Nr. 5, 2015

Nr. 5 /2015
Unterversicherung
von Sachrisiken:
Die Deckungslücke
schliessen
01 Zusammenfassung
03Einleitung: Bestimmung
der Unterversicherung
globaler Sachrisiken
05Wie gross ist die
Deckungslücke bei
Naturkatastrophen?
15Die weltweite Unterdeckung
in der Sachversicherung
21Was bedeutet
Unterversicherung ?
29Umgang mit
Unterversicherung
38 Fazit
39 Anhang
Zusammenfassung
Die Deckungslücke bei Naturkatastrophenrisiken betrug in den
letzten zehn Jahren durchschnittlich
USD 127 Milliarden.
Die Unterversicherung von Sachrisiken1 stellt eine globale Herausforderung dar. Ein
Grossteil der Deckungslücke ist auf das nicht versicherte weltweite Naturkatastrophenrisiko zurückzuführen, welches in den letzten 40 Jahren stetig zugenommen hat.
Gemäss den sigma-Daten von Swiss Re betrug der wirtschaftliche Gesamtschaden
aus Naturkatastrophen im letzten Jahrzehnt durchschnittlich rund USD 180 Milliarden
pro Jahr. Davon waren 70% (USD 127 Milliarden oder USD 1,3 Billionen im gesamten Zehnjahreszeitraum) nicht versichert. Erdbeben, Überschwemmungen und
Stürme sind die grössten Gefahren, besonders in Gebieten mit einer hohen Bevölkerungsdichte und einer starken Konzentration von Sachwerten.
Der modellierte mögliche Schaden,
der durch Naturkatastrophen entsteht,
beträgt USD 153 Milliarden.
Allerdings vermögen historische Daten nicht alle wichtigen Katastrophenszenarien
vollständig zu erfassen. Durch die Modellierung von möglichen künftigen Ereignissen lassen sich die erwarteten nicht versicherten Sachschäden durch Naturkatastrophen auf USD 153 Milliarden pro Jahr schätzen. Absolut gesehen machen die USA,
Japan und China den grössten Teil der weltweiten Deckungslücke aus (USD 81 Milliarden). In den Schwellenländern sind durchschnittlich 80 bis 100% der wirtschaftlichen Schäden nicht versichert. Die erwarteten Verluste sind in absoluten Zahlen
zwar weniger hoch, können aber dennoch die wirtschaftlichen Ressourcen in diesen
Ländern erheblich vermindern.
Ein Benchmarking über verschiedene
Länder hinweg lässt auf eine weitere
Deckungslücke bei allgemeinen
Sachschäden in Höhe von
USD 68 Milliarden schliessen ...
Für das breitere Spektrum der Sachrisiken – einschliesslich Feuer-, Einbruch- und
Wasserschäden – sowie der Betriebsunterbrechungsrisiken lässt sich die Unterversicherung anhand der Differenz zwischen Best-Practice-Ländern und Ländern mit
einer tieferen Versicherungsdurchdringung schätzen (Prämien in % des Bruttoinlandprodukts (BIP)). Die Versicherungsnachfrage wird in der Regel durch wirtschaftliche
Faktoren bestimmt, während die Korrelation mit Risikofaktoren wie die Exposition
gegenüber Naturkatastrophen schwach ist, und viele Hochrisikogebiete eine tiefe
Deckung aufweisen. Eine globale Vergleichsbewertung der Versicherungsdurchdringung über verschiedene Länder hinweg zeigt weltweit eine Deckungslücke von
USD 68 Milliarden bei allgemeinen Sachrisiken an. Unter den Ländern mit der grössten Unterdeckung im Verhältnis zum BIP sind viele wachstumsstarke Länder. Hier
häuft die rasch wachsende Mittelklasse neuen Reichtum an, während die Versicherungsnachfrage dieser Entwicklung hinterherhinkt.
... und somit auf eine globale
Unterversicherung von Sachrisiken in
Höhe von insgesamt USD 221 Milliarden.
Fasst man die Modellierungsdaten für Naturkatastrophen und die wirtschaftliche
Vergleichsbewertung der Sachversicherungsmärkte zusammen, ergibt sich eine
globale Unterversicherung von Sachrisiken in Höhe von USD 221 Milliarden in
Bezug auf erwartete Schäden. Im Vergleich dazu wird das weltweite Prämienvolumen
der Sachversicherung auf USD 413 Milliarden in 2014 geschätzt.
Zu den Ursachen der Unterversicherung
gehören Unterbewertungen, Ausschlüsse
und Herausforderungen in Bezug auf
die Versicherbarkeit sowie Risikowahrnehmung und -verhalten von Konsumenten
und Unternehmen.
Die Unterversicherung lässt sich in verschiedene Kategorien aufteilen: vollkommen
unversichert, versichert gegen bestimmte Risiken, versichert mit Einschränkungen
bei den Versicherungsbedingungen (Selbstbehalte, Ausschlüsse) und versichert mit
unterbewerteten Sachwerten. Bestimmte Risiken – beispielsweise in Zusammenhang mit extremen Naturkatastrophen, Terrorismus, Internetkriminalität oder Rückwirkungsschäden – können die Versicherbarkeit infrage stellen. Beim einzelnen
Konsumenten können Faktoren wie Risikowahrnehmung, mangelndes Versicherungswissen, Erschwinglichkeit, Vertrauen auf staatliche Hilfe nach einer Katastrophe,
fehlendes Vertrauen in die Versicherer und eine komplizierte Geschäftsabwicklung
den Abschluss einer angemessenen Deckung verhindern. Dies ist vor allem in neuen
Märkten der Fall.
1 Unter Sachrisiken werden in dieser Publikation Risiken für Gebäude und deren Inhalt – einschliesslich
Feuer-, Einbruch- und Wasserschadenversicherungen – sowie das damit zusammenhängende
Betriebsunterbrechungsrisiko verstanden.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 1
Zusammenfassung
Die Schliessung der Deckungslücke
im Bereich der Sachversicherung ist
eine wichtige Herausforderung für die
Gesellschaft. Die Zusammenarbeit
zwischen öffentlichem und privatem
Sektor ist entscheidend.
2 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Die Schliessung der Deckungslücke erfordert von den Versicherern und vom Staat
spezifische Massnahmen, damit sich Kaufverhalten und Marktstrukturen verändern.
Wenn die Versicherer ihr Fachwissen gezielt anwenden und sich auf jene Konsumenten konzentrieren, die überhaupt nicht oder ungenügend versichert sind, können
sie massgeblich dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit der Haushalte und Unternehmen gegenüber Sachrisiken zu stärken. Produkt- und Vertriebsinnovation sowie
Massnahmen im Umgang mit der Risikokumulation werden entscheidend sein, um
die Gesellschaft dabei zu unterstützen, die Risiken besser zu bewältigen. Daneben
sind Daten zu erheben und analytische Instrumente zu entwickeln, um die Risikoexposition besser zu verstehen. Gleichzeitig müssen die Regierungen, um die Risikoexposition zu verringern, ein starkes Regulierungsumfeld schaffen, Baustandards
einführen und umsetzen sowie die Risikominderung fördern. So können öffentlichprivate Partnerschaften eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, bei einer
eingeschränkten Versicherbarkeit von Risiken die Deckungslücke zu schliessen.
Einleitung: Bestimmung der Unterversicherung
globaler Sachrisiken
Die Sachversicherung deckt hauptsächlich Schäden an Gebäuden und
deren Inhalt bei Brand, Naturgefahren
und anderen Risiken.
Eine Deckung ist in unterschiedlichen
Formen sowohl für Wohn- als auch für
Gewerbeimmobilien verfügbar.
Die Deckungslücke ist die Differenz
zwischen versichertem Schaden und
Gesamtschaden.
Sachrisiken versichern
Die Sachversicherung umfasst hauptsächlich die Deckung für Schäden an Gebäuden
und deren Inhalt wie Möbeln oder Maschinen. Sie schliesst in der Regel eine Feuerversicherung mit ein, die Schäden infolge von Brand, Blitzschlag und Explosion deckt.
Weitere Risiken, die üblicherweise gedeckt sind, sind Sturm, Diebstahl, Vandalismus
und Wasserschäden, die nicht durch eine Überschwemmung verursacht werden.
Zu den Risiken, die nicht immer in der Deckung eingeschlossen sind, gehören Überschwemmungen, Erdbeben, Tsunamis und Terrorakte. Bei Gewerbeversicherungen
kann die Police auch das Betriebsunterbrechungsrisiko, also Einkommensverluste
infolge eines versicherten Ereignisses, decken.
Die Deckung von Brandschäden ist die wichtigste Komponente einer Standardversicherung für Wohn- und Gewerbeimmobilien. Für beide Segmente ist eine breite
Palette an Policen verfügbar. Dazu gehören Policen, die nur spezifische Risiken
decken (z. B. Brand, Blitzschlag, Explosion und Sturm), modulare Policen mit optionaler Zusatzdeckung (z. B. Überschwemmung, Betriebsunterbrechung) sowie Policen
für Mehrgefahrenrisiken, die auch bestimmte Haftpflichtrisiken mit einschliessen.
Deckungslücke und Unterversicherung
Die Begriffe «Deckungslücke» und «Unterversicherung» werden oft synonym verwendet, vor allem im Bereich der Lebens- und Krankenversicherung. Im Zusammenhang mit Sachrisiken gibt es einen feinen Bedeutungsunterschied – nämlich dann,
wenn zu beurteilen ist, ob eine Versicherungsdeckung genügend oder angemessen
ist. Die Deckungslücke bei Sachschäden wird definiert als der nicht versicherte Teil
der Schäden durch ein bestimmtes Ereignis, namentlich die Differenz zwischen
wirtschaftlichem Gesamtschaden und versichertem Schaden.
Es kann kostengünstiger sein, einen
Teil des Risikos einzubehalten.
In der Regel ist die optimale Höhe des Risikotransfers nicht 100%. So vermeiden es
die Versicherer, eine Deckung für häufig vorkommende Schäden anzubieten, weil
dies wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Auf Seiten der Versicherungskunden spielt die
Risikoneigung und -tragfähigkeit eine Rolle: Manchmal bevorzugen es Konsumenten,
private Unternehmen und öffentliche Stellen, einen Teil der Risiken selbst zu tragen,
um Prämien zu sparen. Dies kann eine kostengünstigere Art des Risikomanagements
sein, als die maximale Deckung zu kaufen.
Unterversicherung ist gleichbedeutend
mit dem Erwerb einer Deckung, die unter
dem wirtschaftlich vorteilhaften Niveau
liegt.
Der Begriff Unterversicherung kann daher definiert werden als die Differenz zwischen
der Versicherungsdeckung, die wirtschaftlich vorteilhaft ist – diese kann eine
bewusst gewählte Selbstversicherung beinhalten– und der tatsächlich erworbenen
Versicherungsdeckung.2
Bei der Sachversicherung sind zwei
Hauptrisikobereiche zu betrachten: das
Risiko von Naturkatastrophen und
allgemeine Sachrisiken.
Die Deckungslücke bei Naturkatastrophen wird durch die Differenz
zwischen versicherten Schäden
und Gesamtschäden berechnet.
Vorgehen zur die Bestimmung der Unterversicherung
Dieser Bericht befasst sich mit zwei Hauptrisikobereichen im Zusammenhang mit
der Sachversicherung. Der erste Bereich umfasst das Risiko von Naturkatastrophen,
also Ereignisse wie Erdbeben, Überschwemmungen, Hurrikane und alle anderen
Naturgefahren, die oft schwere Schäden an Sachwerten verursachen oder gar
Menschenleben fordern. Der zweite Bereich sind die allgemeinen Sachrisiken wie
Brand, Wasserschaden, Betriebsunterbrechung, Einbruch usw.
Bei diesen vielfältigen Risikovariablen lässt sich das angemessene Versicherungsniveau nicht von einem rein theoretischen Standpunkt aus bestimmen. Dieser Bericht
verwendet vielmehr pragmatische Methoden, um den Umfang der Unterversicherung von Sachrisiken in der heutigen Welt zu bewerten. Zuerst wird die weltweite
Deckungslücke zwischen versicherten und nicht versicherten Sachschäden durch
Naturkatastrophen geschätzt. Naturkatastrophen machen einen grossen und deutlich sichtbaren Anteil an der weltweiten Unterversicherung aus. Die Deckungslücke
wird dabei anhand der Schäden in der Vergangenheit und mit Hilfe probabilistischer
Modelle der erwarteten Schäden geschätzt.
2 The Global Insurance Protection Gap – Assessment and Recommendations, The Geneva Association,
November 2014.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 3
Einleitung: Bestimmung der Unterversicherung globaler Sachrisiken
Mit einem Benchmarking- Ansatz wird
die Unterversicherung von allgemeinen
Sachrisiken bewertet.
Anhand der Durchdringung (Prämien in% des BIP) für Sachrisiken erfolgt danach
eine Schätzung der erwarteten (oder potenziellen) Versicherungsdurchdringung
jedes Landes, und zwar gestützt auf einen Best-Practice-Vergleich mit anderen
Ländern. Die erwartete Versicherungsdurchdringung wird dann mit der effektiven
Durchdringung verglichen, um daraus das Ausmass der Unterversicherung von allgemeinen Sachrisiken eines bestimmten Landes abzuleiten. Rechnet man schliesslich diese Unterversicherung jedes Landes zu der von Naturkatastrophenszenarien
bestimmten Deckungslücke hinzu, ergibt sich der geschätzte Umfang der globalen
Unterversicherung von Sachrisiken in der heutigen Welt. Oder anders gesagt:
die Deckungslücke der tatsächlich erworbenen Versicherung im Verhältnis zu demjenigen Betrag, der wirtschaftlich vorteilhaft wäre.
Anschliessend befasst sich die Studie mit den Ursache der Unterversicherung und
mit Wegen, diese Deckungslücke zu verringern.
Abbildung 1:
Bestimmung der Unterversicherung
von Sachrisiken
Deckungslücke bei Naturkatastrophen
Methode
Schäden in der
Vergangenheit
Geltungsbereich
Alle Naturgefahren
Schäden
Indikatoren
Probabilistische
Schadenmodelle
Benchmarking der
Sachversicherungsdurchdringung
Sturm, Überschwemmung, Alle Sachrisiken
Erdbeben
Erwartete Schäden
Prämien;
Schadenäquivalent
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
4 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Unterversicherung von
allgemeinen Sachrisiken
Wie gross ist die Deckungslücke bei
Naturkatastrophen?
In vielen Märkten besteht eine erhebliche
Deckungslücke bei Sachschäden durch
Naturkatastrophen.
Die Deckungslücke bei Naturkatastrophen hat sich in den letzten
40 Jahren stetig ausgeweitet.
Abbildung 2:
Schäden durch Naturkatastrophen:
versicherte gegenüber nicht versicherten
Schäden, 1975 bis 2014, in USD
Milliarden, zu Preisen von 2014
Weltweit besteht eine erhebliche Deckungslücke bei Sachschäden durch Naturkatastrophen. Gemäss den sigma-Daten von Swiss Re betrugen die wirtschaftlichen
Schäden durch Naturkatastrophen im letzten Jahrzehnt durchschnittlich rund USD
180 Milliarden pro Jahr. Davon waren 70% (USD 127 Milliarden oder USD 1,3 Billionen im gesamten Zehnjahreszeitraum) nicht versichert. Prospektive Daten von
Swiss Re Cat Perils bestätigen den Umfang der Unterversicherung von 70%, wenn
auch mit einer grossen Bandbreite bezüglich Gefahren und Regionen. Gestützt auf
prospektive Naturkatastrophenszenarien wird der gegenwärtig zu erwartende weltweite Gesamtschaden auf rund USD 217 Milliarden pro Jahr geschätzt. Dies bedeutet eine aktuelle Unterversicherung von rund USD 153 Milliarden.
Die weltweite Deckungslücke bei Naturkatastrophen hat in den letzten
40 Jahren stetig zugenommen
Die Deckungslücke bei Sachschäden durch alle Katastrophenereignisse hat im Laufe
der Zeit zugenommen. Abbildung 2 zeigt die versicherten und nicht versicherten
Schäden durch Naturkatastrophen zwischen 1975 und 2014. Der wirtschaftliche
Gesamtschaden entspricht der Summe der versicherten und nicht versicherten
Schäden.3 Wenn der wirtschaftliche Gesamtschaden durch Katastrophen weiter
steigt, nimmt auch die Deckungslücke bei Sachschäden zu. Es sei denn, es werden
Massnahmen zu einer deutlichen Erhöhung des Schutzes ergriffen, entweder durch
Versicherung oder durch Risikominderung.
450
400
350
300
250
200
150
100
50
0
1975
1980
1985
Nicht versicherte Schäden
Versicherte Schäden
1990
1995
2000
2005
2010
Gleitender Zehnjahresdurchschnitt
(versicherte Schäden)
Gleitender Zehnjahresdurchschnitt
(wirtschaftliche Schäden)
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting und Cat Perils
3 Der wirtschaftliche Gesamtschaden umfasst alle finanziellen Schäden, die direkt einem Ereignis
zugeordnet werden können, d. h. Schäden an Gebäuden, Infrastrukturen, Fahrzeugen usw. Der Begriff
beinhaltet auch Schäden infolge einer Betriebsunterbrechung als direkte Folge des Sachschadens.
Siehe sigma 2/2015, Natur- und Man-made-Katastrophen 2014, Swiss Re.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 5
Wie gross ist die Deckungslücke bei Naturkatastrophen?
Die Immobilienwerte nehmen zu, was
eine höhere Risikoexposition mit sich
bringt, ....
Durch die steigenden Immobilienwerte erhöhen sich die potenziellen Schäden. In
den USA steigt der Wert von Wohn-, Gewerbe- und Industrieimmobilien rascher an
als das BIP und die Inflation. Die versicherten Sachwerte erhöhten sich zwischen
2012 und 2014 um 9%. Insgesamt beträgt der Wert der in den USA versicherten
Immobilien heute mehr als USD 40 Billionen; und der Wert aller versicherten
Gebäude, einschliesslich ihres Inhalts, wird auf über USD 90 Billionen geschätzt.4
... insbesondere in Gegenden, die
Naturgefahren ausgesetzt sind.
Die Urbanisierung hat zu einer stärkeren Grundstücksentwicklung in Städten auf der
ganzen Welt geführt. Dadurch haben sich die Konzentration von Sachwerten und
somit auch die Risikoexposition weltweit erhöht. Besonders hoch ist diese Risikokumulation in Küstenstädten, die einem Hurrikanrisiko ausgesetzt sind. So machen die
Küstenregionen in New York, Florida und Texas fast USD 11 Billionen der Risikoexposition bzw. über 12% der Gesamtexposition in den USA aus.5 Auch in den Schwellenländern lässt der Urbanisierungstrend die Immobilienwerte deutlich ansteigen.
Die Deckungslücke in den letzten vier
Jahrzehnten auf 0,19% des weltweiten
BIP angestiegen, da die Risikoexposition
stärker zugenommen hat als die
Versicherungsdurchdringung.
Die Deckungslücke in % des BIP veranschaulicht, wie sich Katastrophenschäden auf
die Wirtschaft auswirken. Abbildung 3 stellt den Zehnjahresdurchschnitt der versicherten und nicht versicherten Naturkatastrophenschäden weltweit in % des weltweiten BIP in den letzten vier Jahrzehnten dar. Der wirtschaftliche Gesamtschaden
durch Naturkatastrophen hat sich von 0,09% (im Zeitraum von 1975 bis 1984) auf
0,27% (im Zeitraum von 2005 bis 2014) des BIP erhöht. Gleichzeitig hat der nicht
versicherte Anteil von 0,07 auf 0,19% des weltweiten BIP zugenommen.
Abbildung 3:
Versicherte und nicht versicherte
Naturkatastrophenschäden weltweit
in % des BIP, 1975 bis 2014
0,30%
Un
0,25%
Ins
0,20%
0,19%
0,15%
0,17%
0,10%
0,05%
0,00%
0,11%
0,07%
0,02%
1975–1984
0,05%
0,05%
1985–1994
1995–2004
Versicherte Schäden
0,08%
2005–2014
Nicht versicherte Schäden
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting und Cat Perils
4 Increasing Concentrations of Property Values and Catastrophe Risk in the US, Karen Clark & Co, April
2015.
5 Ibid.
6 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Erdbeben machen den grössten Teil der
nicht versicherten Schäden aus, gefolgt
von Überschwemmungen und Stürmen.
