Hyperbolische Lineare Flüsse - Lehrstuhl für Mathematik III

Hyperbolische Lineare Flüsse
Seminararbeit
Julia Rosenzweig
Lehrstuhl für Mathematik III
Fakultät für Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsmathematik
Universität Mannheim
Prof. Dr. Martin U. Schmidt
28.04.2015
1
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis
1 Motivation
2 Vorüberlegungen
2.1 Linearer Fluss . . . . . . . . . . .
2.2 Exponentialfunktion für Matrizen
2.3 Komplexifizierung . . . . . . . . .
2.4 Stabilitätskriterium . . . . . . . .
2
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2
2
3
3
4
3 Hyperbolische lineare Flüsse
3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Hyperbolische lineare Flüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
5
10
Literaturverzeichnis
14
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2
1 MOTIVATION
1
Motivation
Das Ziel dieses Seminarvortrages ist es, hyperbolische lineare Flüsse einzuführen sowie
wichtige Sätze darzustellen und zu beweisen. Das Thema ist den Stabilitätsbetrachtungen dynamischer Systeme zuzuordnen. Denn hyperbolische lineare Flüsse zeichnen sich vor
allem dadurch aus, dass sie keine Grenzfälle enthalten, die bei kleinen Störungen ihr Verhalten ändern können.
2
Vorüberlegungen
Um die Theorie der hyperbolischen linearen Flüsse zu verstehen und die Sätze möglichst
vollständig beweisen zu können, bedarf es einiger einführenden Definitionen und Sätze. Dazu betrachten wir im Folgenden den endlichdimensionalen normierten Vektorraum pE, }}E q
über K.
2.1
Linearer Fluss
Definition 2.1 (Fluss). Es sei M ein metrischer Raum und für jedes x P M sei J pxq :
ptpxq, t pxqq ein offenes Intervall in R (maximales Existenzintervall) mit 0 P J pxq. Ferner
seien
¤
Ω :
J pxq txu
P
x M
und ϕ : Ω Ñ M eine Abbildung mit den folgenden Eigenschaften:
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
Ω ist offen in R M
ϕ : Ω Ñ M ist stetig
ϕp0, q idM
für x P M , s P J pxq und t P J pϕps, xqq ist s
ϕpt, ϕps, xqq ϕps t, xq.
t P J pxq und es gilt
Dann heißt ϕ Fluss auf M (oder (lokales) dynamisches System auf M). Gilt Ω R M ,
so heißt ϕ ein globaler Fluss.
Man bezeichnet einen Fluss als linear, falls er vom dynamischen System x9 Ax, A P
LpE q induziert wird, d.h. ein linearer Fuss ϕpt, xq wird durch die Lösung dieser Differentialgleichung erzeugt.
3
2 VORÜBERLEGUNGEN
2.2
Exponentialfunktion für Matrizen
Bemerkung 2.2. (a) Die Exponentialfunktion für Matrizen ist gegeben durch:
e
tA
:
8̧ tk Ak
k 0
k!
@t P R.
Insbesondere konvergiert diese Reihe.
(b) Für den von A P LpE q auf E erzeugten linearen Fluss ϕ gilt
ϕpt, xq etA x
(c) Für A, B
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
2.3
@pt, xq P R E
P LpE q und s, t P R gilt:
e0A 11 , ept sqA etA esA
}etA} ¤ e|t|}A}
petAq1 AetA
Falls AB BA: eA B eA eB
eB eA.
Komplexifizierung
Die Komplexifizierung „erweitert“ den Raum indem einem reellen Vektorraum (VR) ein
entsprechender komplexer VR zugeordenet wird (so z.B. Rn zu Cn bzw. Rmn zu Cmn ).
Es sei also K R. Dann wird die Komplexifizierung EC von E pE, }}E q gebildet, indem
man auf E E eine Multiplikation mit komplexen Skalaren γ : α iβ P C R iR
definiert durch
γz : pαx βy, βx αy q @z px, y q P E E
und eine Norm durch
}z}E : 0¤max
}xcospϕq
ϕ¤2π
C
ysinpϕq}E
sowie eine komponentenweise Addition. Der normierte C-Vektorraum EC : pE E, }}EC q
hat die Dimension m (über C), wenn E die Dimension m (über R) hat.
Hierbei gilt 1px, 0q px, 0q und ipx, 0q p0, xq sowie }px, 0q}EC }x}E @x P E.
