Der Rote in der schwarzen Hochburg

Mittwoch, 2. März 2016
Schwäbische Zeitung
Gause schreibt
ins Goldene Buch
Zitat des Tages
„Da liegt noch
vieles im Argen.“
LEUTKIRCH (win) - Sie kenne das All-
Horst Weisser, Geschäftsführer
des Naturschutzzentrums,
über den Zustand des
Wurzacher Rieds. ● SEITE 18
Rat diskutiert über
Südumfahrung
LEUTKIRCH (sz) - Der Leutkircher
Gemeinderat trifft sich am Montag,
7. März, um 18 Uhr zur nächsten Sitzung im Sitzungssaal des Verwaltungsgebäudes Gänsbühl. Auf der Tagesordnung stehen folgende Punkte:
Bekanntgabe von Beschlüssen aus
nicht öffentlicher Sitzung, Lärmaktionsplanung – Zwischenbericht, Bebauungsplan „Gewerbegebiet Friesenhofen Boschen – erster Bauabschnitt“,
Änderung des Geltungsbereichs, Billigung des Planentwurfs, Auslegungsbeschluss, Südumfahrung Leutkirch –
Beauftragung einer Machbarkeitsstudie, Sicherstellung der Wasserversorgung der Firma Milei GmbH – Zustimmung zur Vorplanung und zur
Auftragserteilung von Ingenieurleistungen sowie Ermächtigung der Eigenbetriebsleitung zur Ausschreibung
und Vergabe von Bau- und Dienstleistungen, Bündelausschreibung zum Bezug von Regelstrom und Ökostrom für
die Lieferjahre 2017 und 2018, Bekanntgaben, Anfragen und Anträge.
„Herzliche Glückwünsche“ zum Stadtjubiläum schrieb Gundula Gause ins Goldene Buch. OB Hans-Jörg Henle freute sich darüber.
Landtagskandidaten im Porträt – heute: Michael Konieczny (Die Linke)
Von Steffen Lang
LEUTKIRCH - Bei der Landtagswahl
LEUTKIRCH (sz) - Das Abfallwirt-
schaftsamt des Landkreises weist darauf hin, dass bei der Müllabfuhr nur
noch die vom Landkreis zugelassenen
Windel- und Zusatzmüllsäcke mitgenommen werden. Sie sind durch das
Logo des Landkreises Ravensburg gekennzeichnet. Familien, die Kleinkinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr haben und Menschen mit Inkontinenz erhalten bis zu 26 Windelsäcke pro Jahr kostenlos an den
bisherigen Abgabestellen. Auch die
neuen Zusatzmüllsäcke, die man benötigt, wenn einmal besonders viel Restmüll anfällt, können dort wie bisher
gekauft werden. Windelsäcke und Extra-Restmüllsäcke sollen zur Abholung mit der Restmülltonne rausgestellt werden, nicht mit der Biotonne.
Gemeinsamer
Ausschuss trifft sich
LEUTKIRCH (sz) - Im Historischen
Sitzungssaal des Rathauses Leutkirch
ist am Dienstag, 8. März, 16 Uhr, eine
öffentliche Sitzung des gemeinsamen
Ausschusses der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft der Stadt Leutkirch mit den Gemeinden Aichstetten
und Aitrach. Auf der Tagesordnung
stehen folgende Punkte: Änderung des
Flächennutzungsplans im Bereich des
Bebauungsplans „Großflächige Photovoltaikanlage An der Chaussee, 2. Erweiterung“ – Billigung des Planentwurfs und Auslegungsbeschluss, Änderung des Flächennutzungsplans im
Bereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet An der Chaussee, 2. Erweiterung“ – Behandlung der Stellungnahmen und Wirksamkeitsbeschluss, Änderung des Flächennutzungsplans im
Bereich des Bebauungsplans „Sondergebiet Landwirtschaft + Tourismus‚
St. Michaelshof Laubegg‘“, Aichstetten, Ortsteil Altmannshofen, Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses
vom 8. Oktober 2014, Verschiedenes.
Solarstromerträge
liegen bei 42 kWh
LEUTKIRCH (sz) - Die mittleren Solarstromerträge im Stadtgebiet Leutkirch haben im Monat Februar laut
Energiebündnis 42 kWh/kWp betragen. Der Wert setzt sich aus dem
durchschnittlichen Solarstromertrag
der PV-Anlagen Sporthalle Reichenhofen, Obdachlosenheim Leutkirch
und GHS Wuchzenhofen zusammen.