Die relative Bedeutung der drei weltweit grössten Naturgefahren – Stürme, Überschwemmungen und Erdbeben – in der Deckungslücke bei Naturkatastrophen
hat sich im Laufe der Zeit kaum verändert. Einzelne Ereignisse weisen erhebliche
Abweichungen bei den unversicherten Schäden auf, aber seit 1975 ist der durchschnittliche Anteil der unversicherten Schäden stabil geblieben bei rund 55% im
Fall von Stürmen, 86% bei Überschwemmungen und 90% bei Erdbeben.6
Abbildung 4:
Unversicherte Schäden durch
Naturkatastrophen in % der
wirtschaftlichen Schäden, nach
Regionen, 1975 bis 2014
100%
80%
60%
40%
20%
0%
Westeuropa
Stürme
NordAmerika
Japan
Ozeanien
Überschwemmungen
Asiatische Latin
Schwellen- Amerika
länder
Erdbeben
Bemerkung: basierend auf Ereignissen, deren versicherte und wirtschaftliche Schäden
bekannt waren und die USD 500 Millionen überstiegen (zu Preisen von 2014)
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Die Deckungslücke ist je nach Region ...
Der Anteil der unversicherten Sachschäden infolge von Naturkatastrophen ist je
nach Region unterschiedlich. In der Regel ist die Lücke in Industrieländern kleiner als
in Schwellenländern, wo 80 bis 100% der wirtschaftlichen Schäden nicht versichert
sind. Da der Wert der Immobilien in den Schwellenländern sich mit dem rasanten
Wirtschaftswachstum erhöht hat, hat der Anteil der Schwellenländer an der
Deckungslücke ebenfalls zugenommen.
... und Gefahr unterschiedlich.
Die Deckungslücke bei Sturmschäden liegt zwischen 51 und 65% des Gesamtschadens in reifen Märkten. Bei Überschwemmungen sind zwischen 59 und 87% der
Schäden nicht versichert. Bei Erdbeben ist die Spannweite noch höher: Sie reicht
von 21 bis 96% – und dies, obwohl verheerende Erdbeben seltener und geografisch
konzentrierter vorkommen als wetterbedingte Ereignisse, weshalb sie einfacher vorhersehbar sind und zu tieferen Jahresprämien versichert werden könnten. Seit 1975
gab es in Westeuropa elf Erdbeben mit wirtschaftlichen Schäden in Höhe von USD
500 Millionen oder mehr. Sie ereigneten sich alle in Italien oder Griechenland, also
in Ländern mit einer sehr tiefen Versicherungsdurchdringung.
6 Diese Darstellung weist alle Schäden einer Katastrophe der dominierenden Gefahr zu, da die verschiedenen Datenquellen keine Aufsplittung zulassen. So werden die Hochwasserschäden durch den Hurrikan
Katrina zur Kategorie Sturm gezählt.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 7
Wie gross ist die Deckungslücke bei Naturkatastrophen?
Die historische Sicht zeigt Vergangenheitstrends, sie erfasst aber nicht die
unterliegende Risikoexposition.
Welche Länder weisen die grösste Deckungslücke bei Naturkatastrophen auf?
Die rückwärtsgerichtete Sicht erlaubt eine erste nützliche Schätzung der Deckungslücke bei Sachschäden. Sie ist aber insofern eingeschränkt, als sie nicht das gesamte
unterliegende Risiko erfasst. Ereignisse mit geringer Wahrscheinlichkeit wie starke
Hurrikane oder Erdbeben treten vielleicht während mehreren Jahrzehnten nicht ein
und erscheinen somit auch nicht in den jüngsten historischen Daten. So gab es in
Florida in den letzten zehn Jahren keinen starken Hurrikan, aber das Risiko von Sachschäden durch Hurrikans ist dort dennoch sehr hoch.
Zudem können die Meldungen über die
wirtschaftlichen Schäden verzerrt sein.
Es gibt auch Einschränkungen in Bezug auf die Messung und Meldung von wirtschaftlichen Schäden. Die Schätzungen des wirtschaftlichen Gesamtschadens nach
einer Katastrophe stammen aus verschiedenen Quellen und können verzerrt sein.
Um beispielsweise Unterstützung von der Federal Emergency Management Agency
der USA zu erhalten, muss der Gouverneur eines Staates eine bundesstaatliche
Katastrophenerklärung für einen oder mehrere Bezirke beantragen, die vom USPräsidenten zu genehmigen ist. Dies verleitet dazu, höhere Zahlen, basierend auf
einer breiteren Definition der Schäden, zu nennen, um mehr Unterstützung von
aussen zu rechtfertigen.
Mittels Simulationen können die
erwarteten künftigen Schäden für
verschiedene Gefahrenarten modelliert
werden.
Deshalb wird die historische Sicht idealerweise mit einer modellierten prospektiven
Sicht ergänzt. MultiSNAP, das Naturkatastrophen-Risikomodell von Swiss Re, kann
die erwarteten Schadenverteilungen für die drei grössten Gefahren – Erdbeben,
Stürme und Überschwemmungen – ermitteln. Diese Wahrscheinlichkeiten lassen
sich, zusammen mit den geschätzten Marktportfolios verwenden, um den gesamten, den versicherten und den nicht versicherten Schaden pro Jahr, der durch die
einzelnen Gefahren in einem bestimmten Land verursacht wird, zu schätzen. Im Rahmen der Recherchen für diese Studie und gestützt auf diese Simulationen, wurden
die erwarteten Schäden in 30 ausgewählten Ländern berechnet (siehe Abbildung 5).
In absoluten Zahlen machen die USA,
Japan und China den Grossteil der
weltweiten Deckungslücke bei Naturkatastrophen aus.
In absoluten Zahlen machen die USA, Japan und China den grössten Anteil an der
weltweiten Deckungslücke aus. Hier betragen die erwarteten unversicherten Schäden
pro Jahr über USD 81 Milliarden (mehr als zwei Drittel der gesamten Deckungslücke
von USD 120 Milliarden in den Beispielländern). Das Erdbebenrisiko macht den
grössten Teil der Deckungslücke in den USA und in Japan aus, während das Überschwemmungsrisiko fast die Hälfte der erwarteten unversicherten Schäden in China
umfasst. Die Bedeutung dieser drei Länder in absoluten Zahlen beruht nicht nur auf
der natürlichen Exposition, sondern auch auf der Bevölkerungszahl, der Grösse des
Landes und den betroffenen Sachwerten.
8 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Abbildung 5:
Erwartete versicherte und nicht
versicherte Schäden durch
Naturkatastrophen
Jährlich erwartete Naturkatastrophenschäden
versichert
nicht versichert
USA
Japan
China
Mexiko
Italien
Taiwan
Türkei
Philippinen
Indonesien
Deutschland
Kanada
Indien
Chile
Niederlande
Brasilien
Grossbritannien
Frankreich
Australien
Kolumbien
Belgien
Schweiz
Portugal
Österreich
Israel
Hongkong
Neuseeland
Südafrika
Polen
Tschechische Rep.
Dänemark
25
Versichert:
Nicht versichert:
20
15
Erdbeben
Erdbeben
10
5
0
5
10
USD Milliarden
Hochwasser
Hochwasser
15
20
25
30
35
Sturmschäden
Sturmschäden
Bemerkung: Nähere Angaben zu den einzelnen Ländern sind im Anhang ersichtlich.
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting und Non-Life Risk Transformation
Die weltweite Deckungslücke
bei Naturkatastrophen wird auf
USD 153 Milliarden geschätzt.
Um die probabilistische Bewertung der weltweiten Deckungslücke bei Naturkatastrophen zu vervollständigen, sind die potenziell unversicherten Schäden der nicht
berücksichtigten Länder zu schätzen. Eine einfache Hochrechnung basierend auf
dem BIP 7 ergibt einen geschätzten Betrag der unversicherten Schäden weltweit von
USD 153 Milliarden pro Jahr. Diese Schätzung dient als Obergrenze für die gesamte
Deckungslücke bei Sachschäden durch Naturkatastrophen weltweit. Der modellierte wirtschaftliche Gesamtschaden schliesst einige öffentliche Infrastrukturen und
Gewerbeimmobilien mit ein, für die möglicherweise eine teilweise Selbstversicherung bevorzugt wird. Der Grossteil der modellierten Deckungslücke würde jedoch
nicht in diese Kategorie fallen und kann deshalb als Unterversicherung betrachtet
werden. Zudem sind Gefahren wie Hagel, Dürre, Tornados, Schlammlawinen und
Vulkanausbrüche im probabilistischen Modell nicht berücksichtigt, weshalb die
Deckungslücke grösser sein könnte.
7 Bei der Hochrechnung wurde der Anteil des weltweiten BIP im Verhältnis zum BIP der Summe der
modellierten Länder verwendet.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 9
Wie gross ist die Deckungslücke bei Naturkatastrophen?
Viele Länder könnten bei einem
schweren Erdbeben einen erheblichen
wirtschaftlichen Gesamtverlust im
Verhältnis zu ihrem BIP erleiden.
Abbildung 6:
Schadenszenario bei einem 250-JahresErdbeben, wirtschaftlicher Gesamtschaden in % des BIP
Welche Gefahren tragen besonders zur Deckungslücke bei Naturkatastrophen
bei?
Erdbeben
Viele Länder würden bei einem starken Erdbeben hohe Schäden erleiden. Abbildung
6 zeigt den erwarteten Schaden in % des BIP bei einem Erdbeben in einer Stärke,
wie es nur alle 250 Jahre erwartet wird (ein «250-Jahres-Erdbeben»). Obwohl dieser
Schaden in absoluten Zahlen in US-Dollar nicht der grösste ist, könnte ein solch
starkes Erdbeben in Ländern wie Taiwan, Chile, der Türkei und den Philippinen verheerende wirtschaftliche Folgen haben und einen erheblichen Anteil des Volksvermögens, einschliesslich der Industrieanlagen, vernichten.
14%
12%
10%
8%
6%
4%
2%
Südafrika
Deutschland
Indien
Australien
China
Belgien
Österreich
Kanada
Schweiz
USA
Portugal
Kolumbien
Israel
Italien
Indonesien
Mexiko
Neuseeland
Japan
Philippinen
Chile
Türkei
Taiwan
0%
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting und Non-Life Risk Transformation
Viele Länder mit einem hohen
Erdbebenrisiko weisen eine tiefe
Versicherungsdurchdringung auf.
Tabelle 1:
Versicherungsdurchdringung (Prämien
in % des BIP) in ausgewählten Ländern,
2014
Die Versicherungsdurchdringung ist in den Ländern mit hohem Erdbebenrisiko sehr
unterschiedlich, wie Tabelle 1 zeigt. So ist die Durchdringungsrate in Bezug auf Erdbebenschäden an Gewerbebauten in Chile und Neuseeland am höchsten, in Japan,
Kalifornien, Mexiko und in der Türkei dagegen bedeutend tiefer. Bei Wohnimmobilien ist die Versicherungsdurchdringung bei Erdbeben am höchsten in Neuseeland,
aber recht tief in anderen Hochrisikoländern wie Mexiko und Italien.
Chile
Neuseeland
Kalifornien
Mexiko
Japan
Türkei
Italien
Schadenund Unfallversicherer
Sachversicherung
Gewerbeimmobilien
1,43%
2,20%
2,90%
0,84%
1,83%
1,09%
1,89%
0,53%
1,30%
0,71%
0,14%
0,37%
0,23%
0,36%
0,48%
0,85%
0,32%
0,11%
0,16%
0,15%
0,17%
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
10 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Wohnimmobilien
Erdbebenschäden
an Gewerbeimmobilien
Erdbebenschäden
an Wohnimmobilien
0,05%
0,44%
0,39%
0,02%
0,20%
0,08%
0,19%
0,28%
0,22%
0,02%
0,03%
0,02%
0,03%
0,07%
0,03%
0,15%
0,04%
0,00%
0,05%
0,04%
0,01%
Eine obligatorische Erdbebendeckung
und eine Sensibilisierung für das
Erdbebenrisiko können zu einer höheren
Versicherungsdurchdringung führen.
Verschiedene Faktoren tragen zu den grossen Unterschieden bei der Versicherungsdurchdringung in den erdbebengefährdeten Regionen bei. In Neuseeland sind rund
90% aller Wohnimmobilien gegen Erdbebenschäden gedeckt, weil die Earthquake
Commission (EQC) den Einschluss einer Erdbebendeckung in den Feuerversicherungspolicen zwingend vorschreibt.8 Obligatorische Versicherungsprogramme werden manchmal durch Katastrophen ausgelöst. Ein Beispiel dafür ist die Gründung
der EQC nach einem starken Erdbeben im Jahr 1942. In der Türkei führte die Regierung nach den zwei grossen Erdbeben von 1999 die obligatorische Erdbebenversicherung für Wohnimmobilien innerhalb der Gemeindegrenzen ein. Insgesamt ist die
Deckung noch relativ gering, aber die Versicherungsdurchdringung dürfte mit der
zunehmenden Sensibilisierung ansteigen.
Einige Länder haben auch die Erdbebendeckung mit einer vorteilhaften
Versicherungsregulierung erhöht.
Regulatorische Unterstützung ist entscheidend für die Erdbebenversicherungsbranche.
In Chile, dem drittgrössten Sachversicherungsmarkt in Lateinamerika, hat ein
günstiges Regulierungsumfeld, das die Bildung von Schwankungsrückstellungen
vorschreibt, zu einer stärkeren Beteiligung internationaler Versicherer beigetragen.
Private Versicherungen sind dort ein wichtiger Bestandteil des Erdbebenrisikomanagements, insbesondere bei Gewerbeimmobilien.
Die Versicherungsdurchdringung kann
jedoch tief sein, wenn die Konsumenten
staatliche Unterstützung nach einer
Naturkatastrophe erwarten.
In Italien ist die Versicherungsdurchdringung hingegen tief. Obwohl sich hier in der
Vergangenheit immer wieder Katastrophen ereigneten, darunter mehrfache Erdbeben, sind nur wenige Wohnimmobilien gegen Erdbebenschäden versichert.
Bis heute ist die Katastrophenversicherung nicht obligatorisch. Nur rund 44% der
italienischen Immobilien in Privatbesitz sind überhaupt versichert, wobei erhebliche
Unterschiede zwischen Nord- und Süditalien bestehen. Schätzungen zufolge schliessen nur 3 bis 4% der bestehenden Feuerversicherungen eine Erdbebendeckung
ein.9 Die allgemeine Wahrnehmung ist, dass die Regierung nach einer Katastrophe
umfassende Hilfsmassnahmen, einschliesslich Sanierung und Wiederaufbau, anbieten wird. Somit haben Privatpersonen wenig Anreiz für den Kauf einer Versicherungsdeckung. Doch da die Staatshaushalte zunehmend unter Druck geraten, muss
sich die Wahrnehmung in Bezug auf die staatliche Unterstützung ändern.
Überschwemmungen sind die häufigsten
Katastrophenereignisse, und sie haben
an Intensität zugenommen.
Überschwemmungen
Hochwasser ist die am häufigsten auftretende Naturkatastrophe. In den letzten
20 Jahren ist die Zahl der registrierten Überschwemmungen stark angestiegen
(siehe Abbildung 7).10 Auch die Schwere der Überschwemmungen hat zugenommen, da die Immobilienwerte in exponierten Gebieten rasch ansteigen. Die Häufigkeit und die Schwere von Überschwemmungen werden durch verschiedene Faktoren verstärkt: Klimaveränderung, Abholzung, Trockenlegung von Sumpfgebieten,
Grundstücksentwicklung in exponierten Zonen und mangelnden Unterhalt der
Infrastruktur. Hinzu kommt, dass die rasche Urbanisierung (die in Schwellenregionen
besonders stark ist) und die wirtschaftliche Entwicklung die bestehende Infrastruktur
für das Hochwassermanagement in vielen Ländern einer Belastungsprobe unterziehen.
8 Weitere Informationen zu den obligatorischen Versicherungen: siehe Seite 34.
9 The natural catastrophe protection gap in Italy: time for action, Swiss Re, Juni 2015.
10Dabei handelt es sich um Ereignisse, die einen der folgenden Schwellenwerte überschreiten: 20 Tote
oder Vermisste, USD 48,8 Millionen unversicherte Schäden oder USD 97,6 Millionen wirtschaftlicher
Gesamtschaden. Sämtliche Schäden sind inflationsbereinigte Werte von 2014.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 11
Wie gross ist die Deckungslücke bei Naturkatastrophen?
Abbildung 7:
Zahl der schweren Überschwemmungen
weltweit, 1975 bis 2014
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
2010
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Das Risikobewusstsein im Hinblick auf
Überschwemmungen ist in der Regel tief,
obwohl das Hochwasserrisiko weit
verbreitet ist.
Wie bei Erdbeben ist der Grossteil des Risikos bei Überschwemmungen nicht versichert. Das Überschwemmungsrisiko wird oft unterschätzt, obwohl Überschwemmungen häufig vorkommen. Viele Bewohner sind sich nicht darüber bewusst, dass
auch an Orten, die nicht in Flussnähe liegen, erhebliche Sachschäden entstehen
können. Seltene, aber heftige Ereignisse wie starke Regenfälle können sich jederzeit
ereignen. So wie 2011, als die Überschwemmung in Kopenhagen einen Gesamtschaden von USD 1,1 Milliarde verursachte.
In der Regel ist das Risikobewusstsein
in Bezug auf Flussüberschwemmungen
am höchsten, aber diese Gefahr ist nicht
immer leicht zu versichern.
Generell besteht zwar ein Risikobewusstsein im Hinblick auf Flussüberschwemmungen, allerdings ist es schwierig, sich gegen diese Art von Gefahr zu versichern, weil
die Risikoexposition sehr asymmetrisch ist. So sind relativ kleine überbaute Gebiete
entlang von Flussufern einem hohen Überschwemmungsrisiko ausgesetzt, denn der
Fluss tritt hier alle 1 bis 20 Jahre über die Ufer. Urbane Gebieten, die weiter von
einem Fluss entfernt sind zwar viel weniger häufig von Überschwemmungen betroffen, dennoch können Schäden aus einem solchen Ereignis wegen der starken Konzentration der Immobilienwerte hoch ausfallen.
Die Überschwemmung in Thailand im
Jahr 2011 hat gezeigt, dass die
versicherten Schäden aus einem solchen
Ereignis so hoch sein können wie bei
einem Erdbeben.
Die Überschwemmung in Thailand im Jahr 2011 war das teuerste (nicht im Zusammenhang mit einem Hurrikan stehende) Hochwasserereignis in der Geschichte der
Versicherungswirtschaft. In der Liste der 40 teuersten Katastrophen gemäss der
sigma-Statistik belegt dieses Ereignis den elften Rang. Der versicherte Schaden
betrug USD 15 Milliarden, was mehr als dem Doppelten der gesamten Nichtlebenprämien Thailands entspricht. Dieser Fall hat gezeigt, dass versicherte Schäden
durch Überschwemmungen so hoch sein können wie Schäden durch ein Erdbeben
oder einen tropischen Wirbelsturm. Die Versicherungsdurchdringung hinsichtlich
Hochwasserschäden an Wohn- und kleinen Gewerbebauten in Thailand war mit
rund 1% sehr tief. Der wirtschaftliche Gesamtschaden wurde auf USD 46 Milliarden
geschätzt, und zwei Drittel der Schäden waren nicht versichert. Aufgrund der höheren Versicherungsdurchdringung bei grossen Gewerbeimmobilien entfiel der allergrösste Teil der versicherten Schäden auf Gewerbeversicherungen.
Einige Länder haben obligatorische
Versicherungsprogramme für
Überschwemmungsrisiken eingeführt.
In einigen Ländern wurden obligatorische staatliche Versicherungsprogramme eingeführt, um entsprechende Versicherungsabschlüsse zu fördern. In Westeuropa sind
dies Frankreich, Belgien, Dänemark, Island, Norwegen, Spanien und die Schweiz. In
den USA bietet das National Flood Insurance Program (NFIP) seit 1968 eine freiwillige Hochwasserversicherung über ein bundesstaatlich gestütztes Programm an.
Dieses Programm hat die Erschwinglichkeit verbessert, aber aufgrund von massiven
Sturmflutschäden ist es seit einiger Zeit finanziell nicht mehr tragbar. Die Vor- und
Nachteile von obligatorischen Programmen werden weiter unten erläutert.
12 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Von allen Hochwasserereignissen
verursachen Flussüberschwemmungen
die meisten Schäden.
Überschwemmungsrisiko: Eine vielschichtige Gefahr
Weltweit gesehen verursachen Flussüberschwemmungen die meisten Sachschäden.
Solche Ereignisse können dazu führen, dass Tausende von Quadratkilometern Land
für Wochen unter Wasser liegen. Sogar angrenzende Gebiete, die scheinbar unversehrt sind, können durch den steigenden Grundwasserspiegel beeinträchtigt werden.
Das Wasser kann in Keller einsickern und ganze Gebäude destabilisieren oder gar
zerstören.
Sintflutartige Regenfälle können
verheerende Überschwemmungen
verursachen – auch in Gegenden, die
weit von einem Fluss entfernt sind.
Die übliche Ursache der meisten Hochwasserereignisse sind heftige Regenfälle.
