PDF - Kienecker Coaching

Psychologie
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Soll ich wirkli
Entschlüsse fassen ist manchmal verdammt schwer – vor allem wenn es um
Wichtiges geht. Oft liegen Intuition und Verstand im Clinch miteinander
as muss man sich mal vorstellen: 17
Entscheidungen fordert allein der
Ticketautomat der Bundesbahn,
bis er eine Karte von Hamburg nach
München ausspuckt: Erste oder zweite Klasse?
Heute oder morgen? Großraum oder Abteil? Mit
oder ohne Bahncard? So viele Jas oder Neins,
über die wir uns Gedanken machen müssen. Jeden Tag entschließen wir uns unzählige Male –
meist unbewusst und fast mechanisch: Stehe
ich auf, oder tue ich so, als hätte ich den Wecker
überhört? Renne ich, um den Bus noch zu erwischen, oder nehme ich den nächsten? Lerne ich
jetzt für die Klausur oder später? Glücklicherweise nimmt uns im Alltag die Routine viele
Gedanken ab. Stell dir vor, wie kompliziert das
Leben wäre, wenn du Kleinigkeiten wie „Kaffee,
Tee, Kakao oder Saft zum Frühstück?“ jeden
Morgen neu überlegen müsstest.
Viel wichtiger als diese Alltagsentscheidungen
sind aber solche, die sich auf unsere Zukunft
auswirken: Was mach ich nach der Schule? Lass
ich mich auf eine Beziehung ein? Soll ich diese
Ausbildung anfangen oder jene? Wie Entschlüsse dieser Art gefällt werden, ist von Mensch zu
Mensch unterschiedlich. Die Verhaltensmuster
dahinter herauszufinden ist eine Aufgabe der
Entscheidungspsychologie. „Es gibt verschiedene Typologisierungen“, sagt Dr. Katrin Fischer, Psychologin und wissenschaftliche
Mitarbeiterin an der TU Berlin. „Eine basiert
darauf, wie ich zu meinem Urteil komme.“
Bauchtypen z. B. entscheiden intuitiv und machen sich nicht klar, auf welchen Kriterien ihr
Entschluss beruht. Kopftypen dagegen analysieren Fakten und Merkmale und bewerten sie
nach Wichtigkeit. Zusätzlich beeinflussen bestimmte vererbte Eigenschaften wie Impulsi-
> Fotos: Knut Gärtner
KOMM SCHON, ENT SCHEIDE DICH !
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Warum ruf ic
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vität, Gewissenhaftigkeit oder Ängstlichkeit
unser Entscheidungsverhalten. Das erklärt,
warum die eine schnell entscheidet, die nächste
lange grübelt und wieder andere kaum zu Entschlüssen fähig sind und wochen-, manchmal
monatelang mit sich hadern.
Jetzt fragst du dich bestimmt, ob die Art und
Weise, wie wir Entschlüsse treffen, angeboren
ist. „Nein“, sagt Katrin Fischer, „Entscheiden
muss bzw. kann erlernt werden.“ Und das geht
wie beim Sprechen, Skaten oder Klavierspielen
nicht von heute auf morgen, sondern braucht
Zeit und Übung. Fehler zu machen und Entschlüsse im Nachhinein zu bereuen gehört dazu.
„Entscheidungen, die sich nicht mehr revidieren
lassen, sind eher selten“, sagt die Psychologin.
