Duroplastspritzguss und dessen Anwendung auf MID

Duroplastspritzguss und dessen Anwendung auf MID
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Duroplastspritzguss und dessen Anwendung auf MID
Dreidimensionale Leiterplatten erlauben die Integration von Elektronik, unterschiedlichsten Funktionalitäten sowie
Gehäusefunktionen in einem einzigen Bauteil. Die Anwendungsbereiche solcher MID-Lösungen werden ständig
erweitert und ausgebaut. Hierdurch steigen auch die Anforderungen an die eingesetzten Materialien u.a. hinsichtlich
Beständigkeit gegenüber unterschiedlichsten Medien, Dimensionsstabilität und Wärmeableitung. Die geforderten
Eigenschaften müssen dabei auch bei schwierigen Umgebungsbedingungen wie extremen Temperaturen oder
Temperaturwechseln gehalten werden. Auch die Gesamtkosten und die Prozesssicherheit stehen mit im Fokus.
Obwohl duroplastische Formmassen, und hierbei hauptsächlich die Epoxid-Formmassen in den Bereichen
Elektronik, Sensoren und Mechatronik schon lange Ihre Eignung unter Beweis stellen, werden in der MID Technik
noch vorwiegend thermoplastische Kunststoffe eingesetzt.
Abb1: Elektronik-Anwendungen von EP-Formmassen
Der vorliegende Artikel will die besonderen Eigenschaften speziell der Epoxid-Formmassen aufzeigen und Ihre
Vorteile bezüglich den genannten Anforderungen darstellen. Die aus dem besonderen Verhalten als duroplastische
Formmasse resultierenden Unterschiede bei der Verarbeitung im Spritzguss werden aufgezeigt und hieraus die
Strategie zur Erzielung eines sicheren Verarbeitungsprozesses abgeleitet.
Im Anschluss werden Ergebnisse aus ersten Untersuchungen zur Herstellung leitfähiger Strukturen auf Bauteilen aus
Duroplast vorgestellt.
1. Duroplastische Formmassen
Grundlage der für Duroplaste typischen Eigenschaften ist der besondere molekulare Aufbau. Im Gegensatz zu den
aus linearen Makromolekülen bestehenden Thermoplasten wird der duroplastische Formstoff durch eine dichte
raumvernetzte Polymerstruktur gebildet. Das Formteil entsteht aus einer aufgeschmolzenen niedermolekularen und
niedrigviskosen Masse durch die Formgebung im Werkzeug und die anschliessende chemische Vernetzung der
Harzkomponenten. Die Vernetzung wird im allgemeinen durch Wärme indiziert und ist irreversibel.
D u ro plas t
D u ro p las t
g eh ärtet
w äh ren d d es E in sp ritzen s
K u rzk ettige s M ole kü l
V ern e tzu ng
T he rm o p la st
T h erm o p la st
am o rp h
kristallin
La n gk e ttig es M olek ül
Abb 2 Vergleich Thermo-/Duroplast
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Basierend auf dem Mechanismus der Vernetzung lassen sich Duroplaste in 3 Gruppen unterteilen:
•
•
•
Polymerisation:
Polykondensation:
Polyaddition:
z.B. Polyester (UP)
z.B. Phenol (PF), Melamin (MF), Harnstoff (UF )
z.B. Epoxid (EP)
Bei der Polymerisation (in diesem Fall radikalisch) werden Doppel- oder Dreifachbindungen i.d.R. durch Peroxid
reaktionsfähig gemacht, wonach die einzelnen Moleküle vernetzen können. Bei der Polykondensation und der
Polyaddition besitzen die Moleküle reaktive Gruppen, die bei der Polykondensation mit Abspaltung flüchtiger
Substanzen, bei der Polyaddition durch Umlagerung ohne irgendwelche Abspaltungen miteinander reagieren.
Unabhängig von der Harzbasis sind alle duroplastischen Formmassen ähnlich zusammengesetzt:
• Harzmatrix aus Harz und Härter
• Füllstoff, anorganisch und/oder organisch
• Verstärkungsstoffe
• Gleit- und Trennmittel
• Andere Hilfsstoffe
• Pigmente
Über diese Kombinationsmöglichkeiten können vielfältige Eigenschaftsprofile eingestellt und damit spezifische
Anforderungen abgedeckt werden.
