Airbus-Absturz in Ägypten

Airbus-Absturz über dem Sinai:
Russland setzt 50 Millionen Dollar Belohnung aus
17. November 2015 / DPA
Wrackteile auf dem Sinai: Russische Ermittler gehen von Bombenanschlag aus
Die russische Regierung lockt jetzt mit Geld: 50 Millionen Dollar erhält
derjenige, der dabei hilft, die Hintermänner des Airbus-Absturzes über
dem Sinai zu fassen. Moskau geht jetzt von einem Bombenanschlag
aus.
Der russische Geheimdienst FSB erhärtet seine Theorie: Der Airbus-Absturz
über dem Sinai ist demnach durch einen Anschlag verursacht worden. Zweieinhalb Wochen nach der Tragödie mit 224 Todesopfern informierte FSB-Chef Alexander Bortnikow Präsident Wladimir Putin darüber, dass es sich "eindeutig um
einen Terroranschlag gehandelt" habe. Moskau setzte jetzt eine Belohnung von
50 Millionen Dollar (umgerechnet 47 Millionen Euro) für die Ergreifung der Täter aus.
Während des Fluges sei eine selbst gebastelte Bombe mit im Ausland gefertigtem Sprengstoff detoniert, der die Sprengkraft von einem Kilogramm TNT entfaltet habe, sagte Bortnikow laut dem Kreml. Als Folge sei das Flugzeug in der
Luft auseinandergebrochen, deswegen seien die Trümmer auch so breit verstreut gewesen. Fast alle Opfer waren Russen. Der Absturz am 31. Oktober war
der verheerendste in der russischen Luftfahrt - und der schwerste Anschlag auf
das Land seit zehn Jahren.
Schon kurz nach dem Anschlag hatte sich der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) dazu bekannt - das Bekenntnis war von
ägyptischen und russischen Sicherheitskreisen aber in Zweifel gezogen worden.
Putin will Luftangriffe in Syrien verstärken
Putin kündigte am Dienstag Vergeltung an - ohne dabei aber gezielt den IS ins
Visier zu nehmen. Die Hintermänner würden bestraft, sagte er. "Wir werden sie
suchen, egal wo sie sich verstecken." Er zähle dabei auch "auf die Hilfe unserer
Freunde". Überdies würden die russischen Luftangriffe in Syrien "intensiviert,
damit den Kriminellen klar wird, dass die Bestrafung unausweichlich ist".
Ziel der am 30. September gestarteten russischen Luftangriffe ist der IS, aber
auch andere, gemäßigtere Gegner von Machthaber Baschar al-Assad.
Die russische Passagiermaschine war kurz nach ihrem Start im ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich abgestürzt. Die offizielle Untersuchung der Absturzursache ist noch nicht abgeschlossen. Die Regierungen der USA und Großbritanniens gingen allerdings schon früh davon aus, dass der Airbus durch das Zünden einer Bombe zum Absturz gebracht worden sei. Russland hatte die Einschätzung zunächst nicht geteilt, aber trotzdem den Luftverkehr nach Ägypten
zwischenzeitlich gestoppt.
Die von ägyptischen Experten geleitete Untersuchungskommission zu dem Absturz sieht dagegen bisher keine Beweise für eine Bombe an Bord. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus dem Luftfahrtministerium hat das
Team in Kairo bislang keine Sprengstoffspuren oder andere Anhaltspunkte gefunden.
Airbus-Absturz in Ägypten
Was fur die Bombentheorie spricht
06. November 2015, von Christoph Sydow
DPA
War ein Sprengsatz im Frachtraum? Die britische Regierung geht davon
aus, dass eine Bombe den Airbus A321 über dem Sinai zum Absturz
brachte. Ägypten widerspricht, doch die Hinweise auf einen Anschlag
mehren sich.
Sechs Tage nach dem Absturz eines russischen Passagierflugzeugs über der
Sinai-Halbinsel mehren sich die Hinweise dafür, dass eine Bombe die 224 Menschen an Bord in den Tod riss. Abgehörte Gespräche zwischen Milizionären
auf dem Sinai sollen neue Indizien dafür geliefert haben. Aus der abgefangenen
Kommunikation gehe hervor, dass "jemand mit Zugang zum Frachtraum einen
Sprengsatz in oder auf das Gepäck gelegt hat, unmittelbar bevor das Flugzeug
abhob", berichtet die BBC unter Berufung auf britische Ermittler.
