Rätselhafter Schatzfund bei Lüneburg

Presseinformation
Rätselhafter Schatzfund bei Lüneburg: Reichsbankgold aus der NS-Zeit
Lüneburg 14. Juli 2015
Bei Begehungen nahe Lüneburg entdeckte ein archäologisch interessierter Bürger
Goldmünzen, die er unverzüglich der archäologischen Denkmalpflege meldete. Die
Ausgrabung erbrachte einen Versteckfund Goldmünzen, die von Teerpappe geschützt in
zwei versiegelten Beuteln niedergelegt waren. Die Plomben der Berliner Reichsbank legen
eine Vergrabung im Kontext des Zweiten Weltkrieg nahe.
Am 20.10.2014 meldete ein „lizensierter“ Sondengänger den Fund von zehn Goldmünzen an den
Lüneburger Stadtarchäologen Prof. Dr. Edgar Ring und den damaligen Bezirksarchäologen des
Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege Drs. Jan Joost Assendorp. In den folgenden
zwei Wochen wurde am Fundplatz von Mitarbeitern des Landesamtes eine wissenschaftliche
Ausgrabung durchgeführt. In einer etwa 1 m tiefen Grube unter einem Baum konnten 217
Goldmünzen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts geborgen werden. Zwischen den Münzen
wurden zwei sog. Knotenplomben der Deutschen Reichsbank gefunden. Bei den Grabungen
konnte zudem Teerpappe gefunden werden, die alterungsbedingt fragmentiert ist.
Der archäologische Befund legt folgende Rekonstruktion nahe: Am Fuße eines später
umgestürzten Baumes wurden in den Sand zwei verplombte Geldsäcke mit Goldmünzen
vergraben. Zum Schutz wurden die Beutel in Teerpappe eingeschlagen. Der Stoff der Beutel und
der Faden der Versiegelung waren vollständig vergangen. Nur an den Plomben haben sich Reste
der Säcke und des Fadens erhalten.
Der bei den Grabungen angetroffene Nadelbaum, der aus Naturschutzerwägungen nicht gefällt
wurde, hat ein Alter von etwa 50 Jahren. Das Verteilungsmuster der Artefakte in der Grube zeigt,
dass an selber Stelle zuvor ein älterer Baum gestanden hat, der vermutlich durch Windbruch
umgekippt ist. Durch das Wurzelwerk wurde dabei der Zusammenhalt der Vergrabung gestört und
der Inhalt der Beutel sowie die Teerpappe in einem kleinen Bereich zerstreut.
Die 217 Münzen haben einen Durchmesser von 21 mm und wiegen ausnahmslos 6,45g. Der
Goldgehalt dieser 900er Legierung beträgt 5,81g. Es handelt sich um 128 belgische und 74
französische Goldmünzen. Ergänzt werden sie um zwölf italienische und drei österreichischungarische Münzen. Die älteste Münze wurde 1831 geprägt, die Schlussmünze zeigt das Jahr
1910. Das Gesamtgewicht beträgt fast genau 1400 g, so dass es möglich wäre, dass die beiden
Beutel mit einem Gewicht von je annähernd 700 g gefüllt wurden.
Die in hoher Auflage geprägten Münzen stellten seit dem 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit
einen europäischen Goldstandard dar und waren und sind beliebte Anlageobjekte oder wurden
zum Erwerb hochwertiger Waren verwendet.
Da es sich bei den Münzen um Stücke handelt, die bis heute im Umlauf sind, müssen für die
zeitliche Einordnung die Beifunde herangezogen werden.
Die chemische Analyse der Teerpappe ergibt eine Herstellungszeit von spätestens 1970,
vermutlich vor 1950.
Die beiden sogenannten Knotenplomben tragen den Reichsadler mit Hakenkreuz und zeigen die
Prägung „Reichsbank Berlin 244“. In der historischen Sammlung der Bundesbank befindet sich ein
identisches Vergleichsstück, das auf das Jahr 1940 datiert werden kann. Bei den Plomben handelt
es sich um Aluminiumplomben, deren spezielles Knotenpatent 1930 registriert worden ist. Die
metallurgische Analyse legt einen Herstellungszeitraum ab 1940 nahe.
Es darf als sicher erachtet werden, dass es sich bei dem Versteckfund um Goldbestände der
Deutschen Reichsbank handelt. Die Tatsache, dass die verplombten Beutel vergraben wurden,
legt nahe, dass es sich um geraubtes Material handelt, das vergraben wurde, um es zu einem
späteren Zeitpunkt zu bergen. Dieses konnte offenbar nicht mehr erfolgen.
Die archäologische Deutung des Fundes legt eine Niederlegung im Kontext des 2. Weltkrieges
nahe, vermutlich gegen Ende des Krieges oder in unmittelbarer Nachkriegszeit. Weitere
interdisziplinäre Untersuchungen werden möglicherweise neue Ergebnisse bringen.
Das Land Niedersachsen hat wegen des herausragenden wissenschaftlichen Wertes das sog.
Schatzregal angewendet und so das Eigentum originär erworben.
Der Goldschatz wird zunächst am Sonntag, den 19.7.2015, im Museum Lüneburg, Willy-BrandtStraße 1, öffentlich präsentiert.
Kontakt:
Mario Pahlow M.A., Bezirksarchäologe NLD Lüneburg
04131/15-2935, [email protected]
Dr. Henning Haßmann, Landesarchäologe NLD Hannover
0511/925-5301, [email protected]
Arnd Hüneke, Justiziar NLD Hannover
0511/925-5284, [email protected]
Prof. Dr. E. Ring, Museum Lüneburg
04131/72065-50, [email protected]