Im folgenden werden die Eigenschaften näher betrachtet, die für die MID Technologie von besonderem Interesse
sind.
2. Eigenschaften von Epoxid-Formmassen
Abb 3 Epoxid-Formmasse
Was ist wichtig für Anwendungen der MID Technologie?
-
Gestaltungsfreiheit
Dimensionsstablität
enge Toleranzen, gute Reproduzierbarkeit
Temperaturbeständigkeit
Chemikalienbeständigkeit, geringe Wasseraufnahme
Prozesssicherheit
glatte, geschlossene Oberflächen möglich
Die folgenden Ausführungen sollen die Eignung von Epoxidformmassen hinsichtlich dieser Anforderungen
erläutern. Hierbei werden die Eigenschaften betrachtet, die die oben genannten Anforderungen wesentlich
beeinflussen.
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Isotropie
mechanische, thermische und elektrische Eigenschaften
Wie bereits ausgeführt reagieren Epoxid-Formmassen entsprechend einer Polyadditions-Reaktion, d.h. die
Reaktionspartner verbinden sich miteinander, ohne dass ein Nebenprodukt entsteht.
Daher werden die Endeigenschaften des Formteiles (mechanische, elektrische oder thermische Eigenschaften)
unabhängig von der Wandstärke erreicht (Abb 4). Eine Überhärtung ist nicht möglich, wodurch die Härtezeit der
grössten Wandstärke angepasst werden kann, ohne Einbussen von Eigenschaften an Stellen kleinerer Wandstärken.
Ein Nachtempern ist nicht erforderlich.
W1
W2
W3
Wandstärke
W1<W2<W3
T1
T2
T3
Härtezeit
[min]
Abb 4 Endeigenschaften, Wandstärkeneinfluss
Die Matrix von Epoxid-Formmassen bildet nach der Reaktion ein dreidimensionales Netzwerk, d.h. das Formteil
besteht im wesentlichen nur aus einem Molekül. Dieses Netzwerk ermöglicht homogene Eigenschaften in allen
Richtungen des Formteiles. Bei Thermoplasten werden die langkettigen Moleküle mehr oder weniger ausgerichtet.
Abb 5 zeigt den Einfluss anhand des Ausdehnungskoeffizienten im Vergleich einer Epoxid-Formmasse mit PPS,
beide glasfaserverstärkt.
Abb 5 Längenausdehnungskoeffizient TMA Methode
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Die Ausdehnungskoeffizienten können in gewissem Rahmen an die Anforderungen angepasst werden. Sie liegen
generell in der gleichen Grössenordnung wie die von Metallen.
Die bessere Homogenität der Eigenschaften zeigt sich auch an den Bindenähten, da hier die Moleküle nicht wie bei
Thermoplasten nebeneinander zu liegen kommen, sondern über die Kontaktflächen hinaus miteinander reagieren.
Bei Thermoplasten wird die Festigkeit in diesen Bereichen oft auf 30 bis 50 % des Ausgangswertes reduziert, bei
Duroplasten bleibt sie nahezu erhalten.
Thermische Eigenschaften
Bei Betrachtung der Temperaturbeständigkeit sind zwei Teilaspekte zu beachten. Zum einen interessieren die
Materialeigenschaften bei Einsatztemperaturen, z.B. die mechanischen Werte, zum anderen ist wichtig, wie lange
diese Eigenschaften unter Wärmeeinwirkung erhalten bleiben. Die Wärmealterungsbeständigkeit geht am besten aus
der Messung nach IEC 216 hervor. Bei dieser Prüfung werden Prüfkörper bei unterschiedlichen Temperaturen
gelagert. Erfasst wird die Zeit, bei der die betrachtete Eigenschaft auf einen bestimmten Anteil des Ausgangswertes
abgefallen ist. Diese Werte werden bei Raumtemperatur bestimmt. In Abb 6 sind solche anhand der Biegefestigkeit
ermittelte Temp./Zeit-Kurven für verschiedene Epoxid-Formmassen aufgetragen.
