Sozialausgaben - können wir uns den Sozialstaat leisten?

Soziales
SOZIALAUSGABEN
Können wir uns den Sozialstaat leisten?
Stand: August 2015
Sozialausgaben
Sozialausgaben sind ein Gradmesser für den
sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft.
Durch sie sollen die materiellen Risiken von
Lebenssituationen wie Krankheit, Arbeitslosigkeit oder z.B. altersbedingte Erwerbsunfähigkeit zumindest teilweise abgefedert und die
Teilhabechancen verbessert werden.
Sozialausgaben sind auch ein Kostenfaktor.
Ein Sozialstaat ist dann nachhaltig, wenn dessen Finanzierung auch trotz Alterung der Gesellschaft sichergestellt ist.
Sozialreformen haben die Sozialausgaben
bis zur Weltwirtschaftskrise alterungsfit
gemacht
In den vergangenen Jahrzehnten hat es eine
deutliche demografische Verschiebung zur
älteren Bevölkerung hin gegeben. Dem dadurch entstehenden Ausgabendruck wurde
aber durch zahlreiche Reformen erfolgreich
entgegengewirkt.
Der Anteil öffentlicher Sozialausgaben am
Bruttoinlandsprodukt – dieser Prozentsatz
wird als Sozialquote bezeichnet – hat sich von
1995 bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise 2009 trotz Alterung der Gesellschaft von
28,6 % auf 27,6 % reduziert.
Sozialausgaben
Sozialquote bis 2008 rückläufig, krisenbedingter Anstieg seit 2009
30%
29%
28%
27%
26%
1995 2000 2005 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Quelle: Statistik Austria, Sozialministerium
Die Krisenfolgen von 2009 spüren wir noch
heute
Als Folge der Krise und der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung kam es zu einem
Anstieg der Sozialquote auf fast 30 %.
Die Aufwendungen für ­Arbeitslosenleistungen
und für die Bedarfsorientierte Mindest­
sicherung stiegen seit 2009 stark an, gleichzeitig gestaltete sich die Finanzierung der
Sozialleistungen aufgrund des Wirtschaftseinbruchs schwieriger.
Im Jahr 2013 wurden in Österreich 96 Mrd.
EUR für öffentliche Leistungen im Sozial- und
Gesundheitssektor ausgegeben, das sind
29,8 % des BIP.
Sozialausgaben
Die Hälfte der Sozialausgaben 2013 kam
älteren Menschen und Hinterbliebenen
zugute
Arbeitslosigkeit 6%
andere 2%
Invalidität 7%
Familie/ Kinder 9%
Alter 44%
Gesundheit 26%
Hinterbliebene 6%
Quelle: Statistik Austria, Sozialministerium
Die Gruppe der über 60-jährigen Frauen/65-jährigen Männer erhält den größten
Anteil der Sozialausgaben und hat die höchsten Pro-Kopf-Leistungen.
Dennoch ist bemerkenswert, dass aufgrund
der Sozialreformen in den letzten Jahren die
Pro-Kopf-Leistungen für ältere Menschen
langsamer als die Pro-Kopf-Leistungen für
Menschen unter 60 Jahren gestiegen sind.
Ein Grund dafür ist, dass die jährlichen Pensionsanpassungen (außer beim Ausgleichszulagenrichtsatz) schon seit Jahren maximal in
der Höhe der Inflation erfolgen.
Umgekehrt stiegen die Pro-Kopf-Ausgaben
für Kinder am meisten. Dies ist wiederum auf
Sozialausgaben
den starken Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und der Jugendwohlfahrtseinrichtungen zurückzuführen.
Die Pro-Kopf-Ausgaben stiegen von 1995
bis 2013 deutlich stärker für Kinder als für
Erwachsene
120%
109%
100%
82%
80%
68%
73%
60%
40%
63%
28%
20%
0%
0-14 Jahre
15-59/64 Jahre
60/65+ Jahre
Wachstum der Sozialausgaben für die jeweilige Altersgruppe
Wachstum der Pro-Kopf-Sozialausgaben für die jeweilige
Altersgruppe
Quelle: Statistik Austria, Sozialministerium
Wie finanzierbar bleibt der Sozialstaat?
