Benediktbeurer Gespräche der Allianz Umweltstiftung 2015 „Die Vergangenheit ist nicht mehr gestaltbar – es geht um die Zukunft. Umweltpolitik in Deutschland 1990-2015: Bilanz und Ausblick.“ I N H A L T DI E B E N E DI KTB E U R E R G E S P R ÄC H E DE R ALLIAN Z U MWE LTSTI F TU NG am 30. April 2015 hatten zum Thema: „Die Vergangenheit ist nicht mehr gestaltbar – es geht um die Zukunft. Umweltpolitik in Deutschland 1990-2015: Bilanz und Ausblick.“ 5 Pater Heiner Heim, 37 Prof. Dr. Matthias Freude, Vorsitzender des Trägerverbundes Präsident des Landesamtes für des Zentrums für Umwelt und Kultur, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft Benediktbeuern und Flurneuordnung Brandenburg, Frankfurt/Oder 7 Prof. Dr. h.c. Dieter Stolte, Vorsitzender des Kuratoriums Revitalisierung des Ratzengrabens in Biberach 51 Volker Angres, der Allianz Umweltstiftung, Ressortleiter Umwelt des ZDF, Berlin / M ünchen Mainz vorher – nachher 11 Dr. Lutz Spandau, 61 Diskussion des Tagungsthemas 89 Abendvortrag Vorstand der Allianz Umweltstiftung, Berlin / M ünchen Ulrike Scharf, 19 Alois Glück, Bayerische Staatsministerin Präsident des Zentralkomitees für Umwelt und Verbraucherschutz, der deutschen Katholiken, München Traunwalchen 101 27 Eberhard Brandes Geschäftsführender Vorstand WWF-Deutschland, Berlin Impressum 1 D I E A L L I A N Z DI E ALLIAN Z U MWE LTSTI F TU NG: Aktiv für Mensch und Umwelt. U M W E L T S T I F T U N G Die Benediktbeurer Gespräche. Alljährlich treffen sich auf Einladung der Allianz Umweltstiftung streitbare und neugierige Geister im Kloster Benediktbeuern. Die Benediktbeurer Gespräche sollen den Blick weiten für die Fragestellungen „Mitwirken an einem lebenswerten Dasein von morgen. in der Zukunft.“ Diese Maxime für Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Leitmotiv der Benediktbeurer Gespräche ist, Umwelt hat die Allianz Umweltstiftung in die gesellschaftliche Auseinandersetzung zu ihrer Satzung verankert. Anlässlich ihres fördern, starre Konfrontationen aufzulösen 100-jährigen Jubiläums im Jahr 1990 über- und die umweltpolitischen Diskussionen zu nahm die Allianz mit Gründung der Umw elt- versachlichen. stiftung in einem neuen Bereich gesell- schaftliche Verantwortung. Mit ihrer Streitkultur haben sich die Ben ediktbeurer Gespräche zu einem Forum des Bei allen Projekten bindet die Allianz kontinuierlichen Neu-, Anders- und Weiter- Umweltstiftung den wirtschaftenden denkens entwickelt. Damit tragen sie dazu Menschen ein. Dabei ist das wesentliche bei, den Boden für eine nachhaltige Zuk unft Neugestaltung des Marienplatzes in Görlitz Ziel aller Förderprojekte der Schutz des zu bereiten, denn die kann „in Zeiten, in vorher – nachher Naturhaush altes unter Berücksichtigung denen es keine linearen Handlungsanweisun- der wirtschaftlichen Entwicklung. gen mehr gibt, nur im kontinuierlichen gesellschaftlichen Lernprozess entstehen“, Ökologisch und ökonomisch, sozial und so Dr. Lutz Spandau, Vorstand der Allianz kulturell – jedes Projekt leistet auf seine Art Umweltstiftung. einen Beitrag zur praktischen Umsetzung eines aktuellen Zukunftsthemas. Denn immer „Die Vergangenheit ist nicht mehr gestaltbar – geht es um die Idee des „Sustainable De- es geht um die Zukunft. Umweltpolitik in velo pment“, die beispielhafte Realisierung Deutschland 1990-2015: Bilanz und Ausblick.“ nachhaltigen Wirtschaftens – also um die war das Thema der neunzehnten Benedikt- Förderung einer dauerhaft umweltgerechten beurer Gespräche am 30. April 2015. Entwicklung, die auch künftigen Generationen ein lebenswertes Dasein ermöglichen Die Referate und aus ihnen resultierende soll. Schlussfolgerungen werden mit diesem Band der Schriftenreihe „Benediktbeurer Ausgehend von der Überzeugung, dass Gespräche der Allianz Umweltstiftung“ grundlegende Umweltfragen nur im gesell- publiziert. schaftlichen Konsens zu lösen sind, hat die Allianz Umweltstiftung ein unabhängiges Diskussionsforum geschaffen. 3 B E G R Ü S S U N G P A T E R H E I N E R H E I M „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Begrüßung durch Pater Heiner Heim, Vorsitzender des Trägerverbundes des Zentrums für Umwelt und Kultur Benediktbeuern. Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie noch einmal ganz herzlich hier im Allianz-Saal des Zentrums für Umwelt und Kultur Benediktbeuern und wünsche Ihnen einen guten Morgen. darauf warten, mit uns ins Gespräch zu Besonders begrüße ich alle Gäste, die kommen. Vorab möchte ich einen Satz des Naturnahe Gestaltung am Neckar heute neu hinzugekommen sind; und ganz französischen Staatsministers Talleyrand vorher – nachher besonders die Referenten des heutigen zitieren: „Man muss die Zukunft im Sinn Tages. Ich hoffe, Sie hatten gestern einen haben und die Vergangenheit in den schönen Abend mit guter Unterhaltung Akten.“ Ich denke, das ist ein guter Satz und anschließend eine ruhige, erholsame für das heutige Thema. Ich wünsche Ihnen Nacht. eine angenehme und gute Veranstaltung und sehr informative und gute Gespräche. Wir können ja jetzt zur Ermunterung noch einmal die Stimmübungen machen, die wir gestern Abend schon gemeinsam eingeübt haben. Gestern Abend hat uns die Musikgruppe „Pitu-Pati – ein Schnäpschen einschenken“, wie der Name schon sagt, musikalisch allerhand scharfen Schnaps eingeschenkt. Das war wirklich ein besonderes Erlebnis. Heute wollen wir uns aber wieder den Sachthemen zuwenden; und dazu freuen wir uns auf die Referenten, die bereits Dankeschön. 5 B E G R Ü S S U N G P R O F . D R . H . C . D I E T E R S T O L T E „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Begrüßung durch Prof. Dr. h. c. Dieter Stolte, Vorsitzender des Kuratoriums der Allianz Umweltstiftung, Berlin/München. Meine Damen und Herren, liebe Gäste der Benediktbeurer Gespräche 2015, es ist mir eine besondere Freude, Sie als Vorsitzender des Kuratoriums der Allianz Umweltstiftung auch in diesem Jahr herzlich willkommen zu heißen. Seit der sozial-liberalen Koalition nach Die Allianz Umweltstiftung wurde 1990 1969 wurde Umweltpolitik zu einem eigen- Wiederbelebung des Kühnauer Sees bei Dessau anlässlich des 100. Jubiläums der Allianz AG ständigen Politikbereich mit spezialisier- vorher – nachher ins Leben gerufen und feiert demzufolge in ten Interessengruppen, Verwaltungsinstanzen diesem Jahr ihren 25. Geburtstag. Dieses und eigenständigen Verfahrensabläufen. Jubiläum haben wir auch zum Anlass genom- Anspruchsvolle Umweltprogramme mit men, über die letzten 25 Jahre ein Resumée detaillierten Gesetzgebungsfahrplänen und unserer Tätigkeit zu ziehen. In diesem konkreten Zielvorgaben wurden imple- Kontext ist auch das Thema der diesjährigen mentiert. Benediktbeurer Gespräche formuliert worden: „Die Vergangenheit ist nicht mehr gestalt- Der steigende umweltpolitische Pro- bar – es geht um die Zukunft. Umweltpolitik blemdruck und dessen forcierte Wahrneh- in Deutschland 1990 – 2015: Bilanz und mung durch die Bevölkerung sowie die Ausblick.“ Entstehung grüner und alternativer Parteigruppierungen erhöhten den politischen Auch wenn wir von Umweltpolitik – als Stellenwert des Umweltschutzes wesentlich. nationalem Ressort – erst seit etwa 1970 Der Einzug der neuen Partei „Die Grünen“ sprechen können, existierte sie in den in den Bundestag sorgte für dauerhafte Industriestaaten bereits seit mindestens Präsenz des Themas und veranlasste die einem Jahrhundert. Gesundheitspolitik, anderen Parteien zu eigenständigen Umwelt- Lebensmittelrecht, Gewässerschutz, Müll- politiken. beseitigung, Energiepolitik, Lärmschutz sind seit langem Gegenstand politischer Einflussnahme und Gestaltung. 