Hyperbolische Lineare Flüsse Seminararbeit Julia Rosenzweig Lehrstuhl für Mathematik III Fakultät für Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsmathematik Universität Mannheim Prof. Dr. Martin U. Schmidt 28.04.2015 1 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 2 Vorüberlegungen 2.1 Linearer Fluss . . . . . . . . . . . 2.2 Exponentialfunktion für Matrizen 2.3 Komplexifizierung . . . . . . . . . 2.4 Stabilitätskriterium . . . . . . . . 2 . . . . 2 2 3 3 4 3 Hyperbolische lineare Flüsse 3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Hyperbolische lineare Flüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 10 Literaturverzeichnis 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1 MOTIVATION 1 Motivation Das Ziel dieses Seminarvortrages ist es, hyperbolische lineare Flüsse einzuführen sowie wichtige Sätze darzustellen und zu beweisen. Das Thema ist den Stabilitätsbetrachtungen dynamischer Systeme zuzuordnen. Denn hyperbolische lineare Flüsse zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie keine Grenzfälle enthalten, die bei kleinen Störungen ihr Verhalten ändern können. 2 Vorüberlegungen Um die Theorie der hyperbolischen linearen Flüsse zu verstehen und die Sätze möglichst vollständig beweisen zu können, bedarf es einiger einführenden Definitionen und Sätze. Dazu betrachten wir im Folgenden den endlichdimensionalen normierten Vektorraum pE, }}E q über K. 2.1 Linearer Fluss Definition 2.1 (Fluss). Es sei M ein metrischer Raum und für jedes x P M sei J pxq : ptpxq, t pxqq ein offenes Intervall in R (maximales Existenzintervall) mit 0 P J pxq. Ferner seien ¤ Ω : J pxq txu P x M und ϕ : Ω Ñ M eine Abbildung mit den folgenden Eigenschaften: (i) (ii) (iii) (iv) Ω ist offen in R M ϕ : Ω Ñ M ist stetig ϕp0, q idM für x P M , s P J pxq und t P J pϕps, xqq ist s ϕpt, ϕps, xqq ϕps t, xq. t P J pxq und es gilt Dann heißt ϕ Fluss auf M (oder (lokales) dynamisches System auf M). Gilt Ω R M , so heißt ϕ ein globaler Fluss. Man bezeichnet einen Fluss als linear, falls er vom dynamischen System x9 Ax, A P LpE q induziert wird, d.h. ein linearer Fuss ϕpt, xq wird durch die Lösung dieser Differentialgleichung erzeugt. 3 2 VORÜBERLEGUNGEN 2.2 Exponentialfunktion für Matrizen Bemerkung 2.2. (a) Die Exponentialfunktion für Matrizen ist gegeben durch: e tA : 8̧ tk Ak k 0 k! @t P R. Insbesondere konvergiert diese Reihe. (b) Für den von A P LpE q auf E erzeugten linearen Fluss ϕ gilt ϕpt, xq etA x (c) Für A, B (i) (ii) (iii) (iv) 2.3 @pt, xq P R E P LpE q und s, t P R gilt: e0A 11 , ept sqA etA esA }etA} ¤ e|t|}A} petAq1 AetA Falls AB BA: eA B eA eB eB eA. Komplexifizierung Die Komplexifizierung „erweitert“ den Raum indem einem reellen Vektorraum (VR) ein entsprechender komplexer VR zugeordenet wird (so z.B. Rn zu Cn bzw. Rmn zu Cmn ). Es sei also K R. Dann wird die Komplexifizierung EC von E pE, }}E q gebildet, indem man auf E E eine Multiplikation mit komplexen Skalaren γ : α iβ P C R iR definiert durch γz : pαx βy, βx αy q @z px, y q P E E und eine Norm durch }z}E : 0¤max }xcospϕq ϕ¤2π C ysinpϕq}E sowie eine komponentenweise Addition. Der normierte C-Vektorraum EC : pE E, }}EC q hat die Dimension m (über C), wenn E die Dimension m (über R) hat. Hierbei gilt 1px, 0q px, 0q und ipx, 0q p0, xq sowie }px, 0q}EC }x}E @x P E. Wir identifizieren also E mit E t0u in EC und jedes Element z px, y q lässt sich eindeutig in der Form z x iy darstellen. Daher schrieben wir kurz EC E iE. Die Komplexifizierung AC von A P LpE q wird durch AC px @x iy P EC erklärt. Weiterhin gilt }AC }LpE q }A}LpE q und da pAC qn pAn qC @n P N ist, folgt auch, dass petA qC etA . C C 1 Einheitsmatrix iy q : Ax iAy 4 2 VORÜBERLEGUNGEN 2.4 Stabilitätskriterium Der nachfolgende Satz ist von zentraler Bedeutung für die Diskussion von linearen Flüssen, da er das komplexe Problem der Untersuchung des Verhaltens von Flüssen für t Ñ 8 auf elementare Betrachtungen von Eigenwerten einer Matrix reduziert (Lineare Algebra). Satz 2.3 (Stabilitätskriterium). Für A P LpE q gilt lim etA Ñ8 t 0 in LpE q ô Repλq 0 @λ P σpAq, d.h alle Eigenwerte von A liegen genau dann in der offenen negativen komplexen Halbebene, wenn für jede Lösung u von x9 Ax in E gilt: lim uptq 0. Ñ8 t Beweis: Ist K R, so gilt petAqC etA @t P R maxt}x}E , }y }E u ® }x iy }E ® 2 maxt}x}E , }y }E u C und, wegen (Sandwich-Kriterium), C petAqC Ñ 0 in A P LpEC q ô etA Ñ0 für x iy P E iE in A P LpE q. Also genügt es, nur den Fall K C zu betrachten. Es sei Repλq 0 für alle λ P σ pAq, und u sei eine beliebige Lösung von x9 Ax. Dann ist u eine Linearkombination von Funktionen der Form tn eλt y, λ P σ pAq, y Wegen |tneλty| tn tÑ8 folgt uptq ÝÑ 0. a P E. ? etpλ λ̄q |y | tn etp2 Repλqq |y | tn et Repλq |y |, t ¯ 0, Ist umgekehrt Repλq ¯ 0 für ein λ P σ pAq, so ist uptq : eλt y, y eine Lösung von x9 Ax mit P kerpA λ1q, y 0, lim |uptq| |y | lim et Repλq Ñ8 t Ñ8 t 8. Da klar ist, dass etA für t Ñ 8 genau dann in LpE q konvergiert, wenn jede Lösung u von x9 Ax für t Ñ 8 in E gegen Null konvergiert, ist alles beweisen. 5 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE Korollar 2.4. Für A P LpE q gilt genau dann Repλq 0 u 0 von x9 Ax gilt: lim |uptq| 8. @λ P σpAq, wenn für jede Lösung Ñ8 t Beweis: Es sei uptq etA x mit x 0. Wegen uptq e|t|A x für t ® 0 folgt |x| |e|t|Auptq| ® |e|t|A||uptq|. Da nach dem Stabilitätskriterium lim e|t|A 0 genau dann gilt, wenn Repλq 0 für alle λ P σ pAq ist, folgt die Behauptung. Ñ8 t Korollar 2.5. Für jede Lösung u 0 von x9 Ax in E ist lim |uptq| 8 Ñ8 t genau dann, wenn Repλq ¡ 0 @λ P σpAq gilt. Beweis: Für uptq etA x und t ¡ 0 gilt uptq etpAq x. Wegen λ P σ pAq ô λ P σpAq folgt die Behauptung aus dem vorherigen Korollar. 