FOTO: TERESA WINTER
gäu bereits aus Kinder- und Jugendtagen, erzählte Nachrichtenmoderatorin Gundula Gause bei ihrem Eintrag
ins Goldene Buch der Stadt am Dienstagvormittag. „Denn früher haben wir
immer Ferien auf einem Bauernhof
bei Oberstaufen gemacht.“ Gause
wanderte mehrfach auf den Hochgrat
und schwamm im Alpsee. „Ich verbinde wirklich viel mit dieser Region“, so
Gause weiter. Mittlerweile komme sie
jährlich mit ihrer Familie zum Skifahren nach Oberstdorf. Gauses Verbundenheit zum Allgäu freute Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle. In einer
kleinen Präsentation stelle er stolz die
Stadt Leutkirch vor. „Vielen Dank für
diesen Ausflug“, sagte Gause nach der
Vorführung. „Bevor ich nun ins Goldene Buch schreibe, muss ich schauen, was die anderen geschrieben haben“, fuhr sie fort. Dann griff Gause
zum Stift und schrieb: „Herzliche
Glückwünsche zu 1250 Jahre Stadtgeschichte.“ Danach versprach sie OB
Henle: „Ich komme wieder.“ Ein Video zum Eintrag ins Goldene Buch
gibt’s im Internet unter www.schwaebische.de/leutkirch. ● SEITE 16
Der Rote in der schwarzen Hochburg
●
Neue Windelsäcke
vom Landkreis
15
am 13. März treten im Wahlkreis Wangen-Illertal Kandidaten aus zwölf Parteien an. In einer Serie geht die
„Schwäbische Zeitung“ auf einen Teil
der Bewerberinnen und Bewerber
und ihre Ambitionen ein. Heute: Michael Konieczny (Die Linke).
Über seine persönlichen Chancen
macht sich Michael
Landtagswahl Konieczny keine Illusionen: „Das Er2016
gebnis von 2011 von
2,2 Prozent zu steigern, ist mein Ziel“,
setzte er die Messlatte niedrig an.
Landesweit freilich haben sich die
Linken das Ziel
„5 Prozent plus X“ gesetzt, sprich sie
wollen erstmals in den Landtag einziehen. Dazu will auch Konieczny beitragen, auch wenn er weiß: „Fünf Prozent sind in Oberschwaben nicht zu
schaffen. Wir haben es als Linke in
dieser schwarzen Hochburg verdammt schwer.“
Doch mit dem Rennen gegen Mauern, wie er es ausdrückt, hat der 49Jährige Erfahrung. Als Gewerkschafter habe er dies schon in seiner Heimat erleben müssen, sagt der gebürtige Norddeutsche, der der Liebe wegen
2010 ins Allgäu zog. „Als ich ins Allgäu
zog, habe ich erstmal Pause von der
●
●
Politik gemacht. Aber bald habe ich
mich so aufgeregt über Entscheidungen, die andere treffen, dass ich mir
gesagt habe: Da musst Du was ändern“, erzählt der KFZ-Elektriker.
Und so macht auch er unverdrossen
Wahlkampf, in Nebenräumen von
Gasthäusern, auf Marktplätzen, bei
Podiumsdiskussionen.
Dabei trifft er, selten, auf offene
Ablehnung und Beschimpfung. „Die
meisten sind neugierig, wenn auch
nicht sympathisierend“, berichtet er
aus seiner Erfahrung. Kernerarbeit,
die ihm am Herzen liegt.
Sozial- und Verkehrspolitik hat Konieczny sich dabei zuoberst auf die
Fahne geschrieben. Die immer größer
werdende Schere zwischen Arm und
Reich sei ein „Unding“, meint er.
„Selbst in Baden-Württemberg ist die
Armut in den vergangenen Jahren
nicht gesunken, trotz guter Konjunktur, trotz des Rückgangs der Arbeitslosigkeit. Dafür steigen die Mieten.“
Für ihn müssen sozialer Wohnungsbau und höhere Investitionen in die
Bildungslandschaft als Konsequenzen
in Angriff genommen werden.