7 8 B E G R Ü S S U N G P R O F . D R . H . C . D I E T E R S T O L T E 9 Langsam entwickelte sich über viele Umweltpolitik ist eine weit gespannte, der Referenten und die klare Darstellung Jahre bei den Bürgern eine Sorge um die viele politische und gesellschaftliche Berei- der Positionen. Trotz kontroverser Ausgangs- natürlichen und damit elementaren Lebens- che betreffende Langzeitaufgabe. Die basis kommt es in vielen Punkten zu Über- grundlagen des Menschen. Bereits durch Entwicklung des umweltpolitischen Instru- einstimmungen und neuen Erkenntnissen. die erste Ölpreiskrise im Jahre 1973 wurde mentariums ist jedoch bis heute nicht abge- der allgemeine Fortschrittsglaube erschüttert. schlossen. Wie hat sich dieses Politikfeld Die Bereitschaft zum Konsens ist gege- Die Erkenntnis von der Endlichkeit der verändert? Welche Ziele wurden erreicht, ben; und ohnehin vorhanden ist das hohe Ressourcen und den Grenzen des Wachs- welche nicht? Potenzial für konstruktive Gespräche und lebhafte Diskussionen. tums wurde den Menschen nicht nur in der Literatur, sondern auch an autofreien Meine Damen und Herren, ich freue Sonntagen und bei Tempolimits auf Auto- mich, hervorragende Fachleute in unserem Auch dieses Jahr freuen wir uns über bahnen drastisch vor Augen geführt. In der Kreis begrüßen zu können, die uns die die große Resonanz auf das aktuelle Thema Folge entwickelte sich ein neues Bewusst- vielfältigen Aspekte unseres heutigen, sehr der Benediktbeurer Gespräche: „Die Vergan- sein vom Krisencharakter der Umwelt- komplexen Themas erläutern werden. genheit ist nicht mehr gestaltbar – es geht um die Zukunft. Umweltpolitik in Deutsch- entwicklung. Wir erinnern uns an das Schlagwort vom Waldsterben, das in den Medien Sie alle sind Persönlichkeiten mit besonderer land 1990–2015: Bilanz und Ausblick.“ sensationell aufbereitet wurde: „Erst stirbt Erfahrung und fachlicher Kompetenz. Ich bin mir sicher, dass wir wieder viel zu der Wald, dann der Mensch.“ Ich begrüße diskutieren haben. 1986, fünf Wochen nach der schweren Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, wurde H errn Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, bürgermeister von Frankfurt, wurde der erste H errn Eberhard Brandes, Geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland, die Benediktbeurer Gespräche veranstalten können, die gemeinsam von unserer Umweltstiftung und dem Zentrum für Umwelt und Umweltminister der Bundesrepublik Deutschland. für ihre Gastfreundschaft. Es ist schön, dass wir hier im Maierhof nun schon zum 19. Mal dann das Bundesumweltministerium gegründet. Walter Wallmann, der spätere Ober- Wir danken den Salesianern Don Boscos Herrn Prof. Dr. Matthias Freude, Präsident Kultur ins Leben gerufen wurden. des Landesamtes für Ländliche EntwickEine anspruchsvolle Umweltpolitik ist lung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Ich darf jetzt den Vorstand unserer auf eine Verbreiterung ihrer gesellschaft- Brandenburg und Umweltstiftung, Herrn Dr. Lutz Spandau, bitten, in seiner bewährten Art durch lichen Basis angewiesen. Umweltpolitische Steuerung vollzieht sich heute stärker H errn Volker Angres, Ressortleiter die Benediktbeurer Gespräche 2015 in Kooperationsbeziehungen, oft in einem Umwelt des ZDF – übrigens das erste zu führen und wünsche uns allen einen breiten Netzwerk staatlicher und nicht- Fachressort dieser Art im deutschen erkenntnisreichen und diskussions- staatlicher Akteure. Neben den bekannten Fernsehen. freudigen Tag. zahlreichen Umweltverbänden gibt es inzwischen ein Netz von umweltorien- Meine Damen und Herren, die Benedikt- tierten Wirtschaftsorganisationen. beurer Gespräche repräsentieren beispielhaft die hohe Qualität des Engagements der Allianz Umweltstiftung. Denn diese Veranstaltung zeichnet sich aus durch ihr hervorragendes fachliches Niveau, die Qualität E I N F Ü H R U N G D R . L U T Z S P A N D A U „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Einführung von Dr. Lutz Spandau, Vorstand der Allianz Umweltstiftung, Berlin/München. Meine Damen und Herren, auf den Benediktbeurer Gesprächen 1999 mit dem Thema „Zwischen Konfrontation und Konsens: Wie zukunftsfähig ist der Umweltschutz?“ führte ich Folgendes aus: „Manch einer beschreibt mit genüss- Denn mittlerweile halten wir Deutschen lichem Schauder, wie schlimm es um unse- uns nicht nur für die globalen Musterschüler Wiederbelebung des Lustgartens in Berlin ren Planeten am Ende dieses Jahrhunderts der Umweltpolitik, wir haben auch mental vorher – nachher steht. Seit gut einem Vierteljahrhundert einen Haken unter die Umweltpolitik insge- ist uns die Umweltkrise bewusst. Deshalb samt gemacht. So als habe die Ausrufung der wurde der Umweltschutz erfunden, wurde Energiewende sämtliche ökologischen getagt und angeklagt. Umweltparteien Probleme gelöst! etablierten sich und gerieten in die Regierungsverantwortung. Doch gerade jetzt, wo Welch ein Irrtum! der Einstieg in eine „ökologische Politik“ sich vom Wunschbild zur Wirklichkeit wan- Weder ist die Energiewende bereits deln könnte, macht sich massiv ein gegen- geschafft – Deutschland hat im Jahr 2013 läufiger Trend bemerkbar. Umwelt sei fast so viel Strom aus der Braunkohle- „mega-out“, unken die Medien, „und kein verbrennung gewonnen wie im Jahr 1990 Thema mehr“. und damit wesentlich zum Klimawandel beigetragen – noch ist die Natur gerettet. Das war im Jahr 1999! Es gibt genügend Probleme bei uns und auf Wo stehen wir heute? Versuchen Sie doch der gesamten Welt. mal, mit Freunden darüber zu diskutieren, ob sich die Politik genug um die Umwelt kümmert. Spätestens nach ein paar Sätzen Die Meere werden weiterhin überfischt, auch bei uns. werden Sie entweder ein müdes und mitleidiges Lächeln ernten oder in einer Die ökologischen Auswirkungen der Debatte über die Energiewende und den Entwicklung der Ballungszentren durch Strompreis stehen! die Landflucht sind überall ungelöst. 11 12 E I N F Ü H R U N G D R . L U T Z S P A N D A U Die Landwirtschaft bereitet, speziell in 13 „Wenn ich groß bin, gibt es kein einziges Tatsache ist weiterhin, dass die Umwelt- Klimaschutzpolitik lässt sich aber nur den Industrieländern, nach wie vor große grünes Fleckchen mehr. Da tät’ ich lieber tot politik in den vergangenen 25 Jahren viel durch Langzeitpolitik realisieren. ökologische Probleme. sein.“ Die Zukunftsvorstellung des 11-jähri- mehr positive Ergebnisse bewirkt hat als gen Clemens bündelt, was Kinder heute über andere Politikbereiche. Dies kann aber kein Wie kann demzufolge eine moderne, den Zustand der Natur lesen, sehen, hören. Grund zum Ausruhen sein. Damit zukünf- zukunftsgerichtete Umweltpolitik gestaltet Mutter Natur, früher gerne als dralles Weib tige Maßnahmen zum Schutz unserer werden? dargestellt, wird zur schwindsüchtigen Umwelt auch von der Bevölkerung akzep- Patientin. Und die Campaigner klappern tiert werden, müssen diese Maßnahmen viel Lassen Sie uns darüber, entsprechend mit den Spendentöpfen. eingehender mit positiven Assoziationen unserem Thema „Die Vergangenheit ist nicht belegt werden. mehr gestaltbar – es geht um die Zukunft.“, Die Umweltprobleme der (Massen-) Mobilität sind ungelöst. Und das weltweit größte Problem bleibt die Armut, durch die viele Menschen aus 1 nackter Not gezwungen sind, die Natur mit den Experten diskutieren und neue Wege zu plündern und die Umwelt zu ver- „Rettet die Robben!“, „Rettet die Wale!“, schmutzen. „Der letzte Elefant ist schon geboren.“ Dies umso mehr, da Umweltpolitik einen Es ist immer Großalarm, immer ist es fünf Querschnittbereich darstellt. Wie kommt es, dass wir uns für diese Lieber Herr Glück, mit der Umwelt- vor zwölf! Probleme nicht mehr interessieren? konzipieren. Was wiederum viele thematische Über- thematik sind Sie in Ihrem gesamten Leben Können Sie sich noch an das Ozonloch schneidungen mit anderen Politikfeldern unmittelbar oder mittelbar verbunden. Sie Ich denke, die in der Vergangenheit gepre- erinnern? Früher harmlose Sonnenstrahlen einschließt. Für die Umweltpolitik sind sind auf einem Bauernhof im Landkreis digten ökologischen Untergangsszenarien mutierten zur tödlichen Gefahr! Kinder und dies vor allem die Wirtschaftspolitik nebst Traunstein aufgewachsen und haben den haben viel mit unserem heutigen vermeint- Alte sollten im Sommer, der zur gefährlichs- der Landwirtschaftspolitik, die Energie- Beruf des Landwirtes erlernt. lichen Desinteresse zu tun. ten Jahreszeit geworden ist, das Haus nicht politik, die Verkehrspolitik, die Städtebau- mehr verlassen. und Siedlungspolitik. Da die Ursachen Nach Ihrer Wahl in den Bayerischen unserer Umweltprobleme häufig in die Landtag 1970 waren Sie von 1974 bis 1986 Wer erinnert sich noch an das Wald- Zuständigkeit dieser Gebiete fallen, verlan- Vorsitzender im Parlamentsausschuss für „Ein Planet wird verheizt“, schreibt sterben? Der Wald gehörte in den 1990er- gen diese Bezüge von den Akteuren der Landesentwicklung und Umweltfragen und die Berliner Zeitung am 10.10.1997 und Jahren auf die Intensivstation! „Das dra- Umweltpolitik ein hohes Maß an Interdiszi- von 1986 bis 1988 Staatssekretär im Staats- nennt auch gleich entsprechende Daten: matische Sterben“ kommentierte der Stern plinarität, dazu Kommunikations-, Über- ministerium für Landesentwicklung und 40 Jahre – dann ist das Erdöl alle. 60 Jahre – mit der Überschrift „Und plötzlich ist der zeugungs- und Durchsetzungsvermögen Umweltfragen. dann ist der Hahn beim Erdgas zu. Wald weg!