Lehrer Lämpel wird am GGS schmerzlich vermisst

Sindelfingen · Weil der Stadt
Samstag, 19. Dezember 2015
Ein vertrauter Anblick: GGS-Altbau mit Lehrer Lämpel
Nummer 294
Kaum wiederzuerkennen: die Fassade des Altbaus des Goldberg-Gymnasiums nach der Sanierung
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KRZ-Fotos: Thomas Bischof
Lehrer Lämpel wird am GGS schmerzlich vermisst
Wilhelm-Busch-Figur soll nach Sanierung des Fassade des Altbaus des Goldberg-Gymnasiums zurückkehren – Nur der Schulleiter will nicht so recht
Eine leere Fläche gähnt seit der
Sanierung der Westfassade des
Altbaus des Goldberg-Gymnasiums
dort, wo 27 Jahre lang der Lehrer
Lämpel seinen Finger erhob. Die
kahle Stelle soll nicht bleiben. Für
viele in der Schulgemeinde ist klar:
„Lämpel muss bleiben!“
Von Werner Held
SINDELFINGEN. Das Kunstwerk am
Schulgebäude nach der Figur aus
Wilhelm Buschs Klassiker „Max
und Moritz“ hat der Abi-Jahrgang
1988 an die vormals gelbliche Fassade des Altbaus gemalt. Welche
Schüler(innen) genau daran beteiligt
waren, sei nie herausgekommen,
sagt Michael Kuckenburg, seinerzeit
Lehrer am Goldberg-Gymnasium
Sindelfingen (GGS). Der Abi-Scherz
nimmt laut Kuckenburg Bezug auf
die Auseinandersetzung einer Schülerin mit Deutschlehrer Gerhard
Vogt über pädagogische Themen in
der Schülerzeitung „Grünspan“. Die
junge Dame habe Vogt in ihren Beiträgen als eher konservativen Pädagogen aufs Korn genommen. Vogt
sei daraufhin selbstironisch in die
Rolle des Lehrers Lämpel geschlüpft
und habe seine Repliken aus dessen
Sicht pointiert.
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Das Bildnis des strengen Mannes,
dem die bösen Buben Max und
Moritz in ihrem vierten Streich übel
mitspielten, entzückte nicht nur die
Mitschüler(innen) der seinerzeitigen
Abiturient(inn)en. Auch die Lehrkräfte waren begeistert. 20 Lehrerinnen und Lehrer ließen sich am
Tag nach der Nacht, in der Lämpel
zum Markenzeichen des GGS wurde, unter dem Bildnis ablichten –
getreu dem Manne über ihnen mit
erhobenem Zeigefinger. Michael Kuckenburg spricht von einer „selbstironischen Attitüde: Wir haben die
augenzwinkernde Kritik, die im
Lämpel steckt, aufgegriffen, um einen Dialog über die Zukunft der
Schule zu führen.“
Auch Roland Häcker, 1988 Schulleiter am Goldberg-Gymnasium und
heute Schatzmeister im Verein der
Freunde des GGS, verspürte „keine
innere Abwehr“, als er am Morgen
danach das Kunstwerk sah. Und
auch aus dem Kollegium habe es
keine Einwände gegeben. Dass die
„ironische Auseinandersetzung mit
der Pädagogik des Lehrers Lämpel“
eine geradezu identitätsstiftende
Wirkung entfalten würde, habe damals allerdings niemand erahnen
können, sagt Häcker.
Seit der 600-Jahr-Feier des GGS
(und seiner Vorläuferschulen) 1995
gibt es Lämpel-Variationen im Outfit verschiedener Zeitepochen. Den
offiziellen Flyer des Vereins der
Freunde des GGS zieren drei Lämpel-Versionen: der Klassiker von
Busch, ein Hippie-Lehrer, der zwei
Finger zum Peace-Zeichen spreizt
anstatt den Zeigefinger zu erheben,
und ein älterer Herr, der den Finger
gar nicht mehr hochrecken kann,
weil er in seiner Hand ein Handy
hält, auf das er stier den Blick richtet. „Wir wollen damit den Bogen
von der Tradition bis zur Moderne
schlagen“, sagt Brigitte Seeger, die
Vorsitzende des Vereins. Für sie ist
klar: „Der Lämpel muss wieder
hin!“ Sie spricht von einem „AbiDenkmal“, das es zu erhalten gelte.
stimmten Zeit entstanden ist, „andere Zeitläufte überdauern muss“.
Die Schulleitung hat einen Wettbewerb zur „Neugestaltung der
Westfassade des Goldberg-Gymnasiums“ ausgeschrieben. Aktuelle
und ehemalige Mitglieder der Schulgemeinschaft können bis zum 15.
Januar 2016 Entwürfe einreichen. In
der Diskussion über die Neugestaltung der Fassade ist Bernhard Kees
klar geworden, dass es auch in Zukunft nicht ohne den Busch-Charakter gehen wird. Doch er will
wenigstens, dass die literarische
Vorlage nicht wieder 1:1 auf die
Wettbewerb bis
15. Januar verlängert
Schulleiter Bernhard Kees hätte
die Chance, die sich ergab, als die
Fassade des Altbaus mit einer Wärmedämmung, neuen Fenstern und
einem neuen Anstrich versehen
wurde, allerdings am liebsten genutzt, um Lämpel durch ein anderes
Motiv zu ersetzen. Er sei ja nicht das
einzige identitätsstiftende Element
der Schule. Er erwähnt die Fahne
mit dem Leitbild „Schule fürs Leben“ und den Profilen des GGS als
Kunst-, Latein- und Naturwissenschaft-und-Technik-Schule,
die
nach der Fassadensanierung schnell
wieder am Altbau aufgehängt worden ist. Kees stellt in Frage, ob eine
„Abi-Marke“, die in einer ganz be-
Kees: „Motiv kreativ
weiterentwickeln“
neue Fassade gepinselt wird. „Wir
sollten das Motiv kreativ weiterentwickeln“, wünscht der Schulleiter.
Nach dem 15. Januar bewertet eine
Jury aus Schulleitung, Lehrern, Eltern, Schülern und Vertretern des
Fördervereins die Entwürfe und unterbreitet den Entscheidungsgremien, der Gesamtlehrerkonferenz
und der Schulkonferenz einen Vorschlag.
Lehrkräfte des GGS posieren 1988 unter dem „druckfrischen“ Lämpel
Foto: red
! Wer einen Vorschlag zur Neugestaltung der Westfassade am
Altbau des Goldberg-Gymnasiums Sindelfingen hat, kann ihn
an [email protected] schicken.