WÄNDE / STÜTZEN Definition 1.1 Tragsysteme - Wand - Stütze 1.2 Aussteiffende Systeme - Wand - Stütze 1.3 Nicht tragende Systeme - Wand 2 Anforderungen 2.1 Raumbildung - Massivbauweise - Schottenbauweise - Skelettbauweise 2.2 Statik - Vertikale Lastabtragung - Horizontale Lastabtragung 3 Grundprinzipien 3.1 3.2 3.3 4 Anwendung 4.1 frei stehend eingespannt Bauteil als Teil eines Trägers Wandesysteme 4.1.1 homogene Wände - Ortbeton - Stampflehm 4.1.2 geschichtete Wände - Sichtmauerwerk - Blockbauweise 4.1.3 aufgelöste Wände Stahlbetonfertigteilbauweise Holzfertig- teilbauweise Massiv- oder Brettsperrholzbauweise Holzfiligranbauweise tragende Glaswand 4.2 Stützen und Stabsysteme 4.2.1 homogene Stützen - Beton - Stampflehm Inhalte sind aus dem Internet zusammengestellt Prof. Dipl. Ing. MA Manfred Lux Architekt BDA Baukonstruktion / Baustofftechnologie WÄNDE / STÜTZEN 1. Definition Unter „Wände und Stützen“ werden die für die Lastabtragung notwendigen und den Raum in der seitlichen Abwicklung begrenzenden Bauteile behandelt. Sie werden im Bauablauf bereits im Rohbau erstellt. Der Umstand, daß das Bauteil sowohl dem Witterungsschutz, als auch als Bestandteil der thermischen Hülle dient, setzt ein umfangreiches Wissen über die Anforderungen und die Umsetzung verschiedener Lösungsansätze voraus. Über das Tragwerkverhalten hinaus gehende Themen der Fassade werden im Themenblock „Hülle“ dieser Skriptenreihe behandelt. 1.1 Tragsysteme Wand Tragende Wände sind innerhalb der Ge- bäudestruktur für die lineare Lastableitung der vertikalen Kräfte verantwortlich. Stütze Im ähnlichen Sinne sind tragende Stützen in- nerhalb der Gebäudestruktur für die punkt- förmige Lastableitung der vertikalen Kräfte verantwortlich. 1.2 Aussteiffende Systeme Wand Wände können aussteiffende Funktionen übernehmen. Diese wird durch Scheiben- wirkung erzielt und muß mindestens in drei senkrecht zueinander stehenden Ebenen wirken. Stütze Stützen können mittels Diagonalauskreuzung oder Einspannung aussteiffend wirken. 1.3 Nicht tragende Systeme Wand Nicht tragende Wandsysteme sind häufig einfacher, schneller und platzsparender zu er- stellen. Die dem Innenausbau zugeordneten Montagearbeiten können exakter ausgeführt werden. Bei nicht tragenden Wänden ist darauf zu achten, daß z.B. im Falle vom Kriechen des Betons und Durchbiegung aufgrund von Belastung der darüber stehenden Geschoßdecke oder Balken mittels einer oben offenen Anschlußfuge die nicht tragende Wand nicht belastet wird. 2. Anforderungen 2.1 Raumbildung Massivbauweise Bei der Massivbauweise sind tragende und raumabschließende Elemente gleich. Die Wände sind an den Stößen kraftschlüssig verbunden. Diese tragen wesentlich zur Stabilität der Tragstruktur bei. Öffnungen werden aus den Wänden ausgeschnitten. Das Gebäude wird von einem homogenen Erscheinungsbild geprägt. Schottenbauweise Bei der Schottenbauweise handelt es sich um eine Variante der Massivbauweise. Die Wandscheiben vereinen wie beim Massivbau die tragende und raumanschließende Funktion. Die Wände sind untereinander nicht kraftschlüssig verbunden und können somit nicht als aussteifende Ecken in das statische Konzept eingebunden werden. Ebenso wie beim Massivbau können die Öffnungen aus den Wänden ausgeschnitten werden. Das Gebäude ist von einem additiven Erscheinungsbild geprägt. Skelettbauweise Im Gegensatz zu den zuvor genannten Bau- weisen werden bei der Skelettbauweise die tragenden und raumabschließenden Elemente getrennt. Mit diesem System ist die größte entwerferische Freiheit möglich. Die Stützen müssen mittels Einspannung oder Auskreuzung gegen eine horizontale Lasteinwirkung ausgesteift werden. 