“ sowie Kompromissb ereitschaft. Hier ein paar Beispiele: Auch während Ihrer Zeit als Vorsitzender 120 Jahre – dann sind die Weltvorräte an Stein- und Braunkohle erschöpft. Spätes- Heute, fast zwei Jahrzehnte nach der Weiterhin ist Umweltpolitik ein Lang- der CSU-Landtagsfraktion von 1988 bis 2003 tens dann heißt es „sich warm anziehen“. großen Waldpanik, wächst in Deutschland fristbereich. Damit ist gemeint, dass ein- und als Präsident des Bayerischen Landtages mehr Wald als zuvor. mal getroffene oder auch versäumte von 2003 bis 2008 blieben Sie der Umwelt- Entscheidungen sich langfristig auswirken, thematik treu. Auch Greenpeace hat schlechte Nachrichten und will mit dem Report „Zeit- Sind es der Pessimismus, Dogmatismus und diese Auswirkungen häufig erst mit bombe Klima“ rechtzeitig Alarm schlagen: und Fundamentalismus, die der Umwelt- großer Zeitverzögerung deutlich werden. So bestellte Sie die Kanzlerin in die Ethik- „Unsere Dokumentation von mehr als 500 bewegung ihre Dynamik genommen Wahltermine in der Politik oder Quartals- kommission „Sichere Energieversorgung“ Überschwemmungen, Dürren, Stürmen, haben? Hinzu kommen die Erfolge des zahlen in der Wirtschaft begünstigen die und in den Rat für Nachhaltige Entwicklung Waldbränden, Temperaturrekorden, Koral- praktischen Umwelt- und Naturschutzes: Konzentration auf kurzfristige Politikmuster der Bundesregierung. lensterben, schmelzenden Gletschern Manche Flüsse, Wälder und Tierarten und benachteiligen Themen, bei denen sowie die Ausbreitung von Schädlingen und erholen sich in einer nicht erwarteten Auswirkungen politischer Entscheidungen Seuchen belegt, dass die Zahl extremer Geschwindigkeit. über viele Jahre oder Jahrzehnte in die Wetterlagen dramatisch zunimmt.“ So Greenpeace. Zukunft berücksichtigt werden müssen. 1 Campaigner = Aktivist, Vorkämpfer 14 E I N F Ü H R U N G D R . L U T Z S P A N D A U Auch in Ihrer heutigen Funktion als führenden Vorstandes des World Wide Präsident des Zentralkomitees der deutschen Fund for Nature (WWF) Deutschland. Auf Katholiken, zu welchem Sie 2009 gewählt die Frage, ob der WWF zu industriefreund- wurden, spielt die Umweltthematik im lich sei, antwortete Brandes, ich zitiere: Kontext der Bewahrung der Schöpfung eine wichtige Rolle. „Die Herausforderungen, die wir in Umwelt- und Naturschutz haben, sind so Bei der Gründung des ersten Bayerischen gewaltig, dass wir sie nur mit den Ver- Umweltministeriums 1970 führte der dama- antwortlichen gemeinsam lösen können. lige Bayerische Ministerpräsident Alfons Die Wirtschaft muss sich bewegen, und wir Goppel aus: „Die Bedrohung unserer Lebens- helfen gerne – bei ernst gemeinten Versu- grundlagen durch die zunehmende Techni- chen. Die Wirtschaft muss Teil der Lösung sierung unserer Welt und den unkontrollier- werden.“ Soweit das Zitat. ten Egoismus der Einzelnen lässt es nicht zu, den Umweltschutz heute noch von den Nun hat sich in den vergangenen Jahren Ministerien gesondert unter den verschie- nicht nur die Wirtschaft, sondern es haben denen Teilaspekten wahrzunehmen. Die Bün- sich auch die Umweltverbände bewegt. delung des Umweltschutzes in einem Auf der Seite der Unternehmen ist die Ein- eigenen Ministerium sei notwendig.“ Soweit sicht gewachsen, dass die Bewahrung unserer der ehemalige Bayerische Ministerpräsident Umwelt mehr als ein wichtiger Imagefaktor Öffnung des Elstermühlgrabens in Leipzig Alfons Goppel. ist, während die Umweltverbände zunehmend vorher – nachher die ökonomischen Notwendigkeiten anerLieber Herr Glück, teilen Sie diese Position kennen. noch heute? Oder fordert die nachhaltige Bewahrung unserer Umwelt neue, interdiszi- Die Auseinandersetzungen über den Weg plinäre Strukturen? zur Bewahrung unserer Umwelt werden bei Weitem nicht mehr so scharf geführt wie Wir freuen uns auf Ihre Ausführungen und früher, ja zum Teil werden sie überhaupt begrüßen Sie herzlich bei den Benediktbeurer nicht mehr geführt. Gesprächen der Allianz Umweltstiftung. Sind Wachstum und die Bewahrung Eberhard Brandes ist geschäftsführender unserer Umwelt noch Widersprüche? Oder Vorstand der Umweltstiftung WWF Deutsch- halten wir mittlerweile die Kluft zwischen land. In dieser Funktion verantwortet er einem wünschenswerten Umweltzustand die Geschäftspolitik, die Strategie und die und der weniger rosigen Realität ökologisch Ausrichtung des WWF. wie ökonomisch aus? Nach einer erfolgreichen Karriere in Wie wird der WWF in Zukunft ticken? Wo der freien Wirtschaft übernahm der Diplom- liegen die wichtigsten zukünftigen Ziele, und Betriebswirt und passionierte Umwelt- mit welchen Methoden sollen diese erreicht schützer 2006 die Position des geschäfts- werden? 16 E I N F Ü H R U N G D R . L U T Z S P A N D A U 17 Wir freuen uns sehr auf Ihre Ausführungen Auf diesen Nationalparkprogrammen wurde Bei diesen Gesprächen führte Volker Sie waren weltweit auf allen großen und begrüßen auch Sie sehr herzlich bei den 1990 das sogenannte Brandenburgische Angres Folgendes aus, ich zitiere: „Ich denke, Umweltkonferenzen der letzten Jahrzehnte. Benediktbeurer Gesprächen der Allianz Konzept der Großschutzgebiete in Branden- es ist richtig, der Begriff Umweltschutz ist Aber: Müssen Sie Ihre Position aus dem burg aufgebaut und 1992 die Landesanstalt mega-out. So wie er in den 70er- und 80er- Jahre 1999 überhaupt verändern, oder ist für Großschutzgebiete gegründet, dessen Jahren entstanden ist, wird das zu Recht sie nach wie vor uneingeschränkt gültig? Prof. Matthias Freude ist Biologe, war Aufbau und Leitung Prof. Freude übertragen im politischen Raum und auch in der Presse lange Präsident des Landesamtes für Umwelt, wurde. Das Landesamt für Großschutz- kritisiert. „In“ ist aber die Suche nach trag- Wir freuen uns sehr, Sie 16 Jahre nach Gesundheit und Verbraucherschutz Bran- gebiete wurde dann in das Landesumwelt- fähigen Konzepten, nach der vielzitierten Ihrer ersten Mitwirkung heute wieder bei denburg und ist seit dem 1. Januar 2015 amt Brandenburg integriert, zu dessen nachhaltigen Entwicklung. Um gesellschaft- den Benediktbeurer Gesprächen begrüßen Präsident des Landesamtes für Ländliche Ent- Präsident wiederum Prof. Freude bestellt liche Prozesse also geht es, die uns alle zu können und sind gespannt auf Ihre wicklung, Landwirtschaft und Flurneuord- wurde. ein Stück in Richtung Zukunft bringen – Ausführungen. Umweltstiftung. nung Brandenburg. verstanden im positiven Sinne. Meine Damen und Herren, Sie sehen, Lieber Matthias Freude, wo stehen wir Matthias Freude war gemeinsam mit Prof. heute, 25 Jahre nach den Nationalparkpro- Und da scheint es so zu sein, dass die wir haben uns wieder bemüht, ein vielseiti- Succow, Prof. Knapp und Prof. Jeschke grammen? Was konnte umgesetzt werden, Ökologie wichtige Impulse setzen kann und ges Programm zu konzipieren, um interes- Mitbegründer des Nationalparkprogramms was ist nicht eingelöst, was ist verloren- uns alle weiterbringt. Und möglicherweise sante Positionen zu erfahren. Vielleicht gelingt der DDR. gegangen? Sind die Ziele und Visionen der ist diese Idee, Ökologie eben nicht als irgend- es uns, etwas alten Ballast abzuwerfen, um Wendejahre umgesetzt worden? wie belasteten Umweltschutz klassischer Art Platz für das Neue in unseren Köpfen zu zu verstehen; sondern als Impulsgeber, als schaffen. Das „Nationalparkprogramm der DDR als Baustein für ein europäisches Haus“ ent- Die Schaffung von fünf Nationalparks auf Motor zum Hervorbringen neuer tragfähiger stand 1989 und 1990. Es enthielt zunächst einen Streich hat zur Gründung weiterer Konzepte, die von der Politik und auch Lassen Sie uns daher keine Zeit verlieren, fünf Nationalparke – Vorpommersche Bodden- Nationalparks in Deutschland angeregt, zum von den Medien überhaupt noch nicht ent- lassen Sie uns einsteigen in die Benediktbeurer landschaft, Jasmund auf Rügen, Müritz, Beispiel der Nationalparks Kellerwald-Eder- deckt wurden.