Auch mehrere europäische Fluggesellschaften halten diese Hypothese offenbar
für wahrscheinlich. Die Tausenden britischen Touristen, die aus Scharm alScheich ausgeflogen werden sollen, dürfen nur Handgepäck mitnehmen. Die
niederländische Fluggesellschaft KLM weitet diese Regelung sogar auf sämtliche
Flüge aus Kairo aus. "Wir haben uns auf Grundlage nationaler und internationaler Informationen entschieden", teilte KLM mit.
Zuvor hatte Großbritanniens Premierminister David Cameron gesagt: "Wir können nicht sicher sein, dass das russische Passagierflugzeug von einer terroristischen Bombe zum Absturz gebracht wurde. Aber es sieht mit zunehmender
Wahrscheinlichkeit so aus, als sei das der Fall gewesen." Ein Anschlag sei
wahrscheinlicher, als dass es keiner war.
Doch handfeste Beweise dafür gibt es bislang nicht. Die Trümmerteile befinden sich in den Händen der ägyptischen Behörden. Kairo versucht seit dem Absturz mit allen Mitteln, den Verdacht eines Terroranschlags zu zerstreuen - aus
Sorge um die ohnehin angeschlagene Tourismusbranche. Der Chef der ägypti-
schen Luftfahrtbehörde verbreitete zunächst die Behauptung, der Pilot habe
technische Probleme gemeldet und eine Notlandung versucht. Das erwies sich
als Lüge.
Die Flugdaten zeigen vielmehr, dass der Airbus A321 plötzlich an Geschwindigkeit und Höhe verlor. Das deutet auf eine Explosion an Bord hin. Dafür
spricht auch das große Trümmerfeld. Die Flugzeugteile sind über eine Fläche
von knapp 20 Quadratkilometern verstreut. Das deutet darauf hin, dass die
Maschine in großer Höhe auseinanderbrach.
Die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) hat inzwischen mehrfach behauptet, das Flugzeug zum Absturz gebracht zu haben. Bereits wenige Stunden
nachdem der Airbus vom Radar verschwunden war, verbreiteten die Dschihadisten in den sozialen Netzwerken ein kurzes Bekennerschreiben.
"Soldaten des Kalifats" hätten mehr als 220 "russische Kreuzzügler" getötet eine Vergeltung für die russischen Luftangriffe in Syrien, bei denen täglich Dutzende Menschen sterben müssten. Wenig später veröffentlichte al-Bayan, der
im irakischen Mossul ansässige Radiosender der Terrormiliz, eine Audiobotschaft, in der sich der IS ebenfalls damit brüstete, den Flugzeugabsturz verursacht zu haben.
Am Dienstag legte der IS nach: In einem Video, das offenbar im Irak aufgenommen wurde, preist ein russischsprechender Dschihadist seine "Brüder auf
dem Sinai" dafür, den Jet heruntergeholt zu haben. Am Mittwoch folge eine Audiobotschaft des IS: "Wir sagen den Leugnern und Zweiflern: Sterbt an eurer
Wut. Wir haben das Flugzeug mit Gottes Willen heruntergeholt, und wir
müssen nicht öffentlich machen, mit welchen Mitteln", sagte der IS-Sprecher.
Dies werde man gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.
In den vergangenen 15 Jahren haben Dschihadisten mehrfach versucht, Passagierflugzeuge durch Bomben zum Absturz zu bringen.
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Am 22. Dezember 2001 versuchte der Terrorist Richard Reid an Bord eines
Flugs von Paris nach Miami Sprengsätze zu zünden, die in seinen Schuhen versteckt waren. Der Mann wurde rechtzeitig überwältigt.
Am 25. Dezember 2009 zündete der Dschihadist Umar Farouk Mutallab an Bord
eines Flugs von Amsterdam nach Detroit Sprengstoff, der in seiner Unterhose
versteckt war. Der Nigerianer verletzte sich selbst dabei schwer und wurde
überwältigt.
Im Oktober 2010 schmuggelte die Terrororganisation al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel mehrere in Druckerpatronen versteckte Sprengsätze in Frachtflugzeuge. Die Bomben sollten über den USA explodieren, wurden aber rechtzeitig entdeckt.
Einmal ging der Plan islamistischer Terroristen auf:
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Am 24. August 2004 explodierten fast zeitgleich zwei Passagierflugzeuge über
Russland. Insgesamt 89 Menschen wurden getötet. Tschetschenische Selbstmordattentäterinnen hatten Sprengsätze an Bord geschmuggelt und gezündet.
Die Untersuchung des Kogalymawia-Absturzes werde Monate dauern, kündigte
Ägyptens Staatschef Abdel Fattah el-Sisi an. Zum Vergleich: Die Ermittlungen
zum Bombenanschlag auf Pan-Am-Flug 103 über Lockerbie am 21. Dezember
1988 dauerten knapp drei Jahre.