3 Hyperbolische lineare Flüsse Wir betrachten den allgemeinen Fall eines beliebigen K-Vektorraums E pE, } }E q der Dimension m 8. Für A P LpE q schreiben wir dann kurz etA für den von A erzeugten linearen Fluss auf E (statt der präzisen Bezeichnung ϕ : R E Ñ E, pt, xq ÞÑ etA xq. 3.1 Grundlagen Definition 3.1 (Senke, Quelle). Der Nullpunkt von E, der ein kritischer Punkt ist, (d.h. ϕpt, xq x @t P J pxq, x P M ) -und zwar der einzige, wenn A injektiv ist- heißt eine Senke [bzw. eine Quelle], wenn @x P E zt0u gilt: lim etA x 0 Ñ8 t tA rbzw. tlim Ñ8 |e x| 8s 6 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE Dies ist nach Korollar 2.4 und 2.5 genau dann der Fall, wenn Repλq 0 rbzw. Repλq ¡ 0s @λ P σpAq. Ist 0 eine Senke [bzw. Quelle], so sagt man auch, der lineare Fluss etA sei eine Kontraktion [bzw. eine Expansion]. Wir wollen nun zeigen, dass bei einer Kontraktion [bzw Expansion] jede Flusslinie ϕx ptq etA x mit x 0 für t Ñ 8 exponentiell gegen 0 [bzw. „gegen 8“] konvergiert. Dazu benötigen wir das folgende wichtige Lemma. Ist M C nicht leer und ist β P R, so schreiben wir im Folgenden RepM q β, wenn Repmq β @m P M gilt. Analog sind verwandte Ungleichungen zu interpretieren. Des Weiteren verstehen wir unter einer Hilbertnorm } } eine aus einem Skalarprodukt abgeleitete Norm, d.h für ein geeignetes Skalarprodukt x, y auf E gilt }x}2 xx, xy. Lemma 3.2. Für A P LpE q und α P R gelte Repσ pAqq α. Dann existiert eine Hilbertnorm } } auf E mit }etA} ® eαt @t P R . Beweis: Zerlegung von A: Wir betrachten den Fall K C. Eine wesentliche Aussage der Linearen Algebra ist es, dass man A bezüglich einer geeigneten Basis in der Form A D N darstellen kann mit diagpλ1, . . . , λ1, λ2, . . . , λ2, . . . , λk , λk q diagpµ1, . . . , µmq und N nilpotent, d.h. N m 0, sowie N D DN . Des Weiteren können wir die Basis te1 , . . . , em u von E so wählen, dass gilt: N ej ej 1 oder 0. Wenn wir nun ej durch aj : δ j ej mit δ ¡ 0 ersetzen, sodass ta1 , . . . , am u die neue Basis bildet, so wird D dadurch nicht verändert und für N gilt: N aj δaj 1 oder 0. D Abschätzung von N: Die Matrix von N hat nun bezüglich der neuen Basis ta1 , . . . , am u höchstens in der oberen Nebendiagonale von Null verschiedene Elemente, nämlich die Zahlen δ. Wenn wir nun die zu dieser Basis gehörige euklidische Norm verwenden (d.h wir wählen ein Skalarprodukt und damit eine Norm, sodass aj , j 1 . . . m zur Orthonormalbasis wird), so folgt: zu 7 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE jedem ε ¡ 0 gibt es eine Hilbertnorm } } auf E mit }N } ® ε . Denn mit v γk P C, @v P E (Linearkombination von Basiselementen) und }v }E 0 gilt: $ ' &δa ' k 1 %0 g # 2 f f ° |γk δ| m e hk k ik k j k 1 °m γ N a } 02 } N v }E } k E k 1 k }N } : sup }v} sup sup a°m 2 }v}E v PE v PE v PE E k1 |γk | a°m a°m 2 2 δ k1 |γk δ | ® sup }v} sup }vk} 1 |γk | δ : ε, v PE v PE E E Abschätzung von etD : Mit D diag pµ1 , . . . , µm q und tD e m̧ 1 k k t D k! k1 diagpetµ , . . . , etµ q m 1 folgt die Abschätzung °m γ etD a } } etD v }E } }e } sup }v} sup k1}vk} k E v PE v PE E E a°m a °m tµ |2 2 tµ |2 k1 |γk e k1 |γk | |e sup sup }v}E }v}E v PE v PE tD k k tµ ® sup max1®j®}mv}|e |}v}E j P v E E a a 1max | etµ | max etµ etµ max etµ etµ ®j ®m ? tpµ µ1®q j®m ? 