Mehr Frauen – mehr Erfolg

SAMSTAG / SONNTAG, 29. / 30. AUGUST 2015
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FRAUENFÖRDERUNG IN FACH- UND FÜHRUNGSPOSITIONEN
Mehr Frauen – mehr Erfolg
Wie kann ein höherer Frauenanteil im Management und in Verwaltungsräten
der Unternehmen erreicht werden, wenn dieser noch weit unter den 30 %,
nämlich oft im einstelligen Bereich liegt? Es gilt, einen Kulturwandel einzuläuten, Frauen sichtbarer zu machen und die Rahmenbedingungen in Wirtschaft,
Gesellschaft und Politik wirklich zu verbessern. Elisabeth Grebe hat 2014 ihr
eigenes Unternehmen gegründet, welches Firmen und Einzelpersonen als
Kunden in diesem Thema unterstützt. Interview: Jolanta Gatzanis
Frau Grebe, was muss sich ändern, damit
ein höherer Frauenanteil erreicht wird?
Frauenförderung sollte zur Chefsache erklärt
werden. Damit mehr Frauen in Führungspositionen kommen, sollten Themen wie
Chancengleichheit und Frauenförderung angegangen werden. Chefsache bedeutet auch,
dieses im Senior Management zu «leben» und
– auch gegen Widerstände – durchzusetzen.
Ich spreche gerne auch von einem Kulturwandel, der im Wesentlichen in den Köpfen stattfinden muss, nicht nur in den Männer-, sondern auch in den Frauenköpfen. Und Frauen
sollten mehr Mut haben, sich zu präsentieren
und zu positionieren. Bessere Rahmenbedingungen helfen jungen, qualifizierten Arbeitnehmern, auch Beruf und Familie zu vereinbaren. Für Mütter und für Väter.
Welche Argumente überzeugen Unternehmen für einen höheren Frauenanteil?
schiedlichen Unternehmen ein Tandem bilden. Grosse Unternehmen haben eigene
Mentoring-Programme. Ein überbetriebliches Crossmentoring geht darüber hinaus
und ist gerade für Unternehmen im KMU-Bereich, die keine eigenen Ressourcen haben,
ein probates Mittel. Genau das bietet LENA
4U an. Frauen erhalten über die eigene Fir-
In diversen Ländern wurde nachgewiesen, dass Unternehmen mit einem höheren
Frauen­anteil erfolgreicher sind. Nachweisbar unter anderem in EBIT-Marge und EKRendite. Diese Unternehmen haben mindestens drei Frauen im Management Board.
Frauen bringen ihre Stärken und ihren Wertekanon mit. Studien, wie zum Beispiel von
McKinsey und Ernst & Young, beweisen das.
Es ist sogar so, dass Unternehmen mit Managerinnen an der Spitze besser an der Börse bewertet werden. Ich sehe Chancen für
Schweizer Unternehmen – gerade nach dem
Frankenschock, der dringend nach Innovationen und Optimierungen ruft.
ma hinaus Einblicke in andere Unternehmen. Das ist ein grosser Vorteil. Sie geraten
in keinen Interessenskonflikt, weder einen
familiären, partnerschaftlichen, finanziellen
oder Chef-Konflikt. Meistens ist es der Eintritt in ein lebenslanges Frauen-Netzwerk.
Die Unabhängigkeit im Tandem ist ein ganz
hohes Gut, was in einem Mentoring-Programm im Unternehmen nicht gewährleistet ist. Da gibt es meistens Abhängigkeiten.
Ab wann lohnt sich der Einstieg in ein
Crossmentoring-Programm? Und für wen?
Es sollte der Wunsch nach aktiver Berufsgestaltung vorhanden sein. Wir haben
auch Mentees, die nach ihrer Familienphase eingestiegen sind. Gerade für diese Frauen, die zwischen 35 bis Mitte 40 Jahre alt
sind und wieder ins Berufsleben einsteigen
wollen, lohnt sich ein Mentoring. Man sollte das Mentoring nicht nur für Jüngere sehen, denn es ist eine Personalentwicklungsmassnahme.
können, als jemand, bei dem es eines von
vielen Leistungen ist. LENA 4U ist mit seinem Programm von der Deutschen Gesellschaft für Mentoring zertifiziert worden und
das einzige zertifizierte Unternehmen in der
Schweiz. Mentoring-Angebote in Unternehmen, wie sie von Personal- oder Diversityabteilungen durchgeführt werden, besitzen
diese Qualität oft nur unzureichend. Unternehmen verfolgen zudem eigene Interessen
bei den Mentoring-Programmen. Das sehe
ich, gerade für eine Personalentwicklungsmassnahme für Frauen, kritisch.