2.2 Statik (1) eingespannt/frei, (2) gelenkig/gelenkig, (3) eingespannt/gelenkig, (4) eingespannt/eingespannt Vertikale Lastabtragung Wände leiten Normalkräfte der darüberliegenden Geschosse im Grundriss linear nach Unten. Stützen leiten die Normalkräfte der darüberliegenden Decken punktförmig ab. Bei schweren Decken muß ein Durchstanzen der darunter liegenden Geschoßdecke verhindert werden. Dies kann durch eine verbreitertes Auflager erreicht werden. Knicken ist der Verlust der Stabilität durch Druck und Horizontale Lastabtragung Gemauerte Wände können ausschließlich entlang der Längsachse horizontale Kräfte ableiten. Voraussetzung sind eine ausreichenden Dicke und Biegezugfestigkeit. Eingespannte Betonwände können auch Kräfte senkrecht zur Längsachse ableiten. Stützen können nur eingespannt Horizontalkräfte in das darunterliegende Geschoß ableiten. Pendelstützen sind für diese Art von Lastableitung ungeeignet. Biegemomente mit der Wirkungslinie in Stabachse bis hin zum Versagen. Leonhard Euler hat das Knicken in vier exem- plarische Fälle unterteilt. Er untersuchte die Spannungen an durch Belastung verformten Stäben. 3. Grundprinzipien Innerhalb eines statischen Konzeptes lassen sich Wände und Stützen in drei unterschied- lichen Gruppen nach statischen Wirkungswei- sen unterteilen. 3.1 frei stehend (z. B. Pendelstütze) Wände oder Stützen dieses Prinzips können uneingeschränkt vertikale Lasten aufnehmen. Horizontalkräfte können lediglich entlang der Wirkungsachse parallel zur Wandfläche aufgenommen werden. Für die Materialwahl für diese Bauteile steht jedes übliche Wand- und Stützenbaumaterial zur Verfügung, auch Mauersteine und Lehm. Wandbauarten 3.2 eingespannt Bauteile dieser Bauart können außer Normalkräften auch Horizontalkräfte aufnehmen. Als Baumaterial ist hierfür nur Material geeignet, das Biegezuglasten aufnehmen kann. Dieses ist bewehrter Beton, Stahl, Holz und bewehrtes Mauerwerk. 3.3 Bauteil als Teil eines Trägers Dieses System einer Wand als Träger ist auch vergleichbar mit einem Unterzug oder Über- zug. Die Wand ist dann als flächiger Fach- werkträger vorstellbar. Schlitzungen und Aussparungen in dieser Wand sind nur an bestimmten, mit dem Tragwerksplaner zu koordinierenden Stellen möglich. Die Wand muß dann Biegezuglasten in Form von Zug im unteren Wandsegment und Druck im oberen Wandsegment aufnehmen können. Das Bau- material entspricht dem der eingespannten Wände. 4 Anwendung Drei grundsätzliche Konstruktionssysteme werden baustoffbezogen unterteilt. Es handelt sich zur besseren analytischen Annäherung um Idealsysteme, die in der Realität meistens mit anderen Systemen gemischt werden. Herstellung von Ortbeton 4.1 Wandsysteme 4.1.1 homogene Wände Ortbeton Wände aus auf der Baustelle betonierten Scheiben haben durch den auf Druckbelastung stabilen Beton und die auf Zugbelastung sta- bile Bewehrung ideale Voraussetzungen zur Ableitung von Normalkräften und Querkräf- ten. Die Einbindung in die darüber und darun- ter liegenden Wände kann mit einfachen Mitteln als Einspannung ausgebildet werden (Abb. 2.4.13-14). Die hohe Dichte ermöglicht eine hohe thermische Speicherkapazität. Die Wärmedämmeigenschaften sind schlecht. Aus diesem Grund werden Betonwände oft mehrschalig gefertigt. Beton ist ein witte- rungsbeständiger Baustoff, der nach den aktuellen Anforderungen der EnEV zweischa- lig oder monolithisch unter dem Zusatz von Blähton oder Schaumglas (d = mind. 70cm) ausgebildet werden muß. Stampflehm Im Gegensatz zu Stahlbeton ist eine Stampflehmwand nur bedingt im Stande, Zugkräfte aufzunehmen. Eine Einspannung ist nicht möglich. Die hohe Rohdichte ermöglicht eine hohe thermische Speicherkapazität. Die Wasseraufnahmekapazität erlaubt einen ausgeglichenen Feuchtehaushalt. Die Wärmedämmeigenschaften sind nur “mittelmäßig”. Stampflehm ist nur bedingt witterungsbeständig. Ein Dachüberstand oder eine wetterfesten Verschalung erhöhen die Lebensdauer. Anforderungen der aktuellen EnEV 2009 werden bei Wandstärken mit luftporenhaltigem Lehm ab ca. 0,60 m eingehalten. Stampflehm Aussteiffung mittels Auskreutzung u. Beplankung zur Scheibe 4.1.2 Geschichtete Wände Geschichtete Wände sind über den Verband gegenseitig verzahnt. Innerhalb der Schichten werden die Steine jeweils versetzt verlegt, so daß die senkrechten Mörtelfugen möglichst nie von Oben nach Unten durchlaufen. Gleiches geschieht beim Mauerwerk- und Blockhausbau an den Wandecken zu den jeweils quer dazu stehenden Wänden und Bauteilen. Diese Verzahnung läßt mehrere parallel oder quer zueinander stehende Bauteile im Verband wirken und trägt zur Aussteiffung des Gebäudes bei. Beim Bruchsteinmauerwerk werden im Format ungleiche behauene Natursteine in zuvor beschriebener Weise gefügt, jedoch nicht mit der Präzision heutiger Steinformate und damit nur mit schlechteren statischen Eigenschaften. Das so genannte Zyklopenmauerwerk weicht vom Verbandmauerwerk weiter ab: die Steine sind so behauen, daß sie sich untereinander verkeilen. Zyklopenmauerwerk kann trocken, ohne Mörtel, hergestellt werden. Früher wurde Bruchsteinmauerwerk mit glatt behauenen Steinen verblendet. Bruchsteinmauerwerk Gesimse- und Verblendprinzipien Zyklopenmauerwerk Verzahnung 1 Kopf 2 Läufer 3 Binder 4 Mörtelbett 5 Zwischenfuge 6 Stoßfuge 7 Stoßfuge 8 Lagerfuge Baunenn-Maße Richtmaße X x 12,5 cm (6,25 cm) Außenmaß A X x 12,5 cm - 1 cm Öffnungsmaß Ö X x 12,5 cm + 1 cm Vorsprungsmaß x X x 12,5 cm 52 In den jeweiligen Produktnormen sind verschiedene Formate in ihren Abmaßen geregelt. Diese basieren auf den Baurichtmaßen des oktametrischen (1/8 m = 12,5 cm) Rasters der DIN 4172. Aus Steinhöhe und Lagerfugenhöhe ergibt sich das Schichtmaß (Ganzzahliges des Oktameterraster). Abhängig von der Mörtelhöhe (Normalmörtel ca. 1,2 cm, Dünnbettmörtel 1 bis 3 mm) ergibt sich die Steinhöhe. Die statische Wirkungsweise von im Verband gemauerten und elementierten Bauteilen ist bei gebrannten Ziegeln, Kalksandsteinen, Blähtonsteinen oder Gasbetonsteinen ähnlich. Das Baunennmaß erhält man durch den Abzug der Breite einer Fuge. Ziegel oder Kalksandsteine werden häufig in diesen Steinformaten hergestellt. Auch Einbauten (z. B. Fenster und Türen) werden oft im Baunennmaß gefertigt. Rechnet man zu dem Bauteil, zum Beispiel einem Ziegel von 24 cm Breite eine Mörtelfuge von 1 cm hinzu, ist die Summe aus Stein und Fuge wieder das Baurichtmaß (25 cm). Auch das Pfeilermaß ist aufgrund dem Fehlen der beidseitigen Mörtelfugen um einen cm kürzer. Das Vorsprungsmaß entspricht dem 12,5-cm-Raster, da es auf der anschließenden Seite eine Fuge hat, auf der freien Seite aber nicht. Durch das Anlegen von Öffnungen wie Fenster oder Türen ergibt sich das Öffnungsmaß. Zum Baurichtmaß wird die Breite einer zweiten Fuge hinzugerechnet. Formate von künstlichen Mauersteinen (Betonstein nach DIN 18151/18152, Kalksandstein nach DIN 106, Porenbeton nach DIN 4165 und Ziegel nach DIN 105) werden meist mit Kurzbezeichnungen (z. B. 2 DF) benannt. Im Bauwesen ist es üblich, Formatkurzbezeichnungen zu verwenden, die sich auf ein Vielfaches des sogenannten Dünnformates DF (240 × 115 × 52 mm) beziehen. Neben dem Dünnformat (DF) findet im Bereich von Verblendmauerwerk auch das Normalformat (NF) Anwendung. Bei Steinen aus dem Normalformat (240 × 115 × 71 mm) wird erst nach drei Schichten das oktametrische Raster erreicht. Historische Formate, wie z. B. das Reichsformat (250 × 120 × 63 mm), werden nicht mehr in Serie hergestellt. 