«Das sollte für 1500 Messen reichen»

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WALLIS
Walliser Bote
Freitag, 1. Mai 2015
Geschichte | Zum 1500-Jahr-Jubiläum überreichte Leuk der Abtei Saint-Maurice 1500 Deziliter Wein als Zins
«Das sollte für 1500 Messen reichen»
SAINT-MAURICE/LEUK | Warum bezahlten die
Leuker gestern der Abtei
Saint-Maurice, ihrem
ehemaligen Gutsherrn,
die Zinsen für 1500 Jahre
mit 1500 Deziliter Wein?
Nun, «flüssiger Zins»
kommt stets gut an,
Wein brauchts für die
Messe – und pro Messfeier rechnet man mit einem Deziliter Messwein.
«Das sollte für 1500 Messen reichen», bemerkte also der Leuker Gemeindepräsident Roberto Schmidt in der Ansprache,
die er gestern vor der Basilika in
Saint-Maurice zum Besten gab.
«Wir sind stolz…»
Die Übergabe des «Leuker WeinZinses» an die Abtei Saint-Maurice fusst in der Geschichte: In
der Gründungsurkunde der Abtei Saint-Maurice ist der «Hof
Leuk» als Geschenk des Burgunderkönigs Sigismund ans Kloster und damit erstmals urkundlich erwähnt – also feiern beide
heuer ein 1500-Jahr-Jubiläum.
Und weil Leuk seinerzeit dem
Kloster den sogenannten «Mauritius-Zins» zu entrichten hatte,
holte man diese «Zahlung für
die letzten 1500 Jahre» gestern
in Saint-Maurice nach.
«Wir sind stolz, dass Sie
unser Vater – zumindest im
geistigen Sinn – sind, und Sie
können stolz sein auf Ihren
Sohn», bemerkte der Leuker Gemeindepräsident in seiner Festansprache an die Adresse von
Abt Joseph Roduit.
Auch die Zukunft…
Was seinerzeit so alles zum «Hofe Leuk» gehörte, wisse man
zwar nicht, sagte der Gemeindepräsident und fuhr fort: «Sigismund wollte den Mönchen
von Saint-Maurice reiche Einkünfte sichern, und das war
wohl nur mit der Schenkung ei-
RANDNOTIZEN
ZUM WASSER
nes grösseren Grundbesitzes
möglich.» Ob die Schenkungsurkunde echt oder – wie Historiker glauben – gefälscht sei,
werde «wohl für immer ein Geheimnis bleiben», sagte Roberto
Schmidt. Doch dass Leuk bereits vor 1500 Jahren zu den Besitztümern des Klosters gehörte, sei belegt.
Nicht nur Geschichte zelebrieren, sondern «einen
Grundstein legen für eine bleibende Verbindung» sei das Ziel
der Festlichkeiten, sagte der Gemeindepräsident. Deshalb gelte
es, den Blick in die Zukunft zu
werfen – «und die Zukunft sind
unsere Kinder». Weshalb man
auch Leuker Schulkinder zu
dieser Feier mitbrachte. Diese
verschönerten denn auch mit
zwei Liedern die Feier.
Und dann kam Roberto
Schmidt auf den «Mauritiusdenar», also den Zins an den Gutsherrn, zu sprechen. Heute bringe Leuk den Zins für die letzten
1500 Jahre – und zwar in flüssiger Form – kommentierte er
die Übergabe der 1500 Deziliter
Weisswein.
Vom Wein
zum Wasser
Wasser predigen und Wein trinken – wer kennt diesen Spruch
nicht? Doch es stimmt nicht
immer, dieses bösartige Bonmot. Es geht nämlich auch umgekehrt. So stiess Joseph Roduit, der Abt von Saint-Maurice, gestern beim Apéro mit
dem Leuker Gemeindepräsidenten mit Wein an – und
trank dann Wasser. Er hätte
sich gerne ein Glas Leuker
Wein gegönnt, hielt er später
fest. Doch die angeschlagene
Gesundheit – der Abt konnte
erst am Mittwoch das Spital
verlassen – liess dies leider
nicht zu. Trotz gesundheitlicher Probleme hofft der Abt,
am 17. Mai bei der Leuker Jubiläumsfeier die Messe zelebrieren zu können.