Wir identifizieren also E mit E t0u in EC und jedes Element z px, y q lässt sich eindeutig
in der Form z x iy darstellen. Daher schrieben wir kurz EC E iE.
Die Komplexifizierung AC von A P LpE q wird durch
AC px
@x iy P EC
erklärt. Weiterhin gilt }AC }LpE q }A}LpE q und da pAC qn pAn qC @n P N ist, folgt auch,
dass petA qC etA .
C
C
1
Einheitsmatrix
iy q : Ax
iAy
4
2 VORÜBERLEGUNGEN
2.4
Stabilitätskriterium
Der nachfolgende Satz ist von zentraler Bedeutung für die Diskussion von linearen Flüssen,
da er das komplexe Problem der Untersuchung des Verhaltens von Flüssen für t Ñ 8 auf
elementare Betrachtungen von Eigenwerten einer Matrix reduziert (Lineare Algebra).
Satz 2.3 (Stabilitätskriterium). Für A P LpE q gilt
lim etA
Ñ8
t
0 in LpE q ô
Repλq 0
@λ P σpAq,
d.h alle Eigenwerte von A liegen genau dann in der offenen negativen komplexen Halbebene,
wenn für jede Lösung u von x9 Ax in E gilt:
lim uptq 0.
Ñ8
t
Beweis: Ist K R, so gilt
petAqC etA @t P R
maxt}x}E , }y }E u ® }x iy }E ® 2 maxt}x}E , }y }E u
C
und, wegen
(Sandwich-Kriterium),
C
petAqC Ñ 0
in A P LpEC q ô etA
Ñ0
für x
iy
P
E
iE
in A P LpE q.
Also genügt es, nur den Fall K C zu betrachten.
Es sei Repλq 0 für alle λ P σ pAq, und u sei eine beliebige Lösung von x9 Ax. Dann ist
u eine Linearkombination von Funktionen der Form
tn eλt y, λ P σ pAq, y
Wegen
|tneλty| tn
tÑ8
folgt uptq ÝÑ 0.
a
P E.
?
etpλ λ̄q |y | tn etp2 Repλqq |y | tn et Repλq |y |, t ¯ 0,
Ist umgekehrt Repλq ¯ 0 für ein λ P σ pAq, so ist
uptq : eλt y, y
eine Lösung von x9 Ax mit
P kerpA λ1q, y 0,
lim |uptq| |y | lim et Repλq
Ñ8
t
Ñ8
t
8.
Da klar ist, dass etA für t Ñ 8 genau dann in LpE q konvergiert, wenn jede Lösung u von
x9 Ax für t Ñ 8 in E gegen Null konvergiert, ist alles beweisen.
5
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
Korollar 2.4. Für A P LpE q gilt genau dann Repλq 0
u 0 von x9 Ax gilt:
lim |uptq| 8.
@λ P σpAq, wenn für jede Lösung
Ñ8
t
Beweis: Es sei uptq etA x mit x 0. Wegen uptq e|t|A x für t ® 0 folgt
|x| |e|t|Auptq| ® |e|t|A||uptq|.
Da nach dem Stabilitätskriterium
lim e|t|A
0
genau dann gilt, wenn Repλq 0 für alle λ P σ pAq ist, folgt die Behauptung.
Ñ8
t
Korollar 2.5. Für jede Lösung u 0 von x9 Ax in E ist
lim |uptq| 8
Ñ8
t
genau dann, wenn Repλq ¡ 0
@λ P σpAq gilt.
Beweis: Für uptq etA x und t ¡ 0 gilt
uptq etpAq x.
Wegen
λ P σ pAq
ô λ P σpAq
folgt die Behauptung aus dem vorherigen Korollar.
3
Hyperbolische lineare Flüsse
Wir betrachten den allgemeinen Fall eines beliebigen K-Vektorraums E pE, } }E q der
Dimension m 8. Für A P LpE q schreiben wir dann kurz etA für den von A erzeugten
linearen Fluss auf E (statt der präzisen Bezeichnung ϕ : R E Ñ E, pt, xq ÞÑ etA xq.
3.1
Grundlagen
Definition 3.1 (Senke, Quelle). Der Nullpunkt von E, der ein kritischer Punkt ist, (d.h.