2t Re p1µ®qj®m 1max e 1max e ®j ®m ®j ®m 1max et Repµ q ®j ®m ® etpαεq, j j j j j j j j wenn wir ε ¡ 0 so wählen, dass Repλq ® α ε @λ P σpAq ist. j °mk1 γk ak , 8 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE Abschätzung von etA : Also ergibt Bemerkung 2.2 die Abschätzung p C S q p2.2q tpαεq t}N } e e }etA} }etpD N q} komm. }etD etN } ® }etD }}etN } ® pq tpαεq tε ® e e eαt f ür t ¡ 0. Da der Realteil eines komplexen Skalarproduktes ein reelles Skalarprodukt ist, induziert eine Hilbertnorm } }EC , die auf der Komplexifzierung EC eines reellen Vektorraumes E defniert ist, auf dem reellen Untervektorraum E eine Hilbertnorm } }E . Da für A P LpE q und x P E offensichtlich }Ax}E }AC x}EC gilt, folgt }A}LpE q ® }AC }LpEC q . Wenn wir also diese Resultate auf die Komplexifizierung anwenden, erhalten wir die Behauptung auch für den reellen Fall K R. Bemerkung 3.3. (a) Gilt Repσ pAqq α, so existiert eine Konstante β ¯ 0 mit }etA}E ® βeαt @t ¯ 0. (b) Für A P LpE q und α P R gelte Repσ pAqq ¡ α. Dann existiert eine Hilbertnorm E und eine Konstante γ ¡ 0 mit } } auf }etAx} ¯ eαt}x} und für x P E und t ¯ 0. }etAx}E ¯ γeαt}x}E Beweis: (a) Dies folgt unmittelbar aus Lemma 3.2 und der Tatsache, dass auf einem endlichdimensionalen Vektorraum - also insbesondere auf LpE q- alle Normen äquivalent sind. (b)Nach Lemma 3.2 ist }etA} }etpAq} ® eαt @t ¯ 0 wegen σ pAq σ pAq. Hieraus folgt }x} }etAetAx} ® }etA}}etAx} ® eαt}etAx} für x P E und t ¯ 0. Durch Multiplizieren mit eαt auf beiden Seiten erhält man also die erste Behauptung. Die zweite ergibt sich wieder durch Äquivalenz der Normen. 9 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE Nach diesen Vorüberlegungen erhalten wir leicht den folgenden Satz über das exponentielle Abklingen bzw. Anwachsen der Flusslinie im Falle einer Senke bzw. Quelle. Satz 3.4. Es sei A P LpE q. Dann sind äquivalent: (i) Der Nullpunkt ist eine Senke. (ii) Es existieren Konstanten α ¡ 0 und β ¯ 0 mit (iii) }etAx}E ® βeαt}x}E @t ¯ 0, x P E. Es existieren eine Hilbertnorm } } auf E und eine Konstante α ¡ 0 mit }etAx} ® eαt}x} @t ¯ 0, x P E. Ebenso sind äquivalent: (i’) Der Nullpunkt ist eine Quelle. (ii’) Es existieren Konstanten α, β ¡ 0 mit }etAx}E ¯ βeαt}x}E @t ¯ 0, x P E. (iii’) Es existieren eine Hilbertnorm } } auf E und eine Konstante α ¡ 0 mit }etAx} ¯ eαt}x} @t ¯ 0, x P E. Beweis: (i) ñ (iii) Def. Der Nullpunkt ist eine Senke ùñ @x P E zt0u gilt: limtÑ8 etA x 0. Kor. 2.4 ðñ Repλq 0 @λ P σpAq ñ Dα ¡ 0, sodass Repλq α ñ Nach Lemma 3.2 existiert eine Hilbertnorm, sodass gilt: }etAx} ® }etA}}x} ® eαt}x} @t ¯ 0, x P E. 3.2 (iii) ñ (ii) Mit der Äquivalenz der Normen pc1 }x} Vektorraum erhalten wir: ® }x}E ® c2}x}q auf einem endlichdimensionalen piiiq }etAx}E ® c2}etAx} ® βeαt}x}E c2 eαt }x} ® :βkj hkkik c2 c1 eαt }x}E 10 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE ñ (i) piiq tÑ8 0 ® }etA x}E ® βeαt }x}E ÝÑ 0. (ii) Nach dem Sandwichkriterium gilt also lim etA x 0 Ñ8 t ô Der Nullpunkt ist eine Senke. Der Beweis zu (i’), (ii’) und (iii’) verläuft analog. 