............................................................................................................................................................................................................................................................................................. FREITAG, 13. NOVEMBER 2015 SEITE 4 ............................................................................................................................................................................................................................................................................................. Wirtschaft 5.1 Zur „Aidablu“ hat Friedhold Hoppert eine besondere Beziehung: Er übernahm das Schiff 2002 als Kapitän. K ROSTOC MMERN -VORPO G R U B N MECKLE FOTO: ELKE EHLERS Von der DSR zu Aida Cruises Kapitän Friedhold Hoppert feiert sein 50-jähriges Betriebsjubiläum in einer Firma, an die 1990 kaum jemand glaubte. Es klingt fast unglaublich in unFriedhold Hoppert war dabei, als serer schnelllebigen Zeit: Dr. 1996 die erste „Aida“ im finniFriedhold Hoppert kann im kom- schen Turku gebaut wurde, als Ersmenden Jahr sein 50-jähriges Be- ter Offizier stieg er damals auf. Die triebsjubiläum feiern. Und das in alte „Aidablu“ übernahm er 2002 einer Firma, der Branchenkenner gleich als Kapitän, wie 2010 dann 1990 kaum Überlebenschancen ga- auch den Neubau, die zweite „Aiben. Denn die Rostocker Kreuz- dablu“. Die Seemannsgeschichte fahrtreederei Aida Cruises hat ihre des aus dem Vogtland stammenWurzeln in der Deutschen Seeree- den Fahrensmannes aber begann derei (DSR), der DDR-Staatsreede- schon 1966, als Matrosenlehrling rei. bei der Deutschen Seereederei auf Die Nachwende-Geschichte der dem Ausbildungsschiff „J.G.FichDSR war turbulent. Dem Schiff- te“. Mit der Hansestadt an der fahrtsunternehmen drohte wie Warnow fühlt er sich bis heute vervielen DDR-Großbetrieben die Ab- bunden, egal in welchem Hafen wicklung durch die Treuhandan- sein Schiff gerade festmacht. „Die stalt, was manchem westdeut- kleine Flagge, die bei uns an der schen Konkurrenten vielleicht Bugspitze weht, ist der Vagel ganz lieb gewesen wäre. Schon zur Griep.“ Der Rostocker Greif zierte Treuhand-Zeit war der personelle schon die DSR-Schiffe, Kapitän Aderlass heftig. Und auch als der Hoppert behält diese Tradition bei Hamburger Kaufmann Horst Rahe – auch wenn die DSR Holding ihre mit einem Geschäftspartner 1993 die DSR übernahm, sank die Beschäftigtenzahl noch eine Zeit lang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . weiter. Heute aber ist Aida Cruises DIE FLOTTE mit 7000 Mitarbeitern aus rund 40 Aida Cruises Nationen das mitarbeiterstärkste Privatunternehmen Mecklenburgwächst weiter Vorpommerns. Zehn Kreuzliner sind für die Kapitän Friedhold Hopper hat Rostocker Reederei Aida Cruiden einzigartigen Aufstieg der ses unterwegs. Das UnternehReederei zum deutschen Marktmen gehört zum britisch-amerikanischen Kreuzfahrtriesen führer im Kreuzfahrtgeschäft vom Carnival Corporation und ist eiersten Tag an miterlebt. Der gebürne Tochter von Costa Crociere tige Thüringer, der Anfang der mit Sitz in Genua (Italien). 2016 1970er-Jahre an der Hochschule soll ab Hamburg ganzjährig die für Seefahrt in Warnemünde und „Aidaprima“zu einwöchigen Wustrow studiert und später dort Westeuropa-Törns auslaufen, auch promoviert hatte, gehört zu als elftes Schiff der Kussmunddenen, die mit Investor Horst Rahe Flotte. Allerdings hat sich die damals Neuland betraten: Sie Fertigstellung auf einer Werft in Japan mehrfach verzögert. Mit mischten die angestaubte Kreuzder „Aidaprima“steigt die Betfahrtgilde auf. Mit Seereisen, die tenzahl der Aida-Flotte auf auch für Familien erschwinglich 21886. Das zwölfte Schiff entwaren. Und einem Konzept, das steht ebenfalls in Japan, zwei auf Smoking und Kapitäns-Dinner weitere sind in Papenburg (Nieverzichtete. dersachsen) bestellt. Schiffe längst verkaufte und heute als Hotel- und Immobilienunternehmen agiert. 