„Horst ist wie Sondaschule. Klingt blöd, kann man sich aber sehr gut merken“ Sondaschule, das steht für sich. Für Spaß, Blödsinn, Ska-Punk und ganz viel gute Laune. Die achtköpfige Band aus dem Ruhrpott hat als Samstag Headliner gezeigt, wie man Tausende von Fans und NichtFans oder Noch-Nicht-Fans zum Pogen, Tanzen und Hüpfen bringt. Ich war im Gespräch mit Costa, dem Sänger, Chris, dem Posaunist und Chemokeule, dem zu dem Zeitpunkt betrunkenen Gitarristen. Mit geringen Erwartungen auf ernste Antworten sprach ich mit ihnen über Gott (Helge Schneider) und die Welt. Schön, dass ihr euch die Zeit für das Interview genommen habt. Ihr seid der Samstag-Headliner auf dem großartigen Horst Festival. Habt ihr vorher schonmal vom Horst Festival gehört und wie findet ihr es bis jetzt vor Ort? Chemokeule: Also mein Vatter heißt auch Horst. Und der macht jedes Jahr ein Festival. Aber das ist definitiv nicht so groß wie das hier. Chris: Aber es ist ein Festival der Liebe. Chemokeule: Das ist ein Gartenfestival mit 6 Leuten maximal. Aber wer ist hier überhaupt der Horst? Den Horst kenn ich nicht persönlich. Chris: Keiner kennt den Horst. Wir alle sind Horst. Costa: Das ist vermutlich so wie bei Sondaschule. Klingt blöd, kann man sich aber sehr gut merken. Wie findet ihr es denn bis jetzt hier? Costa: Super. Die Couch auf der wir gerade sitzen ist auf jeden Fall wunderbar. Chemokeule: Ich glaub die ist vom Kröger. Die kostet 369 Euro. Die hab ich auch mal gehabt. Ihr spielt auch bald auf einem anderen Festival. Was macht ihr lieber? Konzerte oder Festival? Wie nehmt ihr die Atmosphäre wahr? Costa: Unser Live-Spezialist, der die Emotionen einfängt, ist unser Posaunist und er kann da gut was zu sagen. Er kriegt immer sehr viel mit. Ich schalte bei Konzerten ziemlich ab und gehe einfach nur ab. Chris: Ich bin der Band-Schwamm, ich sauge alles in mich auf. Beides hat seine guten Seiten. Auf den Clubshows sind natürlich Leute, die uns kennen und deswegen dahin kommen. Und auf den Festivals sind auch andere, die das aber trotzdem meistens gut finden. Meistens, nicht immer. Chemokeule: Auf jeden Fall vielleicht. Costa: Das ist sehr gut sogar. Wenn das alle gut fänden, dann wär es auch scheiße. Dann fänd ich es nicht mehr gut. Chemokeule: Und außerdem steckt in dem Wort Festival das Wort „Fest“. In Club-Show „Club“. Den Rest könnt ihr euch jetzt selber zusammenmalen. Am 29. August steht ihr als Vorband von The Offspring auf der Bühne. Ist das eine große Sache für euch? Weil ihr seid im Grunde ja auch schon groß... Costa: Es ist natürlich cool mit so einer Punkrock-Legende zusammen zu spielen. The Offspring kennt halt jeder. Das wird bestimmt sehr geil. Aber vor einem Jahr haben wir mit NOFX zusammen gespielt und das war für mich ein viel größeres Highlight. The Offspring ist das, was neben Green Day und NOFX jeden zu der Zeit 16jährigen beeinflusst hat. Die sind halt DIE bekanntesten Punkbands, es gibt auch andere gute aber unbekannte.Viele haben sich weiterentwickelt, aber die sind schon die größten und das ist schon „gail“. Chris: Ich war zu der Zeit vier Jahre alt und die haben mich gar nicht beeinflusst. Wer ist denn für dich eine große Nummer? Chris: Das ist eine gute Frage. Chemokeule: Der Staat? (Band lacht, was sie sehr gerne und sehr oft tun) Chris: „Gleichlaufschwankung“ aus Cottbus. Chemokeule: Ich bin ein ganz großer Fan von Bratze. Ihr habt schon sehr viel erreicht mit eurer Musik. Ihr seid Horst-Headliner. Kann man da noch Träume haben? Costa: Wir träumen den ganzen Tag. Wir leben in einem Traum. Nicht DEN Traum, aber IN einem Traum. Es kann immer noch schöner werden. Ist das so ein guter Traum, dass ihr nicht aufwachen wollt? Costa: Nein das überhaupt nicht. Aufwachen ist immer cool. Und wenn wir feststellen