100000
10000
1000
NU 463
NU 6110
NU 5680
NU 514
100
140
150
160
170
180
190
200
210
220
230
240
Abb 6 Lebensdauer in Abhängigkeit der Temperatur (IEC 216)
Wichtig für eine Anwendung sind jedoch auch die Eigenschaften bei Betriebstemperatur. Abb 7 zeigt die
mechanischen Eigenschaften exemplarisch anhand des Schubmodules in Abhängigkeit der Temperatur.
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Schubmodul [Pas]
1.E+10
1.E+09
NU 463
NU 514
NU 4414
NU6110
PW126B
1.E+08
1.E+07
20
40
60
80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340
Temperatur [°C]
Abb. 7 Schubmodul von verschiedenen Epoxid-Formmassen
Dieses Diagramm zeigt die Variationsmöglichkeiten bei der Formulierung. Alle Epoxid-Formmassen durchlaufen
einen Bereich, in dem die Werte auf ein tieferes Niveau abnehmen, das sie dann bis zur thermischen Zerstörung bei
sehr hohen Temperaturen halten. Der Wendepunkt der Kurve entspricht dabei der Glasübergangstemperatur (Tg).
Die Variationsmöglichkeiten durch Harz und Härter ermöglichen es die unterschiedlichsten thermischen
Anforderungen zu erfüllen, von flexiblen (Tg≈110°C) bis zu steifen Systemen (Tg>250°C).
Die physikalische Verbindung der Thermoplastmoleküle im Vergleich zur chemischen Vernetzung der Duroplaste
zeigt sich auch deutlich im Kriechverhalten. Abb 8 zeigt hier das stark unterschiedliche Verhalten von
Thermoplasten im Vergleich zu Epoxid-Formmassen bei mechanischer Belastung und Temperatur. Der Effekt tritt
bereits bei Raumtemperatur auf und verstärkt sich mit steigender Temperatur.
Abb 8 Kriechverhalten verschiedener technischer Kunststoffe
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Chemische Beständigkeit
Epoxid-Formmassen zeichnen sich generell durch eine sehr gute Chemikalienbeständigkeit aus, die sie bei vielen
Anwendungen, u.a. auch im Motorbereich unter Beweis stellen. Die Forderungen sind jedoch von Anwendung zu
Anwendung sehr speziell, so dass hier exemplarisch an 2 Beispielen die Veränderung der mechanischen
Eigenschaften und der Dimensionen gegenüber Treibstoffen und Kühlwasser aufgezeigt werden. Bei Einlagerungen
über lange Zeiträume sind kaum Veränderungen in der mechanischen Festigkeit und nur eine sehr geringe Quellung
feststellbar.
Einlagerung @ 150°C / 480h
Längenänderung
Einlagerung @ 150°C / 480h
Biegefestigkeit
148
138
145
147
190
Änderung
120
[MPa]
+0.23 %
+0.14%
+0.10%
189.47mm
200
160
140
100
80
60
40
20
180
170
160
150
0
tel quel
EN 590
EN 590 + 30%
Bleifrei 95
tel quel
RME
EN 590
EN 590 + 30%
Bleifrei 95
RME
Abb 9: Beständigkeit gegenüber Treibstoffen
0.25
103.5
+0.24%
0.2
99.9
Änderung
100.2
500h
2000h
95.6
95
100
Einlagerung in Wasser / Glykol @ 135°C
Längenänderung
+0.17%
0.15
500h
2000h
0.1
+0.08%
+0.08%
0.05
90
[% vom Ausgangswert]
105
Einlagerung in Wasser / Glykol @ 135°C
Biegefestigkeit
0
NU 505
NU 3723
NU 505
NU 3723
Abb 10: Beständigkeit gegenüber Kühlflüssigkeit
Gestaltungsfreiheit
Die Formschwindung eines Formteiles hängt bei Epoxid-Formmassen von der Matrix und den Füll- und
Verstärkungsstoffen ab. Sie ist definiert als das Mass des kalten Werkzeuges zum Mass des Formteiles nach
Abkühlung und damit eine Überlagerung von Reaktionsschwund und den Wärmeausdehnungskoeffizienten des
Werkzeugstahles und der Formmasse. Der Nachschwund (Schwindung bei erneutem Temperatureintrag) ist mit
0,01% vernachlässigbar gering.
