollen Schubert-Ehrung verbunden war.
Schon lange vor Begin der Hauptaufführung
war der Festplatz von Sängern, die zeitlich vormittags schon eine Probe gehabt hatten, erfüllt.
Während des Aufmarsches der Sänger füllten
sich die Ehrentribünen mit den Festgästen. In
rascher Aufeinanderfolge trafen die Bundesminister, die Gesandten mehrerer Staaten, die
Bürgermeister der Stadt Wien und schließlich
Bundespräsident Dr. Hainisch mit seiner Gemahlin in Begleitung des Kabinettsvizedirektors
Klastersky ein. …
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Zum Schluss der Festaufführung trat nochmals
der Gesamtchor in Aktion, geführt von Viktor
Keldorfer wurde mit Begleitung von Blasinstrumenten Rudolf Bucks „Vaterland“ gesungen.
Vieltausendstimmige Heil- und Bravorufe bewiesen, dass die erste Festaufführung über alle
Erwartungen gut gelungen war. …
Die zweite Hauptaufführung
in der Sängerhalle
Abends fand in der Riesensängerhalle die zweite Hauptaufführung der Deutschen Sängerbundesfestes statt, die gleich der ersten ebenfalls
eine Schuberthuldigung brachte. Wieder war es
der Vorsitzende des Deutschen Sängerbundes
Dr. Friedrich List, der die schon zitierte Festrede an Schubert wiederholte. Als Festdirigenten
wirkten Professor Gustav Wohlgemuth, Leipzig,
und Professor Viktor Keldorfer, Wien. Die Chöre bestritten der Preußische Provinzial-Sängerbund, der Schlesische Sängerbund, der Oberschlesische Sängerbund, der Niedersächsische
Sängerbund, der Vereinigte Männergesangsverein Hamburg-Altona, der Schleswig-Hosteinsche Sängerbund, der
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Mecklenburgische Sängerbund, der Mecklenburg-Strelitzer Sängerbund, der Sächsische
Sängerbund und die deutschen Sänger aus
dem Auslande (aus Ungarn, Polen, Rumänien,
der Schweiz und der Ostseeprovinzen). …
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Die dritte Hauptaufführung
Am 21. Juli fand in der Sängerhalle die dritte
Hauptaufführung des Deutschen Sängerbundfestes statt, die mit einer überaus eindrucksvollen Anschlusskundgebung verbunden war.
40.0000 Sänger standen auf dem mächtigen
Podium, während weitere 50.000 den übrigen
Raum füllten. Eine eigenartige Bewegung war
in diesen Massen zu bemerken; jedermann
wusste, dass dieser dritten Hauptaufführung
noch ein besonderes Ereignis folgen werde. Die
Logen der Ehrengäste waren voll besetzt. Es
waren anwesend: Der Präsident des Deutschen
Reichstages, Paul Loebe, der Reichsminister
des Innern, Karl Severing, der Gesandte und
bevollmächtige Minister Graf Lerchenfeld-Köfering, Landeshauptmann und Bürgermeister
Seitz, Präsident des Nationalrates Dr. Leopold
Waber, Bundesminister a. D. Doktor Odehnal,
Landeshauptmann von Tirol Dr. Stumpf, die
Bundesräte Josef Stöckler und Professor Dr.
Hugelmann, Landesrat Ing. Schumy, Landtagsabgeordneter Binder, Präsident Dr. Ing. Wilhelm Exner, Vizepräsident der Wiener deut-
schen Handelskammer Killmay, Polizeidirektor
Tandler, Ministerialrat Dr. Rizzi, Hofrat Rudolf
Seifert, der Generalkonsul von Vivenot, Legationsrat Dr. Woermann, Legationssekretär Dr.
Steiner, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Dr. Luppe, Oberbürgermeister von Leipzig Friedrich Roth, Vizepräsident der Akademie
der Wissenschaften Dr. Wettstein, Oberbürgermeister Jackler, die Stadträte Kokrda und Weber, Vizebürgermeister Hofrat Zeiner.
Außerordentlich zahlreich waren Vertreter aus
den Kreisen der Sängerschaft, der Turner, der
alpinen und der nationalen Vereine anwesend.
Unter anderen Generaldirektor Dr. Ing. Neubacher, Vorsitzender des österreichischen Volksbundes in Wien, Hofrat Ing. E. Pichl, der Obmann des Wiener Turngaues Ulik, die Tondichter
Hugo Kaun, Erwin Lendvai, Kienzl, Kirchl, Lafite, Wagner-Schönkirch u. a. m.
Dem feierlichen Akte wohnte der Hauptausschuss des Deutschen Sängerbundes mit
Rechtsanwalt Dr. Friedrich List, Schatzmeister
Redlin, der Vorsitzendes des Festausschusses,
Schulrat Josef A. Jaksch, mit sämtlichen Mitgliedern des Hauptausschusses bei.