Kurze, aber heftige Niederschläge (sintflutartige Regenfälle) in einem kleinen Gebiet
können zu einer lokalen Ansammlung von Wasser und somit zu einer Überschwemmung führen. In Berggebieten ist das grösste Risiko eine Sturzflut. Diese ereignet
sich, wenn kleine Gewässer sehr rasch anschwellen und plötzliche Überschwemmungen verursachen, oft kombiniert mit Erosion und Schuttablagerungen. Ebenso
kann lockerer Boden mit Wasser gesättigt werden, wodurch sich zerstörerische
Schlammlawinen lösen können. Zudem können Dämme, Deiche und Abwasserkanäle, die gefährdete Grundstücke schützen sollen, selbst ein Überschwemmungsrisiko darstellen, wenn sie aufgrund extremer Wetterbedingungen oder wegen Konstruktionsmängeln brechen.
Küstengebiete sind auch einem
Überschwemmungsrisiko ausgesetzt, vor
allem in Regionen, in denen starke
Stürme oder Tsunamis auftreten.
Ein erhebliches Überschwemmungsrisiko besteht auch in Küstengebieten. Zu den
vielfältigen Ursachen gehören Spring- und Sturmfluten, Eisstaus, Lahars (vulkanische Schlammlawinen) und Tsunamis. Letztere kommen weniger häufig vor, sie sind
aber umso verheerender. Die Ursachen von Überschwemmungen sind von Region
zu Region unterschiedlich. In den USA, einer der Regionen mit dem höchsten
Hurrikanrisiko, sind rund 90% der versicherten Hochwasserschäden auf Sturmfluten
zurückzuführen. Flussüberschwemmungen machen hingegen nur einen kleinen Teil
aus.
Das Sturmrisiko ist in reifen Märkten
besser versichert als andere Gefahren,
da es in Standardfeuerversicherungen
eingeschlossen ist.
Einige Länder mit der grössten
Risikoexposition weisen eine tiefe
Versicherungsdurchdringung bei
Sachrisiken auf.
Stürme
Das Sturmrisiko ist häufiger versichert als das Erdbeben- und Überschwemmungsrisiko, denn es ist in der Regel in einer Standardfeuerversicherung abgedeckt – und
diese haben in den meisten reifen Märkten eine hohe Beteiligungsquote. In Schwellenländern hingegen sind immer noch 80 bis 90% der Windschäden unversichert, weil
Feuerversicherungen nicht weit verbreitet sind. In gefährdeten Gebieten kommen
zudem hohe Selbstbehalte zur Anwendung. So reichen die Selbstbehalte in hurrikangefährdeten Gebieten in den USA in der Regel von 1 bis 5% des Versicherungswerts.
In Gebieten mit besonders hohem Sturm- oder Hurrikanrisiko können sie bis zu 15%
betragen.
Viele Länder haben eine hohe Risikoexposition in Bezug auf Stürme. Die USA, China,
Japan, Taiwan, Mexiko, Grossbritannien und die Philippinen haben ein Schadenszenario bei einem Jahrhundertsturm von über USD 10 Milliarden. Die grösste Risikoexposition im Vergleich zur Grösse ihrer Wirtschaft weisen Taiwan, die Philippinen
und Hongkong auf, gefolgt von Mexiko. In allen diesen Märkten, die einem hohen
Sturmrisiko ausgesetzt sind, liegt die Versicherungsdurchdringung bei Sachrisiken
bei unter 0,2%.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 13
Wie gross ist die Deckungslücke bei Naturkatastrophen?
Abbildung 8:
Schadenszenario eines Jahrhundertsturms, wirtschaftlicher Gesamtschaden
in % des BIP, in ausgewählten Ländern
6%
5%
4%
3%
2%
1%
Indien
Deutschland
Schweiz
Österreich
Frankreich
Niederlande
Australien
China
Japan
Belgien
Dänemark
Grossbritannien
USA
Mexiko
Hongkong
Philippinen
Taiwan
0%
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting und Non-Life Risk Transformation
Von einem Hurrikan ausgelöste
Sturmfluten erhöhen das Schadenpotenzial bei Katastrophenereignissen.
Stürme stellen nicht nur wegen den Windschäden ein erhebliches Risiko dar, sondern
auch wegen den Hochwasserschäden durch Sturmfluten. Hurrikans sind für einige
der schwersten Hochwasserschäden verantwortlich. Für das NFIP in den USA waren
diejenigen Jahre am schlimmsten, in denen starke Hurrikane auftraten. In diesen
Jahren überstiegen die Forderungen die Prämieneinnahmen. Da Windschäden – im
Gegensatz zu Hochwasserschäden – in der Regel über eine herkömmliche Wohngebäudeversicherung gedeckt sind, haben Sturmflutschäden bei vielen Versicherten
für Verwirrung gesorgt und zu Rechtsstreitigkeiten über Schadenforderungen nach
einem starken Hurrikan geführt. Ausschlussklauseln bei Mitursächlichkeit, die eine
Deckung ausschliessen, wenn eine nicht gedeckte Ursache zum Schaden beiträgt,
könnte die Versicherten daran hindern, Forderungen für Windschäden geltend zu
machen, wenn sie nicht über eine Hochwasserversicherung verfügen. Das Thema
solcher Schadenforderungen erhält nach grossen Katastrophen oft viel Aufmerksamkeit in den Medien und schadet dem Ruf der Versicherungsindustrie.
Zum Teil bestehen staatlich geförderte
Windschadenpools, aber sie sind nicht
immer finanziell nachhaltig.
In einigen Gegenden unterstützen staatlich geführte Pools den Versicherungsmarkt
im Bereich der Sturmschäden, beispielsweise in Hochrisikostaaten wie Texas, Louisiana und Florida. Diese sollen vor allem in Hochrisikogebieten eine Versicherung
gegen extreme Schäden, die von den lokalen Behörden nicht bewältigt werden können, anbieten. Dies geschieht über eine Risikoteilung und ein staatliches Sicherheitsnetz. Solche Pools sind jedoch nicht immer finanziell nachhaltig, weil einerseits das
Risiko von extremen Hurrikanen zunimmt und andererseits der politische Druck von
Hochrisikobezirken mitunter dazu führt, dass die Preise unter dem versicherungsmathematisch fairen oder risikobasierten Niveau liegen. Durch die jüngsten Verluste sah
sich die Texas Windstorm Insurance Association veranlasst, eine Zwangsverwaltung
zu erwägen; und der Citizens-Pool von Florida überträgt zurzeit mehr Risiken in den
privaten Versicherungsmarkt.
14 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Die weltweite Unterdeckung in der
Sachversicherung
Die Sachversicherungsprämien betrugen
2014 weltweit USD 413 Milliarden.
Wie gross ist der Markt?
Die Sachversicherungsprämien betrugen 2014 weltweit rund USD 413 Milliarden,
dies entspricht 25% des gesamten Schaden- und Unfallversicherungsgeschäfts. Die
Industrieländer machten USD 353 Milliarden aus oder 86% der Sachversicherungsprämien weltweit.
Die USA sind der grösste Markt ...
Die USA sind bei Weitem der grösste Sachversicherungsmarkt mit einem Prämienvolumen von USD 176 Milliarden im Jahr 2014 bzw. 43% des Gesamtmarktes weltweit. Davon entfallen USD 82 Milliarden auf Wohnimmobilien und USD 94 Milliarden auf Gewerbebauten (einschliesslich landwirtschaftlicher Gebäude). Die USA
weisen auch die grösste Versicherungsdurchdringung bei Sachrisiken auf (Prämien:
1,0% des BIP). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die USA einem hohen Risiko von
Naturkatastrophen ausgesetzt sind und die US-Bürger und -Unternehmen eine hohe
Bereitschaft zum Kauf von Sachversicherungen zeigen. In Kanada beliefen sich die
Sachversicherungsprämien 2014 auf USD 16 Milliarden. Damit ist Kanada der
sechstgrösste Sachversicherungsmarkt weltweit. Die Versicherungsdurchdringung
war mit 0,90% ebenfalls hoch.
... während in Westeuropa die
Versicherungsdurchdringung bei
Sachrisiken von Land zu Land variiert.
Die grössten Sachversicherungsmärkte in Westeuropa sind Frankreich, Grossbritannien und Deutschland, gefolgt von Spanien, Italien und der Schweiz. Die Versicherungsdurchdringung ist sehr unterschiedlich und reicht von 0,36% in Italien bis zu
0,81% in der Schweiz. Diese Abweichungen lassen sich grösstenteils durch den
Umfang der obligatorischen Versicherung erklären. So ist in der Schweiz die Gebäudeversicherung in den meisten Kantonen obligatorisch. In Frankreich und Spanien ist
das Naturkatastrophenrisiko in einer obligatorischen Versicherung abgedeckt.11 In
Grossbritannien ist bei Immobilien, die über eine Hypothek finanziert werden, ein
umfassender Schutz gegen Sachrisiken erforderlich. In Italien ist hingegen eine hohe
Anzahl Wohn- und kleiner Gewerbeimmobilien vor allem im Süden nicht versichert.
Japan weist eine tiefe Versicherungsdurchdringung auf, obwohl das
Land einem hohen Risiko von Naturkatastrophen ausgesetzt ist.
Japan ist der fünftgrösste Sachversicherungsmarkt weltweit, mit einem Prämienvolumen von USD 16,9 Milliarden im Jahr 2014. Ein bedeutender Anteil der Sachversicherungen wird – ausser von der Gewerbeversicherungsbranche – von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit wie von Zenkyoren und Zenrosai angeboten.
Dennoch ist die Versicherungsdurchdringung bei Wohn- und Geschäftsimmobilien
angesichts des hohen Erdbeben- und Sturmrisikos in Japan mit 0,38% des BIP
relativ tief.
Die Schwellenländer machen einen
kleinen Anteil am weltweiten Prämienvolumen im Sachversicherungsbereich
aus. China ist der grösste Markt.
Der grösste Schwellenmarkt ist China, wo sich die Sachversicherungsprämien 2014
auf USD 12 Milliarden beliefen. Gleich darauf folgen Brasilien und Russland. Die
durchschnittliche Versicherungsdurchdringung bei Sachrisiken in den Schwellenländern beträgt 0,21% und liegt damit deutlich tiefer als in den Industrieländern
(0,77%). Die Spannbreite ist jedoch weit: von 0,07% in Indien bis 0,53% in Chile (aufgrund der für Hypothekeninhaber erforderlichen Erdbebenversicherung) und 0,88%
in Südafrika. In bevölkerungsstarken Ländern wie China, Indonesien und Indien ist
die Versicherungsdurchdringung tief. In Indien und Indonesien leben viele Menschen
in ländlichen Gebieten und haben einen beschränkten Zugang zu Versicherungen.
Aber auch in China, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung in städtischen Gebieten
lebt, ist die Nachfrage ebenfalls tief; die Versicherungsdurchdringung beträgt gerade
einmal 0,12%.
11 Die Sachversicherung (d. h. Feuerversicherung) selbst ist nicht zwingend, sie muss aber mit einer
entsprechenden Deckung von Naturgefahren abgeschlossen werden.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 15
Die weltweite Unterdeckung in der Sachversicherung
Tabelle 2:
Sachversicherung und BIP, 2014
Prämien und BIP (USD Milliarden)
Prozentuale Anteile
Rang
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Industrieländer
Vereinigte Staaten
Frankreich
Grossbritannien
Deutschland
Japan
Kanada
Australien
Spanien
Italien
Schweiz
Niederlande
Schweden
Belgien
Österreich
Dänemark
Schwellenländer
China
Brasilien
Russland
Südafrika
Polen
Türkei
Mexiko
Indien
Chile
Argentinien
Thailand
Tschechische Republik
Indonesien
Kolumbien
Philippinen
Welt
Sachversicherung
Total Schaden- und
Unfallversicherung*
BIP
Sachversicherung/
Total Schaden- und
Unfallversicherung
353
176.4
24.8
23.1
23.0
16.9
16.0
10.7
9.4
7.7
5.7
4.9
4.4
3.4
3.3
3.3
60
12.4
7.8
4.4
3.1
2.2
2.2
2.0
1.5
1.4
1.4
1.1
1.1
1.0
0.9
0.4
413
1 280
564
78
70
89
81
49
32
29
41
18
21
9
15
11
10
330
122
30
20
9
8
9
11
11
4
11
6
11
6
6
1
1 610
46 450
17 430
2 848
2 946
3 865
4 440
1 789
1 468
1 407
2 149
708
869
567
533
437
341
30 940
10 114
2 180
1 884
351
559
800
1 281
2 089
258
528
374
216
890
380
280
77 390
28%
31%
32%
33%
26%
21%
33%
33%
32%
19%
31%
24%
47%
23%
29%
32%
18%
10%
26%
22%
34%
28%
25%
19%
13%
37%
12%
19%
10%
17%
14%
32%
26%
Sachversicherung/BIP
0.76%
1.01%
0.87%
0.78%
0.60%
0.38%
0.90%
0.73%
0.67%
0.36%
0.81%
0.57%
0.77%
0.65%
0.76%
0.98%
0.19%
0.12%
0.36%
0.23%
0.88%
0.40%
0.27%
0.16%
0.07%
0.53%
0.26%
0.30%
0.49%
0.11%
0.23%
0.15%
0.53%
* Ohne Krankenversicherung.
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Naturkatastrophen sind Risiken mit
einer hohen Visibilität, aber eine
Unterversicherung ergibt sich auch aus
anderen Gefahren: den allgemeinen
Sachrisiken.
16 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Die wirtschaftliche Entwicklung bestimmt die allgemeine Versicherungsdurchdringung bei Sachrisiken
Naturkatastrophen machen einen Grossteil der Sachrisiken aus und erhalten die
grösste Aufmerksamkeit in den Medien. Eine Unterversicherung ergibt sich jedoch
auch aus weniger offensichtlichen, aber nicht weniger bedeutenden Ereignissen.
Im vorliegenden Bericht werden diese als allgemeine Sachrisiken bezeichnet. In den
Industrieländern ist die Unterversicherung von Nichtkatastrophenrisiken hauptsächlich auf nicht (oder schwer) versicherbare Risiken oder Unterbewertungen zurückzuführen. Diese können dazu führen, dass der Wert der versicherten Sachwerte tiefer
ist als der Wiederbeschaffungswert. In den Schwellenländern trägt insbesondere
die geringe Zahl der Versicherungsabschlüsse zur Unterversicherung bei. Da diese
nicht versicherten Schäden in den Statistiken nicht systematisch erfasst werden,
ist ein anderer Modellierungsansatz nötig. In diesem Zusammenhang werden die
wirtschaftlichen Einflussfaktoren der Versicherungsnachfrage betrachtet, um den
Umfang der Unterversicherung von allgemeinen Sachrisiken zu beurteilen.
Frühere Recherchen zeigen, dass das
Einkommen ein wichtiger Einflussfaktor
für die Versicherungsdurchdringung ist.
Die Versicherungsdurchdringung ist ein häufig verwendeter Indikator für die Versicherungsnachfrage. Sie wird als gebuchte Bruttoprämien in % des BIP ausgedrückt.
Empirische Analysen der Einflussfaktoren für die Versicherungsdurchdringung bei
Sachrisiken zeigen: Die unterschiedliche Nachfrage nach Sachversicherungen liegt
in der wirtschaftlichen Entwicklung begründet. Die Entwicklungsländer sind stärker
unterversichert. So waren weniger als 1% der geschätzten Schäden, die das Erdbeben in Nepal im Jahr 2015 verursacht hat, durch eine Versicherung gedeckt. Im
Gegensatz dazu waren bei der Erdbebenserie 2010/2011 in Neuseeland 73% der
Schäden gedeckt.
Wer über ein höheres Einkommen
verfügt, kann sich eher eine Versicherung
leisten.
Personen mit höherem Einkommen können sich im Durchschnitt eher eine Versicherung leisten und verfügen über mehr Vermögen, das sie schützen möchten. Die Versicherungsnachfrage erhöht sich mit dem BIP pro Kopf, in Abhängigkeit von anderen
Faktoren. Doch verschiedene BIP-Niveaus gehen mit verschiedenen Zuwachsraten
bei der Versicherungsdurchdringung einher. Dabei handelt es sich um die klassische
S-Kurve, die bei früheren Versicherungsdaten beobachtet wurde.
Die S-Kurve zeigt: Bei wachsendem
BIP pro Kopf nimmt die Versicherungsdurchdringung in Ländern mit mittleren
Einkommen am stärksten zu.
In Ländern mit hohem Einkommen beginnt die Versicherungsdurchdringung stagnieren in dem Ausmass, wie das BIP pro Kopf steigt. Die Durchdringungsrate steigt in
Schwellenländern mit mittlerem BIP pro Kopf viel stärker an. In diesen Märkten
nimmt die Versicherungsdurchdringung mit steigendem Einkommen und Wohlstand
am stärksten zu, nachdem das Niveau der untersten Mittelklasse erreicht worden ist.
Angesichts der rasch anwachsenden Mittelklasse in Schwellenländern – die zu
immer mehr Wohlstand und Reichtum kommt – zeigt die S-Kurve, dass die Möglichkeit zur Erhöhung der Versicherungsdurchdringung in Ländern mit mittlerem Einkommen am grössten ist.
Die Versicherungsdurchdringung
bei Sachrisiken korreliert nicht mit
den erwarteten Schäden durch
Naturkatastrophen.
Abbildung 9:
Versicherungsdurchdringung bei
Sachrisiken nach Ländern (2014)
gegenüber erwarteten Schäden
in % des BIP
Versicherungsdurchdringung und erwartete Schäden durch Naturkatastrophen
Eigentlich müsste ein hohes Naturkatastrophenrisiko die Versicherungsnachfrage
erhöhen, aber dieses Risiko korreliert nicht mit der Versicherungsdurchdringung
bei Sachrisiken, wie Abbildung 9 zeigt. Viele Schwellenländer, die einem hohen
Naturkatastrophenrisiko ausgesetzt sind, beispielsweise China, Indien, die Türkei,
die Philippinen und Thailand, weisen in der Tat eine unterdurchschnittliche Durchdringungsrate auf.
1,2%
Erwartete Katastrophenschäden in % des BIP
1,0%
0,8%
0,6%
0,4%
0,2%
0,0%
0,0%
0,2%
0,4%
0,6%
0,8%
1,0%
1,2%
1,4%
Sachversicherungsprämien in % des BIP
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 17
Die weltweite Unterdeckung in der Sachversicherung
Ein S-Kurven-Modell wurde verwendet,
um einen Best-Practice-Vergleich für
die Versicherungsdurchdringung bei
allgemeinen Sachrisiken zu bestimmen.
Die Best-Practice-S-Kurve zeigt höhere
Durchdringungsraten als die geschätzte
S-Kurve.
Tabelle 3:
Versicherungsdurchdringung bei
Sachrisiken (2014) gegenüber
Konsum pro Kopf
Bewertung der Unterversicherung von allgemeinen Sachrisiken
Anhand des S-Kurven-Modells wurde ein Best-Practice-Vergleich für die Versicherungsdurchdringung in 45 ausgewählten Ländern berechnet. Das Modell basiert auf
dem privaten Konsum pro Kopf. Dies ist die wirtschaftliche Grösse, bei der das Verhalten am stärksten mit der Versicherungsdurchdringung in den betrachteten Ländern
korreliert. Die modellierte Kurve stellt die durchschnittliche Beziehung zwischen
wirtschaftlicher Entwicklung und Versicherungsdurchdringung dar, aber die besser
versicherten Länder setzen den Massstab für eine gute Versicherungsabdeckung.
Als annäherungsweise, aber konservative Schätzung wurde für den Best-PracticeVergleich die Differenz zwischen dem obersten Quartil und dem Medianwert in
jedem der drei Konsumbereiche verwendet, um die S-Kurve auf ein höheres Niveau
zu bringen. Dieser Ansatz ergänzt die probabilistischen Modelle in Bezug auf Naturkatastrophen, die weiter oben erläutert wurden. Unterversicherung von Naturkatastrophenrisiken reduziert die Benchmark-Berechnungen und ist deshalb zusätzlich
zu diesen Ergebnissen zu berücksichtigen.
In den Schwellenländern ist die Bandbreite der Versicherungsdurchdringung grösser
als in den entwickelten Märkten. Deshalb wurde die Spannweite zwischen dem
obersten Quartil und dem Medianwert für Länder mit tiefem, mittlerem und hohem
Einkommen separat berechnet. Der Aufschlag für die Länder mit einem höheren
Konsum beträgt 0,08%, für Länder mit mittlerem Konsum 0,14% und für Länder mit
geringem Konsum 0,06%. Die modellierte Vergleichskurve wurde durch einen Aufschlagfaktor angehoben, der durch eine Glättung zwischen den für die drei Einkommensgruppen errechneten Spannweiten hergeleitet wurde. Siehe dazu die gestrichelte Kurve in Abbildung 10. Die Daten, die den Berechnungen zugrunde liegen,
sind in Tabelle 6 im Anhang ersichtlich.