Formschwindung (%)
0
0.5
1.0
1.5
Nachschwindung (%)
0
0.5
1.0
1.5
2.0
PF
UF
MF
MPF
UP
DAP
EP
Abb 11 Vergleich der Form-und Nachschwindung verschiedener Duroplaste
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Die geringe Schwindung verursacht zwangsläufig weniger Spannungen und ermöglicht eine hervorragende
Dimensionsstabilität. Sie ist auch eine wichtige Voraussetzung für enge Toleranzen, wie sie für funktionelle Masse,
z. B. für Dichtbereiche, elektrische Isolierungen oder als Basis für leitfähige Beschichtungen erforderlich sind.
Sie ist auch der Grund weshalb mit Epoxid-Formmassen gefertigte Formteile keine Schwindungsmarkierungen
aufweisen. Dies ist ein deutlicher Unterschied zu Thermoplasten, bei denen an Wanddickenübergängen oder Rippen
Einfallstellen auftreten.
Duroplastmoleküle haben während der Verarbeitung im Vergleich zum Thermoplast ein sehr niedriges
Molekulargewicht.
Innerhalb
der
Duroplastfamilie
haben
Epoxid-Formmassen
die
niedrigsten
Verarbeitungsviskositäten. Auch mit über 70 Gewichts-% gefüllte Epoxid Formmassen können daher noch mit
Forminnendrücken bis unter 50 bar verarbeitet werden.
Auch lassen sich Umhüllungsschichtstärken von unter 1 mm bei guter Rissbeständigkeit ohne Probleme realisieren.
Die niedrige Verarbeitungsviskosität bedingt auch eine sehr gute Abbildung der Werkzeugoberfläche. Die für die
MID Technologie erforderliche glatte und geschlossene Oberfläche des Spritzlings lässt sich durch entsprechende
Oberflächengüte im Werkzeug erreichen.
Abb 12: Oberflächengüte, keine Schwundmarkierungen
Diese gute Fliessfähigkeit ist auch eine der Voraussetzungen für die schonende Umhüllung empfindlicher
Einlegeteile. Anschaulich lässt sich dies gut an Wicklungen demonstrieren, die mit wenig Belastung umhüllt werden
müssen und keine Verschiebungen aufweisen dürfen. Die mögliche Bandbreite reicht hier von einer
Teilimprägnierung bis hin zur vollständigen Imprägnierung.
Abb 13 Teilimprägnierung/Vollimprägnierung
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Die Imprägnierung ist neben der Abdichtung gegen Wasser und Chemikalien gleichzeitig auch die Voraussetzung für
eine gute Verlustwärmeableitung und damit niedrigere Betriebstemperatur.
Durch entsprechende Wahl der Füllstoffe kann mit Epoxid-Formmassen eine Wärmeleitfähigkeit von über 2,0
W/mK erreicht werden mit ausreichender mechanischer Festigkeit.
Folgende Tabelle zeigt in der Übersicht einen zusammenfassenden Verleich der Eigenschaften von EpoxidFormmassen mit technischen Thermoplasten.
Eigenschaften
PA/PBT
PPS/LCP
EP
Dimensionsstabilität
schlecht
mittel
sehr gut
Schwindung
hoch
hoch
sehr niedrig
Schwundmarkierungen
ja
ja
nein
Kriechverhalten (bei >100°C)
sehr gross
mittel
klein
Gestaltungsfreiheit
sehr wenig
wenig
sehr gut
Rissbeständigkeit an Bindenähten
schlecht
schlecht
sehr gut
Wärmeleitfähigkeit
schlecht
mittel
gut / sehr gut
Temperatur Index (IEC 216)
B&F
H
F&H
Wasseraufnahme
hoch
niedrig
niedrig
Chemikalienbeständigkeit
mittel
gut
sehr gut
Tab. 1 Vergleich Eigenschaften Thermoplast / EP
Verarbeitung von Epoxid-Formmassen
Für die Verarbeitung von Epoxid-Formmassen kommen neben dem einfachen Pressverfahren, welches für MIDBauteile wenig relevant ist, sowohl das Spritzpressen als auch das Spritzgiessen in Betracht. Wichtig ist in beiden
Fällen, dass das Material vor dem Formgebungsprozess plastifiziert wird, um Luft aus dem Granulat zu verdrängen
und das Fliessverhalten und die Härtezeit zu optimieren. Beim Spritzpressen geschieht diese Vorbereitung extern
mittels entweder einer Tablettiereinrichtung plus HF-Vorwärmgerät oder in einem Schritt mittels eines
Vorplastifiziergerätes. Beim Spritzgiessen wird das Material in der Spritzgiessmaschine selbst während des
Prozesses plastifiziert.
