Janina Krüger

Allgemeiner Teil
Bewerbungsablauf
An das Praktikum kam ich über das DAAD RISE-Stipendium, das sich an Bachelorstudierende
im Bereich der Natur- und Ingenieurswissenschaften, Medizin und Mathematik richtet.
Zwischen Mitte Dezember und Mitte Januar konnte sich auf bis zu drei Angebote von
Praktika weltweit beworben werden. Als Studierende der Biochemie fand ich viele
interessante Angebote, besonders angesprochen hat mich allerdings von Anfang an das
Praktikum im Bereich der Neurobiologie in Mexiko. Es musste ein tabellarischer Lebenslauf,
das Transcript of Records, ein Nachweis über die Englischkenntnisse, das Gutachten eines
Professors und für jedes Angebot ein Motivationsschreiben, alles natürlich auf Englisch,
angefertigt werden. Anfang März bekam ich die Bestätigung über den Erhalt des
Stipendiums und die Zusage für das Praktikum in Mexiko. Per Mail nahm ich Kontakt zu
meinem Betreuer, Dr Daniel Reyes-Haro, auf und wir machten die genauen Daten fest.
Reisevorbereitung
Es ist ratsam, den Flug nach Mexiko so früh wie möglich zu buchen, da die Flüge mit der Zeit
teurer werden. Mit meinem Arzt habe ich über nötige Impfungen gesprochen, außer den
üblichen Impfungen hielt er allerdings nichts für unbedingt notwendig und auch
Malariagefahr besteht in den Städten nicht. Das Visum muss vorher nicht beantragt werden.
Ein gültiger Reisepass ist natürlich Vorraussetzung.
Für den Geldtransfer empfehle ich eine der Visakarten, mit denen man im Ausland kostenlos
Geld abheben kann, wie die von comdirect. Allerdings musste ich beim Geldabheben immer
noch etwa 2 Euro an die mexikanische Bank zahlen.
Ankunft und Tägliches Leben
Das Institut für Neurobiologie der UNAM befindet sich in Juriquilla, einer Kleinstadt einige
Kilometer nördlich des Zentrums von Santiago de Querétaro und etwa 3 Stunden nördlich
von Mexiko Stadt. Querétaro hat auch einen eigenen Flughafen, ich habe es aber vorgezogen
in Mexiko Stadt zu landen und dort einige Tage zu verbringen.
Mein Betreuer, Dr Daniel Reyes-Haro hat mich dann am Samstag meiner Ankunft in
Querétaro vom Bus abgeholt und wir sind zum Institut gefahren. Dort hat er mir alles
gezeigt, mit mir über mein Projekt gesprochen und ich habe schon die drei anderen
graduierten Studenten kennengelernt, mit denen ich zusammengearbeitet habe. Alle waren
sehr freundlich und ich habe mich sofort wohlgefühlt.
Gewohnt habe ich bei einer der drei, einer Doktorandin, die ein Zimmer frei hatte. Auch dort
habe ich mich sehr wohlgefühlt, das Haus war allerdings einige Kilometer vom Stadtzentrum
von Querétaro entfernt. Ich würde empfehlen sich eher etwas im Zentrum zu suchen, dort
gibt es vor allem shared rooms für Studenten oder es wird etwas teurer.
Mit den Bussen kommt man aber auch überall hin, diese fahren allerdings nur bis 9 oder 10
Uhr abends (die genauen Zeiten scheint niemand zu wissen).
Neben den unheimlich netten und offenen Menschen hat mich auch das Essen begeistert
und mit der Zeit habe ich mich auch an die Schärfe gewohnt. Es gibt viele Gerichte und
Getränke, die man unbedingt alle ausprobieren muss!
Das Klima empfand ich als Person, die die Sonne und Wärme liebt, als sehr angenehm. Es
war immer heiß, die Luft ist allerdings sehr trocken und ab und zu regnet und gewittert es
abends, vor allem in den Monaten August und September. In den Räumen und im Schatten
kam es mir immer angenehm warm vor.
Es gibt viele schöne Orte in der Nähe von Querétaro, die am Wochenende besucht werden
können. San Miguel ist ein Muss, außerdem war ich in Guanajuato und in San Joaquin und
Los Azufres zum Campen.
Fachlicher Teil
Institut für Neurobiologie der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM)
Die UNAM in Mexiko ist mit über 300.000 Studenten die größte Universität in Lateinamerika.
Ihr Hauptcampus befindet sich in Mexiko Stadt, außerdem gibt es Campusse in anderen
Städten, wie Morelia, Leon und Santiago de Querétaro.