ϕpt, xq x @t P J pxq, x P M ) -und zwar der einzige, wenn A injektiv ist- heißt eine
Senke [bzw. eine Quelle], wenn @x P E zt0u gilt:
lim etA x 0
Ñ8
t
tA
rbzw. tlim
Ñ8 |e x| 8s
6
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
Dies ist nach Korollar 2.4 und 2.5 genau dann der Fall, wenn
Repλq 0
rbzw. Repλq ¡ 0s
@λ P σpAq.
Ist 0 eine Senke [bzw. Quelle], so sagt man auch, der lineare Fluss etA sei eine Kontraktion
[bzw. eine Expansion].
Wir wollen nun zeigen, dass bei einer Kontraktion [bzw Expansion] jede Flusslinie
ϕx ptq etA x mit x 0 für t Ñ 8 exponentiell gegen 0 [bzw. „gegen 8“] konvergiert. Dazu
benötigen wir das folgende wichtige Lemma.
Ist M € C nicht leer und ist β P R, so schreiben wir im Folgenden RepM q β, wenn
Repmq β @m P M gilt. Analog sind verwandte Ungleichungen zu interpretieren. Des
Weiteren verstehen wir unter einer Hilbertnorm } } eine aus einem Skalarprodukt abgeleitete Norm, d.h für ein geeignetes Skalarprodukt x, y auf E gilt }x}2 xx, xy.
Lemma 3.2. Für A P LpE q und α P R gelte
Repσ pAqq α.
Dann existiert eine Hilbertnorm
} } auf E mit
}etA} ® eαt @t P R
.
Beweis: Zerlegung von A:
Wir betrachten den Fall K C. Eine wesentliche Aussage der Linearen Algebra ist es, dass
man A bezüglich einer geeigneten Basis in der Form A D N darstellen kann mit
diagpλ1, . . . , λ1, λ2, . . . , λ2, . . . , λk , λk q
diagpµ1, . . . , µmq
und N nilpotent, d.h. N m 0, sowie N D DN . Des Weiteren können wir die Basis te1 , . . . , em u von E so wählen, dass gilt: N ej ej 1 oder 0. Wenn wir nun ej durch
aj : δ j ej mit δ ¡ 0 ersetzen, sodass ta1 , . . . , am u die neue Basis bildet, so wird D dadurch
nicht verändert und für N gilt: N aj δaj 1 oder 0.
D
Abschätzung von N:
Die Matrix von N hat nun bezüglich der neuen Basis ta1 , . . . , am u höchstens in der oberen
Nebendiagonale von Null verschiedene Elemente, nämlich die Zahlen δ. Wenn wir nun die
zu dieser Basis gehörige euklidische Norm verwenden (d.h wir wählen ein Skalarprodukt
und damit eine Norm, sodass aj , j 1 . . . m zur Orthonormalbasis wird), so folgt: zu
7
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
jedem ε ¡ 0 gibt es eine Hilbertnorm } } auf E mit }N } ® ε . Denn mit v
γk P C, @v P E (Linearkombination von Basiselementen) und }v }E 0 gilt:
$
'
&δa
' k 1
%0
g
# 2
f
f
°
|γk δ|
m
e
hk
k
ik
k
j
k
1
°m γ N a }
02
}
N v }E
}
k
E
k 1 k
}N } : sup }v} sup
sup a°m
2
}v}E
v PE
v PE
v PE
E
k1 |γk |
a°m
a°m
2
2
δ
k1 |γk δ |
® sup }v}
sup }vk} 1 |γk | δ : ε,
v PE
v PE
E
E
Abschätzung von etD :
Mit D diag pµ1 , . . . , µm q und
tD
e
m̧
1 k k
t D
k!
k1
diagpetµ , . . . , etµ q
m
1
folgt die Abschätzung
°m γ etD a }
}
etD v }E
}
}e } sup }v} sup k1}vk} k E
v PE
v PE
E
E
a°m
a °m
tµ |2
2 tµ |2
k1 |γk e
k1 |γk | |e
sup
sup
}v}E
}v}E
v PE
v PE
tD
k
k
tµ
® sup max1®j®}mv}|e |}v}E
j
P
v E
E
a
a
1max
|
etµ | max etµ etµ max etµ etµ
®j ®m
? tpµ µ1®q j®m
? 2t Re p1µ®qj®m
1max
e
1max
e
®j ®m
®j ®m
1max
et Repµ q
®j ®m
® etpαεq,
j
j
j
j
j
j
j
j
wenn wir ε ¡ 0 so wählen, dass Repλq ® α ε
@λ P σpAq ist.
j
°mk1 γk ak ,
8
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
Abschätzung von etA :
Also ergibt Bemerkung 2.2 die Abschätzung
p C S q
p2.2q tpαεq t}N }
e
e
}etA} }etpD N q} komm.
