28. Dezember 2015 - 08:30 | Kundenansprache Im Leben junger Kunden stattfinden Simon Lewandowski, Hendrik Wiegmann Junge Kunden sind für die Wirtschaft und Kreditinstitute im Speziellen sehr wichtig. Der Frage, wie Sparkassen in deren Leben stattfinden, ist eine Projektarbeit nachgegangen. Eingebunden wurde das Sparkassen-Finanzkonzept und eine veränderte Produktpalette, kombiniert mit zielgruppenorientierten Kundenveranstaltungen. Eine Kurzzusammenfassung finden Sie hier. Für technikaffine junge Kunden benötigen die Sparkassen ein speziell auf diese Zielgruppe zugeschnittenes Beratungskonzept. (Fotos: dpa) Im Rahmen der Projektarbeit wurde zunächst aufgezeigt, warum Kunden ab zirka 20 Jahren die Bankverbindung wechseln und wie es möglich ist, diesen Prozess abzuschwächen bzw. umzukehren. Hierzu ist die demografische Entwicklung innerhalb des Geschäftsgebiets der Projektsparkasse untersucht sowie die Kundenzahlen in den einzelnen Geschäftsstellen erhoben worden. Zusätzlich wurden Experteninterviews durchgeführt, um Lösungsvorschläge zu erarbeiten und vorhandene Maßnahmen bewerten zu können. Anschließend haben die Autoren vorhandene Konzepte der Projektsparkasse analysiert und daraus abgeleitet, ein Nachwuchskundenkonzept entwickelt. Damit soll das Institut in die Lage versetzt werden, unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Bankdienstleistungen, die Kundenbindung im Bereich der jungen Kunden zu erhöhen und gleichzeitig die Erträge aus den Geschäften mit ihnen zu steigern. Erhöhung des Kundenkontakts Der Kunde steht bei allen Maßnahmen stets im Mittelpunkt. Er soll seine Sparkasse auf allen Wegen erreichen können, die für ihn zur jeweiligen Zeit geeignet erscheinen. Um den sich wandelnden Verhaltensweisen und Anforderungen der Kunden gerecht zu werden, muss es jederzeit möglich sein, den Vertriebskanal zu wechseln und auf andere Weise mit der Sparkasse in Kontakt zu treten. An diesem Punkt ist es zur Kundenbindung wichtig, dass regelmäßige Kontakte erfolgen. Nur so lassen sich eine Kundenbindung und eine Beziehung zum jeweiligen Berater aufbauen oder verbessern. Mit jedem Kunden aus der Zielgruppe soll deshalb mindestens einmal jährlich ein qualifizierter Kontakt in Form eines Finanzkonzeptgesprächs stattfinden. Aufgrund der geringen Fokussierung auf die Nachwuchskunden wurde in der Projektarbeit der Frage nachgegangen, wie die Bedeutung der Zielgruppe im Bewusstsein der Mitarbeiter gesteigert werden kann. Um eine positive innere Einstellung der Berater gegenüber den jungen Kunden dauerhaft zu erzeugen, ist es wichtig, die Mitarbeiter für die neuen Herausforderungen entsprechend zu sensibilisieren und möglichst für das neue Betreuungskonzept abzuholen bzw. sie zu begeistern. Die strategische Aufwertung der jungen Erwachsenen und die damit verbundene Neuausrichtung stellt für die Projektsparkasse zwar keinen neuen Kulturwandel dar, setzt allerdings eine Veränderungsbereitschaft bei den beteiligten Personen voraus. Um sie zu erreichen, sollen die Mitarbeiter im Rahmen einer Kick-off-Veranstaltung in einem ersten Schritt für das Thema allgemein sensibilisiert werden. Darauf aufbauend wurde ein Schulungskonzept entwickelt, mit welchem ausgewählte Mitarbeiter, die sogenannten Multiplikatoren, geschult und die Informationen gezielt an die übrigen Marktmitarbeiter weitergegeben werden. Der Nachwuchskunden-Koordinator steuert dabei die regelmäßigen Schulungen und sorgt dafür, dass das Konzept kontinuierlich aktualisiert wird. Zudem dient er als Ansprechpartner für die Multiplikatoren. Finanzkonzept als Grundlage Jungen Kunden sollten verstärkt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Sparkasse-Card wie Girogo erklärt werden. (SCard) Für die gezielte Beratung wurden spezielle Checklisten entwickelt, welche auf den Elementen des Sparkassen-Finanzkonzeptes basieren. Diese sind jedoch besonders auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen wie Schüler, Studenten oder Auszubildende zugeschnitten. Aufgrund des großen Umfangs des Finanz-Checks wurde bewusst auf dessen Einsatz verzichtet, da die Nachwuchskunden nicht überfordert werden sollen. Das Thema „Bildung von Vermögen“ steht noch nicht bei jedem Kunden im Vordergrund. Die Sparkasse wird somit viel mehr als Partner und kompetenter Ansprechpartner wahrgenommen. Der Bereich „Service und Liquidität“ rückt stattdessen verstärkt in den Vordergrund. Kunden sollen deshalb die Einsatzmöglichkeiten der Sparkassen-Card wie Girogo erklärt und der Aufbau von Notfallliquidität geplant werden. Zusätzlich ist auch das App-Angebot der Sparkassen Gegenstand der Beratung, hier vor allem die Banking-App gemeinsam mit dem pushTAN-Verfahren, aber auch andere Angebote wie die FinanzChecker-App. Generell sollen junge Kunden detailliert mit den Einsatzmöglichkeiten ihres Kontos bei der Sparkasse vertraut gemacht werden und die Vorteile genauer kennenlernen. Insgesamt soll