“ Gespräche der Allianz Umweltstiftung 2015: Hochharz und Sächsische Schweiz – sechs see, Eifel und Schwarzwald. Biosphärenreservate – Südost Rügen, Schorf- „Die Vergangenheit ist nicht mehr gestaltSo weit Volker Angres im Jahr 1999. in Deutschland 1990-2015: Bilanz und heide, Spreewald, Mittlere Elbe, Rhön und Wenn Sie heute Bilanz ziehen, müssten Vessertal – sowie 16 Naturparke. Damit Sie doch zufrieden sein. Ist alles gut? Wir Lieber Volker Angres, wo stehen wir 16 wurden rund 500.000 Hektar oder 4,5 Prozent freuen uns, von Ihnen zu erfahren, inwie- Jahre später? In vielen Ihrer Beiträge beklagen des DDR-Territoriums als geschützte Gebiete weit Hoffnungen, Erwartungen, Ziele und Sie, dass es keine konsequent an Nachhaltig- via Einheitsvertrag in das vereinte Deutsch- Visionen der Wendejahre bis 1990 um- keitszielen ausgerichtete Umweltpolitik land übernommen. In den Folgejahren wurde gesetzt werden konnten. gibt. Naturschutz, Bodenschutz, Gewässer- noch der Nationalpark Unteres Odertal schutz, Klimaschutz und Luftreinhaltung ausgewiesen, der Naturpark Schaalsee wurde Meine Damen und Herren, den Jour- werden mehr oder weniger unabhängig von- zum Biosphärenreservat, und unweit des nalisten Volker Angres, der Leiter der ZDF- einander betrieben und stehen additiv neben- Biosphärenreservates Vessertal entstand der Umweltredaktion ist, kennen langjährige einander. Solange ein konkretes, in sich Nationalpark Hainich. Besucher der Benediktbeurer Gespräche von schlüssiges umweltpolitisches Zielsystem fehlt, den Gesprächen im Jahr 1999 mit dem ist eine Umweltpolitik, die sowohl ökolo- Über das Nationalparkprogramm wurde Thema „Zwischen Konfrontation und Kon- gisch effektiv als auch ökonomisch effizient das viel zitierte „Tafelsilber der Deutschen sens: Wie zukunftsfähig ist der Umwelt- ist, nicht möglich. Einheit“ gesichert. Es wurde auch als „grünes schutz?“ Wende-Wunder“ bezeichnet. bar – es geht um die Zukunft. Umweltpolitik Ausblick.“ V O R T R A G A L O I S G L Ü C K „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Vortrag von Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Traunwalchen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, vom dänischen Philosophen Sören Kierkegaard stammt die Erkenntnis „Leben kann man nur vorwärts, das Leben verstehen nur rückwärts.“ Diese Lebenserfahrung kann uns auch für das heutige Thema hilfreich sein. Der nächste Schritt war bis in etwa Mitte der 1970er-Jahre die Weiterentwicklung des Naturerlebnispfad in Isny im Allgäu Die Umweltpolitik hat sich in verschiedenen vorher – nachher Etappen entwickelt: Naturschutzdenkens zur Ökologie. Beispiel: Eine bedrohte Tierart kann durch 1 970 war in Deutschland der Start für Jagdverbot nicht wirksam geschützt werden, eine bewusste Umweltpolitik. Der Impuls wenn der Lebensraum und die Nahrungsmit- war das Europäische Naturschutzjahr telkette nicht vorhanden sind. Wir entdeck- 1970. ten die Systemzusammenhänge in der Natur. In der Öffentlichkeit war dies der Türöffner 1 970 wurde in Bayern das neue Minis- für das ökologische Denken. terium für Landesentwicklung und Umweltfragen gegründet – wahrscheinlich weltweit In den Folgejahren entwickelte sich der das erste Ministerium dieser Art. Und Technische Umweltschutz. Impulse waren damit wurde ja auch eine Aussage getrof- die Abfallproblematik und die Gewässer- fen, ein Signal gesetzt. verschmutzung. Später kamen die ChemieUnfälle hinzu. Die weitere Entwicklung der Umweltpolitik erfolgte immer wieder in Etappen. Jede neue Ab Mitte der 1970er-Jahre wandelte sich Entwicklungsphase war eine Reaktion auf die weiter verbreitende Umweltbewegung eine aktuelle Entwicklung, genauer gesagt, vor allem in eine Protestbewegung; in auf einen aktuellen Leidensdruck. eine insgesamt gesellschaftskritisch eingestellte Bewegung, die zu einer Sammel- Zu Beginn war die Umweltpolitik vor allem bewegung für die verschiedenen Formen Naturschutzpolitik. Naturschutz, ähnlich des Protests wurde: dem Denkmalschutz. 19 20 V O R T R A G A L O I S G L Ü C K gegen die bürgerliche Lebensform, getroffen. Mehr noch: Das „Waldsterben“ gegen das Wirtschaftswachstum und wurde fortan zum Motor für einen neuen die damit verbundenen Folgen, Stellenwert, für eine neue Bedeutung und für die Frauenrechte, Akzeptanz der Umweltpolitik in Deutsch- für den Frieden in der Welt. land! Dies, um Ihnen nur einige Beispiele zu Thesen zur aktuellen Lage und zum Ausblick: nennen. 1. These Im selben Maße wie die Umweltbewe- Wir leben in einer Zeit mit rasanter gung zur gesellschaftskritischen Bewegung Beschleunigung zu einer immer spürbarer wurde, galt sie gleichzeitig im bürgerlichen werdenden weltweiten Schicksalsgemein- Lager, in der Wirtschaft – bei den Arbeit- schaft. Im Bereich der Ökonomie, der gebern ebenso wie bei den Arbeitnehmer- Ökologie, des Zusammenlebens der Kultu- organisationen – als unpopulär und wurde ren, in praktisch allen Lebensbereichen zum Teil gar als Bedrohung empfunden. werden die wechselseitigen Abhängigkeiten immer dichter. Die Welt wird immer mehr Dynamik und Schärfe brachten die Aus- zu einer Schicksalsgemeinschaft. Ganz einandersetzungen um die Kernenergie, in besonders gilt dies für alle Aufgaben im Bayern vor allem um die Wiederaufberei- Bereich der Ökologie. vorher – nachher tungsanlage in der Oberpfalz; außerdem die Serie von Unfällen in Chemie-Unternehmen. Die Grenzen nationaler Umweltpolitik, ja Umweltpolitik wurde zunehmend zum selbst europäischer Umweltpolitik, werden Kampfthema. zunehmend deutlicher. Exemplarisch dafür ist die Klimapolitik. Ein entscheidender Schritt war der Wechsel der Umweltpolitik aus der „Repa- 2. These raturabteilung“ in die „Planungsabteilung“. In allen wichtigen Aufgabenbereichen Beispielgebend dafür die Verordnungen dieser Vernetzungen sind durchgreifende fürs Auto, für Schadstoffreinigung und Fortschritte nur in internationaler Zusam- Großfeuerungsanlagen. menarbeit erreichbar. Was bei uns aber keinesfalls als Entschuldigung für passives Es begann die Integration der Umwelt- Verhalten gelten darf. Deutschland muss politik in die verschiedenen Fachpolitiken auch in der Umweltpolitik mehr Verantwor- und Fachgebiete. Dies war eine entschei- tung in der Welt übernehmen! Drängender dende Etappe! Gleichwohl blieb die Umwelt- Testfall dafür ist die Klimapolitik! politik in weiten Kreisen der Bevölkerung unpopulär, ganz besonders im bürgerlichen Für diese Aufgaben gilt, mehr denn je, der Bereich. Slogan aus der Umweltbewegung: „Global denken und lokal handeln!“ Beides ist Eine entscheidende Veränderung kam 1980/81 mit dem „Waldsterben“. Mit diesem neuen Begriff wurde die Seele des Deutschen Neue Lebensräume für den Fischotter gleichermaßen wichtig. 22 V O R T R A G A L O I S G L Ü C K 23 3. These wie China, Indien und Brasilien zeigen 6. These Das Leitbild Nachhaltigkeit ist globalisie- Nach wie vor ist es so, dass wir alle Auf- uns ebenso, wenngleich in anderer Weise Unsere heutige Art zu leben ist nicht rungstauglich, weil es auch in anderen Kul- gabenstellungen, die wir mit unserer Kate- die Grenzen des Wachstums auf. zukunftsfähig. Weder ökonomisch, ökolo- turen und Religionen als ganzheitliches gisch noch durch die zunehmenden Prinzip beheimatet ist. Und: Dieser Maßstab gorie des Messens und Zählens erfassen, in ihrer Bedeutung auch früher erkennen 5. These Anforderungen an die Menschen. Unsere ist übergreifend geeignet für die Beurteilung können. Weiter völlig unterbewertet sind die Worin liegt nun der entscheidende Unter- heutige Art zu leben macht immer mehr ökologischer, ökonomischer, politischer Veränderungen im Naturhaushalt. Deshalb schied zur Debatte um die Grenzen des Menschen krank, und immer mehr Men- und sozialer Entwicklungen. Somit wirkt war es von Anfang an so, dass es der Natur- Wachstums in den 1970er-Jahren: Damals schen spüren die Sackgassensituation. Nachhaltigkeit auch stabilisierend für das schutz mit seinen Anliegen und deren war dieses Thema für die überwältigende Durchsetzung viel schwerer hatte als der Mehrheit der Bevölkerung eine rein theore- 7. These Völker und ist dadurch wiederum geeignet, Technische Umweltschutz. tische Debatte. Schließlich spürte man ja Eine dauerhaft tragfähige Lebenskultur als umfassende Orientierung zu gelten. Zusammenleben der Generationen und keine Wachstumsgrenzen, sondern erlebte braucht andere Leitbilder als die unserer Beispiel: Die Veränderungen in der Arten- im Gegenteil