}etD etN } ® }etD }}etN } ®
pq tpαεq tε
® e e eαt f ür t ¡ 0.
Da der Realteil eines komplexen Skalarproduktes ein reelles Skalarprodukt ist, induziert
eine Hilbertnorm } }EC , die auf der Komplexifzierung EC eines reellen Vektorraumes E
defniert ist, auf dem reellen Untervektorraum E eine Hilbertnorm } }E . Da für A P LpE q
und x P E offensichtlich }Ax}E }AC x}EC gilt, folgt }A}LpE q ® }AC }LpEC q . Wenn wir also
diese Resultate auf die Komplexifizierung anwenden, erhalten wir die Behauptung auch für
den reellen Fall K R.
Bemerkung 3.3. (a) Gilt Repσ pAqq α, so existiert eine Konstante β
¯ 0 mit
}etA}E ® βeαt @t ¯ 0.
(b) Für A P LpE q und α P R gelte Repσ pAqq ¡ α. Dann existiert eine Hilbertnorm
E und eine Konstante γ ¡ 0 mit
} } auf
}etAx} ¯ eαt}x}
und
für x P E und t ¯ 0.
}etAx}E ¯ γeαt}x}E
Beweis: (a) Dies folgt unmittelbar aus Lemma 3.2 und der Tatsache, dass auf einem
endlichdimensionalen Vektorraum - also insbesondere auf LpE q- alle Normen äquivalent
sind.
(b)Nach Lemma 3.2 ist
}etA} }etpAq} ® eαt @t ¯ 0
wegen σ pAq σ pAq. Hieraus folgt
}x} }etAetAx} ® }etA}}etAx} ® eαt}etAx}
für x P E und t ¯ 0. Durch Multiplizieren mit eαt auf beiden Seiten erhält man also die
erste Behauptung. Die zweite ergibt sich wieder durch Äquivalenz der Normen.
9
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
Nach diesen Vorüberlegungen erhalten wir leicht den folgenden Satz über das exponentielle Abklingen bzw. Anwachsen der Flusslinie im Falle einer Senke bzw. Quelle.
Satz 3.4. Es sei A P LpE q. Dann sind äquivalent:
(i)
Der Nullpunkt ist eine Senke.
(ii)
Es existieren Konstanten α ¡ 0 und β ¯ 0 mit
(iii)
}etAx}E ® βeαt}x}E @t ¯ 0, x P E.
Es existieren eine Hilbertnorm } } auf E und eine Konstante α ¡ 0 mit
}etAx} ® eαt}x} @t ¯ 0, x P E.
Ebenso sind äquivalent:
(i’)
Der Nullpunkt ist eine Quelle.
(ii’)
Es existieren Konstanten α, β ¡ 0 mit
}etAx}E ¯ βeαt}x}E @t ¯ 0, x P E.
(iii’)
Es existieren eine Hilbertnorm } } auf E und eine Konstante α ¡ 0 mit
}etAx} ¯ eαt}x} @t ¯ 0, x P E.
Beweis: (i) ñ (iii)
Def.
Der Nullpunkt ist eine Senke ùñ @x P E zt0u gilt: limtÑ8 etA x 0.
Kor. 2.4
ðñ Repλq 0 @λ P σpAq
ñ Dα ¡ 0, sodass Repλq α
ñ Nach Lemma 3.2 existiert eine Hilbertnorm, sodass gilt:
}etAx} ® }etA}}x} ® eαt}x} @t ¯ 0, x P E.
3.2
(iii) ñ (ii)
Mit der Äquivalenz der Normen pc1 }x}
Vektorraum erhalten wir:
® }x}E ® c2}x}q auf einem endlichdimensionalen
piiiq
}etAx}E ® c2}etAx} ®
βeαt}x}E
c2 eαt }x} ®
:βkj
hkkik
c2
c1
eαt }x}E
10
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
ñ (i)
piiq
tÑ8
0 ® }etA x}E ® βeαt }x}E ÝÑ 0.
(ii)
Nach dem Sandwichkriterium gilt also
lim etA x 0
Ñ8
t
ô Der Nullpunkt ist eine Senke.