Wie sich die Sozialquote und Sozialausgaben
in Zukunft verändern werden, hängt von der
Demografie und von politischen Maßnahmen, aber auch von der wirtschaftlichen Entwicklung ab.
Die Zahl der über 65-Jährigen wird auch in
Zukunft steigen. Daraus automatisch eine
künftige Unfinanzierbarkeit des Sozialstaates abzuleiten, wäre zu eng gedacht.
Sozialausgaben
Berechnungen des Sozialministeriums zeigen,
dass unter der Annahme eines zukünftigen
BIP-Wachstums von 1,5 % und eines altersspezifischen Pro-Kopf-Wachstums der Sozialausgaben wie in den vergangenen Jahren die
Sozialquote von 2013 bis 2030 von 29,8 % gerade einmal auf 30,7 % ansteigen würde.
Diese Zahlen stehen im Widerspruch zur oft
vorgebrachten Behauptung, dass die Alterung der Gesellschaft die Finanzierung des
Wohlfahrtsstaates vor kaum lösbare Probleme stelle. Derartig pessimistische Befunde
stützen sich üblicherweise ausschließlich
auf demografische Größen. Sie lassen aber
die zu erwartende wirtschaftliche Entwicklung außer Acht, selbst wenn diese gedämpfter als bisher ausfallen sollte. Es wird dabei
auch nicht beachtet, dass sich das Sozialsystem schon seit einiger Zeit mit Reformen
(z.B. im Pensionsbereich, bei Invalidität etc.)
auf die demografischen Veränderungen eingestellt hat und damit das Wachstum der
Pro-Kopf-Ausgaben für ältere Menschen
deutlich verlangsamt wurde.
Wie unterscheiden sich die Sozialleistungen von Männern und Frauen?
Frauen sind weniger in den Arbeitsmarkt
integriert. Alle Sozialleistungen, die als Ein-
Sozialausgaben
kommensersatz für das Erwerbseinkommen
fungieren, sind damit für Frauen tendenziell
geringer. Andererseits gibt es aufgrund ihrer
höheren Lebenserwartung deutlich mehr
Frauen als Männer, die Pensionen, Gesundheits- und Pflegeleistungen beziehen. Die
nach wie vor vorherrschende geschlechtsspezifische Arbeits- und Rollenaufteilung
führt dazu, dass Leistungen für Familienarbeit, wie etwa das Kinderbetreuungsgeld, in
deutlich höherem Ausmaß Frauen zufließen.
All dies hat zur Folge, dass Frauen in Summe
etwa gleich viel an Sozialleistungen erhalten
wie Männer. Pro Kopf gerechnet sind vor allem erwerbsbezogene Sozialleistungen bei
Frauen deutlich niedriger.
Frauen erhalten anteilsmäßig weniger
erwerbsabhängige Leistungen
erwerbsabhängige
Leistungen für Männer
erwerbsabhängige
Leistungen für Frauen
34%
16%
erwerbsunabhängige
Leistungen für Männer
Quelle: Sozialministerium
22%
28%
erwerbsunabhängige
Leistungen für Frauen
Sozialausgaben
Mehr Informationen
■■„Sozialausgaben in Österreich“ im Sozialbericht 2013-2014: www.sozialministerium.at >
Soziales > Sozialberichte
■■Die Sozialschutzaus­gaben Österreichs gemäß
ESSOSS: www.sozialministerium.at > Soziales
> Sozialausgaben in Österreich
IMPRESSUM:
Verlags- und Herstellungsort: Wien
Titelbild: © istockphoto.com/bmask
Druck: Sozialministerium
Redaktion: agnes streissler – wirtschaftspolitische projektberatung e.U., 1090 Wien; Sozialministerium, Abt. V/B/4
Medieninhaber und für den Inhalt verantwortlich:
BUNDESMINISTERIUM
FÜR ARBEIT, SOZIALES
UND KONSUMENTENSCHUTZ
Stubenring 1, 1010 Wien
Tel.: +43 1 711 00 - 0
sozialministerium.at