Das Institut der Neurobiologie konzentriert sich auf die Forschung am Gehirn, die Gruppe um
Daniel Reyes-Haro, der mein Betreuer während des Praktikums war, auf die Physiologie von
Gliazellen. Diese sind eine heterogene Gruppe von Nervenzellen, sie enthält beispielsweise
Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikroglia. Es wurde bereits bewiesen, dass Gliazellen
mehr sind als ein unterstützendes Element für Neuronen. Sie wirken am Stoff-und
Flüssigkeitstransport, an der Homöostase, der Selbstregulation, im Gehirn mit und in der
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Neurogenese, der Bildung von neuen Neuronen. Durch die Freisetzung von Gliotransmittern
antworten sie außerdem auf Neuronen und beeinflussen die neuronale Aktivität. Das Ziel
der Gruppe ist, diese Eigenschaften weiter zu untersuchen und zu verstehen.
Eine Methode, die zur Verfügung steht, ist unter anderem die elektrophysiologische
Aufnahme von Gliazellen, um ihre Aktivität in Gehirnen von Mäusen zu untersuchen.
Außerdem wird mit Immunohistochemie und Immunofluoreszenz gearbeitet, zu
untersuchende Zellarten in der zu untersuchenden Gehirnregion angefärbt und mit
Fluoreszenzmikroskopen, wie zum Beispiel einem Konfokalmikroskop, Bilder gemacht. Damit
wird an der Morphologie und Ausdehnung von Gliazellnetzwerken geforscht und Zellen und
Neurotransmitter, die von Gliazellen exprimiert werden, identifiziert. Die Gruppe bestand
neben Daniel Reyes-Haro aus zwei Doktoranten und einem Master-Studenten. Ihre Projekte
befassen sich beispielsweise mit der Neurogenese und den Veränderungen im Gehirn bei
Autismus und Anorexia nervosa (Magersucht).
Meine Aufgabe
Ich habe an dem Projekt über Anorexia nervosa mitgearbeitet. Dabei ging es um den
Hippocampus, der wichtig für Gedächtnis und Orientierung ist und in dem außerdem
Neurogenese stattfindet. Ich sollte herausfinden, ob es dort Änderungen in der Anzahl von
Astrozyten, die unter anderem für die Versorgung des Gehirns mit Nährstoffen
verantwortlich sind, und in der Anzahl von Mikroglia, die die Hauptform der Immunabwehr
im Gehirn darstellen, bei Anorexia nervosa gibt.
Von der Gruppe wurde bereits herausgefunden, dass es im Corpus Callosum, der die
Gehirnhälften miteinander verbindet, eine geringere Dichte an Astrozyten gibt.
Es wurde ein Tiermodell verwendet, Mäuse mit Dehydratations-bedingter-Anorexia
(dehydration-induced anorexia, DIA). Die Eigenschaften im Gehirn dieser Tiere wurden mit
denen von zwei Kontrollgruppen verglichen, einer mit normalem Essverhalten und einer
hungernden Gruppe, um zwischen Dehydratation und Anorexia unterscheiden zu können.
Erwartungen und Ziele
Ich habe mich bereits vor dem Praktikum für Neurobiologie interessiert und auch ein Modul
im Wahlpflichtbereich meines Studiengangs zu diesem Thema belegt. Deshalb habe ich mir
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erhofft, einen Einblick in die Forschung in diesem Bereich zu erhalten. Außerdem wollte ich
mich gerne auf ein Projekt spezialisieren, eigenständig arbeiten dürfen und herausfinden, ob
es eine Option für mich ist, nach meinem Studium in die Forschung zu gehen.
Neben den fachlichen Aspekten war ich außerdem sehr interessiert zu erfahren, wie das
Klima an der mexikanischen Universität ist und habe gehofft, mein Spanisch zu verbessern.
Tätigkeiten
Meine Aufgabe war, wie bereits beschrieben, die Änderungen in einer Gehirnregion von
Tiermodellen mit DIA (dehydration induced anorexia) zu untersuchen. Den Tierversuch
haben andere Studenten durchgeführt, ich habe geholfen die Gehirnscheiben, die den
Hippocampus
enthielten,
herauszusortieren
und
gewünschte
Zelltypen
mit
Immunohistofluoreszenz anzufärben und auf Objektträgern anzubringen. Für die Färbung
der Neuronen wurde dabei NeuN verwendet, für die der Mikroglia Antikörper gegen Iba1
und für die Zellkerne DAPI. Astrozyten wurden mit Antikörpern gegen GFAP angefärbt.
Erst habe ich mich auf den Hippocampus und die Änderung der Mikrogliadichte in diesem
konzentriert. Mit einem Fluoreszenzmikroskop habe ich Fotos von Teilen des Hippocampus
geschossen, in dem Neuronen, Zellkerne und Mikroglia mit Fluoreszenz angefärbt waren.
Daraufhin wurde ich in Bildbearbeitungsprogrammen (ZEN und ImageJ) eingearbeitet und in
einem Programm zum automatischem Zählen der Zellen (CellProfiler).
