Universalmuseum Joanneum Presse Die Mur Eine Kulturgeschichte

Universalmuseum
Joanneum
Presse
Universalmuseum Joanneum
Mariahilferstraße 4, 8020 Graz, Austria
www.museum-joanneum.at
[email protected]
Telefon +43-316/8017-9211
Die Mur
Eine Kulturgeschichte
Museum im Palais, Sackstraße 16, 8010 Graz
Eröffnung: 27.08.2015, 19 Uhr
Laufzeit: 28.08.2015–17.07.2016
Projektleitung: Bettina Habsburg-Lothringen
Information: +43-316/8017-9810
Diese kulturhistorische Ausstellung zur Mur folgt einer thematischen Gliederung und bezieht
sich auf den Gesamtverlauf des Flusses von Salzburg bis Kroatien. In insgesamt sechs
Kapiteln geht es um die Mur als Kulturlandschaft, um das Werden von Gesellschaften und
Städten, um die Bedeutung des Flusses für das Zirkulieren von Menschen, Waren und
Information, um eine Geschichte der Hochwasser und Schutzmaßnahmen, um einen Strom von
Energie, um Industrie- und Umweltgeschichte, um einen Schauplatz europäischer Geschichte,
um funktionale Architekturen, um die Mur als Atmosphärenraum und schließlich um die
Überreste der Geschichte in der Landschaft.
Die Mur ist der Hauptfluss der Steiermark. Sie entspringt im Salzburger Lungau und mündet nach
rund 450 Kilometern an der kroatisch-ungarischen Grenze bei Legrad in die Drau. Seit
Jahrtausenden prägt die Mur den Alltag und das Streben der an ihr lebenden Bevölkerung. Seit
Jahrtausenden prägen diese Menschen nach ihren Möglichkeiten auch den Fluss. Wir widmen
beiden – Fluss und Menschen – eine Ausstellung.
Der inhaltlichen Breite des Themas angemessen, baut die Ausstellung auf das Wissen
unterschiedlicher Disziplinen: der Geschichte, Volkskunde und Archäologie, der Geologie, Botanik
und Zoologie oder der Kunst- und Architekturgeschichte. Neben der Unterstützung durch
Kolleginnen und Kolleginnen aus dem Joanneum war ihr Zustandekommen nur durch die Hilfe
von und Zusammenarbeit mit lokalen Museen, Initiativen, Sammlern und Fachleuten aus der
Steiermark, Slowenien und Kroatien möglich.
Gestaltung und Atmosphärenraum
Ausgangspunkt der Ausstellungsgestaltung war das Thema. Die Instabilität und permanente
Veränderung, die Dynamik und fortwährende Bewegung, die Fluss und Wasser auszeichnen, wird
als durchgängiges Element in die Raumgestaltung aufgenommen.
Der Berliner Sounddesigner Moritz Fehr hat für die Ausstellung zudem zwei Installationen zum
Sound der Mur entwickelt: Ein knapp 50 Quadratmeter großer Ausstellungsraum zeigt das
Ineinanderfließen von Natur und Kultur in der Dokumentation verschiedener Orte und Szenen wie
Auwald, Murbrücke, Fähre, Kraftwerk oder Wehr. Eine zweite Installation widmet sich der Mur
unter Wasser und simuliert – auf der Basis von Unterwasseraufnahmen an unterschiedlichen
Stellen der Mur – ein Durchschreiten des Flusses auf seinem Grund.
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Der Ausstellungskapitel im Überblick
Vorstellung und Abbildung
Der menschliche Blick auf die Natur entsteht immer wieder neu: Wahrnehmungen, Erfahrungen
und Weltbilder prägen unser Bild von Landschaft und Naturraum. Was „Landschaft“ als solche
ist, wird von jeder Generation neu konstruiert. Die Mur galt in den letzten Jahrhunderten als
gefährlicher, aber auch als magischer und idyllischer Ort. Sie war Ressource und
Forschungsgegenstand, als gefährdeter Naturraum geschützt und als Tourismusdestination
begehrt. Massenhaft verbreitet wurden diese Bilder über die Medien der jeweiligen Zeit: von
Sagen über Ansichtskarten bis hin zu Presseberichten.