Jubiläum
der Zuaven
«Schöne Geschichte…»
Das «Wein-Geschenk» entlockte
dem Abt genauso wie seinen
Klosterbrüdern ein Lächeln.
Dies sei ein Tag der Freude und
des Dankes, hielt Abt Roduit in
seiner Dankesrede fest.
«Es ist eine schöne Geschichte, die wir hier erleben»,
betonte er und lud die Leuker
Festschar – Gemeinderat, Zuaven, Turtmänner Säumer, Musikantengruppe und Schulkinder – zu einer Besichtigung des
Klosterschatzes ein. Als Geschenk überreichte er Roberto
Schmidt ein Buch, das dem
Klosterschatz gewidmet ist.
Eine Ehrensalve der Leuker Zuaven beendete die Feier –
und leitete zum Apéro über: Es
gab Leuker Weiss-, aber nicht
blo
Messwein.
Freude. Abt Joseph Roduit und Gemeindepräsident Roberto Schmidt: Was in diesem
Fässchen wartet, ist nicht der Mess-, sondern der Apérowein.
FOTOS WB
Augen auf –
und Ohren zu
Bereichern die Leuker Zuaven
eine Feier, darf eine Ehrensalve
natürlich nicht fehlen. Dies war
auch gestern vor der Abtei der
Fall. Die Klosterbrüder staunten ob der prächtigen Uniform
und der Gewehre der Leuker –
und hielten sich dann selbstverständlich die Ohren zu, als
es so richtig schön knallte. Was
folgte – ein Lachen.
Vier Tage lang in Feststimmung
Vom 14. bis 17. Mai bringt Leuk die offiziellen Feierlichkeiten zum
1500-Jahr-Jubiläum über die Bühne. Angesagt sind in LeukStadt ein Dorffest mit Heimattagung, Buchvernissagen von
«Blickpunkt:Leuk» und «25 Jahre Leuker Zuaven-Regiment»,
Konzerten, Kinderanimation und Kellerfest. Der offizielle Festakt findet am Sonntag, dem 17. Mai, statt: Auf dem Ringacker
wird Joseph Roduit, Abt von Saint-Maurice, den Festgottesdienst zelebrieren, anschliessend wird die neue Gemeindefahne eingeweiht. Ein gemeinsames Essen für die gesamte Bevölkerung im Sosta zu Susten wird den Schlusspunkt setzen.
Eine Delegation der Leuker
Zuaven verschönerte die gestrige Feier in Saint-Maurice.
Auch sie dürfen heuer auf ein
Jubiläum zurückblicken: Vor
25 Jahren hob man nämlich
das Leuker Zuaven-Regiment
aus der Taufe. Zum silbernen
Jubiläum wird ein Buch erscheinen, in welchem Roger
Mathieu die Geschichte dieses
Regiments verewigt hat.
«Ist dies der
Messwein?»
Dank. Abt Joseph Roduit, umrahmt von den Leuker Zuaven, bei seiner Dankesrede:
Er beschenkte Leuk mit einem Buch über den Klosterschatz von Saint-Maurice.
Nach dem offiziellen Teil folgte
vor dem Hauptportal der Basilika selbstverständlich der
Apéro: Ein Glas guter Leuker
Weisser wartete dort auf die
Festgemeinde. «Ist dies etwa
der Messwein, den wir da trinken?» lautete die Frage, welche
drei fleissige, mittelalterlich gekleidete Frauen beim Einschenken so ziemlich oft zu beantworten hatten. Er war es
selbstverständlich nicht,
denn im kleinen «Apéro-Fässchen» steckte das willkommene Supplement.
Bald auch in
Französisch?
Gesang. Leuker Kinder bereicherten mit Liedern die Feier.
Geschenk. Der «Zins-Wein» kommt in Saint-Maurice an – wie anno dazumal…
Das Kloster Saint-Maurice
führt bekanntlich ein Kollegium. Ob dort bald einmal auch
Leuker Kinder am Büffeln sein
werden? Roberto Schmidt ermunterte gestern die Leuker
Kinder jedenfalls zu diesem
Schritt. Die Kinder der 5. und 6.
Klasse hatten die Feier mit Liedern verschönert – «Rock my
Soul» kam dabei nicht in Französisch, sondern natürlich in
Englisch daher.