Konsum pro Kopf (in USD)
Aktuelle Durchdringung
(Sachversicherungsprämien
in % des BIP)
Median
Oberstes
Quartil
Spannweite
Durchdringung
des modellierten
Vergleichs
Median;
in % des BIP
Deckungslücke in
USD Milliarden
Hoch (> 25 000)
0,76%
0,84%
0,08%
0,80%
18,1
Mittel (10 000–25 000)
0,36%
0,50%
0,14%
0,60%
29,4
Tief (< 10 000)
0,22%
0,28%
0,06%
0,28%
25,8
Insgesamt: 45 Länder
73,5
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Länder unterhalb der angehobenen
S-Kurve gelten als unterversichert.
18 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Alle Länder unterhalb der angehobenen S-Kurve gelten als unterversichert, und zwar
in einem Mass, das dem Differenz ihrer Durchdringung (angesichts ihres Konsumniveaus) zur neuen Kurve entspricht (siehe Abbildung 10). Im Fall der Niederlande
zeigt das S-Kurven-Modell beispielsweise eine modellierte Durchdringungsrate von
0,60% an. Mit einem Aufschlagfaktor von 0,13 beträgt die Durchdringungsrate des
modellierten Vergleichs 0,73%. Im Gegensatz zur eigentlichen Versicherungsdurchdringung bei Sachrisiken von 0,57% besteht eine Unterversicherung von 0,16% des
BIP oder USD 1,45 Milliarden.
Abbildung 10:
Versicherungsdurchdringung bei
Sachrisiken gegenüber Konsum
pro Kopf, nach Ländern, 2014
1,2%
Sachversicherungsprämien in % des BIP
1,0%
0,8%
Unterversicherung
0,6%
0,4%
0,2%
0,0%
1000
Beispieldaten
S-Kurve
10 000
Best-Practice-Vergleich
100 000
Konsum pro Kopf in USD 1000
logarithmische Skala
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Die weltweite Unterversicherung von
allgemeinen Sachrisiken wird auf USD
85 Milliarden geschätzt.
Rechnet man die Unterdeckungen in den Ländern unterhalb der angehobenen
S-Kurve zusammen, ergibt sich eine geschätzte Unterversicherung der allgemeinen
Sachrisiken in Höhe von USD 73 Milliarden in den 45 ausgewählten Ländern. Nach
einer Hochrechnung, um fehlende Länder zu berücksichtigen, steigt der globale
Schätzwert auf rund USD 85 Milliarden an12 – oder (mit einem mit der Deckungslücke bei Naturkatastrophen vergleichbaren Wert ausgedrückt) auf entsprechende
nicht bezahlte Schäden von rund USD 68 Milliarden.13 Die Länder, die im Verhältnis
zum BIP am stärksten unterversichert sind, sind diejenigen mit mittlerem Einkommen. Zu dieser Gruppe gehören viele wachstumsstarke Märkte, in denen eine rasch
wachsende Mittelklasse in den letzten 10 bis 20 Jahren zu erheblichem Wohlstand
gekommen ist. Doch das Kaufverhalten in diesen Versicherungsmärkten hinkt nach
wie vor hinterher. Dies lässt darauf schliessen, dass noch andere Hindernisse wie
Markteintrittshürden und ineffiziente Marktstrukturen zu überwinden sind.
Diese Methodik ist nicht perfekt, aber
mit ihr lässt sich die Unterversicherung
vernünftig einschätzen.
Es bestehen Doppelzählungen bei der Berechnung der Unterversicherung von
allgemeinen Sachrisiken, denn die Best-Practice-Durchdringung wird auch durch
überdurchschnittliche Versicherungsabschlüsse im Bereich der Naturkatastrophen
erhöht. Dies scheint jedoch insbesondere in Ländern mit tiefem und mittlerem Einkommen nicht systematisch der Fall zu sein. Ausserdem ist die Schätzung der Vergleichskurve konservativ. Anstatt die S-Kurve in jedem Konsumbereich auf die
höchste Durchdringungsrate anzuheben, wurde nur die tiefste Durchdringungsrate
vom obersten Quartil verwendet. Es besteht auch eine Unterversicherung im Hinblick auf Risiken, die weder von den probabilistischen Katastrophenmodellen noch
von der wirtschaftlichen Vergleichsbewertung erfasst werden. Einige dieser Risiken
mit beschränkter Versicherbarkeit werden ab Seite 30 besprochen. Daher scheint
dies eine vernünftige Schätzung der Unterversicherung von allgemeinen Sachrisiken
zu sein.
12 Bei der Hochrechnung wurde der Anteil des weltweiten BIP im Verhältnis zum BIP aller modellierten
Länder verwendet.
13 Um die modellierten Prämienberechnungen mit den Schadenschätzungen vergleichbar zu machen,
wurde ein Kostenzuschlag von 25% abgerechnet. Dieser ist tiefer als der übliche durchschnittliche
Kostenzuschlag der Schaden- und Unfallversicherer in den einzelnen Ländern, denn die Massnahmen zur
Schliessung der Deckungslücke bestehen in einer Kombination aus Neugeschäft (was mit höheren
Verwaltungskosten einhergeht) und einem Ausbau der bestehenden Deckungen (was mit geringeren
Mehraufwendungen einhergeht).
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 19
Die weltweite Unterdeckung in der Sachversicherung
Schätzungen zufolge beträgt die globale
Unterversicherung von Sachrisiken
insgesamt USD 221 Milliarden pro Jahr.
Tabelle 4:
Zusammenfassung der Schätzwerte
in Bezug auf Naturkatastrophen und
die allgemeine Unterversicherung
Rechnet man schliesslich die allgemeine Unterversicherung zu der von Naturkatastrophenszenarien bestimmten globalen Deckungslücke (USD 153 Milliarden) hinzu,
ergibt sich eine globale Unterversicherung von Sachrisiken in Höhe von insgesamt
USD 221 Milliarden. Siehe dazu auch länderspezifische Details im Anhang.
Deckungslücke
Berechnungsbasis
Deckungslücke bei
Naturkatastrophen
Unterversicherung von
allgemeinen Sachrisiken
Gesamte
Unterversicherung
Schaden
Prämien
Schadenäquivalent
Schaden
41
51
61
153
18
36
31
85
15
29
24
68
56
80
85
221
0,04%
0,20%
0,09%
0,11%
0,16%
0,56%
0,32%
0,36%
USD Milliarden
Hohe Einkommen
Mittlere Einkommen
Tiefe Einkommen
Total
% des BIP
Hohe Einkommen
Mittlere Einkommen
Tiefe Einkommen
Total
0,12%
0,36%
0,22%
0,25%
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
20 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Was bedeutet Unterversicherung ?
Es gibt vier Arten der Unterversicherung.
Ein Grossteil der Haushalte ist überhaupt
nicht versichert, vor allem in
Schwellenländern.
Analyse der Gründe für die Unterversicherung
Es gibt vier Arten der Unterversicherung, die verschiedene Lösungen bedingen, um
die Deckungslücke zu verringern oder zu schliessen: vollkommen unversichert, versichert, aber ohne Deckung bestimmter Risiken, versichert, aber mit Einschränkungen
bei den Versicherungsbedingungen sowie versichert, aber mit einer Unterbewertung.
Vollkommen unversicher
Potenzielle Kunden in dieser Gruppe erwerben überhaupt keine Sachversicherung,
weil sie entweder keine Kenntnis davon haben bzw. das Konzept der Versicherung
nicht verstehen oder weil sie denken, die Kosten einer Versicherung übersteigen
deren Nutzen. In vielen Schwellenländern liegt die Mehrheit der nicht versicherten
Risiken bei dieser Gruppe. Allen voran in China, einem der drei Länder mit der grössten gemessenen Deckungslücke bei Sachschäden.
Die Gruppe, die gar nicht versichert ist,
erwirbt eher eine Motorfahrzeug- oder
Feuerversicherung als eine Deckung des
Naturkatastrophenrisikos.
Die potenziellen Kunden dieser Gruppe benötigen massgeschneiderte Konzepte, um
sich vom Kauf einer Sachversicherung überzeugen zu lassen. Das Naturkatastrophenrisiko – insbesondere für sich alleine genommen – eignet sich kaum dazu, das allgemeine Konzept der Versicherung verständlicher zu machen. Denn diese Gefahr ist
in den Köpfen der Konsumenten mitunter weit entfernt. Vielmehr sollte der Schwerpunkt auf Risiken gesetzt werden, die bei diesen Konsumenten an erster Stelle stehen (beispielsweise Agrar-, Motorfahrzeug- oder Krankenversicherungen), bevor
über den Schutz von Wohneigentum gesprochen wird.
Die obligatorische Motorfahrzeughaftpflicht ist für Konsumenten, die zum
ersten Mal eine Versicherungsdeckung
erwerben, der Einstieg in die Welt der
Versicherungen.
Die obligatorische Motorfahrzeughaftpflicht hat sich in vielen Schwellenländern als
hilfreich erwiesen, um einen breit abgestützten Privatversicherungssektor zu entwickeln. Die Versicherungsgesellschaften haben Vertriebsnetze entwickelt, und Erfahrungen gewonnen im Underwriting von Massenrisiken und bei der Verwaltung von
Motorfahrzeugpolicen profitiert. Dies kann Chancen für Verbundverkäufe in anderen
Risikosegmenten, beispielsweise dem Sachversicherungsbereich, schaffen.
Die zweite Kategorie der Unterversicherung umfasst versicherte
Personen, bei denen bestimmte
Risiken nicht gedeckt sind.
Eine dritte Gruppe ist versichert, aber mit
Einschränkungen bei den Versicherungsbedingungen. Dazu gehören beispielsweise hohe Selbstbehalte, aufgrund derer
viele Schäden bei einem Katastrophenereignis nicht gedeckt sind.
Für diese Gruppe ist eine umfassendere
Deckung entweder nicht verfügbar oder
nicht erschwinglich.
Versichert, aber ohne Deckung bestimmter Risiken
Die versicherten Kunden dieser Gruppe haben in der Regel eine Feuerversicherung,
aber ihre Deckung schliesst gewisse Naturgefahren wie Überschwemmungen und
Erdbeben aus. Diese Gruppe unterscheidet sich insofern grundlegend von der ersten, als sie das Konzept der Versicherung versteht. Die Kunden sind sich aber vielleicht nicht darüber bewusst, dass bestimmte Risiken nicht gedeckt sind. Möglicherweise sehen sie auch zu wenig Nutzen in einer Naturkatastrophenversicherung, oder
eine solche Deckung ist schlicht und einfach nicht verfügbar. In diese Kategorie fallen die zwei grössten nicht versicherten Gefahren weltweit: Erdbeben in Japan und
Kalifornien. Weitere bedeutende Beispiele sind Überschwemmungen in den Niederlanden und in Kanada sowie Erdbeben und Überschwemmungen in Italien.
Versichert, aber mit Einschränkungen bei den Versicherungsbedingungen
In diesem Fall verfügen die Versicherten über eine Police, die Naturkatastrophen
abdeckt, aber es bestehen Deckungseinschränkungen, da vielleicht die Versicherbarkeit beschränkt ist. Beispiele sind Nebenrisiken eines Naturkatastrophenereignisses wie Betriebsunterbrechungen, Rückwirkungsschäden oder Einkommensverluste.
Diese Art der Unterversicherung trägt massgeblich zur allgemeinen Deckungslücke
bei.
In der Regel ist eine umfassendere Deckung entweder nicht verfügbar, oder sie
wird von vielen als unerschwinglich erachtet. Für diese Deckungslücke gibt es zwei
bedeutende Beispiele: In Kalifornien sehen die Policen der California Earthquake
Authority (CEA) einen Selbstbehalt von 10 oder 15% des Versicherungswerts vor.
Der Modellierung von Swiss Re zufolge wären, weil vorwiegend Teilschäden anfallen
würden, fast 50% der erwarteten Erdbebenschäden von den Versicherten zu tragen.
In Japan decken die Wohngebäudeversicherungen des japanischen Erdbebenversicherungsprogramms nur die Hälfte des Versicherungswerts.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 21
Was bedeutet Unterversicherung ?
Ein viertes Segment von unterversicherten
Personen ergibt sich aus der Unterbewertung von Immobilien ...
... weil diesen Personen das Bewusstsein
oder die nötigen Informationen fehlen
oder weil sie negative Ereignisse
verdrängen.
Die Risikowahrnehmung ist nicht
immer eine objektive Messgrösse
für das Katastrophenrisiko ...
Versichert, aber mit einer Unterbewertung
In diesem Fall sind die Risiken gedeckt und die Versicherungsbedingungen entsprechen dem gewünschten Deckungsumfang, aber die Bewertungsgrössen sind
zu tief angesetzt. Es gibt vielfältige Gründe für eine Unterbewertung von Wohnund Geschäftsimmobilien.
Mangelnde Informationen oder fehlendes Bewusstsein lassen sich durch spezifische
Informationskampagnen durch die Versicherer und/oder ihre Vertriebskanäle angehen. Trägheit und mangelnde Bereitschaft, sich mit negativen Ereignissen auseinanderzusetzen, lässt Produkten mit automatischen Summenanpassungen eine bedeutende Rolle zukommen. Dies ist vor allem in einem Umfeld mit hoher Inflation
wichtig.
Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung zum Erwerb einer
Sachversicherung?
Risikobewusstsein
In einer Gallup-Umfrage zur Risikowahrnehmung aus dem Jahr 2013 war ein Grossteil der Befragten in den meisten Ländern der Meinung, dass sich Naturkatastrophen
in 20 Jahren häufiger ereignen werden als heute.14 Dennoch ist die Korrelation zwischen der Risikowahrnehmung und dem effektivem Naturkatastrophenrisiko gering.
So bezeichneten nur wenige Befragte in Hongkong ihre Wohngegend als Hochrisikogebiet, im Gegensatz zu vielen Befragten in Italien. Paradoxerweise ist jedoch
Hongkong einem stärkeren Naturkatastrophenrisiko ausgesetzt als Italien.
... und kann nicht auf das Kaufverhalten
übertragen werden.
Eine starke Risikowahrnehmung führt nicht zwangsläufig zu Versicherungskäufen.
So gaben 68% der italienischen Umfrageteilnehmer an, ihre Wohngegend sei in der
Vergangenheit von einer grösseren Naturkatastrophe betroffen gewesen, und 59%
meinten, dass sich eine solche mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut ereignen könnte.
Doch nur 44% der privaten Wohnimmobilien in Italien sind versichert.15
Ein geringes Risikobewusstsein führt zu
Unterversicherung und tiefen
Investitionen in Massnahmen zur
Risikoprävention oder -minderung.
Wenn das Bewusstsein für wenig wahrscheinliche Ereignisse fehlt oder ihnen zu
wenig Bedeutung beigemessen wird, kann dies zu Unterversicherung und einer
mangelnden Vorbereitung auf solche Ereignisse beitragen. Recherchen in Bezug auf
das individuelle Verhalten während des Hurrikans Sandy in New York im Jahr 2012
haben beispielsweise gezeigt: Lediglich 37% der Hausbesitzer, die Schutzvorrichtungen besassen, brachten diese auch an. Zudem gaben nur 54% der Bewohner, deren
Haus weniger als einen Block von einem Gewässer entfernt ist, an, über eine Hochwasserversicherung zu verfügen.16 In Vancouver sind rund 60% der Wohngebäude
gegen Erdbeben versichert, in Montreal hingegen nur 4%, obwohl beide Städte
einem ähnlichen Erdbebenrisiko ausgesetzt sind.
Es ist erwiesen, dass die
Versicherungsnachfrage nach
Katastrophenereignissen ansteigt, nach
einer Weile aber wieder nachlässt.
Es ist erwiesen, dass die Versicherungsnachfrage auf Naturkatastrophen reagiert,
dieser Effekt mit der Zeit jedoch wieder nachlässt. Vielleicht weil die Erinnerung
an das Ereignis verblasst oder weil den Bewohnern, die neu in das Risikogebiet
gezogen sind, das Bewusstsein für solche Katastrophen fehlt. In den USA haben
Recherchen gezeigt, dass im Jahr nach einer Überschwemmung in den betroffenen
Bezirken deutlich mehr Hochwasserversicherungen abgeschlossen wurden, die
Abschlussraten aber im darauf folgenden Jahrzehnt stetig abnahmen und wieder
auf das Niveau vor der Katastrophe zurückgefallen sind.17
14 150 Years Swiss Re – Risk Perception Survey, The Gallup Organization Europe, 2013.
15 The natural catastrophe protection gap in Italy: time for action, Swiss Re, Juni 2015.
16Meyer, E., Baker, J., Broad, K., Czajkowski, J., und Orlove, B., The Dynamics of Hurricane Risk Perception:
Real-Time Evidence from the 2012 Atlantic Hurricane Season, Bulletin of the American Meteorological
Society, September 2014, S. 1389–1404.
17 Gallagher, J., Learning about an Infrequent Event: Evidence from Flood Insurance Take-Up in the United
States, American Economic Journal: Applied Economics, Juli 2014, S. 206–33.
22 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Das Versicherungswissen der Konsumenten ist entscheidend, wenn es darum geht,
die Versicherungsabschlüsse zu
unterstützen.
Auch gebildete Leute wissen oft nicht,
welche Deckung sie haben.
Für viele Versicherungskäufer ist bei
der Wahl der Police nicht die Deckung,
sondern der Preis entscheidend.
Die Erschwinglichkeit ist für einkommensschwache Haushalte und in Schwellenländern entscheidend.
Auch das Vertrauen der Konsumenten
in die Versicherungsanbieter ist
ein wichtiger Faktor bei der Kaufentscheidung.
Viele Länder haben staatliche Katastrophenhilfemodelle eingeführt ...
Kenntnis über Versicherungsprodukte und ihre Verfügbarkeit
Das Versicherungswissen der Konsumenten ist eine wichtige Grundlage, um eine
Kultur der Absicherung zu schaffen. Selbst gebildete Leute sind nicht unbedingt versiert in Finanzfragen, wie eine Umfrage in acht Ländern aus dem Jahr 2012 gezeigt
hat.18 Versicherungswissen erfordert ein Verständnis hinsichtlich spezifischer Komponenten einer Police, dazu gehören beispielsweise die Höhe der Versicherungssumme, das Prämienniveau und das Stellen von Schadenforderungen. Umfragen zeigen jedoch: Auch in Industrieländern kennen die Versicherungskunden ihre Deckung
oft nicht. Dieses fehlende Wissen kann bei komplexen Schadenereignissen wie einer
starken Sturmflut besonders problematisch sein, wenn die Police zwar Sturmschäden,
nicht aber Hochwasserschäden deckt.
Bei einer Umfrage unter australischen Hausbesitzern im Jahr 2013 zeigten sich viele
der Befragten unsicher hinsichtlich ihrer spezifischen Ausschlüsse. So wussten 45%
der Befragten nicht, ob ihre Police das Erdbebenrisiko deckt, und 37% waren unsicher, ob Hochwasserschäden gedeckt sind. Diese Unsicherheit bestand sogar in
Hochrisikogebieten: 23% der Hausbesitzer in bekannten Hochwasserzonen waren
sich nicht sicher über ihre Versicherungsdeckung. Unterversicherung scheint bei
jungen Menschen verbreiteter zu sein: 21% der Befragten zwischen 18 und 29 Jahren
erachteten eine Gebäudeversicherung ausserhalb von Hochrisikogebieten als unnötig, für 28% war eine Hausratversicherung in Wohngegenden mit tiefer Kriminalitätsrate verzichtbar.19
Erschwinglichkeit
Die Erschwinglichkeit einer Sachversicherung ist ein entscheidender Faktor bei der
Kaufentscheidung. Weltweite Konsumentenumfragen zeigen, dass die Hälfte der
Versicherungskäufer ihre endgültige Entscheidung für die eine oder andere Police
aufgrund des Preises fällt.20 Die Befragten wählen ihre Policen stets aufgrund der
Kosten und nicht aufgrund des Kriteriums einer angemessenen Deckung. Folglich
können hohe Prämien vor allem bei teuren Risiken einen wichtigen Faktor für die
Unterversicherung darstellen.
Die Erschwinglichkeit ist noch bedeutender in Schwellenländern, wo viele Konsumenten es nicht gewohnt sind, Versicherungen zu kaufen. Das Gleiche gilt für einkommensschwache Haushalte sowohl in Industrie- als auch in Schwellenländern.
Mit ihrem schmalen Budget müssten sie mitunter ihren Konsum in anderen Bereichen einschränken, um die Versicherungsprämien bezahlen zu können.