ein wirtschaftliches Wachs- Wachstums- und Konsumgesellschaft. Das 8. These vielfalt und die Bedeutung der Biodiversität tum, das den meisten Menschen völlig neue Leitbild für die Welt von morgen, für Den beschwerlichen Weg zu einer sol- für die Zukunft des Lebensraumes Erde sind Perspektiven sozialer Durchlässigkeit, den notwendigen Fortschritt und den Weg chen Veränderung werden wir nur mit einer nicht geringer als alle Anliegen und Auf- verbunden mit beruflichem und gesellschaft- zu einer zukunftsfähigen Lebenskultur heißt starken ethischen Motivation bewältigen gaben des Klimaschutzes. Sie werden aber lichem Aufstieg vermittelte. Heute kennen Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit bedeutet können. In einer Welt der Cleveren, in einer weit weniger erkannt. die Menschen diese Grenzen, wenn vielleicht vor allem längerfristig denken und somit Welt, in der vor allem jene bestaunt und nicht aus Grenzerfahrungen im privaten Zukunftsverantwortung übernehmen. bewundert werden, die mit möglichst wenig Hier haben wir ein großes Problem mit Lebensbereich, so doch durch Freunde, unserer modernen Kultur, in der – wie auch Bekannte, Nachbarn und Kollegen, aus den in anderen Bereichen – nur Gewicht hat, regionalen, nationalen und internationalen was wir in Zahlen ausdrücken können. Nachrichten und täglichen Meldungen über Anstrengung überall möglichst viel herausDieses Leitbild schließt ein, d ass die Würde des Menschen im Mittelpunkt steht; lichen! Deshalb ist die eigentliche und entscheidende Veränderung in unseren ethischen, in unseren moralischen Maßstäben zwin- die zunehmenden Krisen in aller Welt. d ass gerechte Chancen für alle Menschen 4. These holen, lässt sich Nachhaltigkeit nicht verwirk- gend notwendig! Das heißt konkret: Der Maß- Weitere Debatten über die „Grenzen Gleichwohl wehrt sich die Mehrheit in unserer Gesellschaft und in allen stab dafür, was wir als Staatsbürger an des Wachstums“ führen uns nicht weiter, gegen notwendige Veränderungen. Zu gern Erdteilen Ziel und Verpflichtung sind; politischen Handlungen akzeptieren und was obwohl diese Grenzen immer drastischer glaubt sie immer wieder denen, die schein- spürbar werden. Dies zeigt die Situation in bare Auswege suchen oder kennen. Und der gesamten westlichen Welt, in Europa damit auch jenen, die, wie in der Klimadis- gestalten, damit auch kommende Genera- Nutzen für uns. Maßstab dafür muss ebenso und in Deutschland. Da bringen selbst noch kussion, beschwichtigende Argumente tionen wenigstens ähnliche Lebenschancen sein, wie sich die daraus entstehenden, so starke Anreize der Geldpolitik nicht präsentieren, die ihnen versichern, dass in und Möglichkeiten für die Gestaltung vorhersehbaren Folgen unseres Handelns das notwendige Wachstum. Das Wachstum Wirklichkeit alles ganz anders sei. ihrer Zukunft haben. Das bedeutet kon- auf unsere Nachkommen und die Menschen kret: Kein Leben auf Kosten der Substanz; in anderen Regionen unserer Erde aus- in Deutschland liegt ja vor allem im Export begründet und ist somit überhaupt noch wir selbst gestalten und leben, sind nicht d ass wir unser Leben so führen und Probleme lassen sich nicht lösen mit mehr nur die Auswirkungen auf uns und der wirken. Ohne eine derartig tief greifende d ass wir mit Rücksicht gegenüber der keine Garantie für unsere Zukunftsfähigkeit – der Hoffnung, dass die Menschheit früher weder ökonomisch noch unter anderen oder später auf jedes neue Problem mit Schöpfung schonend und effizient unsere hat Nachhaltigkeit nicht die notwendige Aspekten. Die ökonomischen und zunehmend einem neuen technischen Fortschritt, einer Ressourcen nutzen und einen entspre- Wirkung. Erreichen wir diese Wirkung vor allem ökologischen Krisen in den heute neuen Technologie eine Antwort gefunden chenden Lebensstil pflegen. jedoch erst, wenn der Leidensdruck noch noch so gepriesenen Wachstumsländern hat. Jetzt gilt es, den Wechsel von der größer und offensichtlicher wird, haben wir „Reparaturabteilung“ zur „Planungsabtei- in vielen Bereichen eventuell keine notwen- lung“ in einer neuen Dimension zu ver- digen Korrekturmöglichkeiten mehr. wirklichen. Veränderung der gesellschaftlichen Maßstäbe 24 V O R T R A G A L O I S G L Ü C K Darüber heute zu spekulieren, führt uns aber nicht weiter. Wichtiger ist vielmehr, das jetzt Mögliche zu tun und voranzutreiben. 9. These Dieser Weg verlangt die Bereitschaft zur Veränderung, braucht Innovationskraft und tatkräftiges Handeln. Notwendig dazu ist aber auch die Fähigkeit zur Selbstbegrenzung. Worauf wollen und können wir verzichten, weil es nicht so lebenswichtig für uns ist, jedoch wichtig für die Zukunftschancen anderer Menschen und nachfolgender Generationen? Woher nehmen wir die Kraft, uns als Volk so zu verhalten wie Eltern, die um der Zukunft ihrer Kinder willen auf das eine oder andere weniger Lebenswichtige verzichten, stattdessen also lieber in die Zukunft ihrer Kinder investieren? Errichtung des Mauerparks in Berlin vorher – nachher Die Zukunft der modernen Welt entscheidet sich möglicherweise, ja, ich glaube, wahrscheinlich im Spannungsfeld von unserer Fähigkeit zur Innovation und unserer Fähigkeit zur Selbstbegrenzung. V O R T R A G E B E R H A R D B R A N D E S „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Vortrag von Eberhard Brandes, Geschäftsführender Vorstand WWF-Deutschland, Berlin. Lieber Herr Dr. Spandau, liebe Mitglieder des Kuratoriums, sehr geehrte Damen und Herren, erst einmal herzlichen Dank für die Einladung. Im Namen des WWF möchte ich der Allianz Umweltstiftung sehr herzlich zu ihrem 25-jährigen Jubiläum gratulieren. Da Wo stehen wir eigentlich heute? Der wir bereits mehrere Projekte gemeinsam WWF veröffentlicht alle zwei Jahre den Entwicklung der Kulturlandschaft auf Rügen – Wiederherstellung des Nonnensees durchgeführt haben, kenne ich die Stiftung Living Planet Report. Dort erfassen wir den vorher – nachher inzwischen aus eigener Erfahrung – und Zustand der Welt aufgrund ihrer biolo- freue mich sehr über die stets hervorragende gischen Vielfalt und nach der Art und Weise und synergetische Zusammenarbeit. Die wie wir leben, wie wir die erneuerbaren Allianz Umweltstiftung habe ich kennen- Ressourcen unseres Planeten nutzen oder gelernt als klar und konsequent in der Sache gar übernutzen. Dabei stellen wir jedes Mal und trotzdem immer kooperativ und ziel- fest, dass es mit der biologischen Vielfalt trotz orientiert, effizient und effektiv. Davon kön- aller Anstrengungen immer weiter abwärts nen sich viele NGOs 1 eine Scheibe abschnei- geht. Zusammengenommen verbraucht die den. Zunächst einmal möchte ich Ihnen Menschheit jedes Jahr 50 Prozent mehr gerne einen kurzen Film zeigen, damit Sie Ressourcen, als die Erde innerhalb dieses ein Gefühl dafür bekommen, wie der WWF Zeitraums regenerieren und damit nachhaltig „tickt“. zur Verfügung stellen kann. So zeigt der Living Planet Index für die vergangenen vier Der Film hat den Titel We are all Jahrzehnte einen Rückgang der biologischen connected. Eigentlich sind wir alle ein Vielfalt um 52 Prozent. Im Durchschnitt Teil des großen Ganzen. Das soll auch hat sich die Anzahl der untersuchten Säuge- das umfassende Überthema für meine Aus- tiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und führungen sein und ich hoffe, wir wer- Fische damit halbiert. 