Altana-Gruppe: Warum steigen sie bei Landa ein?

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Altana-Gruppe: Warum
steigen sie bei Landa ein?
Von der Altana
Zentrale in Wesel
aus werden alle vier
Geschäftsbereiche
mit ihren 49 Produktionsstätten und
insgesamt rund
70 Firmen geleitet
Die Altana-Gruppe ist ein global tätiger Spezialchemiekonzern.
Im Juni 2014 hat sich die Gruppe mit 100 Mio. Euro an der Landa
Corporation in Israel beteiligt. Dadurch sollen die Produktion und der
Vertrieb der Landa-Druckmaschinen mit der Nanotechnologie in
den Markt gebracht werden. Wer ist Altana und warum sind sie an
Landa interessiert? Die Altana-Gruppe mit 6000 Mitarbeitern und
rund 2 Mrd. Euro Umsatz ist bei Druckereien
fast unbekannt. Zu Unrecht: Altana produziert viele Produkte für die Druckindustrie:
Additive für Farben und Lacke, Metallic- und
Perlglanz-Pigmente, Inkjet- und Flexodruckfarben sowie Materialien für die Verpackungsindustrie. Abnehmer dieser Produkte
sind Lack- und Druckfarbenhersteller.
Die Geschichte von Altana begann im Jahr
1873 mit Dr. Heinrich Byk, der in Berlin Chemikalien herstellte. 1941 übernahm Dr. Günther Quandt die Aktienmehrheit der späteren BYK-Chemie. 1977 wurde das Unternehmen Teil der neu gegründeten Altana AG.
Heute ist die Altana-Gruppe in vier Geschäftsbereiche gegliedert: Byk Additives & Instruments, Eckart Effect Pigments, Elantas Electrical Insulation sowie Actega Coatings &
Sealants.
Altana ist eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und steuert die gesamte Gruppe über die vier Geschäftsbereiche. Vorstand
Kurt K. Wolf
und Aufsichtsrat von Altana sind jedoch
nicht der Öffentlichkeit und der Börse verantwortlich, sondern der Alleinaktionärin,
der Skion GmbH, Bad Homburg. Skion gehört
zu 100 Prozent der Quant-Erbin Susanne Klatten. Sie gilt als eine der reichsten Frauen
Deutschlands und ist stellvertretende Vorsitzende im Aufsichtsrat von BMW, an der sie
12,5% der Aktien hält. Susanne Klatten verfügt zudem über namhafte Beteiligungen am
Windturbinenhersteller Nordex SE, dem Kohlenstoffproduktspezialisten SGL Carbon und
dem Altölaufbereiter Avista Oil.
Drei der vier Geschäftsbereiche der AltanaGruppe liefern Produkte und Dienstleistungen an die Druckindustrie: BYK Additives &
Instruments, Eckart Effect Pigments und
Actega Coatings & Sealants.
BYK Additives & Instruments
Für Druckfarben und Überdrucklacke sind
gute Pigmentstabilisierung, Benetzung
unterschiedlichster Substrate, Oberflächen-
schutz und Schaumfreiheit wichtige Kri­
terien. Byk hat die richtigen Zusatzstoffe
(Additive) für konventionell trocknende und
strahlenhärtende Systeme – wässrig oder
lösemittelhaltig.
Bei Inkjet-Tinten kommt es besonders auf
eine möglichst feine Verteilung der Pigmente an. Gleichzeitig wird ein hohes Fliessverhalten und eine gleichmässige Pigmentverteilung gefordert. Byk bietet dazu Netz- und
Dispergierzusatzstoffe an, die die gesamte
Palette der für Inkjet-Tinten eingesetzten
Pigmente abdecken. Byk gibt Additivempfehlungen für konventionelle Systeme auf
wässriger und lösemittelhaltiger Basis sowie
für UV-vernetzende Systeme. Dabei wird im
lösemittelhaltigen Bereich zwischen «mildsolvent» («eco-solvent») und «strong-solvent» unterschieden. Ausserdem werden die
Drop-on-Demand-Verfahren und Con­t inuousInkjet-Verfahren berücksichtigt. Hinzu kommen Additive zur Optimierung der Tropfenbildung und zur Vermeidung von Schaum.