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Punkt 1/2 13 Uhr erfüllten die mächtige Halle die Fanfarenklänge aus der Oper „Fredigundis“ von Franz Schmidt, ausgezeichnet geleitet
von Regierungsrat Professor Stiegler von der
Staatsoper. Dann trat der Gesamtchor in Aktion
und brachte, geleitet vom Festdirigenten Professor Viktor Keldorfer, Eduard Kremsers Werk
„Im deutschen Geist und Herzen“ mit Bläserbegleitung zum Vortrag. Nach einer kleinen Pause
bestieg der Präsident des Deutschen Sängerbundes, Rechtsanwalt Dr. List, den Dirigententurm und hielt unter lautloser Stille seine dem
Anschluss gewidmete Rede:
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Namen“ von Karl Weidt, und „Wo gegen Himmel Eichen ragen“ von Hans Heinrichs, die in
brillanter Weise vom Festdirigenten Professor
Gustav Wohlgemuth aus Leipzig geführte wurden.
Ausgezeichnet war auch der Einzelvortrag des
Berliner Sängerbundes unter Leitung des Bundeschormeisters Musikdirektor Max Wiedemann. Ebenso lösten die Vorträge „Deutsche
Wacht“ von Hugo Kaun und „Vaterlandslied“ von
Adolf Maschner lebhaftesten Beifall der Zuhörer
aus. Ausgezeichnet schnitt ferner der Badische
Sängerbund mit seinen Vorträgen „Durchs Wiesetal gang i jetzt na“ von Friedrich Silcher und
der Chor „Flamme empor“ von Richard Trunk
ab.
Nun folgte der Einzelvortrag der Arbeitsgemeinschaft der Bayern (Bayrischer Sängerbund,
Fränkischer Sängerbund, Schwäbisch-Bayrischer Sängerbund), der vom Dirigenten Musikdirektor Fritz Binder in überaus präziser Weise
zu Gehör gebracht wurde. Es waren die Chöre
„Deutschland, mein Deutschland“ von Richard
Trunk und „Schmied Schmerz“ von Heinrich
Zöllner.
Nun betrat wieder Festdirigent Professor Viktor Keldorfer den Dirigententurm und brachte
mit dem ihm eigenen Elan, die Massen mitreissend, zwei Chöre zur Aufführung: „Zu Straßburg auf der Schanz“ (aus der Oper „Der Kuhreigen“) von Wilhelm Kienzl und „Trennung“
von Marschner-Laugs. Tosender Beifall erfüllte
die Riesen-Sängerhalle und Chor wie Festdirigent dankten durch Tücherschwenken für den
Beifall.
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Das Bündekonzert in der Sängerhalle
Das Bündekonzert in der Sängerhalle begann
um 17 Uhr mit Vorträgen des Niederlausitzer
Sängerbundes unter der Leitung des Bundeschormeisters Richard Keil. Mendelssohns „Der
Jäger Abschied“ und „Sturmbeschwörung“ wurden im Aufbau und in der allgemeinen Dynamik
vollendet gut gebracht. Unter Bundeschormeister Direktor Ernst Nadler schwelgte der Oberösterreichische Sängerbund bei den Chören
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„Hoamatland“ und „Einfall der Nacht am See“ in
den edelsten Klangfarben. „Das Lied der Alpenmärkler“, das Bundeschormeister Prof. Alfred
Klietman ausdrucksvoll dirigierte, brachte beste, urechte Vokskunst zu Gehör. Die beiden
tüchtigen verdientsvollen Dirigenten führten
ihre Sängerschar zum vollen Siege.
Viel Beifall fand auch der Sängerbund der Sächsischen Oberlausitz mit den Chören „Stehn´n
zwei Stern“ und „Ostwacht der Lausitzer“ als
grunddeutsche Kompositionen in bester Wiedergabe, die Bundeschormeister Arno Richter
mit Temperament leitete.
Das gleiche Lob kann man dem Bundeschormeister des Pfälzischen Sängerbundes, Christian Ott, spenden, die die Männerchöre „Der
Studenten Nachtgesang“ und Mendelssohns
„Rheinweinlied“ mit vorzüglicher Technik zur
Geltung brachte.
Der Sächsische Elbgau-Sängerbund unter Leitung des Bundeschormeisters Richard Büttner
begann seine Vorträge mit einer liebenswürdigen Verneigung vor der gastlichen Stadt des
Sängerfestes und erntete mit dem Chor „Mein
goldenes Wien“ jubelnden Beifall. Die Wiener
fühlten sich sympathisch berührt und kargten
auch bei den folgenden Chören „Deutsches
Volksgebiet“ und „Abmarsch“ nicht mit herzlichem Applaus.
Die Bundeschormeister Robert Manzer und Max
Rumler schwangen den Taktstock über dem
Sängerbund der Sudetendeutschen und schufen in den Chören „Auf der Wacht“, „Aus der
Jugendzeit“, „Frisch gesungen“, „Mein Heimat(p.115 Abbildungen)
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tal“ und „Ein schön deutsch Reiterlied“ prächtige Leistungen.