Vertrauen in die Versicherer
Immaterielle Faktoren auf Konsumentenseite spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Es hat sich gezeigt, dass das Vertrauen in die Versicherungsanbieter das Kaufverhalten der Konsumenten entscheidend beeinflusst. Der Konsument will nicht nur sicher
sein, einen fairen Preis zu bezahlen, sondern er möchte auch darauf vertrauen können, dass auf seine Schadenforderungen eingegangen wird. Gemäss einer weltweiten Umfrage vertrauen die Konsumenten den Versicherern weniger als Banken und
Einzelhändlern.21 Streitigkeiten rund um Schadenforderungen, die in den Medien
grosse Beachtung finden, können den Ruf der Versicherer infrage stellen. Dies hat
sich insbesondere auch nach Hurrikan Sandy in den USA deutlich gezeigt.
Vertrauen auf staatliche Hilfe als Ersatz für eine Versicherung
Die öffentliche Hand spielt seit jeher eine wichtige Rolle in der Katastrophenhilfe. So
wurden die meisten Schäden aus Naturkatastrophen in Italien nach dem jeweiligen
Ereignis vom Staat gedeckt.22 Auch die japanische Regierung übernahm 2011 den
Grossteil der Erdbebenschäden in Tohoku, ebenso wie die chinesische Regierung
nach dem Erdbeben in Sichuan von 2008 und die türkische Regierung nach dem
18 Dr. Olivia Mitchell on global financial literacy, State Street Corporation, 2013.
19 The Understand Insurance Research Report, Insurance Council of Australia, Oktober 2013.
20Global Insurance Survey, Ernst & Young, 2014.
21Global Consumer Insurance Survey, Ernst & Young, 2014.
22Siehe The natural catastrophe protection gap in Italy: time for action, Swiss Re, Juni 2015.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 23
Was bedeutet Unterversicherung ?
Erdbeben in Izmit von 1999. In Japan und Kanada bestehen klare Entschädigungszusagen des Staates für private Immobilien. Wenn die Erwartungen an die staatliche
Katastrophenhilfe hoch sind, bestehen weniger Anreize, eine Versicherung abzuschliessen, was zu einer Verdrängung von privaten Versicherungslösungen führt.
... die Verdrängungseffekte im Hinblick
auf die Nachfrage nach privaten
Versicherungen haben können.
Anhand von Daten des NFIP haben Kousky et al. (2013) herausgefunden, dass eine
Erhöhung der durchschnittlichen Beihilfen die durchschnittliche Versicherungsdeckung um einen Betrag reduziert, der höher ist als die Beihilfen; auf die Abschlussraten hatte dies jedoch keine Auswirkungen. Andererseits haben sie herausgefunden,
dass staatliche Darlehen sich nicht negativ auf die Versicherungsnachfrage auswirken. Diese könnten somit ein wirksameres politisches Instrument sein als Beihilfen.23
In der Regel ist es für Politiker einfacher
Katastrophenhilfe zu leisten als präventive
Massnahmen durch zu setzen, Die
Gesamtkosten können jedoch höher
ausfallen, wenn man bis nach dem Eintritt
einer Katastrophe wartet.
Anhand verschiedener Daten zu Naturkatastrophen, Staatsausgaben und Wahlergebnissen haben Healy und Malhotra (2009) gezeigt, dass das Wahlvolk die amtierende Regierungspartei für Katastrophenhilfeausgaben belohnt, nicht aber für Investitionen in Katastrophenschutzmassnahmen. Dieser Widerspruch führt zu einem
falschen Anreiz für die Beamten, sodass der Staat zu wenig in Katastrophenschutzmassnahmen investiert und so unter Umständen dem Gemeinwohl schadet. Healy
und Malhotra schätzen, dass Investitionen in Schutzmassnahmen um ein Vielfaches
mehr wert sind als die künftigen Schadenaufwendungen, die es damit zu vermindern gilt.24 Daraus lässt sich schliessen, dass es für die Regierungen effizienter wäre,
ihre Mittel auf eine wirksame Risikominderung zu konzentrieren und private Versicherungslösungen für die Finanzierung nach einer Katastrophe zu fördern, statt nach
einem tatsächlichen Katastrophenereignis Soforthilfe anzubieten.
Einfachheit beim Abschluss und die
Interaktion mit dem Versicherer sind
ebenfalls wichtige Faktoren für die
Kaufentscheidung des Konsumenten.
Die Bewertung von Sachwerten unter
dem Wiederbeschaffungswert führt zu
einer Unterversicherung.
Einfacher Erwerb von Versicherungsprodukten
Umfragen zeigen, dass auch Einfachheit beim Abschlussein wichtiger Faktor für das
Verhalten der Konsumenten beim Versicherungskauf sein kann. Laut einer kürzlich
durchgeführten weltweiten Umfrage wählen 50% der Konsumenten ihre Versicherungspolicen aufgrund der Kosten aus. Fast 30% der Befragten gaben die Häufigkeit
der Kommunikation mit ihrem Versicherer als wichtiges Kriterium an, während 30%
dem Service grosse Bedeutung beimessen.25 Man sagt, Versicherungen werden
«verkauft, nicht gekauft», ausser in Fällen, in denen der Staat oder die Bank eine
Deckung verlangt. Als abstraktes und nicht greifbares Konzept muss die Versicherung dem Kunden oft individuell erklärt werden.
Unterbewertung von versicherten Vermögenswerten
Unterbewertung trägt ebenfalls zur Unterversicherung bei. Werden Sachwerte unter
ihrem Wiederbeschaffungswert bewertet, decken die Versicherungen nicht den
gesamten Schaden. Unterbewertung kann sowohl bei Gewerbe- als auch bei Privatversicherungen vorkommen. Die Gründe dafür sind vielfältig: fehlende Bewertungsfähigkeit, mangelndes Bewusstsein in Bezug auf die Versicherungsdeckung oder
eine bewusste Unterbewertung, um Prämien zu sparen. Generell ist der «Versicherungswert» von Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen als Wiederbeschaffungswert
definiert. Jedoch verwenden in vielen Fällen die Risikomanager buchhalterische
Marktwerte oder Buchwerte statt der aktuell bewerteten Wiederbeschaffungswerte. Die Versicherer nutzen hingegen Datenbanken und Modelle von Bewertungsdiensten, um solche Unterbewertungen durch falsches Reporting abzuschwächen.
23Kousky, C., E. Michel-Kerjan und P. Rachky, Does federal disaster assistance crowd out private demand
for insurance?, Risk Management and Decision Processes Center, The Wharton School, University of
Pennsylvania, Working Paper #2013-10.
24Healy, A. und N. Malhotra, Myopic Voters and Natural Disaster Policy, American Political Science Review,
August 2009, S. 398–406.
25Global Consumer Insurance Survey, Ernst & Young, 2014.
24 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Gewerbeimmobilien können
selbst in den am besten entwickelten
Versicherungsmärkten deutlich
unterbewertet sein.
Gemäss einer Swiss Re vorliegenden, nicht-veröffentlichten Analyse von CoreLogic,
einer im Immobilien- und Finanzbewertungs täigen Firma, wurde für 2014 eine
Stichprobe von fast 630 000 Immobilien in den USA und in Kanada durchgeführt.
Diese hat ergeben, dass ein grosser Teil der Immobilien unter ihrem Wiederbeschaffungswert versichert ist. Die Daten zeigen, dass vor allem kleinere Gebäude eine grössere Bewertungslücke aufweisen. Immobilien mit einem Deckungslimit unter USD
20 Millionen (95% der Stichprobe) waren durchschnittlich um 26% unterbewertet;
Immobilien unter USD 5 Millionen (81% der Stichprobe) um 38%. Die stärkere Unterbewertung von kleineren Gebäuden ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass
der Buchwert anstatt des Wiederbeschaffungswerts verwendet wurde. Nach Nutzungsart der Immobilien waren Gebäude mit Mietwohnungen durchschnittlich um
14% und Gewerbe- und Industriebauten durchschnittlich um 25% unterbewertet.
Laut einer australischen Umfrage sind
über 80% der Wohnimmobilien
unterbewertet, oft aufgrund von
Versäumnissen der Hauseigentümer.
Auch Wohnimmobilien können deutlich unterbewertet sein. Die Unterbewertung
von privaten Immobilien kann auf ein mangelndes Bewusstsein der Hauseigentümer
zurückzuführen sein oder darauf, dass bei der Wahl der Police der Preis und nicht die
angemessene Deckung ausschlaggebend ist. Eine Umfrage unter australischen
Hauseigentümern hat 2013 ergeben, dass über 80% der Gebäude und deren Inhalt
unterversichert sind.26 In den meisten Fällen waren die Gebäude mitsamt Inhalt
gemäss der Bewertung der Hauseigentümer versichert, doch ein Drittel dieser Personen haben ihre Police nie aktualisiert, um Neuanschaffungen zu decken. Bis zu
25% der Befragten waren nicht sicher, was ihre Police deckt. Fast die Hälfte räumte
ein, die Versicherungsunterlagen nicht sorgfältig gelesen zu haben; und 10% gaben
zu, absichtlich einen tieferen Gebäudewert angegeben zu haben, um ihre Prämien
tief zu halten.
Je nach Ausgestaltung der Police
kann die Last der wirtschaftlichen
Unterbewertung entweder auf den
Versicherten oder den Versicherer
abgewälzt werden.
Je nach Wortlaut der Police kann die Last der Unterbewertung entweder auf den
Versicherten oder den Versicherer fallen. So sahen früher viele Versicherungsverträge in den USA eine Unterversicherungsklausel vor. Gemäss dieser wurden Schadenzahlungen proportional zur Differenz reduziert, wenn der Versicherungswert
einer Immobilie zum Zeitpunkt des Schadenereignisses tiefer war als der Realwert.
Unterbewertung führte zu geringeren Schadenzahlungen, so dass für den Versicherten ein Anreiz für eine korrekte Bewertung bestand. Die Unterversicherungsklausel
findet zwar in vielen Policen in anderen Ländern und bei kleineren Gewerbeimmobilien in den USA nach wie vor Anwendung, doch viele grosse Gesellschaften in den
USA kennen diese nicht mehr. Folglich müssen die Versicherer bei einer starken wirtschaftlichen Unterbewertung mit einem unerwarteten Schadenaufwand rechnen.
Nicht alle Risiken sind vollständig
versicherbar, weil nicht alle messbar
sind.
Risiken, die die Grenzen der Versicherbarkeit sprengen
Versicherbare Risiken haben Unfallschäden zur Folge, die in der Regel messbar sind
und deren Höchstschaden überschaubar sind. Die Prämiensätze sind sowohl für den
Versicherer als auch für den Versicherten annehmbar, und es besteht eine genügend
hohe Versicherungskapazität zur Deckung der Risiken. Für die (Rück-)Versicherer ist
es schwierig, Haushalten und Unternehmen eine ausreichende und erschwingliche
Deckung für Risiken anzubieten, die ein hohes Serienschadenpotenzial aufweisen
und deren Wahrscheinlichkeit schwer zu beurteilen ist. Zu diesen Risiken gehören
Naturkatastrophen wie Flussüberschwemmungen (hohe Wahrscheinlichkeit von
Serienschäden in risikoreichen Gegenden) und Erdbeben (sehr seltene Ereignisse,
ebenfalls hohe Wahrscheinlichkeit von Serienschäden). Es gibt aber auch
Man-made-Risiken, die die Grenzen der Versicherbarkeit sprengen.
26The Understand Insurance Research Report, Insurance Council of Australia, Oktober 2013.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 25
Was bedeutet Unterversicherung ?
Dem Terrorismusrisiko fehlen viele
Eigenschaften, die es versicherbar
machen würden.
Terrorismusrisiko: Schwierig zu bewerten und zu versichern
Terrorismus ist ein bekanntes Beispiel eines Risikos, das die Kriterien der Versicherbarkeit nicht erfüllt. Es fehlen sowohl Vergangenheits- als auch Simulationsdaten für
dieses Risiko. Die bestehenden Daten werden von Nachrichtendiensten hauptsächlich als geheim eingestuft. Zudem könnte jeder Versuch, solche Daten zu deklassifizieren, also deren Geheimhaltung aufzuheben, und sie in privaten Märkten zu modellieren, Terroristen zu bewussten Anschlägen veranlassen, um noch unvorhersehbarer
zu sein.
Terrorismusdeckungen sind unter freien
Marktbedingungen nicht sehr verbreitet.
Obwohl für die meisten Versicherten eine Terrorismusdeckung in der Regel verfügbar ist, ist sie unter freien Marktbedingungen nicht weit verbreitet. Sie wird generell
vom privaten Sektor bereitgestellt, und zwar mit staatlicher Unterstützung. Da das
Terrorismusrisiko viele Eigenschaften aufweist, die es schwer versicherbar machen,
begrenzen die Versicherer ihre Risikoexposition. Das daraus resultierende begrenzte
Versicherungsangebot hat zur Folge, dass eine solche Deckung für einige Versicherte
entweder gar nicht zur Verfügung stünde oder unerschwinglich wäre.
Die Zahl der von Unternehmen
abgeschlossenen Terrorismusversicherungen ist je nach Standort
und Art der Unternehmen sehr
unterschiedlich.
Die Zahl der von Unternehmen abgeschlossenen Terrorismusversicherungen ist je
nach Branche, Unternehmensgrösse und Standort sehr unterschiedlich. So dürften
Unternehmen in Städten, in denen das Risiko von Terroranschlägen als relativ hoch
eingestuft wird, eher eine Terrorismusversicherung nachfragen. Dies schafft ein
potenzielles Kumulrisiko für private Versicherer. In den USA reichten die Abschlussraten 2012 von 42% im Chemiesektor bis zu 81% in der Medienbranche und von 57%
im Westen bis zu 74% im Nordosten.27 Die durchschnittlichen Abschlussraten
nahmen ausgehend von 27% im Jahr 2003 (dem ersten Jahr nach Inkrafttreten
des Terrorism Risk Insurance Act) stetig zu, bis 2009 ein stabiles Niveau zwischen
60 und 64% erreicht wurde.28
Betriebsunterbrechungen gehören zu
den Risiken, die dem Management am
meisten Sorgen bereiten.
Eine Deckung für Rückwirkungsschäden
und damit zusammenhängende Risiken
kann einen gewissen Schutz gegen
Schäden in der Lieferkette bieten.
Beschränkte Versicherbarkeit des Lieferkettenrisikos sowie von Betriebsunterbrechungen
Laut der Global-Risk-Management-Umfrage von Aon aus dem Jahr 2015 liegen
Betriebsunterbrechungen auf Rang sieben der Risiken, die den Managern am meisten Sorgen bereiten. In der Chemie- und in der Versorgungsbranche, die aufgrund
der volatilen Natur ihres Geschäfts anfällig für Unfälle und Unterbrechungen sind,
stuft das Management Betriebsunterbrechungen als zweitgrösstes Risiko ein. Im
Nahen Osten und in Afrika – den Regionen, in denen das politische Risiko am höchsten ist – nennen die Befragten das Betriebsunterbrechungsrisiko als viertgrösstes
Risiko.29
Gewisse Lieferkettenrisiken sind zumindest teilweise durch eine Versicherung gegen
Rückwirkungsschaden («contingent business interruption», CBI) und zugehörige
Deckungen wie Serviceunterbrechungen, Stromausfall ausserhalb der Geschäftsräumlichkeiten, dazugehörige Mehrkosten oder Zugangsverweigerung versichert.
In den meisten Ländern sind diese Deckungen in beschränktem Umfang in den
üblichen Sachversicherungspolicen eingeschlossen. Die CBI-Versicherung deckt
mögliche Betriebsunterbrechungen und Sonderaufwendungen des Versicherten, verursacht durch physische Schäden oder Verluste am Standort eines wichtigen Lieferanten von Produkten und Dienstleistungen oder eines Empfängers von Waren und
Dienstleistungen (also eines wichtigen Kunden). Das Erdbeben im japanischen
Tohoku und die Überschwemmungen in Thailand von 2011 führten zu erheblichen
Schadenforderungen grösserer Unternehmen infolge von Betriebsunterbrechungen,
die durch Schäden bei wichtigen Lieferanten bedingt waren. Diese Schadenforderungen unterstreichen die Notwendigkeit, das Kumulationspotenzial von CBI-Risiken, insbesondere als Folge von Naturkatastrophen, besser zu verstehen und zu kontrollieren.
27Terrorism Risk Insurance, Marsh & McLennan Companies, 18. September 2013.
282014 Terrorism Risk Insurance Report, Marsh Risk Management Research, April 2014.
29Global Risk Management Report, Aon, 2005.
26 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Das CBI-Risiko liegt in der Regel
ausserhalb des Einflussbereichs des
Versicherten, und sowohl Natur- als
auch Man-made-Katastrophen können
globale Schäden verursachen.
Die CBI-Versicherung deckt Risiken des Versicherten, die durch die Risikoexposition
eines Dritten bedingt sind. Diese Risiken liegen in der Regel ausserhalb des Einflussbereichs des Versicherten. Wie sich in Japan und Thailand gezeigt hat, ziehen Rückwirkungsschäden infolge einer Naturkatastrophe eine grosse Anzahl von Lieferanten
und Kunden in Mitleidenschaft, wodurch Schäden in der ganzen Welt entstehen.
In der Vergangenheit ging die Versicherungsindustrie davon aus, dass Man-madeSchäden im Zusammenhang mit Rückwirkungsschäden in der Regel eine kleine
Anzahl Lieferanten oder Kunden betreffen. Doch 2012 machten die Brand- und
Explosionsschäden im deutschen Chemiekonzern Evonik Industries, die zu massiven
Betriebsstörungen in der weltweiten Automobilbranche führten, deutlich, dass ein
isoliertes Man-made-Ereignis versicherte Schäden auf der ganzen Welt verursachen
und sich auf zahlreiche Branchen auswirken kann.
Eine CBI-Deckung ist kein Ersatz für das
Risikomanagement in der Lieferkette.
Einige wichtige Lieferkettenrisiken sind gegebenenfalls nicht durch die CBI-Versicherung gedeckt. Die CBI-Versicherung deckt keine immateriellen oder indirekten Schäden
wie Reputationsverlust, Verlust von Kunden, IT-Ausfälle zwischen wichtigen Lieferanten und Kunden oder den finanziellen Ausfall eines Lieferanten oder Kunden.
Momentan wird darüber diskutiert, ob die Versicherer eine umfassendere Form der
CBI-Versicherung, die auch immaterielle Schäden deckt, anbieten sollen. Bisher
haben sich die Versicherten jedoch zurückhaltend gezeigt, wenn es darum ging, die
Lieferketten transparenter zu gestalten, um die komplexen Risiken für die Versicherer
verständlicher zu machen. Zudem sind die Versicherten nur beschränkt bereit, für
die umfassendere Deckung eine höhere Prämie zu bezahlen. Schliesslich beträgt
die Versicherungssumme bei einem Rückwirkungsschaden oder bei Mehrkosten –
angesichts fehlender Risikodaten sowie mangelnder Transparenz (und somit einer
beschränkten Versicherbarkeit) – in der Regel nur einen Bruchteil der Versicherungssumme bei Betriebsunterbrechungen, die für andere Schäden an versicherten Sachwerten angeboten wird. Sie reicht mitunter nicht aus, um das grösste Schadenpotenzial zu decken.
Die Kosten der Internetkriminalität
werden weltweit auf USD 375 bis
575 Milliarden pro Jahr geschätzt.
Europäische und asiatische Firmen sind
eher über das Betriebsunterbrechungsrisiko infolge von Internetangriffen
besorgt, während sich US-Firmen mehr
um die Internethaftpflicht Gedanken
machen.
Internetrisiken sind komplex und verbreiten sich rasant
In jüngster Zeit haben Internetangriffe ebenso zugenommen wie das öffentliche
Bewusstsein für solche Risiken. Laut der Global-Risk-Management-Umfrage von Aon
aus dem Jahr 2015 nimmt das Internetrisiko bei den Risiken, die den Unternehmen
weltweit am meisten Sorgen machen, den neunten Rang ein. Die Kosten der Internetkriminalität werden weltweit auf USD 375 bis 575 Milliarden pro Jahr geschätzt.
Die durchschnittlich benötigte Zeit, um einen Internetangriff abzuwehren, ist von
32 Tagen im Jahr 2013 auf 45 Tage im letzten Jahr angestiegen.30
Bei der Deckung von Internetrisiken bestehen erhebliche regionale Unterschiede.
In den USA treibt das System der Sammelklagen die Nachfrage nach Haftpflichtversicherungen an. Europäische und asiatische Unternehmen fürchten hingegen eher
das direkte Risiko von Datenschutzverletzungen. Dazu gehören Reputationsschäden
sowie die Kosten, die durch Betriebsunterbrechungen und die Wiederherstellung
von Daten verursacht werden.
30Net Losses: Estimating the Global Cost of Cybercrime, McAfee, Juni 2014.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 27
Was bedeutet Unterversicherung ?
Eine wichtige Herausforderung besteht
darin, eine Versicherung zu entwickeln,
die physische Schäden durch
Internetangriffe deckt.