(Fortsetzung auf der letzten Seite)
DIE LETZTE SEITE
Mobbing, Stress und Betriebliche
Gesundheitsförderung – die Rubrik
von Klaus Schiller-Stutz. Folge 3:
Mobbing – was ist das eigentlich?
Mobbing am Arbeitsplatz ist ein gesellschaftliches
und auch ein persönliches Problem, weil in den
In Netzwerken können sich Frauen gegenseitig unterstützen. Was passiert in dem
von Ihnen angebotenen Crossmentoring?
Es ist eine Art des Mentorings, in dem zwei
Personen (Mentorin und Mentee) aus unter-
Elisabeth Grebe: «Unternehmen mit einem
höheren Frauen­anteil sind erfolgreicher.»
Was sind die Vorteile von Crossmentoring gegenüber den bereits angewandten
Mentoring-Programmen in Unternehmen?
Jemand, der etwas als Kernkompetenz anbietet, wird eine andere Qualität anbieten
modernen Industriestaaten der Beruf als identitätsstiftender Mittelpunkt des Lebens angesehen wird.
Aktuelle Bildungsangebote
Alpha-Seminare
(Fortsetzung Leitartikel)
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft! Wie werden sich Unternehmen 2030 verändert haben?
Unternehmen werden sicher weiblicher werden. Nicht die Grösse oder Finanzkraft oder das Renommee eines
Unternehmens werden entscheidend
für den Erfolg eines Unternehmens
sein, sondern die Fähigkeit, sich der
Diver­sity – also auch der Vielfalt von
Mann und Frau – zu öffnen. Ich glaube, die Unternehmen, die sich dieser Entwicklung am schnellsten annehmen, werden die Gewinner sein.
Es wird zukünftig bestimmt auch
Unternehmen in der Schweiz geben,
die zum Beispiel von einer Chinesin
oder einer Inderin geführt werden. Es
werden Frauen sichtbar werden, von
denen wir noch nicht vermuten, dass
sie in der Schweiz aktiv sind. Unsere
Aufgabe wird sein, uns da­rauf mental
einzulassen. Schon heute sind internationale Teams sichtbar, sei das im
Fussball, im IT-Bereich, in der Kunst
oder auch in der Politik. Das Thema der Zukunft heisst in meinen Augen Diversity. Es geht nicht darum,
Frauen aus einer Antihaltung heraus in wichtige Positionen bringen
zu wollen, sondern den Kulturwandel über die Erkenntnis zu fördern,
dass Frauen in Führungspositionen
einen Mehrwert schaffen. Es geht um
Synergien, die bisher noch nicht genutzt werden, Potenziale, die momentan noch brachliegen. Man muss
die Frage zulassen, warum wird das,
was vorhanden ist, nicht genutzt? Ein
Motto für den Kulturwandel könnte
sein: «Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.»
Elisabeth Grebe ist Dipl.-Wirtschaftsingenieurin, systemischer Coach und Inhaberin
von Lena 4U (www.lena4u.com).
MOBBING, ARBEITSPLATZKONFLIKTE UND
BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG – FOLGE 3
Mobbing – was ist das eigentlich?
Von Klaus Schiller-Stutz (*)
Prof. Heinz Leymann, Diplompsychologe und Pionier in der
Mobbingforschung, hat 1990
den Begriff «Mobbing» als Synonym für «Psychoterror am
Arbeitsplatz» an einer internationalen Arbeitsschutzkonferenz in Hamburg eingeführt
– mit Vorstellung seiner umfassenden Studien über die Auswirkungen von Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit der
Angestellten. Seither hat der Begriff in der Öffentlichkeit, in
der Arbeitswelt und unter Fachleuten verschiedener Disziplinen zunehmend an Aufmerksamkeit gewonnen. Der Begriff stammt vom englischen Substantiv «mob» und wird mit
«zusammengerotteter Pöbel(haufen), Gesindel, Bande, Sippschaft» übersetzt. Der Begriff «Mobbing» ist auch die Verlaufsform des englischen Verbs «to mob», was «anpöbeln,
angreifen, attackieren, belästigen, schikanieren» bedeutet.
