beschwerde - SandraSchneider.ch

Sandra Schneider
Stadträtin
Adam-Göuffi-Strasse 17
2502 Biel/Bienne
EINSCHREIBEN
Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Speichergasse 12
3011 Bern
Biel/Bienne, 15. Juni 2015
BESCHWERDE
gegen den Entscheid des Regierungsstatthalters von Biel/Bienne vom 18. Mai 2015
(RAD 9/2015)
i.S. Teilrevision der Verordnung über das Parkieren (Parkierungsverordnung der Stadt
Biel; SGR 761.11)
Sehr geehrte Damen und Herren
In oben genannter Angelegenheit reiche ich als Beschwerdeführerin gegen den Entscheid
des Regierungsstatthalters von Biel/Bienne fristgerecht nachfolgende Beschwerde ein.
RECHTSBEGEHREN
1. Der Entscheid des Regierungsstatthalters vom 18. Mai 2015 sei aufzuheben.
2. Die Teilrevision der Verordnung über das Parkieren (Parkierungsverordnung der Stadt
Biel) sei gemäss den Empfehlungen des Preisüberwachers anzupassen resp.
anzuordnen.
Eventualbegehren:
a. Unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Sache an die Stadt Biel
zur Neubeurteilung unter Berücksichtigung des Schreibens des Preisüberwachers
zurückzuweisen.
3. Unter Kosten.
FORMELLE FESTSTELLUNGEN
1. Gegen den Beschluss des Regierungsstatthalters kann innert 30 Tagen nach Erhalt
eingereicht werden. Diese Frist wird eingehalten.
2. Die Rechtssache betrifft die Parkierungsverordnung der Stadt Biel. Ich als
Beschwerdeführerin bin in der Stadt Biel stimmberechtigt. Dadurch ist eine erforderliche
Beschwerdebefugnis ohne weiteres gegeben.
SACHVERHALT
1. Der Gemeinderat der Stadt Biel hat an seiner Sitzung vom 21. Januar 2015 beschlossen,
die Verordnung über das Parkieren (Parkierungsverordnung) teilweise zu revidieren. Die
Verordnung stützt sich auf das Reglement über die Bewirtschaftung, Finanzierung und
Erstellung öffentlicher Parkierungsanlagen.
2. Dem Preisüberwacher wurden vorgängig zum Beschluss des Gemeinderates die neuen
Gebühren nicht unterbreitet. Diesbezüglich hat das Bundesgericht in einem die
Eidgenössische Schiedskomission für die Verwertung von Urheberrechten und
verwandten Schutzrechten betreffenden Entscheid festgehalten, dass eine unterlassene
Konsultation des Preisüberwachers eine Bundesrechtsverletzung darstellt, die zur
Aufhebung eines angefochtenen Entscheids führen kann (Vgl. dazu den Entscheid des
Bundesgerichts betreffend Leerkassettenvergütung vom 24. März 1995 E. 4g,
auszugsweise publiziert in VKKP 1b/1996, S. 93ff.).
3. Der Regierungsstatthalter von Biel/Bienne wies die Beschwerde der Beschwerdeführerin
ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hat zu klären, ob die vollumfängliche
Abweisung rechtens ist und ob die Empfehlungen des Preisüberwachers Folge zu leisten
sind.
BEGRÜNDUNG
1. Die Beschwerdeführerin legte form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Bieler
Parkierungsverordnung ein. Ebenso informierte sie den Preisüberwacher über die
geplanten neuen Gebührentarife für das Parkieren. Ohne die Intervention der
Beschwerdeführerin wüsste der Preisüberwacher gar nicht, dass in der Stadt Biel eine
neue Tarifgestaltung in Kraft gesetzt werden soll. Der Preisüberwacher konnte seine
Empfehlungen daher erst im Nachhinein und dank der Aufmerksamkeit der
Beschwerdeführerin abgeben.
2. Der Preisüberwacher unterbreitete dem Gemeinderat von Biel am 5. März 2015 seine
Empfehlung. Gestützt auf die ihm vorstehenden Erwägungen gab der Preisüberwacher
folgende Empfehlung ab: „Die jährliche Gebühr für die standortbezogene Dauerparkkarte
für bestimmte Anlagen ist auf maximal Fr. 770.- und die Gebühr für die allgemeine
Parkkarte Blaue Zone (24h) auf maximal Fr. 12.- festzusetzen.“
3. Der Preisüberwacher hält in seiner Empfehlung den Umstand fest, dass eine
unterlassene Konsultation des Preisüberwachers eine Bundesrechtsverletzung darstellt.
Diese kann sogar zur Aufhebung eines angefochtenen Entscheids führen. Der Beschluss
des Bieler Gemeinderates über die neuen Gebühren wurde dem Preisüberwacher nicht
unterbreitet. Er konnte somit nicht frist- und formgerecht angehört werden. Seine in Punkt
2 erläuterten Empfehlungen können daher nur noch mittels dieser Beschwerde
Berücksichtigung finden.
