Das neue Stadtentwicklungskonzept: „Trüffelschweine“ fanden Goldstücke in Schlieren Der Stadtrat will die Weichen der Stadtentwicklung für die nächsten zwanzig Jahre stellen. Ein neues Konzept soll die räumliche Entwicklung definieren. Der Stadtentwicklungsprozess der vergangenen 10 Jahre ist eine Erfolgsgeschichte. Das Stadtentwicklungskonzept von 2005 war das Drehbuch für den Wandel. Es zeigte auf, wie aus der gesichtslosen, verkehrsgeplagten Stadt ohne attraktive Mitte eine Wohn- und Arbeitsstadt mit hoher Lebensqualität werden sollte. Auf dieser Grundlage sind in den letzten Jahren neue Quartiere mit Parkanlagen und hochwertigen Wohnungen entstanden, wo heute rund 5‘000 Personen wohnen. Nach einem Jahrzehnt intensiver Planung und grosser baulicher Dynamik ist das erste Stadtentwicklungskonzept umgesetzt. Die Brachflächen in den ehemaligen Industriezonen sind weitgehend umgenutzt. Die Realisierung der Limmattalbahn steht bevor und die Planung eines attraktiven Stadtplatzes mit Haltestelle ist abgeschlossen. Im Verlaufe der Zeit musste festgestellt werden, dass das sehr zentrumsorientierte Leitbild korrigiert werden muss. Da wo sich die wichtigsten Verkehrsachsen der NordSüd- und Ost-West-Lage kreuzen, ist zwar der Nabel von Schlieren, doch vermag das Zentrum allein nicht alle Bedürfnisse der mittlerweile über 18‘000 Einwohner grossen Stadt zu befriedigen. Kampf gegen Zersiedelung Die Zersiedelung wurde in den letzten Jahren schweizweit zum Thema. Die Sorgen um intakte Landschaften und den Erhalt von Grünflächen drückte sich 2012/13 in der Annahme verschiedener Gesetze und politischer Vorstösse wie der Zweitwohnungsinitiative, der Kulturlandinitiative und der Revision des Raumplanungsgesetzes aus. Die neuen gesetzlichen Grundlagen geben die Richtung vor: Die Siedlungsentwicklung soll nicht mehr durch Einzonungen am Rand der Siedlungen erfolgen, sondern durch die Nutzung von inneren Reserveflächen und Verdichtung in der bestehenden Bebauung. Dabei soll die gestalterische Qualität höchste Priorität geniessen. Damit gewinnt auch in Schlieren die Innenentwicklung noch mehr an Bedeutung. Bevölkerungswachstum sorgt für Dynamik im Städtebau Die Prognosen für den Kanton Zürich sehen bis 2030 ein Bevölkerungswachstum von 195‘000 Personen voraus. Dieses Wachstum soll zu 80 % von den Stadtlandschaften und den urbanen Wohnlandschaften aufgenommen werden, damit die Landschaft geschont werden kann. Für die vier Stadtlandschaften Zürich, Limmattal, Glattal und Winterthur erzeugt dies eine hohe Entwicklungsdynamik. Schlieren darf urbaner werden Unter diesen Voraussetzungen sind die Vorstellungen des Kantons und der Region für die Schlieremer Entwicklung klar: Die Stadt soll weiter wachsen. In den nächsten 15 Jahren wird ein Wachstum um weitere 3’250 Einwohner und 1‘200 Arbeitsplätze erwartet. Schlieren nimmt diese Herausforderung an und will die Dynamik für eine qualitativ hochwertige Stadtentwicklung und Stadtreparatur der „Sünden der 60er und 70er Jahre“ nutzen. Damit es nicht nur zu einer quantitativen Verdichtung, sondern auch zur Steigerung der Lebensqualität, zu vielfältigeren Angeboten und zur Entwicklung von tragfähigen Nachbarschaften kommt, braucht Schlieren ein neues räumliches Leitbild, welches aufzeigt, wie die Stadt mit 21‘500 Einwohnern (heute: 18‘267) und 17‘000 Arbeitsplätzen (2013: 15‘844) aussieht. Das neue Stadtentwicklungskonzept soll Antworten auf verschiedene Fragen geben: Wo sollen die zusätzlichen Einwohnerinnen und Einwohner wohnen, wo kann verdichtet werden, welche Räume sind tabu? Wie werden künf- tige Mobilitätsbedürfnisse gelöst? Wo entstehen die neuen Arbeitsplätze für welche Branchen? Welches Gesicht erhält das neue Schlieren? Wie wird das Zusammenleben gestaltet, wo gibt es Treffpunkte und wo werden Feste gefeiert? Wie und wo kaufen die Leute ein und wo verbringen sie ihre Freizeit ? Die Bevölkerung plant mit Diese Fragen wurden in zwei partizipativen Veranstaltungen mit etwa 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern diskutiert. Die enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung soll dazu dienen, schrittweise ein massgeschneidertes und breit abgestütztes Konzept zu entwickeln. An der ersten Aktivwerkstatt vom 29. September 2015 wurde ein umfangreiches Spektrum an Hinweisen und Anregungen gesammelt. Sowohl im Plenum als auch in Arbeitsgruppen wurde über Schlierens zukünftige Gestaltung diskutiert. Die Resultate dieser Werkstatt bildeten die Basis für den Entwurf des neuen Stadtentwicklungskonzepts. An der zweiten Aktivwerkstatt vom 23. Januar 2016 wurde dieser Entwurf vorgestellt. Die Bevölkerung diskutierte die Vorschläge in vier thematischen Gruppen. Dabei konnten Änderungs- und Ergänzungswünsche eingebracht werden. Das neue Stadtentwicklungskonzept wird im Sommer 2016 fertiggestellt und dann der Öffentlichkeit präsentiert. Es ist die Grundlage für alle baulichen und planerischen Entscheidungen des Stadtrates, auch für die Revision der Bau- und Zonenordnung. In den nächsten 10 Jahren hat die die Umsetzung der geplanten Projekte im Zentrum Priorität. Das Modell zeigt, wo Hochhäuser markante Orientierungspunkte bilden sollen: an den Gleisquerungen der Verbindungen vom Schlierenberg zum Limmatbogen (grüne Linien). Die wichtigsten Aussagen im neuen Stadtentwicklungskonzept Die gute Verkehrserschliessung ist gemäss Planer Michael Heller die Hauptbegabung von Schlieren. Verschiedene Verkehrsinfrastrukturen gliedern die Stadt bandartig: die zwei Bahnlinien, die zwei Kantonsstrassen Zürcher-/Badenerstrasse und Bernstrasse, ab 2020 die Limmattalbahn, aber auch die Limmat und die Autobahn. Entscheidend wird sein, wie die Stadt sich zu diesen Strassen und Trassen verhält. Die verschiedenen Bänder sollen durch neue Querverbindungen für Fussgänger und Velofahrer miteinander und mit den beiden Naherholungsgebieten Schlierenberg und Limmatbogen verbunden werden. Ganz wichtig werden möglichst viele und gute Gleisquerungen, um die beiden Seiten von Schlieren miteinander zu vernähen. Die Zürcher-/Badenerstrasse ist durch den Bau der Limmattalbahn und die begleitenden gestalterischen Massnahmen auf dem besten Weg, eine urbane Stadtstrasse mit attraktiven Erdgeschossnutzungen zu werden. Zusätzlich zum Stadtplatz soll sie zwei Quartierplätze als Stadteingänge beim Kesslerplatz und bei der Gasometerbrücke erhalten. Diese sollen die bestehenden Tankstellen in ihrer Funktion als Treffpunkte durch eine urbanere Geste ersetzen. Bernstrasse nicht dem Verkehr überlassen Auch auf der anderen Seite der Gleise rufen die Planer dazu auf, die Bernstrasse nicht allein dem motorisierten Verkehr zu überlassen, sondern eine städtisch integrierte Strasse nach dem Vorbild der Pfingstweidstrasse anzustreben: Statt Abschottung durch Lärmschutzwände ist die Öffnung mit attraktiven Erdgeschossnutzungen und Häusern, die sich der Strasse zuwenden angesagt. Der notwendige Ausbau der Engstringerkreuzung soll ebenerdig erfolgen. Auch die Überführung beim Gaswerk sei überflüssig, seit keine häufigen Schienentransporte mehr erfolgen. Dies läuft allerdings einigen Plänen des Kantons zuwider: er will die Bernstrasse unter der Engstringerstrasse hindurchführen. Da der Grundwasserspiegel hoch liegt, will er die gesamte Anlage um 1,5 Meter anheben. Damit wäre das Zelgliquartier noch mehr abgeschnitten. Bei der Engstringerstrasse herrscht Einigkeit: auch sie soll mit Bäumen, Velospuren und einem Quartierplatz bei der Haltestelle Talacker-Windegg siedlungsverträglich umgestaltet werden. Neue Quartierplätze sollen Akzente setzen Grundsätzlich soll grossräumiger gedacht werden: nicht in Arealen, sondern in Quartieren. Die Quartiere sind ein wichtiger Bezugsraum im neuen Stadtentwicklungskonzept. Im Rahmen des Stadtteilentwicklungsprojekts Schlieren Südwest (2012 - 2015) konnte eine wesentliche Erkenntnis gewonnen werden: In der wachsenden Stadt braucht es mehrere, fussgängerorientierte Quartierzentren für Begegnung, Aufenthalt und Einkauf für den täg- Umwandlung intensive Agrarfläche in Wiesenfläche mit strukturierenden Gehölzen Schlieren braucht