Schwierigkeitsbewertungen von Canyons

Deutsche Canyoning Schule E. Hofmann www.deutsche-canyoning-schule.de
Schwierigkeitsbewertungen von Canyons
Die Bewertung der Schwierigkeiten von Canyons ist ein schwieriges Unterfangen und das aus
mehreren Gründen:
• Schwierigkeiten sind oft subjektiv und haben nicht für alle Personen die gleiche Bedeutung.
• Ein Canyon „lebt“, damit verändern sich auch die jeweiligen Schwierigkeiten. Insbesondere in
gedruckten Führern veraltet die Information ziemlich schnell. Datenbankgestützte
Beschreibungen leben von der Aktualität der Daten, die oft nicht beurteilbar ist.
• Insbesondere Angaben zur Qualität von Sicherungen veralten sehr schnell, wenn z.B. ein
Canyon frisch saniert wurde oder ein Hochwasser durch den Canyon ging.
Vielleicht sind das die Gründe, warum es kein einheitlich akzeptiertes System der
Schwierigkeitsbeurteilung gibt. Nachfolgend wird das französisch/italienische System vorgestellt, das
aus meiner subjektiven Sicht das differenzierteste System darstellt. Die alte deutsche Einteilung von
C1 bis C6 hat sich dagegen wohl überlebt, sie war viel zu ungenau.
Bei der Anwendung eines jeden Systems zur Schwierigkeitsbewertung ist immer zu beachten:
• Eine Bewertung bezieht sich immer auf einen höchstes normalen Wasserstand und optimale
Bedingungen. Da jedoch der Wasserstand die entscheidende Variable aller Schwierigkeiten
und Risiken ist, muss dieser immer beachtet werden.
• Zeitangaben sind relativ. Sie beziehen sich in der Regel auf eine Gruppe von vier Personen.
Bei einer größeren Gruppe kann es schnell zu Wartezeiten an Fixpunkten kommen. Zudem
unterscheiden sich Personen natürlich bezüglich ihrer Bewegungsgeschwindigkeit und
bezüglich der Schnelligkeit in der Anwendung von Sicherungs- und sonstigen Techniken.
Ruhepausen sind in den Angaben nicht inbegriffen.
• Der gleiche Schwierigkeitsgrad kann im Detail auf unterschiedlichen Anforderungen beruhen,
z.B. kann eine aquatische Schwierigkeit auf dem Vorhandensein eines Siphons oder auf
starker Strömung beruhen.
• Die Angaben beziehen sich auf die schwierigste zu erwartende Einzelstelle, sie beziehen sich
nicht auf die Häufigkeit solcher Stellen. Es macht jedoch einen großen Unterschied, ob ein
Canyon lediglich eine schwierige Schlüsselstelle hat oder ob er aus einer Abfolge schwieriger
Stellen besteht.
Eine französisch/italienische Bewertung hat drei Elemente: Die erste Angabe bezieht sich auf die
Vertikalität des Canyons auf einer Skala von 1 (leicht) bis 7 (sehr schwer), gefolgt von einem „v“. Die
Zahlen werden arabisch geschrieben. Die zweite Angabe informiert über die Aquatik des Canyons,
ebenfalls auf einer Skala von 1 (leicht) bis 7 (sehr schwer), gefolgt von einem „a“. Die Zahlen werden
ebenfalls arabisch geschrieben. Die dritte Angabe bewertet die „Ernsthaftigkeit“ des Canyons. Diese
„Ernsthaftigkeit“ setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Erstens aus der Zeit bis zum Erreichen
sichere Stellen im Falle eines Hochwassers, zweitens aus der Zeit zur Erreichung eines Notausstieges
und drittens aus der Gesamtdauer der Canyonbegehung. Die „Ernsthaftigkeit“ wird auf einer Skala von
1 (leicht) bis 6 (sehr schwer) bewertet. Diese Zahlen werden römisch geschrieben.
Oftmals erfolgt noch die Bewertung der „Schönheit“ eines Canyons. Diese Bewertung ist jedoch
maximal subjektiv.