Jeder Beschluss bietet gleichzeitig eine Chance,
Erfahrung zu sammeln. Um den Entscheidungsprozess systematisch anzugehen, empfiehlt Katrin
Fischer drei Schritte:
1. Ziele definieren. Mach dir klar, was du willst.
Wir neigen nämlich zu Pauschalaussagen. „Ich
möchte möglichst viel Freiheit in meinem Job“
ist zwar ein schön formuliertes Anliegen, aber
absolut vage. Konkreter und wichtiger für eine
gute Entscheidung ist folgende Aussage: „Ich will
selbst bestimmen, an welchen Tagen ich wie viel
arbeite.“ 2. Alternativen suchen. Oft meinen
wir, dass nur zwei Optionen zur Auswahl stehen:
Bewerbe ich mich für die Banklehre, oder soll ich
BWL studieren? In solchen Situationen ist es hilfreich, sich vom „Entweder/Oder“ zu lösen und
Alternativen zu überlegen: Welche Möglichkeiten
ergeben sich, wenn ich weder Banklehre noch
BWL-Studium wähle? Lassen sich beide eventuell unter einen Hut bringen? 3. Konsequenzen
berücksichtigen. Stell dir so detailliert wie
möglich vor, was nach deinem Entschluss passiert. Schreib positive und negative Auswirkun-
✽
Nimm dir Zeit
Wichtiges solltest du in Ruhe abwägen. Oft neigt man
dazu, gerade Entschlüsse mit Tragweite aufzuschieben, und gerät dann unter Entscheidungsdruck.
Kleine Schritte
Verwandle große Entscheidungen in kleinere. Anstatt
gleich den Job zu schmeißen, könntest du beschließen,
zuerst mit deinem Chef über deine Unzufriedenheit zu
sprechen. Kündigen kannst du immer noch.
ch an?
gen auf. Achtung: Gerade wenn wir gefühlsmäßig zu einer Seite tendieren, besteht die Gefahr, unangenehme Folgen zu übersehen. Nicht
die Länge der Listen entscheidet, sondern wie
viel dir die einzelnen Punkte bedeuten. Verteil
am besten Noten wie in der Schule: Eins bedeutet „sehr wichtig“, sechs „gar nicht wichtig“.
Zwar stehen nicht jeden Tag weit reichende Entschlüsse an, aber warum spielst du nicht mal
deine Optionen für den nächsten Urlaub durch.
Gar nicht so einfach, oder? Aber schließlich bist
du auch nicht als Englisch-Ass auf die Welt gekommen, sondern musstest schon was dafür
tun. Also, fleißig üben! Das Beste ist das Gefühl
der Erleichterung, das sich einstellt, sobald du
eine schwierige Entscheidung getroffen hast.
Dann werden nämlich Energien frei, die dir Kraft
für alle folgenden Aktionen geben: Bewerbungen schreiben, Wohnung suchen oder das AusSilke Kienecker 왘
landsjahr planen.
Nicht manipulieren lassen
Wenn dein Entschluss feststeht, überlege, wer dich mit
beeinflusst hat. Sei ehrlich zu dir und prüfe, ob es sich wirklich um deine eigene Entscheidung handelt. Vielleicht findest du heraus, dass es dir auch darum geht, z. B. deine Eltern zufriedenzustellen
oder deine Clique zu beeindrucken.
Entscheidungs-Check
Bei einer guten Wahl sind sich Bauch und Kopf einig. Bist du dir nicht sicher, überprüfe deine Wahl
mit dem Münztrick. Entscheide
dich für eine deiner beiden OptioZum Weiterlesen
nen: z. B. Urlaub machen mit
Mona oder lieber mit Anika. Lass
Matthias Nöllke: „Entscheidungen treffen. Schnell, sicher, richtig“; Haufe
dann die Münze entscheiden:
Taschenguide, 128 S., 6,60 Euro
Zahl heißt Mona, Bild Anika. Du
Charles Foster: „So entscheide ich richtig“; Scherz, 255 S., 15,50 Euro
wirst erstaunt sein, wie genau dir
Jacqueline Rieger: „Das Bauchgefühl“; Redline/ Ueberreuter, 208 S., 15,90
dann ein spontanes Gefühl sagt,
Euro
ob es mit der Entscheidung einOnline-Beratung
verstanden ist.