Eine aktuelle Herausforderung besteht darin, Produkte für operative Risiken aus
Internetangriffen zu entwickeln, die sowohl immaterielle als auch physische Schäden aus Betriebsunterbrechungen decken. Bisher haben sich die Internetversicherungen auf Datensicherheits- und Geheimhaltungsrisiken von Drittparteien konzentriert, die eine sehr beschränkte Deckung des Erstversicherten bieten. Die Policen
beschränken sich auf die Deckung von immateriellen Schäden aus Betriebsunterbrechungen, beispielsweise Netzwerkausfälle. Die umfassenderen operativen Risiken
aus Internetangriffen und die bereits erwähnten Schwachstellen in der Lieferketten
wirken sich auf die aktuelle und zukünftige Produktentwicklung aus.
Die Grenzen der Versicherbarkeit können
sich mit der Zeit ändern. Verbesserte
Modellierung bietet die Möglichkeit, die
Versicherbarkeit zu erhöhen, während
Änderungen im Risiko sie verringern
können.
Was im Markt versicherbar ist, kann sich mit der Zeit ändern. Der SONAR-Bericht
von Swiss Re listet beispielsweise eine Reihe neuer Risiken auf, die wahrscheinlich
an Bedeutung gewinnen werden und wohl noch nicht ausreichend versicherbar
sind.31 Die Anwendung hoch entwickelter Datenanalysen kann helfen, einige dieser
Einschränkungen beim Underwritingzu überwinden, indem Informationslücken
geschlossen werden. Wenn allerdings ein versichertes Risiko in seiner Häufigkeit
und Schwere unerwartet stark zunimmt, können die zusätzlichen Schäden erheblich
sein und sogar die finanzielle Stabilität eines Versicherers gefährden. In einem solchen Fall kann ein Risiko, das bisher als versicherbar galt, in Zukunft nur schwer oder
gar nicht versicherbar sein. Ein Beispiel dafür ist das Terrorismusrisiko.
31SONAR: New emerging risk insights, Swiss Re, Mai 2015.
28 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Umgang mit Unterversicherung
Die wirksamsten Massnahmen zur
Schliessung der Deckungslücke
gehen auf die Ursachen der
jeweiligen Unterversicherung ein.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, einer Unterversicherung zu begegnen und die
Deckungslücke bei Sachrisiken zu schliessen. Die wirksamsten Massnahmen gehen
auf die Ursachen der jeweiligen Unterversicherung ein. Dieser Abschnitt beschreibt
einige der Möglichkeiten, eine Unterversicherung in verschiedenen Situationen zu
verringern.32
Tabelle 5:
Massnahmen, welche die
Risikominderung fördern oder
die Versicherbarkeit erhöhen
Ziele
Massnahmen
Erschwinglichkeit der
Deckung
Produktinnovation
Mikroversicherung
Indexversicherung
Produktbündelung
Neue Technologien und Vertriebsinnovation
Festlegung der Regeln im Versicherungsmarkt
durch den Staat
Entwicklung des Takaful-Sektors
Risikominderung, Baustandards und Zonenordnung
Obligatorische Versicherungsprogramme
Staatsdeckungen für nicht vollständig versicherbare
Risiken
Staatliche Versicherungsprogramme
Verbesserte
Produktgestaltung
Agenten
Besserer
Zugang und
Vertrieb
Versicherungsindustrie
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
Staat
Öffentlichprivate Partnerschaften
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Die Schliessung der Deckungslücke
erfordert eine Beteiligung des privaten
und des öffentlichen Sektors.
Wenn das Katastrophenrisiko wirksam verringert und finanziert werden soll, müssen
sich der private und der öffentliche Sektor zusammenschliessen. Der öffentliche
Sektor spielt eine wichtige Rolle für die Bereitstellung eines rechtlichen und regulatorischen Rahmens, der die Entwicklung eines privaten Versicherungssektors ermöglicht, während die privaten Versicherer aufgerufen sind, angemessene Risikotransferlösungen zu entwickeln, um diese Risiken wirksam zu absorbieren und zu managen.
Länder mit einem gut entwickelten
Versicherungsmarkt benötigen kaum
staatliche Finanzierungshilfe beim
Risikotransfer.
In Industrieländern mit einem funktionierenden Versicherungsmarkt ist es kaum
nötig, dass der Staat das Naturkatastrophenrisiko aktiv absorbiert. In Ländern, in
denen der Versicherungsmarkt noch ungenügend entwickelt ist, muss der Staat
eventuell eine aktivere Rolle in der Bereitstellung des Risikotransfers einnehmen.
Ausserdem haben die Regierungen allen Grund, ihre Quellen für die Katastrophenfinanzierung zu diversifizieren und nicht nur auf die weit verbreitete Ex-post-Finanzierung zu setzen, sondern auch auf Vorfinanzierungsinstrumente zurückzugreifen.
Der Staat spielt jedoch eine wichtige
Rolle bei der Risikominderung, zum
Beispiel durch die Vorgabe von
Baustandards.
Die Regierungen spielen eine wichtige Rolle bei der Risikominderung, indem sie
Standards einführen und umsetzen, wie etwa Vorschriften für katastrophensicheres
Bauen oder Hochwasserschutzmassnahmen, und indem sie Risikodaten bereitstellen,
beispielsweise eine Hochwasserkartierung. Mit einer risikobasierten Preisgestaltung
kann die Versicherungsbranche Anreize zur Risikominderung schaffen.
32Siehe auch Underinsurance: How to close the gap, The Geneva Association, Mai 2014.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 29
Umgang mit Unterversicherung
Produktinnovation kann neue Bereiche
der Versicherbarkeit hervorbringen,
beispielsweise für Hochwasser ...
Produktinnovation
Produktinnovation schafft neue Versicherungsmärkte. In den USA haben Lücken
in der staatlich unterstützten Hochwasserdeckung Chancen für Produktinnovation
eröffnet. So hat National Flood Services, ein Geschäftsbereich des Privatversicherers
Affinity Insurance Services, im Juni 2015 private Hochwasserversicherungen als
Alternative zum NFIP eingeführt. Dazu gehören höhere Versicherungssummen und
geringere Anforderungen für das Underwriting sowie Produkte zur Ergänzung der
NFIP-Deckung.33 Solche neuen Produkte könnten massgebend sein für die Befriedigung der Nachfrage in Bereichen, die durch die bestehenden Programme nicht
abgedeckt sind.
... und Erdbebenrisiken.
Ein weiteres Beispiel der Produktinnovation besteht im Bereich des Erdbebenrisikos.
Weltweit gab es immer wieder Innovationen, um dem Katastrophenrisiko in Hypothekenportfolios wirksamer zu begegnen. Dennoch sind die meisten Wohnimmobilien nicht gegen Erdbebenschäden versichert. Bei einem grossen Schadenereignis
wären viele Hauseigentümer nicht in der Lage, den entstandenen Schaden zu tragen. Sie könnten zudem ihre Hypothek nicht mehr bezahlen. Infolgedessen wird ein
Grossteil des weltweiten Risikos von Erdbebenschäden an Wohnimmobilien effektiv
von Hypothekengebern wie Banken getragen. Diese sind in der Regel ebenfalls nicht
gegen dieses Risiko versichert. Wenn nun statt den Hausbesitzern den Hypothekengebern eine Erdbebendeckung bereitgestellt wird, kann dies Zusatzgeschäft generieren und die Deckungslücke bei Naturkatastrohen verringern.
Internetdeckungen können nun einen
Schutz gegen Sachschäden und
Rückwirkungsschäden einschliessen.
Die Versicherer beginnen, umfassendere Internetdeckungen anzubieten. Dazu
gehört auch die Deckung von Sachschäden und Rückwirkungsschäden. Zudem
erweitern sie für Kunden den Zugang zu Dienstleistungen im Bereich der Schadenkontrolle, darunter Risikobewertungsinstrumente, Beratung bei Vertragsverletzungen
und Unterstützung bei der Bewältigung von Versicherungsfällen.34
Innovation ist auch nötig im Hinblick auf
die Policenbedingungen. Ein einfacher
Wortlaut erleichtert die Kommunikation
mit dem Kunden.
Innovation ist nicht nur bei den Produkten nötig, sondern auch bei den Policenbedingungen. Eine Vereinfachung ist wichtig, damit die Versicherer ihre Kunden erreichen
und mit ihnen kommunizieren können. Dabei ist die Produktintegrität zu wahren, und
die Policenbestimmungen müssen weiterhin präzise formuliert werden.
Bei der Mikroversicherung sind die
Produktgestaltung sowie das Vertriebsund Schadensmanagement vereinfacht,
damit die Versicherung erschwinglicher
wird.
Die Mikroversicherung richtet sich an
Bevölkerungsschichten, die traditionell
vom Zugang zum Versicherungsschutz
ausgeschlossen sind.
Mikroversicherung
Die Mikroversicherung kann einkommensschwachen und schutzbedürftigen Haushalten erschwingliche und effiziente Versicherungsprodukte anbieten. Dabei kommen Prozesse zur Produktgestaltung und zum Vertriebs- und Schadensmanagement
zur Anwendung, die sich deutlich von herkömmlichen Versicherungen unterscheiden. Die geringen Deckungsbeträge und Prämien pro Person sowie die innovative
Produktgestaltung machen die Mikroversicherung für einkommensschwache
Bevölkerungsschichten erschwinglich und für die Anbieter finanziell nachhaltig. Der
Vertrieb erfolgt häufig über bestehende Netzwerke, und die Versicherungsdeckung
wird manchmal mit anderen Finanz- oder Nichtfinanzprodukten gebündelt.35 Um
die Kosten gering zu halten, bedingen Mikrofinanzprodukte auch ein effizientes
Schadenabwicklungssystem. Viele Geschäftsmodelle von Mikroversicherungen
kennen eine Form der Mitwirkung von Gemeinwesen im Schadenforderungsprozess.
Dies verringert die Risiken, verbessert die Überprüfung der Schadenforderungen
und erhöht das Konsumentenvertrauen.36
Zur Deckung von Ernteschäden greifen viele Mikroversicherungsprogramme auf Versicherungsprodukte zurück, die auf einem Wetterindex basieren. Indexprodukte senken die Kosten für das Underwriting und die Schadenabwicklung, indem die Forderungen aufgrund von lokalen Wetterparametern und nicht aufgrund der individuellen
Schäden bezahlt werden. Mit Innovationen bei der Produktgestaltung und beim Vertrieb lässt sich die Mikroversicherung auf andere Sachwerte erweitern.
33National Flood Services Launches Private Flood Product Suite, www.mynewmarkets.com, 4. Juni 2015.
34Benchmarking Trends: As Cyber Concerns Broaden, Insurance Purchases Rise, Marsh, März 2015.
35sigma 6/2010, Mikroversicherung – Risikoschutz für 4 Milliarden Menschen, Swiss Re.
36The moment of truth: Claims Management in Microinsurance, International Labour Office, 2014.
30 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Es sind Innovationen bei der
Mikroversicherung im Gang, um die
Deckung von Naturkatastrophenrisiken
zu erweitern.
Die Indexversicherung vereinfacht
das Underwriting und die Schadenabwicklung, um die Kosten zu senken.
Eine Bündelung von Versicherungs- und
Sparprodukten kann in entwickelten
Märkten mitunter die Attraktivität des
Produkts erhöhen.
Die Bündelung von Versicherungsprodukten kann die Kosten für den
Vertrieb und das Underwriting senken.
Technologische Verbesserungen
können die erwarteten Schäden
der Hauseigentümer verringern.
Ausserdem sind weitere Innovationen im Gang, um die Mikroversicherung mit Naturkatastrophendeckungen für Haushalte und Kleinunternehmen zu verbinden. Ein
innovatives Beispiel ist die Microinsurance Catastrophe Risk Organisation (MiCRO),
ein sozial ausgerichtetes Unternehmen, das als Rückversicherer mit Sitz in Barbados
eingetragen ist und Mikroversicherungsprodukte zur Deckung von Naturkatastrophenrisiken anbietet. In Zentralamerika führt MiCRO zurzeit innovative Indexversicherungsprodukte ein. Diese werden über bestehende Mikrofinanzinstitute vertrieben und richten sich an die ärmsten und schwächsten Bevölkerungssegmente.
Indexversicherung
In den Schwellenländern besteht ein wachsendes Interesse an Indexversicherungen
für Agrarrisiken. Viele Länder in Asien, Lateinamerika, Afrika und in der Karibik haben
im Rahmen eines Pilotprojekts eine Art Indexversicherung im Landwirtschaftsbereich eingeführt. Die Indexversicherung bietet verschiedene Vorteile: Transparenz,
tiefe Transaktionskosten, rasche Auszahlungen und Objektivität. Die Indexversicherung beruht auf modellierten Daten. Deshalb kann sie für Märkte entwickelt werden,
in denen die Versicherer weder über eine Infrastruktur zur Schadenabwicklung noch
über ein Schadenportfolio mit entsprechenden Daten für das Underwriting verfügen.
Zu den Nachteilen zählt das Basisrisiko – das Risiko, dass sich ein einzelner Schaden
ereignet, der entsprechende Parameterindex Schäden aber nichtausgelöst wird,
oder umgekehrt. Laufende Innovationen bei der Indexentwicklung und in der Satellitentechnologie sind nötig, um die Deckung erfolgreich zu erweitern.
Produktbündelung
Ähnlich wie Lebensversicherungen liessen sich auch Sachversicherungen mit Haushaltsersparnissen verbinden. Diese Option ist im aktuellen Tiefzinsumfeld nicht
besonders attraktiv. Das könnte sich jedoch ändern, sobald die Zinsen wieder anziehen. Mit Sparprodukten gebündelte Sachversicherungen gibt es bereits in Japan
(diese sogenannten Policen mit Rückzahlung auf Verfall enthalten eine Sparkomponente, um die nominalen Prämienzahlungen bei Verfall zurückzuzahlen) und in Korea
(sogenannte Langzeitversicherung). Sie haben in diesen Märkten dazu beigetragen,
Gebäude- und Mobiliarversicherungen breiten Kreisen zugänglich zu machen.
Um Bauern in ländlichen oder abgelegenen Regionen in Schwellenländern zu erreichen, versuchen die Versicherer, Agrarversicherungsprodukte zu bündeln – entweder in Verbindung mit bestehenden Produkten und Dienstleistungen oder über
bereits bestehende Vertriebsnetzwerke. Agrarversicherungen lassen sich beispielsweise mit Kreditprodukten (über Banken oder Mikrofinanzinstitute) oder Betriebsmittellieferanten (über Düngemittel- oder Saatgutvertreiber) bündeln. Die bedeutendsten Vorteile sind tiefere Vertriebs- und Transaktionskosten.
Neue Technologien und Vertriebsinnovation
Intelligente technologische Geräte können die Versicherbarkeit erhöhen, denn sie
verringern die Risiken und ermöglichen eine Reaktion auf drohende Situationen in
Echtzeit. Vernetzte Brandalarmanlagen können die Schwere eines Brandes verringern, indem der Hauseigentümer und die Behörden unmittelbar nach Brandausbruch alarmiert werden. Ebenso können vernetzte Einbruchalarmanlagen Diebstahl
vermeiden, und Wassermelder können Rohrbruchschäden verringern, wenn die
Wasserversorgung schnell ausgeschaltet werden kann. State Farm ist beispielsweise eine Partnerschaft mit dem Sicherheits- und Alarmanlagenanbieter ADT eingegangen, um Heimvernetzungs- und Versicherungslösungen anzubieten. Denn die
Installation und Wartung von intelligenten Hausanlagen nur für den Zweck eines
günstigeren entsprechenden Versicherungsangebotes wäre unerschwinglich.
Eine Partnerschaft mit einem Anbieter von Haussicherheitstechnik ermöglicht dem
Versicherer den Zugang zu einer bestehenden Infrastruktur.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 31
Umgang mit Unterversicherung
Drohnen und andere intelligente Geräte
werden verwendet, um die Bewertung
regelmässig zu aktualisieren und die
Schadenbeurteilung zu verbessern.
Intelligente Geräte sind in Gewerbeimmobilien bereits recht verbreitet – zum Teil
deshalb, weil der Wert solcher Immobilien höher ist, aber auch, weil sie auf
bestimmte betriebliche Bedürfnisse abgestimmt sind, beispielsweise auf das Risikomanagement in Bezug auf die Betriebskontinuität. Drohnen werden immer häufiger
zur Gebäudeüberwachung eingesetzt. Sie könnten die Erfassung von Bewertungsänderungen verbessern und die Schadenfeststellung nach Katastrophen beschleunigen.
Die Satelliten- und Mobilfunktechnologie
ermöglicht Indexversicherungsprogramme.
Um Bauern in ländlichen Gebieten vor klimatischen Unsicherheiten wie Dürre zu
schützen, kombinieren Wetterindex-Versicherungsprogramme die Satellitentechnologie mit der Mobilkommunikation. So ist das Ernteversicherungspilotprogramm
Kilimo Salama eine Partnerschaft mit den grössten Agrarunternehmen in Äthiopien
und Kenia eingegangen, um in jeden Sack Saatgut eine Versicherungskarte zu legen.
Wenn die Bauern die auf der Karte aufgedruckte Nummer per SMS übermitteln,
erhalten sie umgehend die Nummer ihrer Versicherungspolice. Der Versicherer kann
lediglich über die zwei Datenpunkte des GPS-Standorts und des Pflanzdatums den
Bauern der lokalen Wetterstation zuordnen. Bei einer bestimmten Anzahl Tage ohne
Regen wird direkt eine Zahlung auf das Telefon des Bauern ausgelöst. Damit wird
der Aufwand für die Risiko- und Schadenprüfung eliminiert und die Bereitstellungskosten für die Versicherung reduzieren sich erheblich.
Fernüberwachung und Fernidentifikation
können die Auszahlungen nach einer
Katastrophe unterstützen.
Technologien zur Fernüberwachung und -identifikation haben die Kosten für die
Schadenprüfung gesenkt und die Diebstähle bei Schadenzahlungen verringert. Bei
Viehversicherungen in Indien hat IFFCO-Tokio als erster Versicherer erfolgreich
Radiofrequenzetiketten zu Identifikationszwecken eingesetzt, um die Zahl der betrügerischen Forderungen einzudämmen. Solche kamen früher, als das Vieh nur über
herkömmliche Etiketten identifiziert wurde, häufiger vor.37
Die Regierungen legen den
Regulierungsrahmen für den
Krankenversicherungsmarkt fest.
Deregulierung und Prämiensubventionen
können das Problem der Erschwinglichkeit angehen.
Die Entwicklung von Produkten,
die mit dem islamischen Recht vereinbar sind, kann die Unterversicherung
in Ländern mit einer muslimischen
Bevölkerungsmehrheit verringern.
Festlegung der Regeln im Versicherungsmarkt durch den Staat
Der öffentliche Sektor hat die politische und rechtliche Befugnis, Richtlinien und
gesetzliche Bestimmungen festzulegen, die es dem Versicherungsmarkt ermöglichen, Grossschäden zu tragen. Dazu gehören die Bestimmung der Kapital- und
Zulassungsanforderungen für die Versicherer, die Schaffung eines Zugangs zu den
internationalen Märkten, die Festlegung der Haftung und die Unterstützung von Präventionsmassnahmen. In gewissen Fällen können die Regierungen dabei helfen, die
Verfügbarkeit von Risikotransferlösungen für Privatpersonen und Unternehmen zu
erweitern. Dies geschieht durch die Einführung von obligatorischen Versicherungsprogrammen, um eine ausreichend grosse «Risikogemeinschaft» zu schaffen.
Ausserdem können die Regierungen das Problem der Erschwinglichkeit angehen,
wenn sie die Versicherungsprämien für einkommensschwache Haushalte subventionieren. Eine Politik, die die Versicherungssteuern senkt und die Regulierung von Prämiensätzen beseitigt, ist ebenfalls wichtig für die Stützung der Nachfrage nach
Sachversicherungen. So hat die Regulierungswelle im EU-Versicherungsmarkt in
den 1990er-Jahren den Wettbewerb verstärkt und die Prämiensätze reduziert.
Entwicklung des Takaful-Sektors
In Ländern mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit lässt sich die Unterversicherung verringern, indem der Zugang zu Scharia-konformen Versicherungslösungen (Takaful) verbessert wird. Die Verfügbarkeit von Takaful-Produkten kann dazu
beitragen, Bedenken gegen das Konzept der Versicherung, die in der Scharia oder
im islamischen Recht verwurzelt sind, zu beseitigen.
37Annual Report 2013, International Labour Organization, 2014.
32 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Ein positives Regulierungsumfeld ist
entscheidend für das Angebot an
Takaful-Produkten.