2 den nachher eine spannende Diskussion führen. NGO = non-governmental organization = nichtstaatliche Organisation 1 Link WWF-Video „We are all connected“: https://www.youtube.com/watch?v=YTAlLWpm_vc 2 27 28 V O R T R A G E B E R H A R D B R A N D E S Was bedeutet das konkret? Nehmen Sie Ich bin sehr dafür, nicht ideologisch nur als ein Beispiel von vielen das weltweite zu diskutieren, sondern sich einfach an Bienensterben. Es findet gleichzeitig in den Fakten zu orientieren, das heißt, wir verschiedenen Ländern statt und wenn man müssen hier noch dramatisch anders sich anschaut, wie viele Lebensmittel von agieren. der Bienenbestäubung abhängen, bekommt man vielleicht eine Vorstellung davon, was Und wir Deutschen sind, trotz aller das konkret für uns bedeuten kann. Oder Effizienz-Anstrengungen, leider beim auch die Wälder unseres Planeten. Sie sind Umgang mit unseren Ressourcen bei weitem riesige Kohlenstoffspeicher und Lebensgrund- keine Vorbilder. Unser ökologischer Fußab- lage für viele Menschen und Tiere. Auch wir druck, auch das hat der Living Planet Report in Deutschland sind von intakten Wäldern offenbart, ist noch immer viel zu groß. und ihren Leistungen für uns abhängig. Und Die Deutschen verbrauchen 2,5-mal so viel wir sprechen nicht nur über die Versorgung an natürlichen Ressourcen, wie sie eigent- mit dem Rohstoff Holz. Allein in den Tropen lich verbrauchen dürften. Ist das clever? – sind rund 990 Gigatonnen klimawirksamer Nein! Wir entziehen uns und unseren Treibhausgase gebunden, das entspricht Kindern die Lebensgrundlagen in schwindel- mehr als dem Tausendfachen der jährlichen erregender Geschwindigkeit. Würde so ein Emissionen der Bundesrepublik. Daneben Unternehmen handeln? – Nein! Es wäre beherbergen die Wälder vor allem auf der nämlich relativ schnell pleite. Wiederbelebung einer Moorlandschaft bei Bad Tölz vorher – nachher Südhalbkugel einen Großteil der weltweiten Artenvielfalt. Doch der Erde droht, das hat Dieses Verhalten ist also weder ethisch eine WWF-Studie aus dem Frühjahr 2015 vertretbar, noch ist es ökonomisch sinnvoll. erst offenbart, in den nächsten 15 Jahren ein Deutschland muss sich insbesondere in der erheblicher Waldverlust: Bis zu 170 Mil- Landwirtschaft und beim Verkehr nachhal- lionen Hektar – die nahezu fünffache Fläche tiger ausrichten, ausgewiesene Schutzgebiete Deutschlands – werden bis 2030 verloren wirksamer schützen und vor allem die gehen, wenn die aktuelle Entwicklung nicht nationale Biodiversitätsstrategie schneller aufgehalten wird. umsetzen. Das ist übrigens ein sehr interessantes Papier mit wirklich guten Ansätzen, Der mit Abstand wichtigste Faktor ist aber einem entscheidenden Problem. dabei global gesehen die industrielle Land- Veröffentlicht wurde diese Strategie kurz wirtschaft. Insbesondere die Viehhaltung nachdem ich beim WWF anfing. Inhaltlich und der Anbau von Palmöl und Soja in wirklich sehr gut, aber was kommt dabei riesigen Monokulturen verschlingen riesige heraus? Kann so ein Konzept erfolgreich Flächen. Hinzu kommt nicht-nachhaltige sein, wenn diejenigen, die letztendlich das Abholzung für die Holz- und Papierproduk- Papier mit Leben füllen und die praktische tion und der Abbau von Bodenschätzen Arbeit leisten müssen – und das sind die sowie Infrastrukturprojekte in zuvor unbe- Bundesländer – gar nicht verpflichtend inte- rührten Gegenden. Das sind einfach Fakten. griert wurden? Sicher nicht! 30 V O R T R A G E B E R H A R D B R A N D E S 31 Von herausragender Bedeutung ist auch Emissionen auskommt. Das hat mehrere bei den Subventionspolitikern der EU und in Namibia und Simbabwe bereits vor die konsequente Umsetzung der Energie- Effekte. Erstens ist das viel preiswerter, als in Deutschland noch nicht herumgesprochen. sechzehn, siebzehn Jahren überlegt hat. wende. Man beobachtet in der Welt sehr die meisten denken. Zweitens schafft dies Noch immer fließt der größte Teil der Das Konzept der Conservancies kennen genau, wie wir hierzulande als eine führende neue Technologien und Innovationen, schafft EU-Agrarsubventionen in Projekte, die alles einige von Ihnen wahrscheinlich schon: Industrie- und Exportnation die Energie- somit eben auch einen notwendigen Inno- andere als nachhaltig sind. Eine katastrophal Man gibt den ursprünglichen Gemeinden wende umsetzen. Wenn wir diese Heraus- vationssprung und natürlich eine wirkliche schlechte Entwicklung. Dennoch macht es oder Stämmen die Nutzungsrechte ihres forderung erfolgreich stemmen, hat das Zukunftsfähigkeit. Ganz entscheidend ist relativ wenig Sinn, dass wir immer nur mit Landes wieder zurück – nicht das Eigentum, weltweite Signalwirkung für die Klimaver- hier die nächste Generation, die Jugend. Wir dem Finger auf die Politik zeigen. Denn sondern die kompletten Nutzungsrechte. handlungen. Beim Klima hatten wir – ich sag’ wissen, die meisten Menschen über vierzig letztendlich sitzen wir alle in einem Boot. Ohne irgendwelche Vorschriften, aber mit das jetzt mal in Anführungszeichen – einen ändern Ihr Werte und Einstellungen nur Und deshalb kommt es darauf an, dass wir einer fachlichen Begleitung, bei der unter sehr großen Hype. In der Klimadiskussion durch persönliche Extremerlebnisse. Das ist aktuelle Sachverhalte immer an alle Akteure anderem der WWF und viele andere NGOs ist von vielen Seiten ideologisiert worden. jetziger Stand der Erkenntnisse, das gilt gleichzeitig adressieren: an die Politiker, die eine Rolle spielen. Das war in der Sache nicht hilfreich, und es demzufolge auch, so schade das ist, für die Unternehmen und natürlich an uns selbst, war zudem leider in ihrer Dringlichkeit nicht meisten hier im Haus. Natürlich ist es ent- die Verbraucher. Es wäre sehr wichtig und Wozu führt das? In der Folge stellen hilfreich. Und es hat meiner Meinung nach scheidend, wie die nächste Generation heran- hilfreich, wenn wir mit der Lagerbildung die Menschen beispielsweise fest, dass es auch dazu geführt, dass so manche die wächst; wie wir es schaffen, dass diejenigen, aufhören und wir stattdessen unsere Verpflich- ihnen mit lebenden Elefanten viel besser Umweltthemen heute vielleicht ein bisschen die unsere nächste Generation unterrichten – tung erkennen würden. Und ich bin über- geht als mit toten. Denn Elefanten locken entspannter sehen als früher. Trotzdem stellt also nicht nur wir als Eltern – dieser Gene- zeugt, dass dies möglich ist. Diese Erfahrun- Touristen an und Touristen lassen Geld sich die Frage: Wo steht Deutschland? ration die richtigen Werte mitgeben, damit gen mache ich immer wieder in meinen im Land. Das Gleiche gilt für andere Berei- sie die richtigen Vorbilder bekommt und sich Gesprächen. Als Vorstand des WWF lerne che. Ein intakter Wald kann die Menschen, Momentan wird aktuell über das Thema wiederum dadurch auch Themen wie Foot- ich, wie Sie sich sicherlich vorstellen die in und von ihm leben sehr viel besser Kohle diskutiert. Dabei öffnen sich völlig prints einprägen – ganz automatisch. Dafür können, ziemlich viele Menschen kennen ernähren als degradierte Gebiete. Kon- neue gesellschaftliche Fronten und es werden wir jetzt zum Beispiel eine online- und oft denke ich, das ist jetzt aber mal ein zepte wie diese sind eine konkrete Lösung. werden ganz spannende Grundsatzdebatten gestützte Vorlesung entwickeln. ganz knackiger Gegner, und dann meint Etwa zwanzig Prozent der Flächen in derjenige gleich nach dem ersten Schlagab- Namibia sind in Conservancies umgewan- geführt. Haben wir einen Klimaplan? Haben wir ein Ziel? Und: Führt der Weg, den wir Und zu guter Letzt, schauen wir uns die tausch: „Ich wollte nur sagen, ich bin jetzt delt. Interessant dabei ist, dass die bio- uns überlegt haben, überhaupt zum Ziel? Landwirtschaft in Deutschland und Europa seit zehn Jahren Mitglied im WWF, und logische Vielfalt hier teilweise größer ist als Aber worüber sprechen wir? Wir sprechen an. Wir haben gute europäische Konzepte eigentlich finde ich ganz toll, was ihr macht“. über Kosten; über kurzfristige Kosten, und Ideen, wie eine nachhaltigere Landwirt- die nicht die Vollkosten darstellen, sondern schaft funktionieren kann. So haben wir Letztendlich geht es doch immer darum, was wir unter Harmonie von Mensch und zunächst einmal nur Teilkosten sind! Anstatt zum Beispiel das Projekt „Landwirtschaft für Lösungen zu schaffen. Dafür steht der WWF. Natur verstehen. Und diese Lösungen dass wir bei allem, was wir tun, lieber Artenvielfalt“ gestartet. Ziel ist es die Vielfalt Und dafür unternehmen wir eine ganze ehen weiter. gleich eine Vollkostenrechnung erstellen, der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in Menge. Das beginnt bei Zweckverbänden die sämtliche – auch die Umweltbezogenen Agrarräumen nachweislich zu erhöhen. mit kleinen Gemeinden am Schaalsee. Nehmen wir ein weiteres konkretes – Wirkungen in die Preise integriert. Doch für so etwas braucht es Partner. Über Das setzt sich fort mit einem ganz großen, Beispiel: Unsere größte Firmenkooperation in den Nationalparks; weil es uns dort auch vorbildlich gelungen ist, das darzustellen, 40 Betriebe des Anbauverbandes Biopark sogar sehr großen Konstrukt in Branden- führen wir mit EDEKA durch. In Deutsch- In dem sogenannten „Modell Deutschland“ beteiligen sich. Und das ganze wird nicht burg, wo wir mit dem dortigen Landesamt land hat EDEKA inklusive seiner Tochterge- hat der WWF mit verschiedenen Instituten