Verrät dich deine Pupille, wenn du eine Stimme attraktiv findest?

Der Klang der Schönheit
Verrät dich deine Pupille, wenn du eine Stimme attraktiv findest?
Natalie Gittner, Franziska Keller, Dorothee Scheffel, Franziska Schenke
Leitung: M.Sc. Carolin Altmann, Dr. Helene Kreysa
Einleitung Die Attraktivität einer Stimme hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wahrnehmung verschiedener sozialer Parameter, wie zum Beispiel Reife & Gewissenhaftigkeit
(Zuckerman et al., 1995). Aber was macht eine Stimme attraktiv und wie reagieren wir darauf?
In unserer Pupillometrie-Studie vom Wintersemester zeigten wir, dass Probanden auf attraktive Gesichter – insbesondere weibliche – mit einer weniger starken
Konstriktion der Pupille reagieren, als auf unattraktive. Des weiteren gibt es Hinweise darauf, dass Menschen auch auf verschieden attraktive Stimmen unterschiedlich
stark physiologisch reagieren (z.B. mit erhöhter Herzrate, vgl. Shoup-Knox & Pipitone, 2015). Jedoch wurde dies noch nie mit dem physiologischen Maß der
Pupillometrie getestet.
Hypothesen (1)  Bereits attraktiv bewertete Stimmen (Turan, 2015)
werden wieder als attraktiver eingeschätzt als
unattraktive.
(2)  Je höher eine Frauenstimme und je tiefer eine
Männerstimme, desto attraktiver wird sie bewertet
(vgl. Babel et al., 2014).
Ergebnisse Methode Stichprobe:
•  Verhaltensdaten: 24 StudentInnen (19-31 Jahre, 5 davon männlich)
•  Eyetracking-Daten: aus technischen Gründen 3 Probanden ausgeschlossen
(1) ANOVA über die Attraktivitätsbewertungen unserer Probanden:
•  Haupteffekt für Attraktivität (F(1,23) = 220.49, p < .001): attraktive
Stimmen wurden attraktiver eingeschätzt als unattraktive
•  Haupteffekt für das Stimulusgeschlecht (F(1,23) = 15.20, p < .001):
Frauenstimmen wurden attraktiver bewertet als Männerstimmen
•  Interaktion von Attraktivität und Stimulusgeschlecht (F(1,23) = 15.39,
p < .001): der Unterschied zwischen attraktiven und unattraktiven
Männerstimmen ist größer als der Unterschied zwischen attraktiven und
unattraktiven Frauenstimmen
Attraktivitätsbewertung
Stimuli:
•  9 männliche und 9 weibliche attraktive Stimmen, sowie gleiche Anzahl an
unattraktiven Stimmen
•  pro Stimme 4 neutrale Sätze
„Die Katze durchquert den Garten“
•  Stimulusset: 9x4x4 Sätze
Design:
•  2x2 within-subjects-design
•  Faktoren: Attraktivität und Stimulusgeschlecht
4
attraktiv
unattraktiv
3
2
1
männlich
Durchführung:
•  Aufzeichnung der Pupillenweite
während des gesamten Experiments
mit dem Eyetracker
•  Ablauf eines Trials:
(3)  Die Pupille zeigt eine stärkere Dilatation beim
Hören attraktiver Stimmen gegenüber unattraktiven
Stimmen.
weiblich
(2) Kendall Rangkorrelation: Zusammenhang zwischen Tonhöhe und
Attraktivität:
•  männliche Stimmen: τ(34) = -.21, p < .001
•  weibliche Stimmen: τ(34) = -.27, p < .001
+ + 500 ms
Fixationskreuz
2000 ms
(3) ANOVA der Pupillendaten mit den Faktoren Attraktivität und Geschlecht: für
keines der Zeitfenster signifikante Unterschiede in der Pupillenweite (alle p > .2)
+ 2000 ms
Reaktion
•  Ablauf des Experimentes:
•  Übungsblock: 4 mittelattraktive Stimmen
•  4 Experimentalblöcke à 36 Durchgänge
•  pseudorandomisierte Stimulus-Abfolge
•  4-stufige Skala (sehr attraktiv — sehr unattraktiv)
•  Instruktion: "Schätze ein, wie attraktiv du diese Stimme findest.“
Reaktion der Pupille auf eine Stimme
... auf ein Gesicht (EmPra WS 2014/15)
Diskussion Unsere Studie zeigt, dass es Stimmen gibt, die attraktiver wahrgenommen werden
als andere. Weiterhin haben wir herausgefunden, dass sowohl Frauenstimmen als
auch -gesichter (vgl. Studie vom Wintersemester 2014/15) attraktiver eingeschätzt
werden als Männerstimmen und -gesichter. Dies könnte zum einen dem
überwiegenden Anteil von Frauen in unserer Stichprobe geschuldet sein, die durch
Konkurrenzdenken eher auf die Attraktivität ihres eigenen Geschlechts achten. Zum
anderen werden Frauen möglicherweise generell ästhetischer wahrgenommen als
Männer. Gegensätzlich zu unserer Annahme ergaben unsere Analysen, dass tiefere
Stimmen bei beiden Geschlechtern attraktiver wahrgenommen werden als höhere.
Dies könnte an unserer Stichprobenzusammensetzung liegen, denn weibliche
Probanden bewerten nicht immer Frauenstimmen mit der höchsten Stimmlage als
am attraktivsten (Feinberg, DeBruine, Jones & Perrett, 2008).
Entgegen unserer dritten Hypothese weiteten sich die Pupillen unserer Probanden
zwar in Folge des auditiven Reizes, jedoch ohne signifikanten Unterschied zwischen
den verschiedenen Attraktivitätsgruppen und Geschlechtern. Wir vermuteten
zunächst, dass die Pupille nicht so stark auf auditive, wie auf visuelle Reize
reagieren könnte oder die verwendeten Stimuli hinsichtlich ihrer Attraktivität zu
ähnlich waren.
Jedoch zeigte sich ein signifikanter Attraktivitätseffekt der Stimme auf die Pupille in
einem parallelen Experiment. Dieses unterschied sich von unserem dahingehend,
dass nach der Vertrauenswürdigkeit der Stimme gefragt wurde und ein
ausgeglichenes Geschlechterverhältnis der Probanden vorlag. Möglicherweise geht
die Pupillenreaktion auf andere Prozesse zurück, als vorerst angenommen, zum
Beispiel auf kognitive Anstrengung.
Literatur • 
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Babel, M., McGuire, G., & King, J. (2014). Towards a more nuanced view of vocal attractiveness. PLoS ONE, 9(2), e88616.
Feinberg, D.R., DeBruine, L.M., Jones, B.C., & Perrett, D.I. (2008). The role of femininity and averageness of voice pitch in aesthetic judgements of womens voices. Perception, 37, 615-623.
Turan, G. (2015). Wahrnehmung von Attraktivität in der menschlichen Stimme durch deutsche & türkische Hörer. Bachelorarbeit, vorgelegt am Lehrstuhl der Allgemeinen Psychologie I an der FSU Jena.
Shoup-Knox, M.L., & Pipitone, R.N. (2015). Physiological changes in response to hearing female voices recorded at high fertility. Physiology & Behavior, 139, 386-392.
Zäske, R. (2014). Valenzratings verschiedener gesprochener Sätze. Unpublizierte Pilotstudie, FSU Jena.
Zuckerman, M., Miyake, K., & Elkin, C.S. (1995). Effects of attractiveness and maturity of face and voice on interpersonal impressions. Journal of Research In Personality, 29, 253-272.