Geschichte der Mobbingforschung
Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz verwendete 1958
den Begriff «Mobbing» für Gruppenangriffe von unterlegenen Tieren (z. B. Gänsen), um sich vor einem überlegenen Tier (z. B. Fuchs) zu schützen. Anfang der 1970er Jahre
machte der deutsche Psychiater Rudolf Bilz in seiner Publikation «Menschliche Anstossaggressivität (Mobbing)» auf
einen destruktiv verlaufenden Gruppenprozess unter Erwachsenen gegenüber einer einzelnen Person aufmerksam.
Der schwedische Arzt Heinemann beschrieb in den 1970er
Jahren in seinem Buch «Mobbing – Gruppengewalt unter
Kindern» das rohe, aggressive Gruppenverhalten von Kindern gegenüber einem Kind, welches schliesslich in den Suizid getrieben wurde.
Definition von «Mobbing am Arbeitsplatz»
Eine einheitliche internationale Definition von «Mobbing»
gibt es nicht. Gemäss Leymann beschreibt der Begriff systematische, wiederholte feindselige Handlungen von einer
oder mehreren Personen gegen eine andere Person (= Sündenbock) über einen längeren Zeitraum hinweg. In der
Regel gerät eine betroffene Person durch die Gruppendynamik eines destruktiven Konfliktverlaufes in eine unterlegene Position, aus der sie nur schwer alleine herauskommen kann. Mobbing wird auch als ein Kampf um Positionen
und strukturelle Macht (z. B. mit Machtgehabe, Abschieben
von Fehlhandlungen auf andere etc.) mit unfairen Mitteln
bezeichnet. Nebst dem «Mobber», der oftmals im Hintergrund agiert, gibt es meist aktive Mitläufer sowie (passive)
Zuschauer, welche – teilweise aus Angst oder Ohnmacht –
das Geschehene zulassen, um nicht selber Opfer von Mobbinghandlungen zu werden. Daher ist Mobbing in einem systemischen Zusammenhang zu betrachten, anstatt linear im
Sinne von: Da gibt es einen Täter, der schuld ist und ein Opfer, welches geschützt werden muss.
Weitere Begriffe zur Beschreibung des Phänomens
Mobbing wird auch als «Bullying» (tyrannisieren, einschüchtern, schikanieren) bezeichnet. Von «Bossing» spricht man,
wenn Führungspersonen Mobbinghandlungen gegenüber
Angestellte ausüben. «Staffing» bezeichnet das Ausüben
der Mobbinghandlungen von Unterstellten gegenüber Führungspersonen. Ein «Whistleblower» (von engl.: to blow the
whistle, «in die Pfeife blasen»; im deutschen Sprachraum
auch «Enthüller», «Skandalaufdecker» oder «Hinweisgeber») ist eine Person, die innerhalb/ausserhalb ihres Betriebs auf Missstände bzw. unethische oder illegale Praktiken (etwa Korruption) hinweist. «Whistleblowers» werden
meist als illoyale Mitarbeiter und Denunzianten bezeichnet
und sind daher oft Mobbinghandlungen ausgesetzt. «CyberMobbing», ein zunehmend verbreitetes Phänomen, bedeutet das Benutzen von digitalen Medien (Internet, E-Mail, Mobiltelefon), um anderen absichtlich Schaden zu zufügen.
(*) Klaus Schiller-Stutz ist Psychologe/Psychotherapeut FSP mit Praxis in Hedingen (www.schiller-stutz.ch) und Zürich im ZiSMed (www.
zismed.ch). Er ist Berater mit dem Tool stressnostress.ch und Mitglied im BGMnetzwerk.ch. Er hat langjährige Erfahrung in Beratungen bei Konflikt-/Mobbingsituationen von Einzelpersonen, Teams und
Betrieben sowie als Einzel-, Paar- und Familientherapeut. Die nächste Folge dieser Kolumne unter dem Titel «Erkenntnisse aus der Stressund Mobbingforschung – Teil 1» erscheint am 29. August 2015.
AKTUELLE
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