nur von EDEKA sondern auch durch das zusammensitzen, um gemeinsam mit vielen sellschaften und auf ganz unterschiedlichen ausgerechnet, dass es nicht nur zwingend Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt. verschiedenen anderen Organisationen groß- Ebenen insgesamt einen Marktanteil von notwendig, sondern absolut sinnvoll ist, wenn Wir haben also auch die Politik ins Boot flächig die Natur zu schützen. Und das ungefähr dreißig Prozent. Deutschland im Jahr 2050 fast ohne CO 2- geholt. Doch leider hat sich die Bedeutung geht weiter bis zu international weg- von Biodiversität und Nachhaltigkeit weisenden Konzepten, die sich der WWF V O R T R A G E B E R H A R D Natürlich gibt es da nicht immer und richtsfach? Ich glaube, hier ist es zwin- überall Zielgleichheit, das ist ganz klar. gend notwendig, dass wir Kompetenzzentren Wir haben uns am Beispiel Fisch heran- haben, die hoffentlich noch viel mehr Einfluss getastet und festgestellt, wie überaus bekommen. sinnvoll diese zielgerichtete Zusammenarbeit ist. Während unserer sechsjährigen Wir haben im vergangenen Jahr ein Politik- Kooperation für die Eigenmarken konnten barometer veröffentlicht. Das war sehr wir alle wesentlichen Themen durch- spannend. Dazu haben wir mit der Leuphana gehen. Und wenn sich eine Firma wie Uni in Lüneburg eine Umfrage durchgeführt, EDEKA verpflichtet, in dieser Zeit zu 100 quer durch alle Ministerien und auf unter- Prozent nachhaltiges Palmöl zu verarbeiten, schiedlichen Hierarchiestufen. Die Erkennt- zu 100 Prozent recycelte Faserstoffe für nisse daraus waren in ihrer Deutlichkeit – Papier etc. einzusetzen und zu 100 Prozent überraschend ist vielleicht der falsche Aus- nachhaltig gefangenen Fisch anzubieten, druck – besser gesagt, äußerst erschreckend. kann das zu sehr positiven Resultaten führen: Es gibt viele Mitarbeiter, gerade in der So ist beispielsweise nirgendwo sonst der mittleren Führungsebene vieler Ministerien, Anteil von nachhaltig produziertem und die sagen „Wir haben hier stehen: Umwelt- gefangenem Wildfisch so hoch wie in Deutsch- schutz soll integriert werden, doch im land. Das ist ein sensationelles Ergebnis! Tagesablauf findet es kaum statt“. Soweit die Naturnahe Gestaltung am Neckar vorher – nachher erste Aussage. Oder „Ich würde mich viel Letztendlich kommt es doch immer mehr dafür einsetzen, wenn mein Chef das darauf an, ob man irgendwann in den Ver- auch wirklich innerhalb der Budgetgespräche handlungen eine Zielgleichheit findet. Und durchsetzt“ und dergleichen Aussagen mehr. da können NGOs, wenn sie wirklich ihre Rolle richtig verstehen, als Berater und Da ist sie also wieder, die Implementie- Herausforderer entscheidend sein. Ich zeigte rungsfrage: Es ist ganz viel vorgesehen, doch es vorhin schon am Beispiel eines WWF- in den täglichen Abläufen sieht es häufig Mitglieds auf. Dieser Mann ist gleichzeitig anders aus. Deshalb bin ich auch eher davon Unternehmer. Wir stellen immer wieder überzeugt, dass wir weniger ein Konzeptpro- fest: Umweltschützer sitzen eigentlich über- blem, sondern vielmehr ein Implementie- all. Die Frage ist, finden wir sie? Und: Wie rungsproblem haben. Wir überlegen uns viele treten wir ihnen gegenüber auf? Dabei Dinge, sehr viele gute Konzepte, aber mit ist es immer wieder ganz erstaunlich, wen der Realisierung klappt es dann nicht so recht. man so alles öffnen kann, wenn man ideolo- Ich glaube, wenn wir über den Politikbereich giefrei und ehrlich über langfristige persön- sprechen, kommen wir einfach nicht darum liche Werte und Ziele spricht. In diesem herum: Umweltschutz muss nicht nur Zusammenhang ist auch die Frage entschei- Chefsache sein. Umweltschutz muss endlich dend, die Sie gestellt haben, Herr Spandau: als interdisziplinäre Herausforderung und Wohin führt uns eigentlich diese Konzen- Notwendigkeit begriffen und behandelt wer- tration von Umweltthemen auf ein Ministe- den. Das fängt schon im Studium an. rium, auf einen Studiengang, auf ein Unter- B R A N D E S 33 34 V O R T R A G E B E R H A R D B R A N D E S 35 Wenn ich jetzt mit Freunden meines Ihnen hat sich seinen CO 2-Abdruck ange- Damit das Bild von Politik, Unternehmen Sohnes spreche, er ist gerade 18 geworden, schaut, hat sich ein Ziel gesetzt fürs nächste und allen Menschen rund wird, muss sich und ich sie dann frage, was sie denn Jahr und dabei definiert, was er unternehmen natürlich auch die Zivilgesellschaft und, als studieren, kommt als Antwort „Ich studiere will, um dieses Ziel exakt wie geplant zu deren Vertreter, die NGOs weiter entwickeln. Umwelt“, „Ich BWL“, und „Ich VWL“. erreichen? Genau das aber müssen wir tun. Wir müssen uns deutlich professionalisie- Gleichwie. Entscheidend ist, Biodiversität Für uns, für jedes Unternehmen und auch ren, also noch zielorientierter, viel effizienter muss endlich in all den unterschiedlichen jede Politik-Aktion müssen Ziele exakt so und effektiver arbeiten; und wir alle müssen Fachrichtungen verankert werden, vom hinterlegt sein. Wir als Deutsche haben eine daran arbeiten, dass wir dabei noch viel Ingenieurswesen bis zu den Wirtschafts- besondere Chance oder eine besondere Fähig- mehr Menschen mitnehmen. wissenschaften. Anders kommen wir meiner keit, Organisationsrahmen oder Programme Meinung nach nicht weiter. für die Herausforderungen der Zukunft zu Abschließend möchte ich noch eine Bemer- entwickeln. Das ist eine tolle und gute Errun- kung loswerden, die auch ein bisschen selbst- genschaft. kritisch ist. Ich finde es immer inspirierend, Schon während meines BWL-Studiums mit ganz vielen Menschen zusammen zu habe ich gelernt, dass die Sache mit dem Bruttosozialprodukt eigentlich ein ziemlicher Ich glaube auch, wir dürfen auf keinen sein, die gleiche Werte teilen, und mit denen Unsinn ist. Das ist jetzt ungefähr dreißig Fall vergessen, was Sie angesprochen haben, man Erfahrungen austauschen kann. Aber Jahre her. Die Frage ist, was hat sich seither Herr Spandau: die Vorbildrolle Deutschlands. die eigentliche Kernfrage, denke ich, ist eine getan? Wenn ich aktuell mit Professoren in Wir sind zum wiederholten Mal in einer andere. Wie holen wir die ab, die Umwelt- Universitäten spreche, dann sagen die BBC-Umfrage offiziell zum beliebtesten Land schutz zurzeit überhaupt nicht auf dem „Wir haben auch schon drei, vier Modelle der Erde gewählt worden. Erstaunlich, aber Bildschirm haben? Umweltschutz steht im entwickelt; die liegen zwar alle vor, aber es ist so. Das ist eine Verantwortung, eine Ver- Moment hinter Finanzkrise, Wirtschaftskrise eigentlich wird keines richtig umgesetzt“. pflichtung, und dem sollten wir nachgehen. und Ukraine-Krise. Die Prioritäten verschie- Das ist absolut bedauernswert, weil wir damit Wir machen beispielsweise eine sehr gute ben sich und es stellt sich die Frage, wie wir nach wie vor in eine völlig falsche Zielrich- Entwicklungspolitik. Menschen zurückgewinnen. Wir wissen, das Thema ist ein tiefes inneres Bedürfnis, tung gehen. Wir brauchen ein ehrliches Bild über ehrliche Kosten. Wir brauchen die Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung und wir wissen, es ist sehr emotional und Integration aller Kosten, was uns dann hof- berichten, dass mich – wenn ich auf Konfe- überhaupt nicht sortiert. Deshalb testen wir fentlich dazu bringt, die richtigen Prioritäten renzen bin – jeder meiner Kollegen fragt: derzeit eine neue Kampagne mit dem Motto zu setzen. Das Ganze darf nicht dazu führen, „Kriegt ihr die Energiewende hin? Schafft ihr „I am Nature“ und versuchen damit einen dass wir dabei völlig vergessen, worum es das? Schafft ihr das mit dem Kohleausstieg?