2016, für Friedhold Hoppert das Jahr seiner „Goldenen Hochzeit“ mit der Firma, ist zugleich sein zwanzigstes auf einem Passagierschiff. Denn vorher war der damals 45-Jährige auf Frachtern unterwegs. Alles hatten sie transportiert: Eisen und Beton, Salami und Industrieausrüstungen, Bananen und Kaffeebohnen. Von einem Frachter auf einen Musikdampfer? Da gab es schon „ein paar Ressentiments“, gibt der erfahrene Schiffsführer zu. Doch nach einer kurzen Gewöhnungsphase habe er die schönen Seiten seines neuen Jobs schätzen gelernt. Nicht nur, dass die Törns für seine Frau, die in Schleiz bei der Sparkasse arbeitet, besser planbar sind. Immerhin kann der Vater einer erwachsenen Tochter und Großvater einer sechsjährigen Enkeltochter seitdem jedes zweite Weihnachten zu Hause verbringen. „Es ist einfach schön, dass wir mit unserer Arbeit so vielen Menschen Freude machen“, sagt Dr. Hoppert. „Immer wieder erzählen mir Gäste, dass Schiffsreisen für sie ein ganz besonderes Erlebnis sind.“ Pro Jahr verbringen mehr als 800 000 Urlauber ihre Ferien in einem schwimmenden Hotel mit dem Kussmund am Bug. Apropos Kussmund. Den erfand der Rostocker Grafiker Feliks Büttner für die Aida-Kreuzliner, aber auch für die damals ebenfalls zur DSR gehörenden Arosa-Flussschiffe. „Eine so auffällige Bemalung, auch das war in den 1990er-Jahren etwas Neues“, erinnert sich Hoppert. Ein Kreuzfahrtschiff muss weiß sein wie ein Schwan, hieß es damals noch. Die unkonventionel- le Idee, mit farbenfrohem Anstrich über die Meere zu schippern, fand inzwischen weltweit viele Nachahmer. So schön die Mittelmeer-Route ist, auf der die „Aidablu“ derzeit eingesetzt ist – Kapitän Hoppert liebt vor allem die Reisen, die gen Norden führen: hinauf in die norwegischen Fjorde oder über die Ostsee nach Stockholm, Helsinki und St. Petersburg. Und er liebt das Flair der Abfahrten von Warnemünde. „Wenn wir dort auslaufen und Tausende Menschen sehen zu und winken uns hinterher – dann hat jeder Gast an Bord das Gefühl, die alle sind für mich gekommen.“ 2016 wird wohl Hopperts letztes Berufsjahr sein. Jedenfalls „als seefahrender Kapitän“, sagt der 65Jährige. Aida Cruises aber schlägt 2016 ein neues Kapitel auf. Dann soll, wenn auch ein Jahr später als geplant, als erstes Schiff einer neuen Generation die „Aidaprima“ in Fahrt gehen – größer als alle bisherigen Kreuzliner der KussmundFlotte. Elke Ehlers These 1 Geschichte – Nicht nur ein Tourismusfaktor Geschichte wird dann zu einem Wirtschaftsfaktor, wenn damit über das Touristische hinaus Wirtschaftsstrukturen nachhaltig verbessert werden können. Besonders die mitteldeutsche Geschichte im Nachlauf der Reformation mit ihrer Konkurrenz um das Humankapital, mit der Gründung von Fürstenschulen, den Franckeschen Stiftungen und dem Innovationssystem der preußischen Könige zeigt deutlich, wie man armen Regionen zu großem Reichtum verhelfen kann. Gerade im Zusammenhang mit dem 500. Jubiläum der Reformation bietet es sich an, neben dem Historischen auch das Moderne dieses Landstrichs zu präsentieren. Besonders mittelständische Unternehmen sind gefordert, die Standortprägung und ihre Einbettung in einen Kulturraum weit stärker zu vermarkten als das bisher geschah. Hier sind insbesondere die Strukturen in den mittelständischen Industriegebieten Bayerns und BadenWürttembergs vorbildlich und können als Referenz genutzt werden.
© Copyright 2024 ExpyDoc