Unter www.entscheiden.de analysieren Experten vom Dresdner
Institut für Arbeitsberatung und Arbeitsforschung deinen Fall und
geben Hilfen. Kosten: 29 Euro
✽
ss machen?
Soll ich Schlu
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Entscheidungshilfen
ihn nicht einfa
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WELCHER ENTSCHEIDUNGSTYP BIST DU?
Die Passive tut sich schwer, klare Wahlmöglichkeiten zu formu-
Die Intuitive vertraut nur ihrem Bauch, achtet beim Fassen eines Beschlusses auf körperliche Empfindungen und ihre innere Stimme. Ihre
Entscheidungen folgen meist dem Lustprinzip. Über rationale Bedenken
fegt sie hinweg. ANALYSE: Aufgrund ihrer Spontanität ist die Intuitive sehr
flexibel. Ihre Entscheidungskriterien sind aber weder nachprüfbar noch
von anderen nachzuvollziehen, da als einziger Maßstab ihr Gefühl zählt.
Die Intuitive legt sich ungern fest, ihre Pläne sind meist kurzfristig und werden schnell wieder verworfen. Für andere kann das auf Dauer ganz schön
anstrengend sein. Die Intuitive wird oft als wenig zuverlässig erlebt. TIPP:
Der Intuitiven tut es gut, etwas weiter in die Zukunft zu denken. Dabei
bieten Fakten und sachliche Meinungen anderer eine Orientierung. Nicht
immer lassen sich alle gefühlsmäßigen Vorteile vereinbaren. Wenn die
Intuitive lernt, Kompromisse zu schließen, steht sie fester im Leben. Hilfreich für rationalere Entscheidungen sind z. B. Pro-und-Kontra-Listen.
lieren. Sie wartet ab, ergreift selten die Initiative und überlässt
vieles dem „Schicksal“. Vorsätze werden schnell „vergessen“ oder
verschoben. ANALYSE: Aus Angst, aktiv werden zu müssen, verschließt die Passive die Augen vor der Realität. Gewisse Dinge sitzt
sie aus, weil es ihr zu anstrengend ist,
sich damit auseinander zu setzen. Sie
Die Rationalistin weiß genau, was machbar ist, und plant ihre Zukunft lang voraus. Als Entscheiist überzeugt, das Leben eh nicht bedungshilfen zieht sie Fakten heran und befragt Experten. Empfindungen und Träumereien sieht sie
einflussen zu können, und schützt sich
eher als „Gefühlsduselei“. ANALYSE: Weil sie so vernunftbetont denkt, ignoriert die Rationalistin ihr
stoisch vor Handlungen, die sie in die
inneres Gefühl. Es besteht die Gefahr, dass sie eigene Wünsche, Vorstellungen und Sehnsüchte überVerantwortung nehmen. Ihre scheinbar
sieht oder Spaß und Genuss vernachlässigt. Die Rationalistin tendiert dazu, streng mit sich zu sein
phlegmatische Art basiert auf einer
und sich Gefühle als vermeintliche Schwäche nicht zu erlauben. Sie vermittelt dadurch den Anschein,
großen Unsicherheit, weil sie ihre eigeals wüsste sie genau, wo es langgeht. Das kann ihre Mitmenschen verunsichern und auf Distanz halnen Wünsche und Ziele nicht kennt.
ten. TIPP: Der Rationalistin hilft es, eigene Ansprüche zu hinterfragen und auf ihr Gefühl zu hören. Das
TIPP: Vor dem Entschluss steht das
kann Angst machen, weil die innere Sicherheit ins Wanken gerät und als Kontrollverlust erlebt wird.
Ziel. Für die Passive ist es ganz wichtig,
Stell dir einen Tag lang vor, du hättest dich zu A entschlossen. Schau, wie es dir damit geht. Welche
dass sie lernt, zu formulieren, was sie
Gedanken und Gefühle löst das aus? Dann spiel am nächsten Tag Plan B durch. Meist kannst du
will. Nur dann hat sie eine Chance, ihr
danach sagen, womit du dich besser fühlst. Die Stimme, die dir dabei hilft, ist deine Intuition.