Schaffen und Scheitern
Menschen erkunden und erforschen seit jeher die Natur mit dem Ziel, sich Naturräume
anzueignen und sie für ihre Bedürfnisse passend zu machen. Auch an der Mur erscheint die
Menschheitsgeschichte als endloser Versuch, den Fluss zu bewältigen und zu beherrschen.
Schrittweise wurde so aus dem Naturraum Mur eine Kulturlandschaft, die sich stets verändert
und erneuert: durch kulturelle Verdichtung, technologische Erhitzung, Bildung und Verfall von
Wirtschaftszentren sowie durch politische Spannungen, Abweichungen und Umdeutungen.
Sound der Mur
Der Sound der Mur entsteht durch natürliche Widerstände und die Bewegungen des Wassers,
aber auch durch menschliche Aktivitäten im und am Fluss. Auch wenn wir Geräusche, Töne und
Klänge häufig nicht bewusst wahrnehmen, ist die Mur nie still. Der Atmosphärenraum soll
Bekanntes ins Bewusstsein bringen und einst Gehörtes in Erinnerung rufen. Zudem soll er
verdeutlichen, dass Sound wie jedes andere Museumsobjekt Dokument und Zeitzeugnis ist.
Soziale Praktiken
Der Raum legt menschliche Handlungen, Geschwindigkeiten und Ordnungen nahe. Gleichzeitig
ist Raum ein Resultat aus menschlichen Erwartungen, Praktiken und Routinen. Er wird durch
politische und wirtschaftliche Entscheidungen bestimmt. Und er entsteht täglich aus dem, wie
sich einzelne Menschen zum Gegebenen in Beziehung setzen, Strukturen hervorbringen,
fortschreiben und verändern. Auch die Mur war als Raum nie statisch. Stets wurde sie von
unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren kontrolliert, genutzt und verändert. Die Mur war
und ist ein Flickenteppich aus Aktivität und sozialer Interaktion, immer vorläufig und dort
brüchig, wo unterschiedliche Interessen und Praktiken neben und gegeneinander stehen.
Funktionale Architekturen
Funktionale Architekturen sind Bauten und bauliche Maßnahmen, die der bestmöglichen
Erfüllung bestimmter Aufgaben dienen. Die Mur kennt viele solcher Bauwerke, die
vorübergehend oder dauerhaft errichtet wurden und heute teilweise verschwunden sind. Brücken
und Überfuhren, Mühlen und Sägen, Plätten, Kraftwerke oder Zollstationen wurden je nach den
technischen Möglichkeiten ihrer Zeit entwickelt, um den Fluss zur Erfüllung menschlicher
Bedürfnisse nutzbar zu machen. Darüber hinaus haben sie auch die räumliche Wahrnehmung, die
Kommunikation und das Handeln der Menschen am Fluss geprägt.
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Ablagerungen des Zeitlichen
Geschichte entsteht durch Einschreibungen, Überlagerungen und Löschung von Zeichen. Dort,
wo durch Überreste und Spuren das Gestern greifbar wird, erkennen wir auch die Gegenwart als
etwas „Gewordenes“ – und Landschaften als immer wieder überschriebene und übermalte
Vorlage. Auch die Mur erscheint bei näherer Betrachtung als eine komplexe Oberfläche, aus der
menschliche Ideen, Praktiken und Dynamiken früherer Zeiten herausragen. Die Mur ist ein
Geschichtsbuch, in dem wir lesen und Dinge sehen können. Eine abschließende „Augenarbeit“ ist
als Spurensuche angelegt.
Vermittlung
Das Vermittlungsteam des Universalmuseums Joanneum bietet neben Führungen für
Erwachsene ein vielfältiges Workshop-Programm für Schulen und Kinder an. Dabei werden
Wasserräder, Flöße und Brücken konstruiert, Murnockerln gestaltet oder die Mur in der
Schachtel für daheim nachgebaut.
Die Texte zur Ausstellung sind in Form von Begleitbroschüren in deutscher sowie in slowenischer
und englischer Sprache verfügbar.
Katalog
Zur Ausstellung erscheint ein 120-seitiger Katalog in deutscher Sprache, der das inhaltliche
Konzept, die Ausstellungsgestaltung und den Atmosphärenraum skizziert und die Ausstellung
dokumentiert.