Abb 14 Verarbeitungsverfahren
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Beim Spritzgiessprozess von Duroplasten bestehen vielfach noch Vorbehalte bezüglich der Prozesssicherheit. Daher
soll hier noch auf die richtige Strategie bei der Parametereinstellung eingegangen werden.
Viskosität
Der Prozess unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Spritzgiessprozess von Thermoplasten. Um einen sicheren
Prozess zu gewährleisten, muss man aber dem unterschiedlichen Verhalten unter Temperatureinwirkung Rechnung
tragen.
Während bei Thermoplasten die Viskosität bei steigender Temperatur abnimmt, kommt es beim Duroplast zu einer
Überlagerung der temperaturbedingten Viskositätsabnahme und einer reaktionsbedingten Viskositätszunahme, wie in
Abb 15 dargestellt. Aus diesem Verhalten ergeben sich die Unterschiede in der Prozessführung.
resultierende
Viskosität
physikalisches
Aufschmelzen
chemische
Vernetzung
Zeit
Abb 15 Viskositätsfunktion vernetzender Formmassen
Bei Thermoplasten wird vor der Verarbeitung dem Material Wärme zugeführt um das Grannulat aufzuschmelzen, im
Werkzeug wird diese Energie wieder entzogen.
Bei Duroplasten wird vor der Verarbeitung moderat Wärme zugeführt, die Hauptenergie zur Aushärtung jedoch erst
im Werkzeug.
Vielfach wird aufgrund von Bedenken, dass die Formmasse im plastifizierten Zustand schon im Zylinder zu hart
wird sehr spät Energie zugeführt und auf die Einstellung eines Massepolsters bewusst verzichtet. Die oft beobachtete
Kühlung des Einzugsbereiches und tiefe Temperaturen einzugnah sind einer sorgsamen und homogenen
Plastifizierung hinderlich, da ein schnelles Aufschmelzen unter hohem Druck kältere und heissere Bereiche im
plastifizierten Material erzeugt.
Diese „konventionelle“ Fahrweise führt i.d.R. zu keinem befriedigenden Ergebnis. Der Prozess ist Schwankungen
unterworfen und reagiert sensibel auf Unterbrechungen.
Der optimale Verarbeitungszustand lässt sich dadurch erreichen, dass dem Granulat im Zylinder schon früh
Wärmeenergie zugeführt wird. Dies führt zu einem frühen Aufschmelzen der Masse, so dass auf einen hohen
Staudruck verzichtet werden kann. Das Material wird damit über einen längeren Zeitraum, aber dafür schonend
plastifiziert. Vor der Schneckenspitze erhält man eine homogen aufgeschmolzene Masse, die durch die vorderste
Temperierzone nur noch auf der gewollten Temperatur gehalten wird. Abb 16 zeigt exemplarisch eine solche
Temperatureinstellung und schematisch die Zone, in der das Material beginnt aufzuschmelzen.
90 – 75
75 – 60
75 – 60
Abb 16: Plastifizierung
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°C
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Die Vorteile, die sich hieraus ergeben sind:
• geringere Spritzdrücke
• gezielte Kontrolle der Verdichtung des Formteiles
• Verhinderung von Masseaufbau
• kürzere Einrichtzeiten
• geringerer Verschleiss
Damit lassen sich Epoxid-Formmassen problemlos und prozesssicher mit Massepolster fahren. Dies ist eine wichtige
Voraussetzung, um das Potential der Epoxid-Formmassen bezüglich Qualität und Qualitätskonstanz auch voll
auszuschöpfen.
p spez.
Der Prozess lässt sich dann auch über die Darstellung der Einspritzdrücke und Wege gut beurteilen und einstellen.