Leben selbst zu gestalten.
Die Grüblerin weiß nicht, ob sie auf ihr Bauchgefühl oder ihren
Verstand hören soll. Stattdessen spricht sie endlos mit Freunden
oder holt sich Rat bei Profis. Ihrer Entschlussfreudigkeit hilft das
aber nicht. Innerlich springt sie hin und her, wägt Alternativen ab,
kommt jedoch zu keiner klaren Meinung. Ständiges Umschmeißen
oder Aufschieben von Entschlüssen ist typisch für ihr Verhalten.
Am Ende ist die Grüblerin gelähmt vor lauter Einwänden und entscheidet sich unter Umständen frustriert für etwas, an dem sie
schon morgen herummäkelt. ANALYSE: Die Grüblerin ist eine Perfektionistin. Sie will die optimale Lösung und sammelt dafür so viele
Infos und Ratschläge, dass sie den Überblick verliert. Anstatt bei
eigenen Ideen zu bleiben, lässt sie sich verunsichern. Unter Umständen macht sie sogar andere für ihr Dilemma verantwortlich. Die
Grüblerin entscheidet sich nicht – aus Angst vor Verantwortung
und Konsequenzen. Lieber bleibt sie in ihrer eigenen Unzufriedenheit stecken. TIPP: Die Grüblerin muss sich selbst Grenzen setzen,
damit sie sich nicht verzettelt. Am besten funktioniert das mit einem
festen Terminplan. Am Tag X ist Schluss mit dem Einholen weiterer
Informationen. Dann werden Pro-und-Kontra-Listen angefertigt.
Ganz wichtig, um Gefühl und Verstand unter einen Hut zu bekommen: eine emotionale Bewertung der einzelnen Punkte.
✽
Umfrage:
Was war deine
wichtigste Entscheidung?
Henrike, 22
„Ich bin in eine WG gezogen und habe anfangs diesen
Schritt bereut, weil vieles nicht so geklappt hat, wie
ich es mir vorgestellt habe. Jetzt müssen wir uns
überlegen, ob wir die Wohnung behalten wollen und
all den Ärger mit den anstehenden Reparaturen durchziehen oder
ob wir unseren Mietvertrag kündigen.“
Christopher, 18
„Mein Arzt empfahl mir nach einer Sportverletzung,
meinen Fuß operieren zu lassen. Doch mein Bauchgefühl war dagegen. Ich habe mir Rat bei meinen Eltern, beim Trainer und bei meinen Freunden geholt.
Und mich schließlich gegen eine OP entschieden. Ein Glück, denn
ich bin jetzt auch so wieder voll einsatzfähig.“
Anne, 18
„Mitte letzten Jahres haben mein Freund und ich uns
getrennt. Damals bin ich von heute auf morgen von
Rügen nach Hamburg gegangen, mit zwei Taschen,
ohne Job, ohne Wohnung, ohne Pläne. Hört sich
spontan an, aber ich habe lange überlegt. Eine Liste mit Pro und
Kontra hat mir echt geholfen, diese Entscheidung zu treffen.“
Umfrage: Agnes Frey, Kathrin Haid; Typologie: YM-Psychologin Nele Köhler
Du selbst kannst dein Verhaltensmuster herausfinden. Mach
dir Gedanken über folgende Fragen: 1. Triffst du gern Entscheidungen? 2. Fallen sie dir leicht? 3. Wie lange brauchst du
für Entschlüsse? 4. Neigst du eher zu Bauch- oder Kopfentscheidungen? 5. Bereust du häufig gefasste Entschlüsse?
Nimm dir Zeit zum Nachdenken und lies dann unsere Typologie. Du findest dich darin bestimmt wieder und bekommst Tipps,
wie du dein Entscheidungsverhalten verbessern kannst.