Graduelle Extinktion

Schlafberatung bei Säuglingen und
Kleinkindern in Anlehnung an das Züricher
Stufenkonzept
Dr. Werner Sauseng
Ärztlicher Dienst, Amt für Jugend und Familie, Stadt Graz, Österreich
„Mein Kind wacht nachts ständig auf“



Felix, 8 Monate
Wacht nachts alle 1-2 Stunden auf
Kann nur in Bewegung (ein-)schlafen


Kinderwagen muss rollen
Schaukeln des Vaters
Einleitung
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Schlafstörungen betreffen etwa jedes 3. Kind
Große inter-individuelle Unterschiede

Großer Beratungsbedarf

…nur für Ärztekinder
B.Schlüter: Schlafstörungen bei neuropädiatrischen Patienten.
Neuropädiatrie in Klinik und Praxis 2004/3, 87-100, 2004.
6
Nachtschlaf
Iglowstein I et al., Sleep duration from infancy to adolescence: Reference
values and generational trends. Pediatrics 111, 302-307, 2003.
7
aus: Jenni O., Benz C., Schlafstörungen, Pädiatrie up2date
2007; 2(4): 309-333,DOI: 10.1055/s-2007-966893
Tagesschlafhäufigkeit
Iglowstein I et al., Sleep duration from infancy to adolescence: Reference
values and generational trends. Pediatrics 111, 302-307, 2003.
Fall: „Durchschlafproblem“



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Gesunder Säugling
5 Monate
Wird noch 2-3 x nachts gestillt
Schläft ansonsten gut
Mutter möchte wissen, wie sie dem Kind
nächtliches Aufwachen „abgewöhnen“ kann
Regelmäßiges nächtliches Aufwachen
Petit D. et al., Pediatrics 2007
Schlafverhalten des Kindes
Kind
(Veranlagung,
Temperament,…)
Kultur
(Normen,
Erwartungen)
Interaktion
Eltern
(Persönlichkeit,
Erfahrungen,
Emotionen,…)
Umwelteinflüsse,
Familie
Vorstellungsgründe beim Kinderarzt

Wiederholtes nächtliches Aufwachen

Schwierige Einschlafsituation

Ungleichgewicht zwischen kindlichem und
elterlichen Rhythmus (z.B. frühes
morgendliches Aufwachen,…)
Diagnostik

Ausführliche Exploration der Schlafsituation,
Einschlafsituation und des Tagesablaufes
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Schlafprotokoll

Indikation zur Polysomnografie praktisch nie
gegeben
16
Richard, 9 Monate
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


Schreit, sobald er ins Bett gelegt wird
21:00 Uhr Einschlafen, oft dann von 22:00 Uhr bis
1:00 Uhr wach
Oft stündliches Aufwachen von 3:00-7:00 Uhr
Schläft 2 x am Tag
Mag bewegt werden beim Einschlafen
Empfehlungen: Protokoll, regelmäßiger Rhythmus,
Bewegung reduzieren
Antonia, 6 Monate

6 Monate altes Mädchen
Wird nachts noch gestillt (1-2x)
Schläft tagsüber 2-3x
Schläft abends selbständig ein, etwa um
19:00-19:30 Uhr
Aufwachen um 5:00-5:30 Uhr

Mama möchte nicht so früh aufstehen




Individueller Schlafbedarf

Wird bei Kindern manchmal überschätzt…
aus: Jenni O., Benz C., Schlafstörungen, Pädiatrie up2date
2007; 2(4): 309-333,DOI: 10.1055/s-2007-966893
Kira, 6 Monate



6 Monate altes Mädchen
Mutter möchte abends etwas Zeit für sich,
muss ständig beim Kind sein
Mutter möchte auch morgens nicht zu früh
aufstehen
Verhaltensbedingte Schlafstörungen im
Kindesalter