Nach dem bearbeiten der Bilder wurden einzelne, zufällige Quadrate (100 µm x 100 µm) der
gewünschten Regionen ausgeschnitten, die Zellen dort gezählt und auf mm 2 hochgerechnet.
Außerdem wurde der Mikroglia/Zellkern ratio gebildet, indem die Anzahl der Mikroglia
durch die Anzahl an Zellkernen geteilt wurde.
Für das Projekt mit den Astrozyten gilt die gleiche Durchführung.
Auch wurde mir gezeigt, wie erhaltene Daten gut präsentiert werden können. Ich habe also
eher wenig im Labor gearbeitet und vor allem Daten ausgewertet.
Jeden Freitag fand außerdem ein Seminar der Gruppe um Daniel Reyes-Haro statt, in dem
jeder ein Paper oder seine Ergebnisse in etwa 15 Minuten vorgestellt hat. Dabei hat es mir
sehr geholfen, dass bereits im Blockpraktikum im vorherigen Semester Paper präsentiert
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werden mussten. Das allerdings auf Englisch zu tun war nochmal eine neue Erfahrung, die
mich weitergebracht hat.
Auch gab es Besuch von Professoren aus anderen Ländern, aus New York und Berlin, die
jeweils Seminare über ihre Forschungsthemen gehalten haben und denen ich außerdem
meine Ergebnisse vorstellen durfte.
Die Belegung des Wahlpflichtfaches Neurobiologie an der FU hat mir auf jeden Fall während
des Praktikums geholfen, zusätzlich habe ich sehr viel über die verschiedenen
Gehirnregionen und Nerven- und Gliazellen gelernt.
Montag bis Freitag habe ich immer etwa um 9 Uhr angefangen, mit der Arbeit am
Mikroskop, im Labor oder, wie meistens, in einem kleinen Büro, in dem außer mir noch ein
Doktorrand der Gruppe um Daniel Reyes-Haro saß. Dieser war auch in meinem Projekt
eingebunden und konnte mir immer helfen, wenn ich Fragen hatte.
Die Betreuungssituation empfand ich als sehr gut, ich wurde überall erst mal eingearbeitet
und hatte mehrere Ansprechpartner. Dabei durfte ich ziemlich schnell selbstständig
arbeiten.
Erreichte Ziele
Fazit
Insgesamt hat mir das Praktikum sehr gut gefallen und meine Erwartungen wurden erfüllt.
Das umfangreiche Gebiet der Neurobiologie, insbesondere der Gliazellen, interessiert mich
sehr und ich kann mir vorstellen, auch nach dem Studium in diesem Gebiet tätig zu werden.
Besonders hat mir gefallen, dass ich ein eigenes Projekt hatte, an dem ich eigenständig
gearbeitet habe und auf dessen Thema ich mich spezialisiert habe. Ich habe gemerkt, dass
ich sehr schnell mehr darüber gelernt habe und in der Arbeit mit dem Mikroskop und den
benutzten Programmen schneller wurde.
Allerdings bin ich nach wie vor skeptisch über die Durchführung von Tierversuchen und
würde mich eher nach Alternativen umschauen.
Die Arbeitsatmosphäre im Labor hat mir auch sehr gut gefallen, die Mexikaner waren alle
sehr offen und freundlich. Es war sehr interessant, sich mit ihnen über ihre Projekte zu
unterhalten und einen Einblick über weitere Forschungsfelder zu bekommen.
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Insgesamt habe ich mich sehr wohl in Mexiko gefühlt, Querétaro ist eine wunderschöne
Stadt und der Campus in Juriquilla fast wie ein kleiner Park angelegt auf einem Hügel mit
toller Aussicht. Auch mein Spanisch hat sich definitiv verbessert, da außerhalb der
Universität kaum jemand Englisch spricht.
Ich würde das RISE-Stipendium und die Erfahrung im Ausland auf jeden Fall
weiterempfehlen! Neben den fachlichen Kompetenzen lernt man sehr viel über die Kultur
des Landes, auch, da man direkt mit dessen Einwohnern zusammenarbeitet. Ich finde es sehr
wichtig, auch ein anderes Arbeitsklima als das Deutsche kennenzulernen, um es besser
wertschätzen und kritisieren zu können. Auch Englisch als Fach- und Laborsprache lernt man
im Ausland besser. Mexiko ist auf jeden Fall eine gute Wahl, ein wunderschönes Land mit
supernetten Leuten und leckerem Essen. Auch die Gruppe um Daniel Reyes-Haro würde ich
empfehlen, wenn man sich für Neurobiologie interessiert. Die Doktoranten und der
Professor selber gaben mir schnell das Gefühl, ein Teil der Gruppe zu sein und standen bei
Fragen zu Verfügung.
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