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Eckart Effect Pigments
In diesem Geschäftsbereich bündelt Altana
die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Effektpigmenten.
In der grafischen Industrie werden die Produkte seit Jahren weltweit eingesetzt, um
Verpackungen, Etiketten, Zeitschriften,
Kataloge und andere Werbemittel zu bedrucken und zu veredeln. Eckhart entwickelt,
produziert und vertreibt die Metalleffektpigmente in Form von Pulvern, Pasten und
staubfreien Pellets sowie Metallic-Dispersionen und Metallic-Druckfarben. Für schimmernde Perlmutteffekte liefert Eckart Perlglanzpigmente und Pasten sowie Perlglanzdruckfarben.
Die Effektpigmente für silberfarbige Druckfarben werden aus Aluminium, die goldfarbenen Pigmentdruckfarben aus Kupfer produziert. Eckart produziert sie in Deutschland,
der Schweiz, Finnland sowie in den USA und
China. Erwähnenswert ist die hohe Fertigungstiefe, ausgehend von Aluminium, Kupfer und Zink bis zum weltweiten Vertrieb der
Endprodukte.
Actega Coatings & Sealants
Actega entwickelt und produziert Lacke,
Dichtungsmassen, Druckfarben und Klebstoffe für flexible und starre Verpackungen
und für die grafische Industrie. Actega ist
Markt- und Technologieführer bei Lacken für
flexible Verpackungen. Die Lacke ermöglichen nicht nur die Herstellung optisch
ansprechender Verpackungen. Sie schaffen
auch die Voraussetzungen, dass das Füllgut
länger frisch bleibt. Actega ist führender Hersteller von wasserbasierten und UV-vernetzenden Überdruck- und Effektlacken, Klebern und Druckfarben für die grafische
Industrie zur Anwendung auf Papier, Karton
und Kunststoff.
ren zu müssen. Sein Leidensdruck mit der
Indigo-Entwicklung, die er 1993 in Birmingham vorstellte und die erst 1999 die versprochene Druckqualität und Betriebssicherheit
erreichte, war unglaublich hoch. Der Einstieg
Hoch profitabel
Bei einem Umsatz von exakt 1,9523 Mrd. Euro
erwirtschaftet Altana einen Ertrag von 397,4
Mio, also 20 Prozent. Das Betriebsergebnis
erreicht nach Zinsen, Steuern und Abschreibungen 267,7 Mio. Euro oder 13,7 Prozent des
Umsatzes. Altana ist hoch profitabel. Überspitzt formuliert konnten die in bar bezahlten 100 Mio. Euro für die 33,3-prozentige
Beteiligung an der Landa Corporation der Portokasse entnommen werden. Die Alleinaktionärin des Unternehmens im Aufsichtsrat
allein kann entscheiden, was mit dem jährlichen Ertrag geschieht.
Was bedeutet das für Landa?
Benny Landa erlebt zum zweiten Mal, was es
bedeutet, eine noch nicht ganz fertige
Maschine in Serie zu bauen und vorfinanzie-
Das 100-Millionen-Euro-Engagement der
Altana-Gruppe soll Benny Landa helfen, seine
Nanotechnologie im Markt durchzusetzen.
viscom print & communication | Nr. 18 | 15. September 2015
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von HP und die Übernahme im Jahr 2001
brachten Benny Landa mit 830 Mio. Dollar
genügend Geld, um seiner Familie und Geldgebern die Kredite zurückzuzahlen und mit
der Erforschung der Nanotechnologie ein
neues Farbverfahren im Inkjetdruck zu entwickeln.