Solldruck (spezifisch)
Istdruck (spezifisch)
Schneckenweg
Einspritzphase
Nachdruckphase
t
Abb 17: Spritzprofil
Die Vorteile bezüglich Prozesssicherheit werden aus Abb 18 deutlich. Hier ist der zum Einspritzen erforderliche
Druckbedarf für verschiedene Unterbruchzeiten für beide Fahrweisen aufgetragen.
Während bei „konventioneller“ Fahrweise der Spritzdruck nach 3min Unterbruch um fast 50% steigt und nach 5min
die Druckgrenze der Maschine erreicht, steigt er bei der vorgeschlagenen Fahrweise bei 5min lediglich um 20% und
selbst bei 10 min erst um 50%. Der Prozess wird somit weit toleranter gegenüber Fertigungsunterbrüchen.
1500
Umschaltdruck [bar]
1300
1100
900
700
500
300
konventionell
100
ohne Unterbruch
m. Massepolster
Druckbegrenzung
3
5
Unterbrechungszeit [min]
Abb 18 Einfluss von Unterbrechungszeiten
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Tab. 2 zeigt einen Vergleich der Verarbeitungsbedingungen von Epoxid-Formmassen zu verschiedenen technischen
Thermoplasten.
Verarbeitung
PA/PBT
PPS/LCP
EP
Verarbeitungstechnik
Spritzguss
Spritzguss
Spritzguss & Spritzpressen
Schmelzetemperatur
<300°C
<400°C
<110°C
Werkzeugtemperatur
80-120°C
120-160°C
160-190°C
Spritzdruck
<1500bar
<1500bar
<800bar
Werkzeuginnendruck
400–700bar
300–800bar
50-250bar
Spritzzeit
<10s
<5s
<20s
Härtezeit (bei 2mm Wandstärke)
<45s
<45s
<45s
Härtezeit (bei 5mm Wandstärke)
<120s
<120s
<60s
Tab.2 Vergleich Verarbeitung Thermoplast / EP
Laserstrukturierung
Die Möglichkeit, die Eigenschaften wie vorgestellt ohne Kompromisse nutzen zu können bedingt, dass für eine
Laserstrukturierung und Metallisierung der Oberfläche keine speziellen Eingriffe oder Änderungen an der
Formmasse notwendig sind, wie z. B. der Zusatz spezieller Additive.
Hierfür werden bei der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e.V. in Stuttgart Untersuchungen an
handelsüblichen Epoxid-Formmassen durchgeführt, die bisher sehr gute Ergebnisse liefern.
So lassen sich ohne spezielle Additive in der Formmasse schon Strukturen mit einer Teilung (pitch) von 120µm
realisieren. Die Rauhigkeit liegt bei dem angestrebten Rz von 10 µm.
Die auf der Struktur aufgebrachte Metallschicht hat eine Haftfestigkeit von 10 – 30 N/mm2, was im Bereich der z. B.
mit LCP erreichbaren Werte und sogar darüber liegt.
Laserstrukturierung (Bilder Hahn Schickard)
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120 µm
12
200 µm
Abb19: bisher erreichbare Teilung (Bilder Hahn Schickard)
Abb 20: Haftung unterschiedlicher EP-Formmassen im vgl. zu LCP (Quelle Hahn Schickard)
Fazit
Epoxid-Formmassen eignen sich hervorragend für den Einsatz in der MID-Technologie. Aufgrund ihres Aufbaues
bieten sie viele der geforderten Eigenschaften schon von Haus aus. Die Möglichkeiten der Anpassung des
Eigenschaftsprofils an unterschiedliche Bedürfnisse ist durch die Variationsmöglichkeiten mittels Harz, Härter,
Füllstoffen und Additiven sehr gross.
Die tiefe Verarbeitungsviskosität ermöglicht die Ausbildung von glatten, geschlossenen Oberflächen, wie sie für die
Laserstrukturierung von MID-Bauteilen erforderlich ist. Die erzielbaren Rauhtiefen und Haftfestigkeiten der
Metallschicht sind gleichwertig zu den mit speziell behandelten Thermoplasten erreichbaren Werte.
Das Fliess-/Härtungsverhalten der EP-Formmassen erlaubt die schonende Umhüllung auch empfindlicher Bauteile
wodurch sich noch zusätzliche Möglichkeiten eröffnen weitere Funktionen in einem Bauteil zu integrieren.
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