Und auch der öffentliche Personennahverkehr muss laut Konieczny
dringend verbessert und ausgebaut
werden. „Als ich kürzlich von Leutkirch zur Podiumsdiskussion nach
Bad Wurzach kommen musste, wäre
ich zwar mit dem Bus nach Wurzach
gekommen. Aber nach Hause hätte
ich schon wieder um 19 Uhr per Bus
Michael Konieczny will für die Linken in den Stuttgarter Landtag einziehen.
FOTO: ARCHIV
nach Bad Waldsee fahren und dort
den Zug nach Leutkirch nehmen müssen.“
Die Podiumsdiskussion begann
erst um 20 Uhr, Konieczny nahm das
Auto. Auch das ein „Unding“, das geändert werden müsse: „Die Taktzeiten
müssen verkürzt werden. Und die
Busse dürfen nicht auf den Schülerverkehr konzentriert werden. Nur so
können wir den Individualverkehr
verringern.“
„Wem Bomben auf den Kopf
fallen, den stoppen Mauern nicht“
Klare Ansichten vertritt Konieczny
auch im Bereich der Asylpolitik. Europa abriegeln? Nicht mit den Linken:
„Wem Bomben auf den Kopf fallen,
den stoppen Mauern nicht“, so Konieczny. Kriege mit Waffen auch aus
Europa, Ausbeutung von Rohstoffen –
hier müsse angesetzt werden, um die
Fluchtursachen zu beseitigen. „Und
so lange wir das nicht tun, ist es unsere
verdammte Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen.“
Die Schutzsuchenden, die schon
da sind, müssen laut Konieczny versorgt, betreut und integriert werden.
„Dazu brauchen wir vor Ort auch
mehr Unterstützung vom Land, das
zum Beispiel nicht erst wenige Stunden zuvor den Kommunen sagen darf,
dass heute wieder ein Bus ankommt.“
„Bei uns im Landkreis läuft es in
den Städten und Gemeinden recht
gut. Das Engagement der freiwilligen
Helfer ist sehr groß“, hat der Leutkir-
cher festgestellt. Und vielleicht versöhnt das den Wahlkämpfer Michael
Konieczny ja auch ein wenig mit „der
schwarzen Hochburg Oberschwaben“, in der er es als Linker so schwer
hat.
Mehr zur Landtagswahl in BadenWürttemberg am 13. März gibt es
im Internet unter schwaebische.de/landtagswahl.
Der Kandidat
Alter: 49
Beruf: KFZ-Elektriker
Politische Laufbahn: Der gebürtige Norddeutsche trat als
Auszubildender in die Gewerkschaft ein und war später Betriebsrat in seinem Betrieb in
Hannover. 2005 trat er der
WASG bei, in der er bald Vorstandsmitglied des Regionsverbands war. 2006 kandidierte
er erstmals bei einer (Kommunal-)Wahl. Nach seinem
Umzug nach Leutkirch schloss
er sich dem Kreisverband der
Linken – ein Zusammenschluss
von WASG und PDS – an, von
2011 bis 2013 war er dessen
Vorsitzender. 2013 trat er als
Bundestagskandidat für seine
Partei an. Er kam auf 3,3 Prozent der Stimmen. (sz)
Zwei Angeklagte als Exhibitionisten verurteilt
Vor dem Amtsgericht geht es um Sexualdelikte auf der Autobahn und beim Moorbad – Richter ist in beiden Fällen von der Schuld überzeugt
Von Sabine Centner
●
LEUTKIRCH - Sexualdelikte sind
eher selten in Leutkirch, so die Erfahrung von Amtsgerichtsdirektor
Franz Hölzle. Am Dienstag allerdings hatte er gleich zwei solcher
Fälle zu verhandeln: Sexueller Missbrauch von Kindern stand ebenso
auf der Tagesordnung wie der Vorwurf exhibitionistischer Handlungen. In beiden Fällen sprach Hölzle
die Angeklagten schuldig.
Es war im Sommer vergangenen
Jahres, als in einem Gestrüpp beim
Moorbad in Herlazhofen Widerliches geschah. Ein 52jähriger Mann
entblößte sich im Abstand von einer
Woche zweimal vor Kindern – im einen Fall waren es zwei, im anderen
vier Kinder unter 14 Jahren, die die
Manipulationen sahen und umgehend davon berichteten.