Auf der Drupa 2012 bewies er, dass er als Verkäufer noch besser ist als als Forscher. Er
versprach, seine Indigo-Fehler nicht zu wiederholen. Er wollte zwei Maschinenhersteller mit der Produktion seiner neuen LandaMaschinen beauftragen: Komori für Bogendruckmaschinen und Hunkeler für
Rollendruckmaschinen. Selber wollte Landa
nur die Imaging-Einheit und die Nano-Tinten produzieren. Allen Herstellern von
Offsetdruckmaschinen bot er an, seine
Maschinen in Lizenz zu bauen, weil seine
Nanographie den Offsetdruck sehr stark
konkurrenzieren würde. Da seine Druckresultate 2012 noch nicht so gut waren, begannen die Lizenznehmer Heidelberg und manroland sheetfed mit eigenen Entwicklungen.
In der Folge musste Benny Landa doch wieder alles selber machen. Das Geld wurde
knapp. Jetzt hilft Altana ihm als weisser Ritter aus der Klemme.
Was bedeutet das für Altana?
Altana dürfte unter den Herstellern der
Druckindustrie zu den ertragreichsten gehören. Ihre Umsätze verdanken sie einem reinen und stabilen Materialgeschäft, denn Verbrauchsmaterialien sind im Gegensatz zu
Investitionsgütern von konjunkturellen
Schwankungen weniger stark beeinflusst.
Altana ist wie kaum eine andere Firma in der
Welt fähig, die Herstellung von Nanofarben
aus Landas Labor in die industrielle Grossproduktion zu bringen. Die Zukunftschancen
der Nano-Farbtechnologie gehen nämlich
über die Druckindustrie weit hinaus in die
gesamte Welt der Farben. Für den Eintritt in
die Welt der Nano-Farben ist Altanas Engagement an der Landa Corporation mit 100 Mio.
Euro relativ bescheiden.
Was wird die Drupa 2016 bringen?
Der Drupa-Hype 2012 von Landa wird sicher
nicht mehr die Drupa 2016 beherrschen.
Benny Landa wird erfahrene Verkäufer
haben, die keine Träume mehr gegen Anzahlung verkaufen, sondern nur wirklich lieferbare Druckmaschinen. Die Verkaufszahlen
werden von der Druckqualität und den
Maschinenpreisen abhängen. Der Maschi-
nenpreis wird bei Druckmaschinen so kalkuliert, dass die Entwicklungskosten, die Produktionskosten und Vertriebskosten je ein
Drittel betragen. Gemäss Benny Landa werden Landa und Altana bis zur Drupa 2016 eine
Viertelmilliarde Dollar investiert haben, was
gegenwärtig 220 Mio. Euro entspricht. Würde
man die Entwicklungskosten auf 100 Maschinen umlegen, wäre jede Maschine mit 2,2 Mio.
Entwicklungskosten und 6,6 Mio. Maschinenpreis anzusetzen. Würde man sie auf 200
Maschinen umlegen, wären es immer noch
1,1 Mio. und ein Endpreis von 3,3 Mio. Euro.
Wer also ernsthaft daran denkt, in einem Jahr
auf der Drupa 2016 in den Inkjet-Akzidenzdruck einzusteigen, sollte seinen Fadenzähler und Taschenrechner mitbringen, aber das
Checkbuch besser zuhause lassen. Er sollte
prüfen, ob seine Kunden die NanographieDrucke besser finden als seine gegenwärtigen Offsetdrucke. Dann sollte er prüfen,
warum die Produktionskosten der Nanographie-Drucke niedriger sein sollen als seine
Offsetdrucke. Und er sollte einen Anwender
der ersten Maschinen besuchen und sich das
bestätigen lassen. Denn gemäss Marketingplan stehen zur Drupa 2016 schon die ersten
Beta-Maschinen bei Kunden in Produktion.