Die Bewertung eines Canyons hat folgende Struktur:
1. Bewertung der Vertikalität
2. Bewertung der Aquatik
3. Bewertung der Ernsthaftigkeit
Eine Beispielbewertung kann folgendermaßen aussehen:
3v, 4a, III
Diese bedeutet:
- der Canyon hat eine Schwierigkeit von 3 bezüglich der Vertikalität
- er hat eine Schwierigkeit von 4 bezüglich der Aquatik
- die Ernsthaftigkeit wird mit III bezeichnet
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1. Die vertikale und aquatische Schwierigkeitsbewertung
Die detaillierte Beschreibung der einzelnen Stufen findet sich in der nachfolgenden Tabelle:
Schwierigkeitsstufe
1
sehr leicht
v: Vertikalität
a: Aquatik
Keine Abseilstellen
Kein Seil notwendig
Keine Kletterstellen
2
leicht
Einfache, leicht zugängliche
Abseilstellen bis max. 10 Meter
Einfache, nicht ausgesetzte
Kletterstellen
Einfache, leicht zugängliche, von
einander unabhängige AbseilStellen bis max. 30 Meter
Standplätze, die für Gruppen geeignet
sind
Einfache Handläufe
Abseilstellen mit geringem Wasserdruck
Abseilen in glitschigem, holprigen oder
instabilem Gelände oder direkt im
Wasserlauf
Nicht ausgesetzte Kletterstellen bis
max. Schwierigkeitsstufe 3 UIAA
Meist kein Wasser
Gehen in ruhigem Wasser
Eventuelle Schwimmstrecken
können umgangen werden
Schwimmstrecken bis max. 10 Meter
in ruhigem Wasser
Einfache Sprünge bei 3 Meter
Kurze, leicht geneigte Rutschen
Schwimmstrecken bis max. 30 Meter
in ruhigem Wasser
Abstieg in geringer Strömung
Einfache Sprünge zwischen 3 und 5
Meter
Lange, mittelmäßig geneigte
Rutschen
3
wenig schwierig
4
ziemlich schwierig
5
schwierig
Wasserfälle mit geringem oder
mittlerem Wasserdurchlauf
Der Wasserdruck kann zu Problemen
mit dem Gleichgewicht oder zum
Blockieren führen
Schwierig zugängliche und/oder über
30 Meter lange Abseilstellen
Zwischenstände sind gut erreichbar und
man kann gut stehen
Technik zur Vermeidung von
Seilreibung ist notwendig
Schwierige Seilgeländer
Ankunftsstelle ist nicht vom Standplatz
aus einsehbar
Ankunft in tiefen Wasserbecken
Kletterstellen bis max.
Schwierigkeitsstufe 4 oder A0 UIAA
Ausgesetzte Kletterstellen
Wasserfälle mit mittlerem oder hohem
Wasserdurchlauf, die den Abseilenden
aus dem Gleichgewicht bringen können
Die Abseilstrecke muss richtig
eingeschätzt werden
Überwinden von Wasserbecken währen
des Abseilens
Abseilen mit ausgesetzten
Zwischenständen
Glitschige Abseilstrecke oder
Langer Aufenthalt im Wasser
Mittlere Strömung
Einfache Sprünge zwischen 5 und 8
Meter
Sprünge mit schwierigem Absprung
bzw. schwieriger Landung bis max. 5
Meter
Weite Siphone bis max. 1 Meter
Länge oder Tiefe
Sehr lange oder sehr steile Rutschen
Langer, anstrengender Aufenthalt im
Wasser
Abstieg durch ziemlich starke
Strömung
Schwierigkeiten beim Ein- und
Ausschwimmen in die/aus der
Strömung
Prallwände
Walzen, die eine Person halten
können
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Hindernisse in der Abseilstrecke
Schwierige Seilmanöver (z.B. Seil in
Schwimmposition abziehen)
Ausgesetzte Kletterstellen bis max. 5
oder A1 UIAA
Einfache Sprünge zwischen 5 und 8
Meter
Sprünge mit schwierigen Absprung
bzw. schwieriger Landung zwischen
5 und 8 Meter
Weite Siphone bis max. 2 Meter
Länge oder Tiefe
6
sehr schwierig
Wasserfälle mit starkem oder sehr
starkem Wasserdurchlauf
Schwer zugängliche Abseilstellen
Komplizierte Seilgeländer erforderlich
Lange Wasserfälle
Schwieriges Abseilen
Richtiges Einschätzen der Abseilstrecke
und absolute
Gleichgewichtsbeherrschung sind
erforderlich
Standplätze sind schwierig erreichbar
Schwieriges Einrichten von
Standplätzen, komplizierte Seilgeländer
notwendig
Schwierige Nutzung natürlicher
Fixpunkte (Klemmblöcke etc.)