Der Beweis zu (i’), (ii’) und (iii’) verläuft analog.
3.2
Hyperbolische lineare Flüsse
Im Folgenden bezeichnen wir mit mpλq die algebraische Vielfachheit des Eigenwerts λ von
A P LpE q. Weiterhin zerlegen wir das Spektrum σ pAq tλj | j 1, . . . , k u disjunkt,
σ pAq σs pAq Y σn pAq Y σu pAq
in das stabile Spektrum:
das neutrale Spektrum:
und das unstabile Spektrum:
σs pAq : tλ P σ pAq| Repλq 0u,
σn pAq : tλ P σ pAq| Repλq 0u
σu pAq : tλ P σ pAq| Repλq ¡ 0u.
Diese Zerlegung ist vor allem deshalb nützlich, da wir nun Aussagen über das Verhalten
der zum jeweiligen Spektrum gehörenden Eigenvektoren (EV) treffen können: Die EV zum
stabilen Spektrum sind kontrahierend zu Null (Fixpunkt) und die EV zum unstabilen Spektrum sind expandierend bzgl. des Nullpunktes. Lediglich die EV zum neutralen Spektrum
weisen ein „unklares Verhalten“ auf, in dem Sinne, dass sie z.T. weder expandieren noch
kontrahieren, sondern beispielsweise einen periodischen Fluss auf einer Kreisbahn um die
Null bilden. Dies ist der Grund dafür, dass man das neutrale Spektrum bei den hyperbolischen linearen Flüssen ausschließt (was im Allgemeinen eine „kleine“ Menge ist), wie wir
der folgenden Definition entnehmen können:
Definition 3.5 (Hyperbolischer Fluss). Der von A erzeugte Fluss etA heißt hyperbolisch,
wenn σn pAq ∅, also wenn
σ pAq σs pAq Y σu pAq
gilt.
11
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
Der folgende Satz liefert die mehrdimensionale Verallgemeinerung des zweidimensionalen Sattels (Ein Sattel liegt vor, wenn eine Matrix A P LpE q reelle Eigenwerte verschiedenen
Vorzeichens hat).
Satz 3.6. Es sei etA ein hyperbolischer linearer Fluss.
Dann gibt es eine direkte Summenzerlegung
E
Es ` Eu,
welche A und damit den Fluss etA zerlegt,
A As ` Au und etA
etA ` etA
s
u
derart, dass etAs eine Kontraktion und etAu eine Expansion sind. Diese Zerlegung ist eindeutig mit
¸
dimpEs q mpλq
P p q
λ σs A
Beweis: Komplexer Fall:
Es sei K C. Wir setzen
Es :
à
P p q
kerrpA λ1qmpλq s und Eu :
λ σs A
à
P p q
kerrpA λ1qmpλq s.
λ σu A
Dann ist
Es ` Eu
und diese Zerlegung zerlegt A, d.h. A As ` Au . Offenbar gilt
σ pAs q σs pAq und σ pAu q σu pAq.
E
Aus dem Stabilitätskriterium (Satz 2.3) und Korollar 2.5 folgt nun, dass etAs eine Kontraktion, bzw etAu eine Expansion sind. Außerdem ist die Formel für dimpEs q klar.
Eindeutigkeit.
Es sei also E E1 ` E2 eine andere Zerlegung von E, welche A reduziert, A A1 ` A2 ,
derart, dass etA1 eine Kontraktion und etA2 eine Expansion sind. Dann lässt sich x P E1
tÑ8
schreiben als x y z mit y P Es und z P Eu . Wegen etA x etA1 x ÝÑ 0 folgt
Ñ8 0,
etAPux PuetAx tÝÑ
wobei Pu : E Ñ Eu die zur Zerlegung E Es ` Eu gehörige kanonische Projektion
bezeichnet. Nach Satz 3.4 existieren Konstanten α, β ¡ 0 mit
}etAz}E }etA z}E ¯ βeαt}z}E @t ¯ 0.
etA z
u
12
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
Folglich muss z 0 gelten, d.h. E1 € Es und aus Symmetriegründen auch Es
E1 Es .