Weil der Mann zunächst aber ein
Alibi für eine der Taten vorgelegt
hatte, waren die Kinder als Zeugen
geladen, um den Täter zu identifizie-
ren. Aussage und Gegenüberstellung
vor Gericht blieben ihnen letztlich
allerdings erspart, nachdem der Angeklagte die Taten doch noch eingeräumt und ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte. Seit den Vorfällen habe er schlecht geschlafen
und sei „gewillt, nie wieder auf dieser Seite des Gerichts zu sitzen“, sagte der gelernte Maler und Lackierer
in seinem letzten Wort.
Exhibitionistische Handlungen
gegenüber Kindern gelten strafrechtlich als sexueller Missbrauch,
weshalb Richter Hölzle den ledigen
Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe
von acht Monaten auf Bewährung
und einer Geldbuße von 2000 Euro
zugunsten des Deutschen Kinderschutzbunds verurteilte. Außerdem
muss er sich einer ambulanten Gesprächstherapie unterziehen und bekommt einen Bewährungshelfer zur
Seite gestellt. Hintergrund: Der
Mann war vor sieben Jahren schon
einmal wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Das Ur-
teil vom Dienstag nahm er sofort an,
der Staatsanwalt stimmte ebenfalls
zu, womit die Entscheidung rechtskräftig ist.
Weitaus schwieriger gestaltete
sich die Suche nach der Wahrheit im
zweiten Fall. Angeklagt war ein
knapp 24-jähriger Polizeimeister aus
dem Großraum Bad Wurzach. Er soll
im Oktober vergangenen Jahres auf
der A 96 zwischen dem Kreuz Memmingen und Aitrach eine junge Frau
mehrfach überholt und dabei exhibitionistische Handlungen an sich vorgenommen haben. Die 21-jährige Studentin schilderte vor Gericht, wie
der junge Mann zunächst langsam an
ihrem VW Beetle vorbeigefahren sei
und Blickkontakt gesucht habe.
Dann sei er vor ihr wieder eingeschert, habe stark abgebremst, worauf sie ihn überholt habe. „Dieses
Spiel hat sich ein paar Mal wiederholt“, schilderte die junge Frau.
„Zehn bis 20 Überholvorgänge können es schon gewesen sein“, sagt sie.
Mehr noch: Jedes Mal habe er dabei
an seinem Geschlechtsteil manipuliert und sich „hochgebeugt, damit
ich auch alles sehen kann.“ In ihrer
Panik und weil sie Angst hatte, der
Mann könnte ihr bis zu ihrer Wohnung in Ravensburg folgen, habe sie
zunächst ihre Freundin und danach
die Polizei angerufen.
Dass er zur fraglichen Zeit mit seinem Seat auf der besagten Strecke
unterwegs war, bestätigt der junge
Polizist. Was er allerdings vehement
bestreitet, sind die exhibitionistischen Handlungen, die ihm vorgeworfen werden.
Gewisse Zweifel an den Vorgängen hat auch der von der Verteidigung bestellte Sachverständige. „Das
ist schon eine sehr anstrengende Position“, sagt er und hält es „für sehr
unwahrscheinlich, das eine halbe
Stunde lang durchzuhalten“. Die
zentrale Frage, ob es möglich sei,
„tiefer liegende Körperteile“ vom anderen Auto aus zu sehen, beantwortet er so: „Nicht auszuschließen“
beim Überholvorgang des Seat, aus-
zuschließen beim Überholen durch
den Beetle.
Den Zweifeln des Sachverständigen schließt sich nicht nur der Verteidiger an: „Es reicht nicht für eine
Verurteilung, ich bin von der Unschuld meines Mandanten überzeugt“, sagt er, sondern auch der
Staatsanwalt. „Ich sehe mich gezwungen, auf Freispruch zu plädieren“, so sein Fazit.
Amtsgerichtsdirektor
Franz
Hölzle kommt zu einem anderen Ergebnis. Er habe „keine Zweifel, dass
Sie die Ihnen vorgeworfenen Taten
begangen haben“, schreibt er dem
jungen Mann ins Stammbuch. Die
Zeugin wiederum sei „von A bis Z
glaubhaft“, das Gutachten könne die
offenen Fragen nicht klären – auch
nicht ein von der Verteidigung ins
Spiel gebrachtes Ergänzungsgutachten. Er verhängte deshalb eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 60 Euro
und ein Fahrverbot von drei Monaten gegen den sichtlich mitgenommenen Angeklagten.
© 2016 Schwäbisch Media Digital GmbH & Co. KG
LEUTKIRCH