sollten, dass das Ganze nur ein Traum war, hatten wir zumindest eine schöne Zeit. Da wäre ich froh drum mitgemacht zu haben. Chemokeule: Jetzt mal was Ernstes. Wir haben ein paar Jahre lang harte Scheiße gebaut. Aber seit 2 Jahren haben wir all unsere Traumata hinter uns gelassen. geil, weil er macht ja schon was her. Der ist immer so nett zu uns. Ich werd das mal für euch klar machen. Costa: Ja? Das ist aber nett. Dann überlege ich mir das nochmal. Chemokeule: Wenn du mit nem Security-Typen verheiratet bist, dann hat das traute Heim Glück zu zweit auch nen ganz anderen Ausdruck. Dann braucht man so ein Bändchen und ansonsten kommt da keiner bei dir in die Bude rein. Nicht zum Kaffeekränzchen, gar nichts. Ohne Bändchen, keine Freunde. Habt ihr eine Bandphilosophie? Ihr seid ja acht Leute. Ist es da nicht schwierig immer eine gute Stimmung zu halten? Costa: Nicht 8. Einer ist verschollen. Wir warten noch auf ihn. Er war mit uns in Bangkok und ist nicht mit uns zurück gefahren. Er fand es da einfach schöner als hier. Also wenn du das hörst Roberto Rosetti, wir vermissen dich. Jetzt sind wir nur noch zu siebt. Und gibt es da manchmal Stunk? Chemokeule: Nein nie! Costa: Pure Harmonie, da viele von uns aus Mülheim-Styrum kommen. Chemokeule: Wir sind antiautoritär erzogen worden und antiautoritär reagieren wir auch. Wenn er jetzt zum Beispiel sagt, dass ich mich ein bisschen ändern muss, dann frag ich nur,warum? Und das funktioniert ganz gut. Da gibt er dann ganz schnell auf. Wie ich gerade merke, ihr seid in Interviews immer sehr lustig. Kann Sondaschule auch mal ernst sein? Costa: Wenn du möchtest, können wir ab jetzt die Fragen ernst beantworten... Ok dann diese Frage: Welche Themen beschäftigen euch? Costa: Das ist natürlich eine scheiß Frage, um ernst zu bleiben. Chemokeule: Weihnachten und Benzinsteuer. Costa: Also in unserer Musik sind Frauenbeine auf jeden Fall ein Thema für uns. Frauen allgemein, weil ich Frauen sehr mag. Chemokeule: Auch besoffene Frauen. Costa: Und wenn wir bei Alkohol singen, kommt dann so was raus wie „Tausch Alkoholsucht gegen Liebe“. Keiner von euch liebt einen Mann? Costa: Doch aber wir möchten nicht zugeben wer. Chemokeule: Wir hätten schon gerne einen Quotenschwulen bei uns in der Band. Aber wir wissen noch nicht so genau wer das ist. Chris: Ihr habt es ja jahrelang bei mir versucht, aber das hat nicht geklappt. Costa: Ich glaub unser Busfahrer ist schwul und der Typ, der gerade hinten rechts an der Bühne steht. Aber wir freuen uns mit ihm. Und wenn ich auf Männer stehen würde, fänd ich ihn auch Der Flashmob zu eurem Videodreh „Strand im Ruhrgebiet“ wirkt sehr heimatverbunden. Anstatt eines Pauschalurlaubs in Malle, wird der Sand vor die eigene Haustüre gekippt. Was macht das Ruhrgebiet zu eurer Heimat außer dass ihr da aufgewachsen seid und die Band gegründet habt? Chris: Zu Heimat fällt mir immer ein:„Südtirol ist nicht Italien“. Costa: Boah du blödes Schwein. Das ist ein Zitat von einer anderen Band (Anmerk.: Frei.Wild), was jetzt nur für uns lustig war... Chemokeule: Ich stand heute an der Bushaltestelle in Oberhausen und da sagt nen 16jähriges Girlie zu ihrer Mutter, die das Kind von sich im Kinderwagen hat „Mama mach die Kippe aus, die Bus kommt.“ Dann bist du im Ruhrpott. Costa: Dann bist du zuhause. Bei uns in der Pommesbude war das wirklich schon mal, da kam der Kommentar „Gib mir mal dat Pommes“. Da haut die Mutter dem Kind eine und sagt „Wie heißt dat?