4. Der Preisüberwacher erachtet den Preissprung der standortbezogenen Jahresdauerparkkarten für bestimmte Anlagen von 528 Franken auf neu 1017 Franken als „krass“. Er
empfiehlt eine Gebühr von maximal 770 Franken. Die allgemeine Parkkarte Blaue Zone /
24h von neu 16 Franken wird vom Preisüberwacher als „eindeutig überhöht“ bezeichnet
und empfiehlt eine Erhöhung auf maximal 12 Franken. Die Empfehlungen des
Preisüberwachers weichen damit nicht nur marginal, sondern sehr stark von den
Tarifvorstellungen des Gemeinderats ab.
5. Die Beschwerdeführerin erachtet die Missachtung des Preisüberwachers durch den
Bieler Gemeinderat als grobe Verletzung des Preisüberwachungsgesetz (PüG). Aus
Sicht der Beschwerdeführerin missachtete der Gemeinderat den Preisüberwacher
bewusst, da er von einer negativen Beurteilung der neuen Gebührentarife ausgehen
musste. Da eine unterlassene Konsultation des Preisüberwachers eine Bundesrechtsverletzung darstellt, ist es nun am Verwaltungsgericht, die Parkierungsverordnung im
Sinne der Empfehlungen des Preisüberwachers anzupassen oder dessen Anpassung
anzuordnen. Das Preisüberwachungsgesetz gibt es zudem seit Dezember 1985. Der
Bieler Gemeinderat kann daher nicht argumentieren, er wüsste nicht von der
Konsultationspflicht.
6. Die Beschwerdeführerin anerkennt die Berücksichtigung der PreisüberwacherEmpfehlung durch den Regierungsstatthalter. Allerdings hinkt der von ihm gemachte
Vergleich zwischen der Stadt Biel und der Stadt Luzern. Luzern ist ein anderer Kanton
und zudem Kantonshauptstadt. Weiter verfügt die Stadt Luzern über mehr Einwohner
(über 80‘000 Personen; Biel hat rund 54‘000 Einwohner), was die tendenziell höheren
Gebühren zugunsten einer politisch gewollten Lenkungswirkung rechtfertigen kann.
Umso schwerer wiegen daher die Warnungen des Preisüberwachers, als die Stadt
fiskalische Interessen verfolgt, deren Zulässigkeit ohnehin fraglich ist. Aus Sicht der
Beschwerdeführerin lässt sich die grosse Diskrepanz zwischen den gemeinderätlichen
Gebührentarifen und den Empfehlungen des Preisüberwachers nur mit fiskalischen
Interessen seitens der Stadt Biel logisch erklären. Zur Erinnerung: Der Gemeinderat
möchte den Preis für die standortbezogene Dauerparkkarte um 92% erhöhen; der
Preisüberwacher empfiehlt eine Erhöhung um maximal 45%.
7. Begründung zum Eventualbegehren:
Dass die Stadt Biel den Preisüberwacher nicht berücksichtigt hat, erachtet die
Beschwerdeführerin als grundsätzlich nicht heilbaren Mangel. Das entspricht, wie der
Regierungsstatthalter grundsätzlich richtig festhält, auch der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung. Der Regierungsstatthalter heilte diesen Mangel mit Blick darauf, dass
er über dieselbe Kognition verfüge wie die Gemeinde. Diese Argumentation überzeugt
nicht. Erstens verliert die Beschwerdeführerin durch diese überaus grosszügige
Heilungspraxis faktisch eine Rechtsmittelinstanz. Zweitens handelt es sich bei der
Nichtberücksichtigung des Preisüberwachers durch die Gemeinde um einen schweren
formellen Mangel, der praxisgemäss keine Heilung zulässt. Drittens hat der
Regierungsstatthalter zwar volle Kognition, auferlegt sich aber auch mit Blick auf die
Gemeindeautonomie eine gewisse Zurückhaltung bei der Beurteilung, was ja auch im
angefochtenen Entscheid zum Ausdruck kommt.
BEWEISMITTEL
Beilage 1:
Entscheid des Regierungsstatthalter von Biel/Bienne vom 18. Mai 2015
Beilage 2:
Empfehlung des Preisüberwachers vom 5. März 2015
KOSTEN
Die Beschwerdeführerin verzichtet auf Geltendmachung einer Parteientschädigung. Aufgrund dessen und da es sich um ein einfaches Geschäft handelt, wird um eine Reduktion der
Prozess- und Parteikosten gebeten. Die Verfahrenskosten der Beschwerde beim
Regierungsstatthalter seien aufzuheben. Mit Blick auf die Schwere des formellen Mangels
(Nichtberücksichtigung des Preisüberwachers) ist auf jeden Fall von einer Verfahrenskostenerhebung im vorinstanzlichen Verfahren abzusehen.
Damit sind die eingangs gestellten Rechtsbegehren begründet. Ich bitte Sie höflich um
Folgegebung. Die Ergänzung des Sachverhalts und die Nennung wie auch Einreichung
weiterer Beweismittel bleiben vorbehalten.
Mit freundlichen Grüssen
Sandra Schneider
in dreifacher Ausführung