Wenn wir nun x P E2 wählen, so gilt
etA x etA2 x
und folglich
etA y
€ E1, also
Ñ8
ÝÑ 0
t
Ñ8
ÝÑ 0.
t
e|t|pA q und σpAsq σpAsq folgt aus Satz 3.4
}etAy}E }etA y}E }e|t|pA qy}E ¯ βeα|t|}y}E
für alle t ® 0 und geeignete Konstanten α, β ¡ 0, also y 0. Somit gilt E2 € Eu und aus
Symmetriegründen auch E2 € Eu , also E2 Eu , womit die Eindeutigkeit der Zerlegung
Wegen etAs
s
s
s
gezeigt ist.
Reeller Fall:
Es sei nun K R. Dann können wir das bereits Bewiesene auf die Komplexifizierung
EC E iE und AC P LpEC q anwenden. Also gilt:
EC
pECqs ` pECqu
und AC
pACqs ` pACqu,
derart, dass etpAC qs eine Kontraktion und etpAC qu eine Expansion sind. Wir setzen:
Es : pEC qs X E und Eu : pEC qu X E
und zeigen:
pECqs pEsqC
und
pECqu pEuqC,
(1)
damit wir aus dem bereits Bewiesenen auf den reellen Fall schließen können durch:
pEs ` EuqC pEsqC ` pEuqC z.z
pECqs ` pECqu bekannt
EC
Fall 1:
Dazu betrachten wir zuerst den Fall λ P σ pAq, λ P R. Dann hat EC eine Zerlegung
X1 ` ` Xn ,, welche AC reduziert, derart, dass jedes X Xj eine Basis te1 , . . . , em u
besitzt mit pAC λ1qek ek1 , wobei e0 : 0 gesetzt ist. Durch Konjugation folgt
pAC λ1qek ek1. Also sind auch e1, . . . em in X.
Ist x P X X E, so zeigt etA x etAC x, dass x als Element von X dasselbe asymptotische
Verhalten (bzgl. °
des Flusses) hat wie in X X E. Ist z x iy P X, so
°mfolgtα eauszuder
Darstellung z m
α
e
und
den
obigen
Betrachtungen,
dass
auch
z
X
j 1 j j
j 1 j j
z z
z z
tAC
gehört. Also sind x 2 Repz q und y 2i Impz q Elemente von X X E. Ist e
eine Kontraktion (bzw. Expansion), so folgt aus etA x etAC x etAC p z 2 z q, dass etA auf
X X E ebenfalls eine Kontraktion (bzw. Expansion) ist. Hieraus folgt die Behauptung (1)
3 HYPERBOLISCHE LINEARE FLÜSSE
13
in diesem Fall.
Fall 2:
Als nächstes betrachten wir den Fall λ, λ P σ pAq mit Impλq 0. Dann können wir EC
zerlegen in X1 ` Y1 ` ` Xn ` Yn , derart, dass Xj ` Yj eine Basis te1 , . . . em , e1 . . . em u
besitzt mit pAC λ1qek ek1 und pAC λ1qek ek1 für k 1, . . . , m und mit e0 0
(dabei ist Xj der Hauptraum zu λ und Yj der Hauptraum zu λq. Hieraus erhalten wir
analog zu oben die Behauptung (1).
Da sich der allgemeine Fall aus derartigen Unterfällen zusammensetzt (durch direkte Summen), ergibt sich die Behauptung (1) auch im allgemeinen Fall. Aus (1) und der Gültigkeit
des Satzes im komplexen Fall erhalten wir nun die Behauptung.
Die invarianten Untervektorräume Es bzw. Eu des hyperbolischen linearen Flusses etA
heißen stabile bzw. instabile Untervektorräume des Flusses. Ein hyperbolischer linearer
Fluss kann eine Kontraktion pEu t0uq oder eine Expansion pEs t0uq sein. Ist E R3
und sind weder der stabile noch der instabile Untervektorraum trivial, so können typische
Orbits beispielsweise wie folgt aussehen:
Wir sehen also links einen eindimensionalen unstabilen Untervektorraum (UVR) und einen
zweidimensionalen stabilen UVR. Überlagert ergibt sich gerade die Spiralbewegung. Rechts
im Bild sehen wir einen eindimensionalen stabilen UVR und einen unstabilen zweidimensionalen UVR.
LITERATURVERZEICHNIS
Literaturverzeichnis
[Amann, 1995]
“Herbert Amann
Gewöhnliche Differentialgleichungen
Berlin; New York: Walter de Gruyter
1995, 2. überarbeitete Auflage“
[Schmidt, 2011]
“Prof. Martin U. Schmidt
Vorlesungsskript „Dynamische Systeme“ FSS 2011“
14