“ und das Kind sagt „Gib mich bitte mal die Pommes“ und dann hat er auch die Pommes bekommen. Aber ihr in Gladbach kennt das, ihr seid Kummer gewöhnt. Chemokeule: Wir haben extra ein Lied gemacht für Gladbach und das geht folgendermaßen: °°Sondaschule singt: „Wie schööön wäre Gladbach ohne Gladbacheeeeer“ Dankeschön. Da werden sich die LeserInnen aus Gladbach aber sehr freuen. Costa: Das kann man auch über Köln singen. Das ist multikompatibel. Welche Musikszene hat euch denn vor Ort beeinflusst? Costa: In Mülheim gibt es ja Helge Schneider und die Lokalmatadore, eine Punkband. Chemokeule ist mit denen aufgewachsen. Und die machen auch super Musik und das sind schon Vorbilder gewesen. Wir haben mal den Backstage-Bereich von denen so verwüstet, dass die nicht mehr mit uns spielen wollen. Aber das war unser erstes großes Konzert und an dem Abend haben wir echt gedacht, wir hätten es geschafft. Weil wir in einer Halle mit 500 Leuten gespielt Foto: David Windelen Chemokeule: Alles nichts kann muss. Costa: Er wollte sagen: Alles kann, nichts muss. Chemokeule: Jeder wie er will, aber nicht in meiner Nähe. Costa: Das ist unsere Bandphilosophie. Und Freunde bleiben. Auch wenn es manchmal schwer ist, wenn es knallt. Aber Freunde bleiben über Jahre hinweg. Sich lieben. Dann geht alles. Chemokeule: Und nichts zu Weihnachten. Foto: Lucas Heinz haben als Vorgruppe von den Lokalmatadoren.Und während die dann ihr Konzert gemacht haben, haben wir ne Megaparty veranstaltet mit Ketchup, Senf und dem Buffet. Wir haben richtig Gas gegeben und dann haben die uns danach erklärt, das sei uncool alles so voll zusauen. Deswegen haben die nicht mehr mit uns gespielt. Aber mögen tun sie uns noch. Das ist 10 Jahre her und wenn man in Mülheim was trinken geht, ist man in der selben Kneipe. Chemokeule: Ganz liebe Grüße auch an Ruhrpottkanaken, auch Freunde von uns. Ich bin mit den Ruhrpottpunkbands aufgewachsen. Costa: Weil er so alt ist. Das ist nicht meine Generation. Chemokeule: Ich werd ja nächstes Jahr 23... Das war ne harte Zeit die letzten... 12... Wochen... Costa: Wir hatten eher Vorbilder in Amerika. Rancid, Tupac, Michael Jackson, Mighty Bosstones, David Hasselhoff ein bisschen. durchstreiche bis ich fertig bin. Und beim Laptop hat man die Entf-Taste, die ist großartig. Und wenn die Batterie leer ist, dann hat’s nicht sein sollen. Dann war es für den Tag. Dann sieht man nicht mehr den zusammengeknüllten Haufen von nicht nutzbarer Kreativität neben sich liegen. Costa: Ja der nervt, weil man den runtertragen muss und ich wohne ganz oben. So im Monat kommen da schon ein paar Kilo Papier zusammen. Ich hab auch leider immer noch nicht den „Keine-Werbung-Aufkleber“. Hast du so einen? Chemokeule: Warum sollte ich? Das sind Rohstoffe, die ich für umsonst kriege... Costa: Darum frag ich ihn immer bei den Texten, weil er es einfach besser weiß. Habt ihr mal an ein Feature mit Helge Schneider gedacht? Chemokeule: Ich komm aus dem Elektrobereich und ihr müsst mal unbedingt bei illegalen Downloadportalen nach „Blutstuhl“ suchen. Da hängt mein Herz dran. Das ist ein ganz wichtiges Nebenprojekt von mir, was ich seit 15 Jahren schon nicht mehr angepackt habe, aber damit werd ich bestimmt irgendwann mal steinreich. Costa: Dran gedacht oft, aber ich würde nie zu irgendjemandem hingehen und sagen „Machst du bitte bei mir mit, damit ich cooler bin?“ Es ist zwar ein Wunschtraum von mir, aber wenn dann würde ich es nicht veröffentlichen. Wenn er irgendwann sagt „Ey ihr seid total cool, ich will was mit euch machen“ was er nie machen wird, dann wär das was anderes. Ich hatte bis jetzt nur drei oder vier Idole in Sachen Musik. Zwei hab ich kennen gelernt und seitdem sind sie keine Idole mehr. Mike von NOFX hab ich halt nicht voll gelabert und Helge Schneider brauch ich auch nicht vollzu labern. Ich mag sie so wie sie sind und finde super was sie machen und muss mich da nicht mit fremden Federn schmücken. Woher zieht ihr denn die Inspiration für eure Texte und Musik? Costa: Heroin. Nee Heroin ist viel zu teuer. Chemokeule: Heroin und Heroinentzug. Costa: Das