Einschlafstörung aufgrund inadäquater
Einschlafassoziationen

Schlafstörung aufgrund inkonsequentem
Erziehungsverhalten
„Züricher 3-Stufenkonzept“

Rhythmusregulation

Anpassen der Bettzeit an individuellen
Schlafbedarf

Veränderung von Einschlafgewohnheiten
„Mein Kind wacht nachts ständig auf“



Felix, 8 Monate
Wacht nachts alle 1-2 Stunden auf
Kann nur in Bewegung (ein-)schlafen



Kinderwagen muss rollen
Schaukeln des Vaters
-> wie kann selbständiges Einschlafen
erreicht werden???
Verhaltenstherapeutische Methoden

Extinktion: Das Baby schreien lassen…

Graduelle Extinktion (nach Ferber): Kontrolliertes
Schreienlassen
27
Graduelle Extinktion, „Ferbern“
28
Verhaltenstherapeutische Methoden

Extinktion: Das Baby schreien lassen…

Graduelle Extinktion (nach Ferber): Kontrolliertes
Schreienlassen

Graduelle Annäherung: Schrittweises heranführen
von Kind und Eltern an ein neues Einschlafverhalten
29
Vergleich zwischen „Gradueller Extinktion“
und „Gradueller Annäherung“
Graduelle Extinktion
Vorteil
Nachteil
Graduelle Annäherung
Vorteil
Nachteil
Klares Schema
Eltern müssen
weinendes Kind
allein lassen
Eltern müssen Kind
nicht allein lassen
Kein so klares
Schema
Leicht durchführbar
Konsequentes
Erziehungsverhalten
der Eltern notwendig
Tempo individuell gut
anpassbar
Konsequentes
Erziehungsverhalten
der Eltern notwendig
Subjektiv
„schonender“
Schwierig bei lang
„durchhaltenden“
Kindern
Evaluiert [1]
[1] Mindell JA et al. Behavioral treatment of bedtime problems and night
wakings in infants and young children. Sleep (2006);29(10):1263-1276.
„Züricher 3-Stufenkonzept“ - Evaluierung
Werner H et al. The Zurich 3-Step Concept for the Management of
Behavioral Sleep Disorders in Children: A Before-and-After Study.
J Clin Sleep Med. (2015) Jan 12. pii: jc-00229-14. [Epub ahead of print]

79 Kinder, 17,2 Monate alt (6 Mo - 4a), 42% Mädchen
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Fragebögen (ISQ, CBC), Schlafprotokoll, Aktigrafie
Vor und nach Beratung
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Signifikante Abnahme der nächtlichen Wachdauer
Grazer Sprechstunde
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58 Kinder, 11,5 Mo (3 Mo – 2 ½ a)
Mädchen:Buben 40:60
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Zuweisungen über Mundpropaganda, Elternberatung,
Schlaflabor, Medien
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Über ¾ wegen Durchschlafproblemen
12% wegen schwieriger Einschlafsituation
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„Mein Kind wacht nachts ständig auf“
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Felix, 8 Monate
Wacht nachts alle 1-2 Stunden auf
Kann nur in Bewegung (ein-)schlafen


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Kinderwagen muss rollen
Schaukeln des Vaters
-> schrittweise selbständiger beim
Einschlafen werden
Nach 3 Wochen: Deutliche Besserung, Eltern
erholt, kann ohne Bewegung einschlafen
Empfehlungen für die Praxis
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Am Anfang der Beratung steht eine genaue Evaluierung
von Schlaf- und Einschlafsituation
Viele Kinder profitieren sehr von einem regelmäßigen
Schlaf-Wach-Rhythmus (Schlafprotokoll großzügig
anwenden)
Die Schlafmenge gibt das Kind vor (Beachtung des
individuellen Schlafbedarfs)
Nur wer tagsüber und abends selbständig einschlafen
kann, kann auch nachts allein weiterschlafen
(selbständiges Einschlafen „lernen“)
Vielen Dank für
die
Aufmerksamkeit!