Eine erfolgreiche Takaful-Branche setzt einige wichtige Faktoren voraus. Erstens
kann ein umfassender und einheitlicher Regulierungsrahmen helfen, faire Voraussetzungen zu schaffen, ohne eine übermässige Corporate Governance und hohe Compliance-Kosten. Zweitens kann es sinnvoll sein, ein Standardmodell für Takaful vorzuschreiben. Daneben ist eine strenge Überwachung und Durchsetzung von
Richtlinien unabdingbar, um den Schutz der Policeninhaber und das Vertrauen in die
Takaful-Branche sicherzustellen. Letzteres ist in einigen Märkten im Nahen Osten ein
wichtiges Thema.
Die Entwicklung einer TakafulVersicherungsbranche bedingt auch eine
breitere finanzielle Basis der Schariakonformen Kapitalanlagen.
Und schliesslich hängt Takaful von der Verfügbarkeit von Scharia-konformen Kapitalanlagen ab. Während Aktien- und Immobilienanlagen allgemein verfügbar sind, ist
der Markt für Sukuk (Scharia-konforme Anleihen) auszubauen, damit Takaful-Gesellschaften ihre Verbindlichkeiten und Vermögenswerte aufeinander abstimmen können. Mit einem gut entwickelten Regulierungsrahmen, einer proaktiven Regulierungsbehörde und einem zutiefst islamischen Finanzmarkt ist Malaysia einer der am
meisten entwickelten Takaful-Märkte.
Die Regierungen spielen eine wichtige
Rolle bei der Einführung und
Durchsetzung von Standards zur
Risikoverringerung.
Risikominderung, Baustandards und Zonenordnung
Die Regierungen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Standards zur
Risikoverringerung einzuführen und durchzusetzen. So haben Bauvorschriften in reifen Märkten wie den USA, Japan, Kanada und Australien die Risiken verringert und
die Versicherbarkeit erhöht. Deryugina (2013) fand heraus, dass strengere Bauvorschriften den Betrag, den die Bundesregierung nach einem Hurrikan ausgibt, reduzieren.38 Andere höchst wirksame Bauvorschriften betreffen das Anheben von
Gebäuden in hochwassergefährdeten Zonen. Regierungen haben zudem die Möglichkeit, die Bauentwicklung in stark gefährdeten Gebieten durch eine Zonenordnung einzudämmen, oder Anreize zu schaffen, damit die Bewohnerinnen und
Bewohner nach einer Katastrophe aus einem stark gefährdeten Gebiet wegziehen.
Die Versicherer können die
Risikominderung fördern, indem sie
deren Nutzen transparent machen.
Die Versicherer können eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, Investitionen zur Risikominderung zu fördern. Die Prämiensätze können Ex-ante-Anreize für
ein besseres Risikomanagement und präventive Investitionen in bauliche Anlagen
schaffen. Versicherungsmathematisches und -technisches Fachwissen kann dabei
helfen, die relativen Kosten und den Nutzen von Risikominderungsmassnahmen zu
messen.
Versicherer und Regierungen sind
gleichermassen an einer
Risikominderung und einem
Risikotransfer interessiert.
Der öffentliche Sektor und die Versicherungsbranche sind häufig indirekte Partner.
Die Versicherer sind nur dann bereit, das Überschwemmungsrisiko zu versichern,
wenn die Regierung Hochwasserschutzmassnahmen einführt; und Feuerversicherungen werden nur angeboten, wenn eine Feuerwehr existiert. So hat der australische Versicherer Suncorp in hochwassergefährdeten Gebieten im Norden von
Queensland die kommunalen Verwaltungen zum Bau von Deichen angeregt, die das
kollektive Risiko und die Kosten von Naturkatastrophen deutlich verringern. In der
Stadt Roma haben extreme Unwetter- und Hochwasserschäden zwischen 2005
und 2013 Instandsetzungskosten von insgesamt AUD 500 Millionen verursacht.
Nachdem der Deich, der rund AUD 20 Millionen kostete, fertig gebaut war, sanken
die durchschnittlichen Versicherungsprämien um 30%. Für einige Hauseigentümer
machte die Prämienreduktion gar bis zu 80% aus.39
38Deryugina, Tatyana, Reducing the Cost of Ex Post Bailouts with Ex Ante Regulation: Evidence from
Building Codes, Working paper, University of Illinois, 2013.
39What a levee in Roma means for home insurance premiums, Infografik von Suncorp Group, Juli 2014.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 33
Umgang mit Unterversicherung
Obligatorische Deckungen sind bei
Risiken wie Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit sowie bei der Motorfahrzeughaftpflicht weit verbreitet.
Obligatorische Versicherungsprogramme
Der Staat kann dabei helfen, die Verfügbarkeit von Risikotransferlösungen auf Privatpersonen und Unternehmen zu erweitern. Dies erfolgt durch die Einführung von obligatorischen Versicherungsprogrammen, um eine ausreichend grosse Risikogemeinschaft zu schaffen. Obligatorische Versicherungen kommen in praktisch allen
Ländern zur Anwendung, wenn auch meistens im Rahmen von Sozialversicherungsprogrammen für Risiken wie Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit oder als obligatorische Haftpflichtversicherung (z. B. Motorhaftpflichtversicherung). Bei Sachwerten
sind solche Programme jedoch meistens halbobligatorisch.
Feuerpolicen sind in der Regel nicht
vorgeschrieben, aber sehr verbreitet.
Obwohl obligatorische Versicherungsprogramme sich in Bezug auf die Deckung und
den institutionellen Aufbau unterscheiden, sind fast alle an eine standardmässige
Gebäudefeuerversicherung angefügt. Einige Beispiele von obligatorischen Naturkatastrophen-Versicherungsprogrammen sind in der Tabelle 7 im Anhang aufgeführt.
Mit Ausnahme der Schweiz 40 und Islands sind Feuerpolicen nicht obligatorisch. Sie
sind in der Regel aber weit verbreitet, weisen doch die meisten europäischen Länder
Abschlussraten von 90% und mehr auf. Obligatorische Programme lassen sich somit
einfach in bestehende Versicherungsverträge einbauen. Das Prämieninkasso und die
Schadenabwicklung können durch die Versicherungsgesellschaften erfolgen, was
kostengünstige Lösungen ermöglicht.
Für Hauseigentümer in der Türkei ist
eine Erdbebenversicherung gesetzlich
vorgeschrieben, sie wird aber nicht
immer durchgesetzt.
Obligatorische Versicherungsprogramme, die nicht mit einer Feuerpolice verknüpft
sind, erreichen oft keine breite Abdeckung. So müssen in der Türkei Wohnimmobilien innerhalb der Gemeindegrenzen über eine private Versicherungsgesellschaft im
Auftrag des staatlichen türkischen Katastrophenversicherungspools (Turkish Catastrophe Insurance Pool, TCIP) gegen Erdbeben versichert werden. Anfänglich waren
die Versicherungsabschlüsse gering, da diese Vorschrift nicht genügend durchgesetzt wurde. Als das neue Katastrophengesetz 2012 in Kraft trat, erhöhten sich die
Abschlussraten jedoch deutlich. Denn seither benötigen die Hauseigentümer eine
Erdbebendeckung, um an das Strom- und Wassernetz angeschlossen zu werden,
eine Hypothek aufzunehmen oder staatliche Wiederaufbauhilfe zu erhalten, wenn
ihr Haus durch ein Erdbeben zerstört wird.41
Eine Versicherungspflicht erhöht die
Durchdringungsrate und verringert die
Negativauslese.
In Märkten wie Indien oder den Philippinen ist eine Ernteversicherung obligatorisch
für Bauern, die bei Banken oder anderen Finanzinstituten einen Kredit beantragen.
Das Gleiche gilt für Brasilien im Hinblick auf Darlehen von Banken, die sich in Staatsbesitz befinden. Obligatorische Agrarversicherungen, beispielsweise solche, die an
ein Darlehen gekoppelt sind, bieten mehrfache Vorteile. Sie können von den Bauern,
die einen Landwirtschaftskredit benötigen, als Sicherheit verwendet werden. Gleichzeitig tragen sie zu einem stärkeren Risikobewusstsein und einer höheren Durchdringung von Agrarversicherungen bei und verringern durch die breitere Beteiligung die
Negativauslese. Sie können auch die Vertriebs- und Transaktionskosten senken.
Der grösste Vorteil von obligatorischen
Versicherungsprogrammen ist die breite
Risikostreuung, wodurch die Policen
auch in stark gefährdeten Gebieten
erschwing-licher werden.
Der wichtigste Vorteil von obligatorischen Versicherungsprogrammen ist, dass sie
die grösstmögliche Risikogemeinschaft bilden und die Negativauslese beseitigen.
Durch eine begrenzte Differenzierung der Prämiensätze werden die Prämien für die
meisten Policeninhaber erschwinglich gemacht. Die grosse Mehrheit der Policen,
die ein geringes Risiko decken, dient dann zur Quersubventionierung der Policen,
die ein hohes Risiko decken. Mit einer Risikobündelung für verschiedene Arten von
Naturgefahren lässt sich die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Versicherungsprogramme verbessern, obwohl die Zusammenfassung von Risiken unter Umständen
schwieriger ist, wenn sich die Risikoverteilung zwischen den Regionen stark unterschiedlich ist.
40In den meisten Schweizer Kantonen ist eine Feuerversicherung für Gebäude vorgeschrieben. In 19
Kantonen wird die obligatorische Deckung von staatlichen Monopolversicherern bereitgestellt, in drei
Kantonen durch die private Versicherungsbranche. Nur in vier Kantonen sind Feuerpolicen freiwillig.
41 Laut der jüngsten Statistik des TCIP sind 39% aller versicherbaren Gebäude gegen Erdbebenschäden
versichert gegenüber 23% im Jahr 2011.
34 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Jedoch: Quersubventionierung reduziert
den finanziellen Anreiz zu präventiven
Massnahmen.
Die Kehrseite besteht darin, dass potenziell ein «systemischer» Moral Hazard entsteht. Da das Schadenpotenzial durch den Versicherungsmechanismus ausgeglichen wird, besteht weniger Anreiz für den Staat und die Hauseigentümer, in Schadenminderungsmassnahmen zu investieren. Subventionierte Prämien, weniger
strenge Bauvorschriften und eine Zonenordnung fördern die bauliche Entwicklung
in Gebieten, die Hochwasser und anderen Gefahren ausgesetzt sind, und erhöhen
somit das Schadenpotenzial.
Deutschland ist ein gutes Beispiel für
eine freiwillige Lösung, die zu einer
höheren Versicherungsdurchdringung
geführt hat.
Allerdings bedeuten freiwillige Marktlösungen nicht unbedingt tiefe Durchdringungsraten. Am Beispiel der deutschen Versicherungsbranche zeigt sich, dass es durchaus
möglich ist, die Durchdringungsrate von Hochwasserversicherungen in Gebieten mit
geringer und hoher Risikoexposition zu erhöhen. Den deutschen Versicherern ist es
gelungen, auch in nicht hochwassergefährdeten Gebieten das Bewusstsein der
Policeninhaber zu erhöhen. Im Jahr 2002 waren weniger als 20% der Wohngebäude
gegen Naturgefahren versichert, heute sind rund 38% der Gebäude gedeckt.42
Die Sensibilisierung und Beteiligung der
Policeninhaber ist massgeblich für die
Weiterführung von freiwilligen
Versicherungsprogrammen.
Der Fall Deutschland weist zwei wichtige Eigenschaften auf: Einerseits ein Underwriting, das eine risikobasierte Preisgestaltung auch in stark gefährdeten Gebieten
ermöglicht, andererseits ist das Risikobewusstsein der Konsumenten selbst in Gebieten, die weit von einem Fluss entfernt liegen, hoch. Die standardmässigen Versicherungsbedingungen der verbundenen Wohngebäudeversicherungen Gebäudeversicherungspolicen hat sich mehrheitlich geändert: Wurde bisher die Deckung von
Naturgefahren als Option angeboten, ist sie heute standardmässig in der Police eingeschlossen, mit einer Option zum Ausschluss dieser Deckung.
Flood Re bietet eine Rückversicherung
für stark hochwassergefährdete Gebäude
in Grossbritannien an, und die
Prämiensätze sind nach oben begrenzt.
Flood Re in Grossbritannien: Dank Innovation bleibt die Versicherbarkeit in
stark gefährdeten Gebieten erhalten
Flood Re ist ein britisches Versicherungsprogramm für Wohnimmobilien, das im
Sommer 2015 eingeführt wurde. Es ersetzt die bisherigen freiwilligen Vereinbarungen zwischen der Regierung und der Versicherungsbranche, die von der Association
of British Insurers (ABI) vertreten wird. Flood Re soll eine erschwingliche Hochwasserdeckung für die am stärksten überschwemmungsgefährdeten Immobilien in
Grossbritannien bieten.43 Laut Schätzungen sollen rund 1 bis 2% der Privathaushalte,
d. h. zwischen 300 000 und 500 000 Häusern, von der angebotenen Prämiendeckelung profitieren.
Flood Re übernimmt das
Hochwasserrisiko, das die
Versicherungsgesellschaften an diesen
Fonds übertragen.
Flood Re ist ein gemeinnütziger Hochwasser-Rückversicherungsfonds, der von der
Versicherungsbranche gehalten und verwaltet wird. Er übernimmt Hochwasserrisiken zu einem fixen vorgegebenen Preis, das heisst, die Versicherer werden die
genau die Risiken rückversichern, welche eigentlich einen höheren Preis erfordern
würden. Bei einem Hochwasserereignis werden die Versicherer von Flood Re für die
Forderungen der rückversicherten Hauseigentümer entschädigt.
Zusätzliche Gelder aus einer
entsprechenden Abgabe stellen sicher,
dass Flood Re zahlungsfähig bleibt.
Finanziert wird Flood Re zum einen durch die von den Versicherern abgetretenen
Prämien und zum anderen durch eine Abgabe der Versicherer. Diese beruht auf
deren Anteil am Versicherungsmarkt für Wohnimmobilien sowie einem formalisierten System zur Quersubventionierung, das noch vor der Gründung von Flood Re eingeführt wurde. Gemäss der ABI bezahlt der Policeninhaber durchschnittlich GBP
10,5 pro Jahr oder 2,2% der Police. Dieses Finanzierungsniveau sollte genügen, um
ein Hochwasserereignis zu decken, wie es nur einmal in 200 Jahren vorkommt.
Zusätzlich erwirbt der Fonds eine Retrodeckung im Rückversicherungsmarkt.
42Deutschlandkarte: Wer ist wo elementar versichert?, Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), 5. Juli 2015.
43The future of flood insurance: what happens next, Association of British Insurers, 30. Juli 2015.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 35
Umgang mit Unterversicherung
Wenn diese zusätzliche Abgabefinanzierung versiegt, bietet die
britische Regierung Unterstützung.
Der Staat kann als Rückversicherer für
Risiken auftreten, die im privaten Markt
nicht vollständig versicherbar sind.
Flood Re ist finanziell unabhängig von der Regierung. Nur bei einer ausserordentlichen Schadenbelastung in der Aufbauphase des Fonds kann Flood Re ein rückzahlbares staatliches Darlehen gewährt werden. Die britische Regierung hat sich ihrerseits bereit erklärt, die Ausgaben für den Hochwasserschutz im Zeitraum von 2015
bis 2016 um GBP 370 Millionen zu erhöhen und das Budget in den darauf folgenden
fünf Jahren der Inflation anzupassen.
Staatsdeckungen für nicht vollständig versicherbare Risiken
In vielen Ländern können die Staaten auch als Versicherer oder Rückversicherer für
gewisse Risiken auftreten, um private Versicherungsprogramme zu ergänzen. Staatliche Staatsdeckungen können Versicherungslösungen im privaten Sektor fördern,
wenn das Underwriting besonders schwierig ist oder wenn die Höhe eines möglichen Schadens den privaten Sektor überfordert. Dies ist beispielsweise bei einem
Terrorereignis oder bei einer extremen Naturkatastrophe der Fall. Für die meisten
wetterbedingten und anderen Naturkatastrophenrisiken hat der private Sektor genügend Aufnahmefähigkeit und Fachwissen, um eine Deckung zu gewährleisten. Hier
sollte sich die Mitwirkung des öffentlichen Sektors darauf konzentrieren, die Verfügbarkeit von Versicherungsprogrammen zu erweitern – um letztlich einen effizienten
Privatversicherungsmarkt zu schaffen.
Die meisten Länder, die einem
Terrorismusrisiko ausgesetzt sind,
kennen staatliche Versicherungsprogramme.
Die meisten Staaten, die einem Terrorismusrisiko ausgesetzt sind, verfügen über entsprechende Deckungsprogramme. Dazu gehören die USA, einige europäische Länder
(Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, die Niederlande,
Österreich, Spanien) und Länder in anderen Regionen (Australien, Indien, Israel,
Russland, Sri Lanka, Südafrika). Vier Länder (Grossbritannien, Israel, Spanien, Südafrika) hatten bereits vor dem 11. September 2001 solche Programme eingeführt.
Auch einige Entwicklungsländer sind einem erheblichen Terrorismusrisiko ausgesetzt,
sie verfügen jedoch nicht über entsprechende Programme.
Solche Programme werden in der Regel
nach einem grösseren Terrorereignis
entwickelt ...
Die einzelnen Länder haben ein Terrorversicherungsprogramm entwickelt, das ihrer
politischen Struktur und ihrer Risikowahrnehmung entspricht. In der Regel werden
solche Programme nach einem massiven Terroranschlag eingeführt. Die Ansätze der
verschiedenen Länder hinsichtlich der Risikoteilung zwischen dem Staat und dem
privaten Versicherungssektor sind vielfältig.
... und spiegeln die politische und
historische Situation der einzelnen
Länder wider.
Am einen Ende des Spektrums liegt Israel, das seit jeher hohe Terrorismuskosten zu
tragen hat. Hier werden die Schäden vollumfänglich durch den Staat gedeckt, ohne
Beteiligung des privaten Sektors. Am anderen Ende liegt Deutschland mit Extremus,
einem privaten Versicherungsunternehmen, das sich im Besitz von führenden deutschen (Rück-)Versicherern befindet. Extremus versichert Terrorismusrisiken über
EUR 25 Millionen und ist mit einer Staatsgarantie zur Deckung von Gesamtschäden
ausgestattet, die EUR 2 Milliarden übersteigen. Andere Länder wie Frankreich,
Grossbritannien, Spanien und die USA haben verschiedene Strukturen für die Risikoteilung durch den öffentlichen und privaten Sektor entwickelt.
Staatliche Stellen prüfen neue Formen
des Risikotransfers.
Staatliche Versicherungsprogramme
Die Kosten von Naturkatastrophen, extremen Wetterereignissen, Klimaveränderungen und anderen Risiken stellen eine zunehmende Belastung des Staatshaushalts
von Schwellenländern dar. Eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zu den makroökonomischen Auswirkungen von Naturkatastrophen kam zu
dem Schluss, dass Länder mit einer höheren Versicherungsdurchdringung tiefere
indirekte Kosten zu tragen haben und sich wirtschaftlich rascher erholen als Länder
mit einer tieferen Durchdringungsrate.44 Viele staatliche Stellen und Organisationen
des öffentlichen Sektors nutzen zunehmend neue Formen des Risikotransfers.
44Goetz, von Dahlen, Saxena, Unmitigated disasters? New evidence on the macroeconomic cost of natural
catastrophes, BIS Working Papers, Dezember 2012.
36 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Die Verbriefung kann die herkömmliche
Rückversicherung ergänzen, um
zusätzliches Kapital für Wiederaufbau
nach einer Katastrophe bereitzustellen.
Mexiko hat 2009 mit Hilfe der Weltbank eine Katastrophenanleihe herausgegeben.
Indem ein Teil der voraussichtlichen Kosten von Erdbeben- und Hurrikanschäden
aus der Bilanz des Staates genommen und in den Kapitalmarkt überführt wurde, hat
Mexiko seine finanzielle Anfälligkeit für künftige Katastrophen verringert.
Die bedeutendsten Programme wurden
von öffentlich-privaten Partnerschaften
entwickelt.
Die Caribbean Catastrophe Risk Insurance Facility (CCRIF) wurde 2007 als ein von
mehreren Ländern getragener Katastrophenhilfefonds errichtet. In dieses Programm,
das durch Spenden unterstützt wird, zahlen die teilnehmenden Staaten Prämien ein.
Die CCRIF deckt eine Reihe von Ländern ab, wodurch die Risiken diversifiziert und
die Prämien entsprechend reduziert werden. Der Pacific Catastrophe Risk Insurance
Pilot ist ein weiteres Naturkatastrophen-Versicherungsprogramm für verschiedene
pazifische Inselstaaten. Die Weltbank trat als Intermediär auf und platzierte die länderspezifischen Katastrophenversicherungen auf dem internationalen Rückversicherungsmarkt als einzelnen Versicherungsbestand. Anhand von definierten Parametern werden nach einer Katastrophe in einer bestimmten Region die entsprechenden
Zahlungen zügig ausgelöst. In Afrika gibt es die Agentur African Risk Capacity (ARC),
einen durch Spenden unterstützten Versicherungspool, der die teilnehmenden Nationen gegen das Dürrerisiko versichert. Dabei kommt ein modellierter Schadenindex
zur Anwendung, der sich auf Niederschlagsdaten stützt, welche durch Satelliten
gewonnen werden.