Leben schreibt die Texte... Ich setz mich hin und nehm mir ein Blatt. Wenn ich gut drauf bin, nehm ich mir zwei Blätter, weil ich denke, dass ich die voll kriege. Chris: Dann sitzt du die ganze Nacht und dann steht da ein Satz drauf, den man nicht verwenden kann. Costa: Genau. Und dann machen die Jungs den Rest. Habt ihr auch bestimmte Orte an denen ihr schreibt? Costa: Ich sitz immer auf der Couch, im Schneidersitz vor meinem Laptop. Das Gute ist, dass man nicht mehr so viele Blätter verwendet, weil ich immer sehr kritisch bin und tausend Mal Macht ihr manchmal auch Schulausflüge in andere Genres? Experimentiert ihr gerne? Was macht ihr denn so, wenn ihr schulfrei habt? Geht ihr arbeiten oder könnt ihr von Sondaschule leben? Costa: Wir haben ein paar die leben davon, wir haben ein paar die arbeiten gehen, weil sie sonst irre werden und wir haben ein paar, die gehen arbeiten, weil sie denken davon können sie nie leben. Jetzt kannst du überlegen wer wer ist. Chemokeule: Es gibt da so einen schönen Musikerwitz: Kommt ein Musiker zum Arzt. Sagt der Arzt „Sie haben noch 6 Wochen zu leben“ fragt der Musiker „Wovon?“. Costa: Er ist der, der arbeiten geht. Bist du Witzeschreiber? Chemokeule: Ja hauptberuflich. Hab im Internet auch ein paar Seiten... Du bist viel im Internet unterwegs? Chemokeule: Ja weil ich muss ja neben der Arbeit und dem Kind und der Band und der Frau und der Ex-Frau und der Mutter und dem Auto und den Schulden,muss ich mich ja mal ablenken können durch noch mehr Schulden machen. Und RTL 2 gucken. Costa: Da holt er sich immer die Inspiration für solche Interviews. Als ich mein FSJ an einer Sonderschule gemacht habe, sind viele lustige Sachen passiert, wie beispielsweise, als eine Schülerin hat ihre Kacke an die Klowände geschmiert hat. Was ist das Lustigste, das euch passiert ist? Costa: Also das ist ziemlich normal für uns. Wir haben auch immer gesagt, wenn sich einer traut seine eigene Kacke in die Hand zu nehmen, dauert es nicht lange bis sie jemand anderes im Gesicht hat. Chemokeule: Also ich hätte da 15 Anekdoten drauf, aber das darf man hier nicht erzählen. Costa: Wir haben es eigentlich konstant lustig, es passieren viele lustige Dinge. Wir haben schon mit Raketen auf Schafe geschossen... Darf man hier soetwas erzählen? Da kommt gleich noch ein Interview hab ich gehört... Costa: Egal wie uncool das ist, aber wir klatschen uns alle immer einmal ab. Dann kuschelt man nochmal kurz oder wünscht sich alles Gute, fragt was man so gemacht hat, wie das Wetter so ist... Chemokeule: Was die Aktien machen... Costa: Ob das Haus endlich verkauft ist und ob die Frau endlich weg ist... Chemokeule: Wie lang das Kind noch lebt... Costa: Und dann geht es los. Dann gehen wir auf die Bühne. Oh und jetzt sind wir auch schon dran... Dann wünsche ich euch ganz viel Spaß! Sondaschule: Wir danken für das großartige Interview. Das ist nicht lustig. Chemokeule: Nein das war der andere. Das Gericht hat gesagt, wir waren das nicht. Es folgt eine kurze Diskussion über Veganismus, die an dieser Stelle eher unrelevant ist. Man redet über den veganen Tontechniker der Band, über die nichtveganen Hähnchen, die aber vegan schmecken und darüber, dass Chris einen Renault Vegan fährt... Gleich ist euer Auftritt. Habt ihr ein Ritual bevor ihr auf die Bühne geht? Foto: Lucas Heinz, Costa: Ja. Wir schlafen mit der Interviewpartnerin. Chemokeule ruft noch aus dem Off „Verpiss dich du Journalistin, wir müssen arbeiten“. Ich verabschiede mich und sehe diesen Kommentar einfach als Beweis dafür, dass man mit Sondaschule kein ernstes Gespräch führen kann. Aber das ist auch gut so. Denn wie gesagt, es klingt zwar blöd, aber kann man sich sehr gut merken. Interview: Annika Pehle
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