durch diese Vorgehensweise die Kontaktquote gesteigert und so die Bindung des Kunden zur Sparkasse erhöht werden. Hierfür sind im Rahmen der Projektarbeit spezielle Anlässe definiert worden, um frühzeitig den so wichtigen Lebensphasenwechsel des Nachwuchskunden zu identifizieren. Denn zu diesen Anlässen kann entweder ein individualisiertes Finanz-Check-Gespräch durchgeführt werden oder es findet zumindest ein genereller Kontakt statt, der es den Beratern ermöglicht, die Kundenbindung weiter zu stärken. In Ergänzung zu den Checklisten für Nachwuchskunden sind auch das Produkt-Portfolio sowie die internen Regelungen innerhalb der Sparkasse analysiert worden. Vorgaben für die Gewährung des Kreditkartenrahmens sowie die Höhe von Dispositionskrediten sollen danach angepasst werden, um sie besser auf die Bedürfnisse der Kundengruppe zuschneiden zu können. Mit neuen Produkten Kundenbindung fördern Neben den Empfehlungen zu internen Regelungen wurden auch neue Produkte entwickelt, die das Vertrauen der Nachwuchskunden in die Kompetenz der Sparkasse weiter verstärken sollen. Empfohlen wird etwa unter anderem, ein spezielles Konto für Wohngemeinschaften sowie einen eigenen Bildungskredit einzurichten, der aufgrund der langen Laufzeit für mehr Kundenbindung sorgt. Darüber hinaus wurde die Idee des Studienkompasses der Sparkasse Duisburg weiterentwickelt, welcher beispielsweise durch die Auszubildenden oder Jungangestellten der Sparkasse final entworfen werden könnte. Dieser soll Themen behandeln, welche für Studierende wichtig sind, etwa BAFöG, Bildungskredit oder auch Studienberatung. Um den Übergang von der kostenfreien Kontoführung zu den kostenpflichtigen Kontomodellen ohne Kündigungen abwickeln zu können, ist es wichtig, die jungen Kunden frühzeitig an Preise zu gewöhnen und Preisbewusstsein zu schaffen. Es muss zu einer Selbstverständlichkeit werden, dass die Leistungen der Sparkasse etwas kosten. Aus diesem Grund wurde zusätzlich zu neuen Produkten die Einführung der Rabattfunktion der Finanz Informatik vorgeschlagen. Mit dieser werden die kostenfreien Konten der Nachwuchskunden ganz normal abgerechnet, die belasteten Gebühren werden dann im Anschluss automatisch erstattet. So kann die Sparkasse einerseits Transparenz schaffen und andererseits das Preisbewusstsein fördern. Gemeinsam mit der MehrWert-Servicegesellschaft ist ferner ein Mehrwertpaket für Nachwuchskunden entwickelt worden, welches kostenpflichtig zu den Kontomodellen hinzugebucht werden kann. Auch auf diese Weise können Kunden an Preise gewöhnt werden, denn die enthaltenen Mehrwerte bieten dem Kunden zusätzlich einen Vorteil, etwa durch eine Handy-/Laptop-Versicherung oder ein Shopping-Portal mit vielen Vergünstigungen. Mit Kundenveranstaltungen für weitere Kontakte sorgen Für Studenten hat die Projektarbeit spezielle Kundenveranstaltungen, etwa zu den Themen Work-Life-Balance, Identitätsschutz im Internet oder Studieren im Ausland konzipiert. Um im Leben junger Kunden stattfinden zu können, wurde der Bereich „Kundenveranstaltungen“ neu konzipiert. Hier sind neue Veranstaltungsreihen entwickelt worden, die für junge Kunden spannende Themen aufgreifen. Work-Life-Balance oder Identitätsschutz im Internet gehören ebenso dazu wie Studieren im Ausland, Bewerbungstraining oder Frauen in Führungsfunktionen. Zu beachten ist, dass es sich ausdrücklich nicht um reine Verkaufsveranstaltungen handelt, in denen ausschließlich einzelne Produkte beworben werden. Es geht vielmehr um das Erlebnis des Kunden und um die Möglichkeit, durch ein interessantes Programm den Kontakt zu ihm zu intensivieren und die Berater-/ Kunden-Beziehung insgesamt zu stärken. Fazit Nachwuchskunden werden für die Sparkassen zunehmend zu einer der wichtigsten Zielgruppen. Aufgrund neuer Wettbewerber und des veränderten Verhaltens der Kunden ist es erforderlich, dass Sparkassen ihre Kompetenz durch attraktive Angebote und Produkte weiter ausbauen und in den Vordergrund stellen. Am Ende geht es jedoch nicht ohne eine ausreichend hohe Kontaktquote, um die Kunden an die Sparkassen zu binden. Zu diesem Zweck ist vor allem in die Qualifikation der Mitarbeiter zu investieren. Denn nur gut ausgebildete und motivierte Berater werden in die Lage versetzt, mithilfe einer ganzheitlichen Beratung die individuellen Finanzthemen der sehr heterogenen Zielgruppe herauszuarbeiten, um somit nicht zuletzt eine enge Kundenbindung zu erreichen. Wird ein solches Konzept konsequent umgesetzt, können die Sparkassen im Leben junger Kunden stattfinden und somit ihre sehr gute Marktposition auch künftig halten. Autoren Simon Lewandowski ist Marktbereichsleiter bei der Sparkasse Duisburg. Hendrik Wiegmann ist Projektleiter und Leiter der Gruppe Zahlungslösungen bei der Sparkasse MindenLübbecke. Der Beitrag basiert auf der Abschlussarbeit der beiden Autoren am Bonner Lehrinstitut.
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