mehrere, fussgängerorientierte Quartierzentren, z.B. am Kesslerplatz, der entsprechend umgestaltet werden muss. lichen Bedarf. Quartiere mit eigenen kleinen Plätzen und Parks sollen soziale Nachbarschaften bilden. Hochhäuser am richtigen Ort Hochhäuser sollen das Zentrum akzentuieren und die diversen Gleisübergänge in der Stadt signalisieren. Auch an den Stadteingängen Kesslerplatz und Gasometerbrücke könnten Hochhäuser realisiert werden. An den Hanglagen und in der Ebene beidseits der Bernstrasse sind sie hingegen nicht mehr erwünscht. Goldstücke gefunden Die Planer aus Frankfurt am Main haben auch die Vorhaben benannt, bei deren Planung, Gestaltung und Bebauung besonders viel Potenzial vorhanden ist. „Wir sind die Trüf- Landschaftssitz felschweine, die aufzeigen, wo die Goldstücke liegen“, sagte Michael Heller an der zweiten Aktivwerkstatt zur Bevölkerung. Als Goldstück wurde die geplante Renaturierung der Limmat erkannt. Der Limmatbogen hat noch viel Potential als Naherholungsgebiet. Ein weiteres Goldstück ist das Gaswerkareal an der Limmat mit seinen historischen Backsteinbauten und viel Platz für weitere neue Nutzungen neben dem Kletterzentrum. Auch die Idee eines Kulturzentrums im erweiterten Stadtpark (in den Bevölkerungsworkshops von 2009 „Kulturplatz“ getauft) biete grosse Chancen für einen weiteren attraktiven Baustein der neuen Mitte. Und schliesslich sei der Bahnhof grossräumiger zu betrachten und zu organisieren: beide Seiten sollen zum Ankunftsort werden. Freizeit- und Sportfläche (Spielfelder, Kleingärten etc.) Flusstreppe Ufergestaltung (Flussbad, Anlegestelle, Klosterfähre / -brücke) Vorgeschlagene Flussaufweitung Naturkunde Flusscafé Kleingärten Freizeit / Sportflächen „Produktionsflächen“ (Blumen-, Erdbeerfelder, Urban horticulture) Limmatbalkon mit Biergarten Limmatpromenade Als Goldstück wurde die geplante Renaturierung der Limmat erkannt. Der Limmatbogen hat noch viel Potenzial als Naherholungsgebiet. IV Der Flussraum – Erlebnisraum Limmat innerstädtischen und landschaftlichen Freiräumen sind hoch. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes zu einem homogenen Stadtraum mit vielen Bäumen, der grünen Mitte und des Limmatbogens ist der Bevölkerung wichtig. Zudem wurde eine grössere Vielfalt an Nutzungen gewünscht. Es fehlen Orte zum Verweilen wie Buchläden und schöne Cafés. Aus den Arbeitsgruppen Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten in Gruppen über Städtebau, Freiraum/Grünraum, Verkehr und Verschiedenes. Grundsätzlich wurde der Entwurf positiv aufgenommen. Schlieren darf dichter und urbaner werden, aber die Erwartungen an die gestalterische Qualität und an den Ausgleich in Zum Standort des Stadtsaals herrschten geteilte Meinungen. „Macht doch mal Inventare“, lautete die Empfehlung eines Teilnehmers. Schlieren habe bereits viel von dem Gewünschten. Bereich Engstringerstrasse am meisten zu reden. Die Sorge um die Isolation des Zelgliquartiers und des Limmatbogens stand dem Wunsch nach einem Kapazitätsausbau für den motorisierten Verkehr gegenüber. Auch die Sperrung der Engstringerbrücke wurde wieder diskutiert. Sie war bereits bei der Erarbeitung des ersten Stadtentwicklungskonzepts ein Thema. Man einigte sich auf eine offene Engstringerbrücke mit niedrigem Geschwindigkeitsniveau und platzartiger Gestaltung. Barbara Meyer, Projektleiterin Stadtentwicklung Februar 2016 Am Gruppentisch „Mobilität“ gab der Ausbau der Bernstrasse mit Untertunnelung und Höherlegung im Die wichtigsten Elemente des neuen Stadtentwicklungskonzeptes: Starke Längsrichtung durch Bahnlinien, Kantonsstrassen und Limmat: zusätzliche Querungen schaffen. Denken in Quartieren: Quartierplätze als Orte der Begegnung schaffen. Ausdehnung des Zentrums mit Stadteingängen an der Gasometerbrücke und am Kesslerplatz. Zwei Landschaftsräume nehmen den Stadtkörper in die Mitte. Attraktive Verbindungen für Fussgänger und Velofahrer verzahnen die beiden Landschaftsräume. Hochhäuser im Talboden als Wegweiser bei den Gleisquerungen setzen.
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