3.2 Hyperbolische lineare Flüsse Im Folgenden bezeichnen wir mit mpλq die algebraische Vielfachheit des Eigenwerts λ von A P LpE q. Weiterhin zerlegen wir das Spektrum σ pAq tλj | j 1, . . . , k u disjunkt, σ pAq σs pAq Y σn pAq Y σu pAq in das stabile Spektrum: das neutrale Spektrum: und das unstabile Spektrum: σs pAq : tλ P σ pAq| Repλq 0u, σn pAq : tλ P σ pAq| Repλq 0u σu pAq : tλ P σ pAq| Repλq ¡ 0u. Diese Zerlegung ist vor allem deshalb nützlich, da wir nun Aussagen über das Verhalten der zum jeweiligen Spektrum gehörenden Eigenvektoren (EV) treffen können: Die EV zum stabilen Spektrum sind kontrahierend zu Null (Fixpunkt) und die EV zum unstabilen Spektrum sind expandierend bzgl. des Nullpunktes. Lediglich die EV zum neutralen Spektrum weisen ein „unklares Verhalten“ auf, in dem Sinne, dass sie z.T. weder expandieren noch kontrahieren, sondern beispielsweise einen periodischen Fluss auf einer Kreisbahn um die Null bilden. Dies ist der Grund dafür, dass man das neutrale Spektrum bei den hyperbolischen linearen Flüssen ausschließt (was im Allgemeinen eine „kleine“ Menge ist), wie wir der folgenden Definition entnehmen können: Definition 3.5 (Hyperbolischer Fluss). Der von A erzeugte Fluss etA heißt hyperbolisch, wenn σn pAq ∅, also wenn σ pAq σs pAq Y σu pAq gilt. 11 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE Der folgende Satz liefert die mehrdimensionale Verallgemeinerung des zweidimensionalen Sattels (Ein Sattel liegt vor, wenn eine Matrix A P LpE q reelle Eigenwerte verschiedenen Vorzeichens hat). Satz 3.6. Es sei etA ein hyperbolischer linearer Fluss. Dann gibt es eine direkte Summenzerlegung E Es ` Eu, welche A und damit den Fluss etA zerlegt, A As ` Au und etA etA ` etA s u derart, dass etAs eine Kontraktion und etAu eine Expansion sind. Diese Zerlegung ist eindeutig mit ¸ dimpEs q mpλq P p q λ σs A Beweis: Komplexer Fall: Es sei K C. Wir setzen Es : à P p q kerrpA λ1qmpλq s und Eu : λ σs A à P p q kerrpA λ1qmpλq s. λ σu A Dann ist Es ` Eu und diese Zerlegung zerlegt A, d.h. A As ` Au . Offenbar gilt σ pAs q σs pAq und σ pAu q σu pAq. E Aus dem Stabilitätskriterium (Satz 2.3) und Korollar 2.5 folgt nun, dass etAs eine Kontraktion, bzw etAu eine Expansion sind. Außerdem ist die Formel für dimpEs q klar. Eindeutigkeit. Es sei also E E1 ` E2 eine andere Zerlegung von E, welche A reduziert, A A1 ` A2 , derart, dass etA1 eine Kontraktion und etA2 eine Expansion sind. Dann lässt sich x P E1 tÑ8 schreiben als x y z mit y P Es und z P Eu . Wegen etA x etA1 x ÝÑ 0 folgt Ñ8 0, etAPux PuetAx tÝÑ wobei Pu : E Ñ Eu die zur Zerlegung E Es ` Eu gehörige kanonische Projektion bezeichnet. Nach Satz 3.4 existieren Konstanten α, β ¡ 0 mit }etAz}E }etA z}E ¯ βeαt}z}E @t ¯ 0. etA z u 12 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE Folglich muss z 0 gelten, d.h. E1 Es und aus Symmetriegründen auch Es E1 Es . Wenn wir nun x P E2 wählen, so gilt etA x etA2 x und folglich etA y E1, also Ñ8 ÝÑ 0 t Ñ8 ÝÑ 0. t e|t|pA q und σpAsq σpAsq folgt aus Satz 3.4 }etAy}E }etA y}E }e|t|pA qy}E ¯ βeα|t|}y}E für alle t ® 0 und geeignete Konstanten α, β ¡ 0, also y 0. Somit gilt E2 Eu und aus Symmetriegründen auch E2 Eu , also E2 Eu , womit