Die Darbietungen des Schlesischen Sängerbundes füllten den großen Restteil des Konzertes. Bundeschormeister Heinrich Melcher einte
alle Gaue des Bundes zu Gesamtvorträgen, die
machtvoll durch den Raum brausten. Auf den
„Sängerspruch des Schlesischen Sängerbundes“ folgte Beethovens Chor „Gottes Macht und
Vorsehung“ und der innige „Segenswunsch“
von Weinzierl. Die Wahl und die klangschöne
Aufführung dieser Chöre verdient höchste Anerkennung. Die Einzelvorträge des Gaues XV
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unter Gauchormeister Alfred Aumann und der
Gaue III, IX und XIII unter Leitung des Gauchormeisters Ernst Rohowsky, sowie die der
Gaue II, IV und VI unter Gauchormeister Paul
Busse zeigten die gute Chordisziplin der kleineren Sängerverbände. Zwei Gesamtvorträge:
„Mein Schlesierland“ und „Deutscher Volksruf“
beschlossen das große, denkwürdige Konzert.
Wer dieses Konzert gehört hat, weiß, dass das
unschätzbare Kulturgut des deutschen Liedes
in guten, verlässlichen und treuen Händen ruht.
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Der Festzug
Wiederholt hat Wien prunkvolle Umzüge gesehen, doch das, was das Zehnte Deutsche Sängerbundesfest geboten hat, ist weit über das
Vorstellbare hinausgegangen. Das Festzugskomitee unter der Leitung des Generalmajors
Trauttweiller und der künstlerischen Leitung
Professor Remigius Geyling und des Architekten Wilfert hat alles aufgeboten, um nicht nur
einen einheitlichen und übersichtlichen, sondern auch prunkvollen Festzug vorzuführen.
Mehr als 150.000 Sänger haben den Weg nach
Wien gefunden, um hier das Zehnte Deutsche
Sängerbundesfest zu feiern und den größten
Meister des deutschen Chorgesanges, Franz
Schubert, zu ehren.
Kurz nach halb 10 Uhr eröffnete der Bundespräsident Dr. Michael Hainisch die Feier. Zuerst sang ein mächtiger Männerchor, begleitet
von einem Bläserorchester die Hymne an Franz
Schubert, Worte vom achtzigjährigen Heimatsdichter Ottokar Kernstock, Musik von Professor
Max Springer. Als die letzte Strophe der Hymne über den dichtgefüllten Festplatz (Am Ring
beim Heldentor / Maria Theresien-Denkmal,
Anm. Transskript) verklungen, war, hielt Schulrat Josef Jaksch, der Vorsitzende des Wiener
Festausschusses, die Schubert-Gedenkrede …
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Endlos schien der Zug der deutschen Sängerschar. Man wusste nicht, wie es denn überhaupt
möglich war, derartige Massen geordnet und
so ineinandergreifend vorwärtszubringen. Und
doch, das Wunder geschah, es herrschte Ordnung und die Wiener wie die Fremden brachten es nicht über sich, vorzeitig ihren Standort
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mit etwas heiseren Kehlen, grüßten sie das Zuschauermeer und zogen bejubelt gegen den
Prater durch die Hauptallee ab, wo sich der große Festzug, die Arbeit von Jahren, auflöste. Die
Erinnerung an diesen prunkvollen Aufmarsch
der deutschen Sängerschaft wird wohl in der
Geschichte für alle Ewigkeit als ein Markstein
des Zusammengehörigkeitsgefühles des deutschen Volkes gewertet werden.
beleuchteten Rathaus gab.
Über 1200 Personen waren der Einladung des
Bürgermeisters Seitz gefolgt.
…
Reichstagspräsident und Vorsitzender des Österreichischen Volksbundes, Loebe, gab den
Gefühlen Ausdruck, die der Festzug ausgelöst
habe, wobei er besonders die Ergriffenheit betonte, als die Südtiroler an uns im Geiste vorüberzogen. Dieser Tag sei zur größten Anschlusskundgebung und Einheitskundgebung
der Deutschen geworden. (Der) Redner pries
die liebevolle Aufnahme der Gäste in Wien und
sagte: Die Großmächte verleugnen das sittliche
Prinzip, das sie im Selbstbestimmungsrecht der
Nationen haben aufrichten wollen. Wir sagen:
Immer daran denken und immer daran erinnern, dass hier einer neuen Pflicht
Der Sängerempfang im Wiener Rathaus
Den Abschluss des großen Festzugstages und
des 10. Deutschen Sängerbundesfestes überhaupt bildete am Sonntag abends ein Empfang,
den die Stadt Wien einer großen Anzahl geladener Gäste aus Sängerkreisen in dem festlich
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nachzukommen ist. Die Festtage haben uns
die Kleingläubigkeit und Entmutigung hinweggeräumt.“ (Der) Redner trank auf die große
deutsche Republik der Zukunft.
auf den Tribünen oder auf den Gehsteigen zu
verlassen. Bewunderungswert war der Vorbeimarsch der unendlichen Schar an der Defilierbühne am Praterstern. Nochmals rissen sich die
ermüdeten Sänger zusammen, stramm, wen
auch schon
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