Ausgesetzte Kletterstellen bis max. 6
oderA2 UIAA
Sehr glitschige oder instabile
Abseilstrecken
Sehr turbulente Ankunftsbecken
Langer, anstrengender Aufenthalt im
Wasser
Abstieg in starker Strömung
Große Schwierigkeiten beim Einund Ausschwimmen in die/aus der
Strömung
Prallwände
Ausgeprägte Walzen, die eine
Person längere Zeit halten können
Einfache Sprünge zwischen 10 und
14 Meter
Sprünge mit schwierigen Absprung
bzw. schwieriger Landung zwischen
8 und 10 Meter
Weite Siphone bis max. 3 Meter
Länge oder Tiefe
Technisch anspruchsvolle Siphone
bis 1 Meter Weite oder Tiefe
7
extrem schwierig
sehr ausgesetzt
Abseilstellen mit sehr starkem oder
extremem Wasserdurchlauf
Sehr lange Wasserfälle
Sehr schwieriges Abseilen
Exaktes Einschätzen der Abseilstrecke
und absolute
Gleichgewichtsbeherrschung unbedingt
erforderlich
Perfektes Seilhandling erforderlich
Sehr eingeschränkte Sicht und viele
Hindernisse beim Abseilen
Sehr turbulente Ankunftsbecken
Die starke Wasserführung kann zu
Atemproblemen führen
Ausgesetzte Kletterstellen bis 6 oder A2
UIAA
Abstieg in starker Strömung
Extreme Schwierigkeiten beim
Ein- und Ausschwimmen in die/aus
der Strömung
Sehr ausgeprägte Walzen, die eine
Person längere Zeit halten können
Einfache Sprünge bis 14 Meter
Sprünge mit schwierigen Absprung
bzw. schwieriger Landung über 10
Meter
Weite Siphone über 3 Meter Länge
oder Tiefe
Technisch anspruchsvolle Siphone
bis 1 Meter Weite oder Tiefe
Technisch anspruchsvolle Siphone
über 1 Meter mit Strömung
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2. Die Ernsthaftigkeitsbewertung
Bewertung der Ernsthaftigkeit eines Canyons. Wie oben schon erwähnt, hängt die Ernsthaftigkeit
eines Canyons von drei Komponenten ab:
- Wie schnell ist man im Falle eines plötzlichen Wasseranstieges (z.B. als Folge eines
Gewitters) an einer sicheren Stelle innerhalb der Schlucht?
- Wie schnell ist man im Notfall an einem Notausstieg, um au der Schlucht heraus zu kommen?
- Wie lange dauert die Begehung der Schlucht?
Gesamtrisiko
Gesamtdauer
I
Kriterien
Hochwassergeschützte Stellen können immer und einfach erreicht werden.
Fluchtmöglichkeiten sind einfach zu erreichen und auf der ganzen Länge der
Schlucht vorhanden.
Gesamtdauer (Zustieg, Abstieg, Rückweg) max. 2 Stunden
II
Hochwassergeschützte Stellen können innerhalb von 15 Minuten erreicht
werden.
Fluchtmöglichkeiten sind innerhalb von 1 Stunde erreichbar.
Gesamtdauer (Zustieg, Abstieg, Rückweg) 2 bis 4 Stunden
III
Hochwassergeschützte Stellen können innerhalb von 30 Minuten erreicht
werden.
Fluchtmöglichkeiten sind innerhalb von 30 Minuten erreichbar.
Gesamtdauer (Zustieg, Abstieg, Rückweg) 4 bis 8 Stunden
IV
Hochwassergeschützte Stellen können innerhalb von 1 Stunde erreicht werden.
Fluchtmöglichkeiten sind innerhalb von 2 Stunden erreichbar.
Gesamtdauer (Zustieg, Abstieg, Rückweg) 8 Stunden bis 1 Tag
V
Hochwassergeschützte Stellen können innerhalb von 2 Stunden erreicht
werden.
Fluchtmöglichkeiten sind innerhalb von 4 Stunden erreichbar.
Gesamtdauer (Zustieg, Abstieg, Rückweg) zwischen 1 und 2 Tagen
VI
Hochwassergeschützte Stellen können nach mehr als 2 Stunden erreicht
werden.
Fluchtmöglichkeiten sind nach mehr als 4 Stunden erreichbar.
Gesamtdauer (Zustieg, Abstieg, Rückweg) über 2 Tage
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3. Auszüge aus der UIAA-Bewertung von Kletterstellen:
Die Schwierigkeitsbewertung in Form einer Zahl gibt die Schwierigkeit einer Kletterstelle an, bei der
man Sicherungspunkte nur als Sicherungspunkte benutzt und diese nicht als Griff oder Tritt benutzt.
Bewertung
1
2
3
4
5
6
Erklärung
Einfachste Form der Kletterei (kein Gehgelände mehr)
Drei-Punkt-Haltung ist erforderlich
Zwischensicherungen an exponierten Stellen sind erforderlich.
Senkrechte Stellen erfordern bereits Kraftaufwand.
Geübte und erfahrene Kletterer können noch ohne Seilsicherung klettern
Längere Kletterpassagen erfordern mehrere Zwischensicherungen.
Auch erfahrene und geübte Kletterer benötigen Seilsicherung.
Zunehmende Anzahl an Zwischensicherungen ist die Regel.
Erhöhte Anforderungen an körperliche Voraussetzungen, Klettertechnik und
Erfahrung.
Weitüberdurchschnittliches Können und hervorragender Trainingszustand
sind erforderlich.
Große Ausgesetztheit, oft verbunden mit kleinen Standplätzen.
Die Schwierigkeitsbewertung in Form eines „A“ (artifiziell = künstlich), gefolgt von einer Zahl die
Schwierigkeit an, wenn Sicherungen als Griffe und Tritte benutzt werden oder wenn künstliche
Hilfsmittel verwendet werden. Man spricht dann auch von Technischem Klettern.
Skala
A0
A1
A2
Beschreibung
Sicherungspunkte werden zur Fortbewegung als Tritt oder Griff verwendet.
Eine Trittschlinge wird eingehängt und verwendet.
Zwei Trittschlingen oder Trittleitern werden verwendet.