die Eindeutigkeit der Zerlegung Wegen etAs s s s gezeigt ist. Reeller Fall: Es sei nun K R. Dann können wir das bereits Bewiesene auf die Komplexifizierung EC E iE und AC P LpEC q anwenden. Also gilt: EC pECqs ` pECqu und AC pACqs ` pACqu, derart, dass etpAC qs eine Kontraktion und etpAC qu eine Expansion sind. Wir setzen: Es : pEC qs X E und Eu : pEC qu X E und zeigen: pECqs pEsqC und pECqu pEuqC, (1) damit wir aus dem bereits Bewiesenen auf den reellen Fall schließen können durch: pEs ` EuqC pEsqC ` pEuqC z.z pECqs ` pECqu bekannt EC Fall 1: Dazu betrachten wir zuerst den Fall λ P σ pAq, λ P R. Dann hat EC eine Zerlegung X1 ` ` Xn ,, welche AC reduziert, derart, dass jedes X Xj eine Basis te1 , . . . , em u besitzt mit pAC λ1qek ek1 , wobei e0 : 0 gesetzt ist. Durch Konjugation folgt pAC λ1qek ek1. Also sind auch e1, . . . em in X. Ist x P X X E, so zeigt etA x etAC x, dass x als Element von X dasselbe asymptotische Verhalten (bzgl. ° des Flusses) hat wie in X X E. Ist z x iy P X, so °mfolgtα eauszuder Darstellung z m α e und den obigen Betrachtungen, dass auch z X j 1 j j j 1 j j z z z z tAC gehört. Also sind x 2 Repz q und y 2i Impz q Elemente von X X E. Ist e eine Kontraktion (bzw. Expansion), so folgt aus etA x etAC x etAC p z 2 z q, dass etA auf X X E ebenfalls eine Kontraktion (bzw. Expansion) ist. Hieraus folgt die Behauptung (1) 3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE 13 in diesem Fall. Fall 2: Als nächstes betrachten wir den Fall λ, λ P σ pAq mit Impλq 0. Dann können wir EC zerlegen in X1 ` Y1 ` ` Xn ` Yn , derart, dass Xj ` Yj eine Basis te1 , . . . em , e1 . . . em u besitzt mit pAC λ1qek ek1 und pAC λ1qek ek1 für k 1, . . . , m und mit e0 0 (dabei ist Xj der Hauptraum zu λ und Yj der Hauptraum zu λq. Hieraus erhalten wir analog zu oben die Behauptung (1). Da sich der allgemeine Fall aus derartigen Unterfällen zusammensetzt (durch direkte Summen), ergibt sich die Behauptung (1) auch im allgemeinen Fall. Aus (1) und der Gültigkeit des Satzes im komplexen Fall erhalten wir nun die Behauptung. Die invarianten Untervektorräume Es bzw. Eu des hyperbolischen linearen Flusses etA heißen stabile bzw. instabile Untervektorräume des Flusses. Ein hyperbolischer linearer Fluss kann eine Kontraktion pEu t0uq oder eine Expansion pEs t0uq sein. Ist E R3 und sind weder der stabile noch der instabile Untervektorraum trivial, so können typische Orbits beispielsweise wie folgt aussehen: Wir sehen also links einen eindimensionalen unstabilen Untervektorraum (UVR) und einen zweidimensionalen stabilen UVR. Überlagert ergibt sich gerade die Spiralbewegung. Rechts im Bild sehen wir einen eindimensionalen stabilen UVR und einen unstabilen zweidimensionalen UVR. LITERATURVERZEICHNIS Literaturverzeichnis [Amann, 1995] “Herbert Amann Gewöhnliche Differentialgleichungen Berlin; New York: Walter de Gruyter 1995, 2. überarbeitete Auflage“ [Schmidt, 2011] “Prof. Martin U. Schmidt Vorlesungsskript „Dynamische Systeme“ FSS 2011“ 14
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