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 37
Fazit
Die Unterversicherung stellt eine Chance
dar, in neue Märkte zu expandieren und
tiefer in bestehende Märkte
vorzustossen.
Die Unterversicherung von Sachwerten stellt eine Herausforderung dar. Gleichzeitig
bietet sie den Versicherern aber auch Chancen, in neue Märkte zu expandieren und
tiefer in bestehende Märkte vorzustossen. Die staatliche Unterstützung bei der
Risikominderung und die Kontrolle des Versicherungsmarkts sind entscheidend für
den Erfolg.
Dieser Bericht stellt verschiedene
Schätzungen der Unterversicherung
anhand verschiedener Methoden bereit.
Dieser Bericht stellt eine Schätzung der globalen Unterversicherung von Sachrisiken
bereit – und zwar für Naturkatastrophen basierend sowohl auf historischen Schadendaten als auch auf prospektiven probabilistischen Modellen – sowie für die
Sachversicherung im Allgemeinen durch eine Benchmarkbewertung mit Ländern
mit einer hohen Durchdringungsrate. Diese Analyse identifiziert die Lücken nach
Ländern und Gefahren und arbeitet, die Ursachen für die Lücke in jedem Segment
heraus.
Die Versicherungsbranche muss
Instrumente und Modelle entwickeln, die
zur Schliessung der Deckungslücke nötig
sind.
Die Herausforderung für die Versicherungsbranche besteht darin, sich auf die
Bedürfnisse der Konsumenten zu konzentrieren, die ungenügend oder gar nicht versichert sind. Die Schliessung der Deckungslücke bedingt, dass die Versicherungsbranche weiterhin, neu entstehende Risiken und Risikoexpositionen beobachtet und
entsprechende Risikomodelle entwickelt. Dies gilt nicht nur für Naturkatastrophen,
sondern auch für andere Gefahren, die schwer zu beziffern sind, beispielsweise
Terrorismus, Internetkriminalität oder das Lieferkettenrisiko. Ausserdem muss die
Branche die erforderlichen Daten und Analyseinstrumente für die Risikomessung
und -modellierung entwickeln,. Weitere Innovationen bei Produkten, Prozessen und
dem Vertrieb sind nötig, um bisher nicht versicherte Konsumenten und Risiken zu
erreichen.
Unterstützende politische und andere
Massnahmen spielen eine massgebliche
Rolle bei der Schliessung der
Deckungslücke.
Die Versicherer können dies nicht alleine bewältigen. Sie benötigen ein unterstützendes Regulierungsumfeld, Risikoinformationen und – in bestimmten Fällen wie Terrorismus oder Hochwasser – die Mitwirkung des Staates, um die Deckungskapazität
zu erweitern. Um das Problem der Unterversicherung von Sachwerten erfolgreich
anzugehen, sind koordinierte Anstrengungen und eine innovative Denkweise sowohl
im privaten als auch im öffentlichen Sektor erforderlich.
38 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Anhang
Tabelle 6:
Sachversicherungsdurchdringung der
einzelnen Länder gemäss Vergleichsanalyse
Konsum
pro Kopf
USD
Konsum pro Kopf > USD 25 000
Schweiz
Australien
Norwegen
Vereinigte Staaten
Österreich
Grossbritannien
Kanada
Dänemark
Schweden
Belgien
Deutschland
Finnland
Frankreich
Irland
Niederlande
Sonstige
Zwischensumme
53 848
41 118
41 028
40 735
29 872
29 399
29 185
29 114
28 827
28 658
28 595
27 645
26 995
25 408
25 328
BIP pro
Kopf
USD
86 116
61 146
97 822
54 623
51 429
45 635
50 366
60 681
58 974
47 539
46 973
49 702
42 907
53 218
51 652
Diese Tabelle fasst verschiedene Daten der Modelle zusammen, die in den Kapiteln
«Wie gross ist die Deckungslücke bei Naturkatastrophen?» und «Die weltweite
Unterdeckung in der Sachversicherung» beschrieben sind. Der Modellierung des
gesamten Sachschadens eines Landes aus Naturkatastrophenszenarien sind Grenzen
gesetzt. Zudem lassen sich nicht alle Faktoren, die das Angebot und die Nachfrage
nach Sachversicherungen in einem Land beeinflussen, mit einem einfachen wirtschaftlichen Vergleichsbewertungsmodell erfassen. Während die länderspezifischen
Daten mit Blick auf diese Einschränkungen betrachtet werden müssen, bieten die
Modelle wertvolle Informationen.
BIP
USD Mrd.
SachversicherungsModellierte
prämien Durchdringung
USD Mrd, % des BIP
% BIP
708
1 468
498
17 430
437
2 946
1 789
341
567
533
3 865
271
2 848
244
869
689
35 505
5,7
10,7
2,9
176,4
3,3
23,1
16,0
3,3
4,4
3,4
23,0
1,3
24,8
1,1
4,9
6,0
310,6
195
2 149
304
4 440
1 407
290
232
1 416
506
105
258
216
2 670
14 188
1,6
7,7
1,1
16,9
9,4
0,5
0,7
3,0
0,8
0,3
1,4
1,1
7,0
51,6
411
559
1 884
800
752
1 281
2 180
139
328
528
380
10 114
351
374
890
285
2 089
4 357
27 701
77 394
0,6
2,2
4,4
2,2
0,5
2,0
7,8
0,7
0,8
1,4
0,9
12,4
3,1
1,1
1,0
0,4
1,5
8,0
51,0
413,2
0,81%
0,73%
0,59%
1,01%
0,76%
0,78%
0,90%
0,98%
0,77%
0,65%
0,60%
0,48%
0,87%
0,45%
0,57%
Unterversicherung von allge- Deckungslücke bei Naturmeinen Sachrisiken (Prämien) katastrophen (Schäden)
% des BIP
USD Mrd,
% BIP
USD Mrd,
0,97%
0,91%
0,93%
0,92%
0,81%
0,80%
0,80%
0,80%
0,80%
0,79%
0,80%
0,77%
0,76%
0,74%
0,74%
0,87%
0,15%
0,19%
0,34%
0,00%
0,05%
0,02%
0,00%
0,00%
0,03%
0,15%
0,20%
0,30%
0,00%
0,28%
0,17%
1,1
2,7
1,7
–
0,2
0,6
–
–
0,2
0,8
7,8
0,8
–
0,7
1,5
0,06%
0,05%
k. A.
0,18%
0,09%
0,03%
0,12%
0,02%
k. A.
0,09%
0,06%
k. A.
0,03%
k. A.
0,10%
0,4
0,7
k. A.
30,9
0,4
0,8
2,1
0,1
k. A.
0,5
2,1
k. A.
0,8
k. A.
0,9
0,05%
18
0,12%
41
0,11%
0,23%
0,08%
0,63%
k. A.
0,08%
0,10%
k. A.
0,88%
k. A.
0,49%
0,03%
0,2
4,9
0,2
27,9
k. A.
0,2
0,2
k. A.
4,5
k. A.
1,3
0,1
Konsum pro Kopf: USD 10 000 bis 25 000
Neuseeland
Italien
Israel
Japan
Spanien
Hongkong
Portugal
Südkorea
Taiwan
Slowakei
Chile
Tschechische Rep.
Sonstige
Zwischensumme
24 532
24 386
22 148
21 179
19 740
19 291
18 245
15 074
14 496
11 773
11 634
10 891
43 374
35 825
38 904
34 915
30 156
40 023
22 049
28 377
22 558
19 197
14 502
20 535
0,81%
0,36%
0,36%
0,38%
0,67%
0,18%
0,32%
0,21%
0,15%
0,29%
0,53%
0,49%
0,72%
0,71%
0,67%
0,67%
0,62%
0,61%
0,59%
0,50%
0,49%
0,40%
0,41%
0,38%
0,36%
0,00%
0,35%
0,31%
0,28%
0,00%
0,43%
0,27%
0,29%
0,34%
0,11%
0,00%
0,00%
7,6
0,9
13,1
1,2
0,6
4,1
1,7
0,1
0,26%
36
0,45%
63
0,19%
0,00%
0,11%
0,07%
0,27%
0,17%
0,00%
0,00%
0,03%
0,07%
0,03%
0,13%
0,00%
0,00%
0,11%
0,07%
0,13%
0,8
0,9
0,2
2,6
k. A.
0,02%
k. A.
0,42%
k. A.
0,41%
0,04%
k. A.
k. A.
0,07%
0,16%
0,22%
k. A.
k. A.
0,28%
1,13%
0.08%
k. A.
0,1
k. A.
3,4
k. A.
5,2
0,9
k. A.
k. A.
0,4
0,6
22,7
k. A.
k. A.
2,5
3,2
1,7
31
85
0,22%
0,20%
61
153
Konsum pro Kopf < USD 10 000
VAE
Polen
Russland
Türkei
Saudi-Arabien
Mexiko
Brasilien
Ungarn
Malaysia
Argentinien
Kolumbien
China
Südafrika
Thailand
Indonesien
Philippinen
Indien
Sonstige
Zwischensumme
World
9 089
8 868
8 721
8 558
8 451
8 285
8 267
8 129
6 019
5 819
4 723
4 653
3 893
3 405
2 636
2 263
1 322
44 010
14 629
13 065
10 536
25 409
10 766
11 600
14 203
10 943
12 908
7 720
7 406
6 582
6 019
3 514
2 839
1 586
0,15%
0,40%
0,23%
0,27%
0,07%
0,16%
0,36%
0,50%
0,26%
0,26%
0,23%
0,12%
0,88%
0,30%
0,11%
0,15%
0,07%
0,35%
0,34%
0,34%
0,34%
0,34%
0,33%
0,36%
0,33%
0,29%
0,33%
0,26%
0,26%
0,24%
0,26%
0,22%
0,21%
0,20%
0,18%
0,11%
0,11%
2,1
0,6
2,0
2,2
0,0
0,1
0,4
0,1
13,6
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 39
Anhang
Tabelle 7:
Beispiele von obligatorischen
Naturkatastrophen-Versicherungsprogrammen
Land
Gedeckte Gefahren
Gedeckter Schaden
Gedeckte Sachwerte
Programmbeschreibung
Frankreich
Naturgefahren
ohne Stürme
Sachschäden, Betriebsunterbrechungen
Gewerbe- und
Wohnimmobilien
(einschliesslich
Mobiliar)
Naturkatastrophen-Versicherungsprogramm des staatlichen Rückversicherers
CCR; versichert durch CCR, unlimitierte
Staatsdeckung
Island
Naturgefahren
ohne Stürme
Direkte Sachschäden
Gewerbe- und
Wohnimmobilien
Neuseeland
Erdbeben und andere
nicht wetterbedingte
Risiken, Versicherung
von Wohnland gegen
Sturm- und Hochwasserschäden
Naturgefahren
ausser Frostschäden
Direkte Sachschäden
Wohnhäuser,
Mobiliar und
Wohnland
Vidlagatrygging Islands (isländischer
Katastrophenversicherungsfonds), in
staatlichem Besitz und als Versicherungsgesellschaft geführt, rückversichert im
privaten Rückversicherungsmarkt
Die Earthquake Commission (EQC)
versichert nur Wohnimmobilien; die EQC
ist durch die internationale Rückversicherungsbranche und eine zusätzliche
Staatsgarantie rückversichert
Spanien
Alle Naturgefahren
und Terrorismus
Sachschäden, Betriebsunterbrechungen,
Personenschäden
Schweiz
Alle Naturgefahren
ausser Erdbeben
Sachschäden (direkt und
indirekt)
Gewerbe- und
Wohnimmobilien
(einschliesslich
Mobiliar)
Gewerbe- und
Wohnimmobilien
Türkei
Erdbeben
Sachschäden
Wohnimmobilien
Grossbritannien
Überschwemmungen
Sachschäden
Wohnimmobilien
Norwegen
Gewerbe- und
Wohnimmobilien
(einschliesslich
Mobiliar)
Norwegischer Naturgefahrenpool (Norsk
Naturskadepool), verwaltet durch den
Versicherungsverband, keine Staatsgarantie, rückversichert im privaten Rückversicherungsmarkt
Consorcio de Compensación de Seguros,
unlimitierte Staatsgarantie
Elementarschadenpool (Naturgefahrenpool), geführt vom Versicherungsverband
für die private Versicherungsbranche; für
staatliche Monopolversicherer besteht ein
öffentlich-rechtlicher Rückversicherer
Türkischer Katastrophenversicherungspool
(TCIP); rückversichert im privaten Rückversicherungsmarkt
Flood Re – ein gemeinnütziger Rückversicherungsfonds, der von der Versicherungsbranche gehalten und verwaltet wird;
rückversichert im privaten Rückversicherungsmarkt
Quelle: Swiss Re Economic Research & Consulting
40 Swiss Re sigma Nr. 5 /2015
Neuere sigma-Publikationen
2015
Nr. 1 Gesundheit in Schwellenländern: Versicherungen können helfen
Nr. 2Natur- und Man-made-Katastrophen 2014:
Massive Schäden durch starke Konvektionsgewitter und Winterstürme
Nr. 3Fusionen und Übernahmen im Versicherungswesen: Beginn einer neuen Welle ?
Nr. 4 Globale Assekuranz 2014: Zum «Leben» erwacht
Nr. 5 Unterversicherung von Sachrisiken: Die Deckungslücke schliessen
2014
Nr. 1 Natur- und Man-made Katastrophen 2013: Massive Schäden aus
Überschwemmungen und Hagelstürmen; Haiyan verwüstet die Philippinen
Nr. 2 Digitaler Vertrieb von Versicherungen: Eine stille Revolution
Nr. 3 Globale Assekuranz 2013: Auf Erholungskurs
Nr. 4Schadentrends in der Haftpflichtversicherung: Neue Risiken und Erholung der wirtschaftlichen Einflussfaktoren
Nr. 5 Wie sieht die Pflege in Zukunft aus ? Die Suche nach nachhaltigen Pflegelösungen
für eine alternde Welt
2013
2012
2011 2010
2009
Nr. 1 Partnerschaften für Ernährungssicherheit in Schwellenländern
Nr. 2Natur- und Man-made-Katastrophen 2012: Ein Jahr der extremen Wetterereignisse
in den USA
Nr. 3 Assekuranz Global 2012: Auf dem langen, beschwerlichen Weg zur Erholung
Nr. 4Navigation durch die Welt der Transportversicherungen und der Versicherung für
Fluggesellschaften – Neueste Entwicklungen
Nr. 5 Urbanisierung in Schwellenländern – Fluch und Segen für die Versicherer
Nr. 6 Lebensversicherung – Fokussierung auf den Konsumenten
Nr. 1 Profitabilität in der Lebensversicherung
Nr. 2Natur- und Man-made-Katastrophen 2011: Rekordschäden durch Erdbeben und
Überschwemmungen von historischem Ausmass
Nr. 3 Assekuranz Global 2011: Nichtlebenversicherung im Aufwind
Nr. 4 Zinsen als Herausforderung und Chance für die Assekuranz
Nr. 5 Die Gewerbeversicherung – Ein Markt im stetigen Wandel
Nr. 6Rechnungslegungsreform im Versicherungswesen: Ein halb volles oder
ein halb leeres Glas?
Nr. 1Natur- und Man-made-Katastrophen im Jahr 2010: Ein Jahr der verheerenden
und teuren Ereignisse
Nr. 2 Assekuranz Global 2010: Prämienvolumen steigt wieder, Kapitalisierung nimmt zu
Nr. 3 Die Rolle des Staates im Versicherungsmarkt
Nr. 4Produktinnovation in der Nichtlebenversicherung: Von kleinen und grossen
Innovationen
Nr. 5 Versicherung in den Emerging Markets: Wachstumsfaktoren und Profitabilität
Nr. 1Natur- und Man-made-Katastrophen 2009: Katastrophen fordern weniger
Menschenleben, Versicherungsschäden sind rückläufig
Nr. 2 Assekuranz Global 2009: Leicht sinkende Prämien, aber gefestigte Kapitalbasis
Nr. 3 Herausforderungen in der Versicherungsregulierung
Nr. 4 Die Folgen der Inflation für die Versicherer
Nr. 5 Anlagetätigkeit der Versicherer in einem schwierigen globalen Umfeld
Nr. 6 Mikroversicherung – Risikoschutz für 4 Milliarden Menschen
Nr. 1 Szenarioanalysen in der Versicherungswirtschaft
Nr. 2Natur- und Man-made-Katastrophen 2008: Schwere Schäden in Nordamerika
und Asien
Nr. 3Assekuranz Global 2008: Sinkende Prämien in den Industrieländern,
starkes Wachstum in den Schwellenländern
Nr. 4 Die Rolle von Indizes beim Transfer von Versicherungsrisiken an die Kapitalmärkte
Nr. 5Gewerbliche Haftpflichtversicherung: Herausforderung für Unternehmen und
ihre Versicherer
Swiss Re sigma Nr. 5 /2015 41
Herausgeberin:
Swiss Re AG
Economic Research & Consulting
Postfach
8022 Zürich
Schweiz
Telefon
Fax
E-Mail +41 43 285 2551
+41 43 282 0075
[email protected]
Büro Armonk:
175 King Street
Armonk, NY 10504
Telefon © 2015 Swiss Re. Alle Rechte vorbehalten.
Diese Ausgabe wurde am 5. August 2015 abgeschlossen.
sigma ist in englischer (Originalsprache), deutscher, französischer,
spanischer, chinesischer und japanischer Sprache erhältlich.
sigma ist unter www.swissre.com/sigma verfügbar.
+1 914 828 8000
Büro Hongkong:
18 Harbour Road, Wanchai
Central Plaza, 61st Floor
Hongkong, SAR
Telefon Erkunden und visualisieren Sie sigma-Daten zu Naturkatastrophen
und den Weltversicherungsmärkten unter www.sigma-explorer.com
+852 25 82 5644
Die Internetversion kann geringfügig aktualisierte Informationen enthalten.
Übersetzungen:
Deutsch: Französisch: Spanisch: Diction AG
ithaxa Communications SARL
Traductores Asociados Valencia S.L.
Gestaltung und Produktion:
Corporate Real Estate & Logistics/Media Production, Zürich
Druck: Multicolor Print AG, Baar
Autoren:
Thomas Holzheu
Telefon
+1 914 828 6502
Roman Lechner
Telefon
+41 43 285 2344
Ginger Turner
Telefon
+1 914 828 8064
sigma editor:
Paul Ronke
Telefon
+41 43 285 2660
Chefredaktor
Verantwortlich für die sigma-Reihe ist
Dr. Kurt Karl,
Leiter Economic Research & Consulting.
Diese Studie ist auf nachhaltig hergestelltem Papier gedruckt. Das
verwendete Holz stammt aus Wäldern, die zu 100% durch den Forest
Stewardship Council (FSC) zertifiziert sind.
© 2015
Swiss Re
Alle Rechte vorbehalten.
Der Inhalt dieser sigma-Ausgabe ist urheberrechtlich geschützt. Die
Informationen können für private oder interne Zwecke verwendet
werden unter der Voraussetzung, dass keine urheberrechtlichen oder
eigentumsrechtlichen Verweise entfernt werden. Elektronische Weiterverbreitung der in sigma publizierten Daten ist nicht gestattet.
Auszugsweise Reproduktion oder Gebrauch für öffentliche Zwecke
ist nur mit der Quellenangabe «Swiss Re, sigma Nr. 5/2015» sowie
vorgängiger schriftlicher Genehmigung durch Swiss Re Economic
Research & Consulting gestattet. Belegexemplare erwünscht.
Obwohl die verwendeten Informationen aus zuverlässigen Quellen
stammen, kann die Swiss Re keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben übernehmen. Die in dieser Publikation enthaltenen Angaben und zukunftsgerichteten Aussagen dienen lediglich zu Informationszwecken und stellen keinerlei Parteinahme von
Swiss Re dar. Aus den aufgeführten Informationen können keinerlei
Rechtsansprüche gegenüber Swiss Re abgeleitet werden. Die Leser
sind angehalten, die zukunftsgerichteten Aussagen in dieser Publikation mit Bedacht zu beurteilen. Swiss Re ist nicht verpflichtet,
zukunftsgerichtete Aussagen zu revidieren oder zu aktualisieren, um
neuen Informationen, künftigen Ereignissen oder bestimmten
Umständen Rechnung zu tragen.
Bestell-Nr.: 270_0515_de
Swiss Re AG
Economic Research & Consulting
Mythenquai 50 /60
Postfach
8022 Zürich
Schweiz
Telefon + 41 43 285 2551
Fax +41 43 282 0075
[email protected]