0 24 71 11 5 11 5 71 12,3 83,3 12 113 12 125 8 238 12 250 4 b) bei Dünnbettmörtel Steinhöhe 123 Lagerfugendicke 2 Schichthöhe 125 Schichten je m 8 248 2 250 4 498 2 500 2 623 2 625 1,6 0 24 113 17 5 648 2 650 1,54 24 0 Bis zum Format 3 DF sind die Kurzbezeichnungen eindeutig und können daher problemlos bei der Bestellung verwendet werden. Ab dem Format 4 DF ist diese Eindeutigkeit nicht mehr gegeben und ergänzende Angaben (die Wanddicke) sind erforderlich. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Steine mit Nut-Feder-System verwendet werden, die nicht beliebig gedreht werden können. Ein 4 DF kann beispielsweise folgende Abmessungen aufweisen: 24 0 0 24 0 Sichtmauerwerk Wände aus gemauerten Scheiben sind ausschließlich zur Aufnahme von Normalkräften geeignet. Die Verzahnung in die darüber und darunter liegenden Geschoßdecken kann lediglich die Normalkräfte ableiten. Aufgrund der schlechten Wärmedämmeigenschaften werden Sichtmauerwände mehrschalig gefer- tigt. Eine Besonderheit stellt die monolithische Sichtmauerwandkonstruktion des Kunsthauses in Marktoberdorf von Valentin Beat und Andrea Deplazes dar: Aufgrund einer sehr guten Energiebilanz durch alternative Heiztechniken kann nach der damals gültigen EnEV auf eine Dämmschicht verzichtet werden und der Wandaufbau monolithisch ausgeführt werden. Vormauer-Backstein ist ein sehr witterungsbeständiger Baustoff, der nach den aktuellen Anforderungen der EnEV zur Dickenreduktion zweischalig ausgebildet werden muß. Die Ziegelformen werden weiterentwickelt: die Stege werden in der Dicke optimiert und so angeordnet, daß der Wärmefluß von Innen nach Außen möglichst labyrinthartig erfolgt. Zur Verbesserung der Wärmedämmeigen- schaften sind die einzelnen Schichten nur noch miteinander verklebt und die vertikalen Fugen ohne Mörtel gestoßen. Durch die Wahl der passenden Rohdichte des Ziegels kann die Wärmedämmeigenschaft und Tragfähigkeit auf das zu erstellende Bau- teil angepaßt werden. Der Systemgedanke der Ziegelmaße als Grundlage für eine Werk- planung in Modulmaßen ist für eine kostengünstige und schnelle Ausführung hilfreich. DF (Dünnformat) (240 x 115 x 52) NF (Normalformat) (240 x 115 x71) (115 x 240 x 71) 2 DF (240 x 115 x 113) 2 DF (115 x 240 x 113) 3 DF (240 x 175 x 113) 3 DF (240 x 175 x 113) 5 DF (240) (300 x 240 x 113) 5 DF (300) (240 x 300 x 113) 6 DF (240) (365 x 240 x 113) 6 DF (365) (240 x 365 x 113) 10 DF (240) (300 x 240 x 238) 10 DF (300) (240 x 300 x 238) 12 DF (240) (365 x 240 x 238) 12 DF (365) (240 x 365 x 238) 5 36 0 30 Bezeichnung Länge x Breite x Höhe 4 DF (115) für Normalmö. (248 x 115 x 238) 4 DF (115) für Dünnb.mö. (248 x 115 x 248) 4 DF (240) für Normalmö. (248 x 240 x 113) 4 DF (240) für Dünnb.mö. (248 x 240 x 123) 24 Wanddicke 0 Schichtmaße in Abhängigkeit von der Steinhöhe [mm]: a) bei Normalmörtel Steinhöhe 52 Lagerfugendicke 10,5 Schichthöhe 62,5 Schichten je m 16 Abmaße / 24 113 11 5 Bezeichnung 0 30 Kerngedämmtes Mauerwerk, ein System eines Mauerziegels aus der Schweiz 24 0 5 36
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