“. ganz anderen Ansatz, mehr Menschen für eigentlich geht. Denn hier geht es in letzter Das Gleiche hören wir von Regierungs- unser Thema zu begeistern. Wir wissen noch Konsequenz ja um das Leben an sich. vertretern aus vielen anderen Ländern. nicht genau, was dabei herauskommt. Aber Natürlich dann auch zu sensiblen Themen: wir lassen uns darauf ein. Und glücklicher- Einen weiteren Aspekt, der in unserer Wie geht ein industrialisiertes, hoch ent- weise, auch das kann ich an dieser Stelle schon Kultur vermeintlich immer vorhanden ist, wickeltes Land wie Deutschland mit der Rück- sagen, waren die ersten Reaktion nach drei sehen wir viel zu wenig: die konsequente kehr von großen Beutegreifern – also bei- Wochen überwältigend. In einem Jahr kann Zielorientierung. Wenn wir ein Ziel defi- spielsweise dem Wolf – um? Heißen wir sie ich Ihnen sicher mehr darüber berichten. nieren – ob als Unternehmen, als Politiker, als Teil der Wildnis wirklich willkommen? als eigenständiger Mensch – treffen wir dann Oder anders gefragt: Wie lassen wir das zu, wirklich alle dafür notwendigen Maßnahmen? so ganz tief in unserem Herzen? Ich frage mal ganz provokativ: Wer von V O R T R A G P R O F . D R . M A T T H I A S F R E U D E „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Vortrag von Prof. Dr. Matthias Freude, Präsident des Landesamtes für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg, Frankfurt/Oder. Meine verehrten Damen und Herren, bevor ich vor vier Monaten zum Thema „Landschaft“ abgedriftet bin, habe ich 20 Jahre das Landesumweltamt geleitet. Ich weiß also auch ein wenig darüber, Wir beginnen mit einem wunderbaren was sich im Naturschutz und im sonstigen Vogel, eigentlich dem wunderbarsten Vogel Wiederbelebung einer Moorlandschaft bei Bad Tölz Umweltschutz getan hat; aber auftragsge- von ganz Deutschland – zumindest von Ost- vorher – nachher mäß beschränke ich mich hier auf die deutschland. Die Großtrappe, an der man Fragestellung, was in den letzten 25 Jahren eigentlich exemplarisch die ganze Geschichte, bei uns passiert ist. Als Naturschutz- die wir jetzt hören werden, erzählen professor fühle ich mich ohne Bilder halb könnte. nackt, deshalb bin ich meine alten Vorlesungen durchgegangen. Es ist verrückt: Die Vorlesungen von vor 25 Jahren hatten fast die gleichen Fragestellungen wie heute. Ich wollte es nicht glauben, bis gestern Nachmittag, als ich mit dem Kollegen Prof. Haber an einem Tisch saß und dieser sagte: „Was hat sich denn in den 25 Jahren von den Inhalten her getan? Ja fast nichts!“ Gut, die Begriffe sind jetzt andere. Das Wort Nachhaltigkeit, beispielsweise, gab es damals noch nicht. Ich habe mir viel Mühe gegeben, die Unterschiede herauszuarbeiten, und diese möchte ich Ihnen jetzt präsentieren. 37 38 V O R T R A G P R O F . D R . M A T T H I A S F R E U D E 39 Den Umweltschutz übrigens – mit sauberer In Deutschland hat sich eine Menge regelrecht zur Mode geworden – mit vor Kurzem noch nicht sagen können; Luft und sauberem Wasser – lasse ich weg. getan. Im letzten Oktober wurde der 104. allen Schwierigkeiten, die daraus resultieren. und das ist mir ein Herzensanliegen, das Hier haben wir zum Teil dramatisch gute Naturpark in Deutschland ausgerufen. Ich habe mich näher damit befassen müs- können Sie mir glauben. Hat das für Entwicklungen. Bleiben wir bei dem, wo es Ein tolles Erlebnis; vor allem, wenn Natur- sen, weil wir so etwas selbst einmal in Auf- die ganz normalen Allerweltsarten etwas nicht ganz so positiv aussieht. Das National- erleben mit Tieren kombiniert ist. trag gegeben haben. Und ich glaube sogar gebracht? Ein Kollege hat das mit viel vieles von dem, was drinsteht. Obwohl, mit Aufwand untersucht und herausgefunden: Meine erste These – Herr Glück hat solchen Zahlen ist das ja immer etwas schwie- In den Großschutzgebieten in Ostdeutsch- war es fast überall weiß, mit der Wende ist ja neun Thesen vorgetragen, ich versuche rig; wenn man sie nicht selbst gefälscht land haben sich die Allerweltsarten, die dann passiert, was Sie hier sehen. es auch mal mit neun – wir haben eine hat. Sie kennen das alles. wir alle kennen, beispielsweise die Grauam- parkprogramm in den neuen Bundesländern wurde bereits angesprochen. Vor der Wende Menge Flächen unter Schutz gestellt. Unter- mer oder die Feldlerche, im Vergleich zur these: Es stellt sich die Frage, was steckt Normallandschaft deutlich besser entwickelt. drin. Eines hat sich eindeutig verändert in Ich finde das persönlich sehr wichtig, dass den letzten 25 Jahren, nämlich die Informa- die seltenen Arten – wir haben die Top 12 tion. Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger, was aus Brandenburg aufgelistet, angefangen bringt uns denn Naturschutz eigentlich, rein vom Wachtelkönig über den Seggenrohrsän- materiell betrachtet? Ich lasse das mit der ger bis zum Schreiadler – sich in den Bewahrung der Schöpfung weg, denn damit Großschutzgebieten natürlich angesiedelt erreichen wir nicht jeden. Wohl aber, wenn haben oder erhalten geblieben sind. Für die man mit Arbeitsplätzen kommt, mit der hat es natürlich etwas gebracht; aber eben absolut heiligen Kuh in Deutschland. Wenn auch für die „Normalarten“, oder wie immer Sie sich einmal diese Zahlen ansehen: Aber wenn man hier die Gesamtbesucher- wir diese nennen möchten. zahl von zwanzig Prozent in die Rechnung einbezieht, und das hat das BfN 1 vor Ein Bild was die meisten, zumindest aus sieben Jahren gemacht, dann wird die ganze den westlichen Bundesländern, vor 25 Jahren Was ist daraus geworden? Zumindest im Geschichte schon glaubhafter. Sie sehen, als absolut einzigartig und besonders emp- Brandenburgischen haben sich diese Flächen was hier unten steht: Das reicht zwar nicht funden hätten: Hier sehen wir den deutschen ganz schön gefüllt; auch mit Tieren, und auf an irgendeinen deutschen Autobauer heran. Wappenvogel fliegen. Den gibt es mittlerweile die kommen wir noch einmal zurück, denn Aber immerhin ist das doch eine Zahl, die wieder in einem großen Teil von Deutsch- es sind besondere Tiere. kann und soll man nicht wegdiskutieren. land. Der Adler ist also sozusagen im Aufwind. Spannend bleibt es allzumal. Wenn wir jetzt Und er ist natürlich immer ein beliebtes nach zehn Jahren die neueste Rechnung Thema in der öffentlichen Wahrnehmung. aufstellen, sehen wir, diese Zahl ist bereits im Wattenmeer so und so viele Arbeits- bemerkenswert höher. plätze, im Nationalpark Müritz so viele und im jüngsten Nationalpark in Brandenburg Zweite Botschaft: Es spricht sich all- immerhin nach nur sieben Jahren so viele mählich herum, dass Natur auch einen Wert Arbeitsplatz-Äquivalente. Eine prima hat und dass man durch Naturschutz Werte Sache, so etwas spricht sich herum. Auch schaffen und erhalten kann. Herr Dr. Spandau ein Punkt, von dem ich vor 25 Jahren noch hat vorhin gefragt, „Was ist denn aus unse- nicht geglaubt hätte, dass der mal die Köpfe ren Großschutzgebieten geworden, haben erreicht. Und dass man immer versucht, die etwas gebracht?“ Ich habe es selbst bis alles ökonomisch umzurechnen, das ist ja in den letzten sechs, acht oder zehn Jahren 1 BfN = Bundesamt für Naturschutz 40 V O R T R A G P R O F . D R . M A T T H I A S F R E U D E 41 Der Naturschutz hat sich mit dem Sym- Aber Artenschutz und Naturschutz, das schon seit über 30 Jahren bohren, zu ver- gab es überall. Vielleicht nicht überall bol des Adlers im Aufwind bewegt, da muss bringt auch Probleme. Gerade, was den Biber danken. Das ist die Geschichte, bei der ich ganz so dramatisch, aber ähnlich. Dann gibt ja alles in Ordnung sein. Die Zahlen sprechen betrifft: Das Problem kennen Sie ja auch in eingangs meines Vortrags meinte, die Vor- es folglich immer Menschen, die das auch für sich: Seeadler haben sich verdreifacht, Bayern sehr wohl, keine Frage. Und die lesung hat sich kaum verändert. Warum? Weil erkannt haben, und somit hat man dann Fischadler und Kraniche vervierfacht. Wir Probleme mit dem Wolf kommen dort schon die Vergangenheit nicht mehr gestaltbar Verbündete. sind mit dem Zählen gar nicht mehr nachge- auch noch. Damit haben wir in Brandenburg, ist. Das ist Teil dieser Veranstaltung, und bei kommen. Bei uns kann man heute die ich weiß wovon ich rede, schon seit zwölf deren Überschrift kam das ja auch zum Meine These Nummer fünf lautet, dass Jahren zu tun. Tragen. man sich mit derartig großen, übergreifen- Kraniche, anders als noch vor 25 Jahren, überall am Wegrand stehen sehen. Ich biete den Problemen Verbündete suchen sollte. heute eine Adler-Exkursion an und garan- Jetzt kommt die zweite Seite der Von 1900 bis jetzt, was hat sich getan Verbündete, die im Zweifelsfall mehr Power tiere Ihnen drei Adlerarten – überhaupt kein Medaille. Ich habe mir aus unseren Statis- mit unseren Wiesenvögeln oder Vögeln der haben als der Naturschutz, der ja im Regelfall hinten runterfällt. Man nutzt zum Beispiel Problem. Dazu fahren wir einfach raus in tiken die dramatischsten vierzehn Jahre Feuchtgebiete? Vom Seggenrohrsänger, dem die Uckermark; das ging ja damals auch herausgesucht. In nur vierzehn Jahren haben seltensten Vogel Deutschlands, gab es im im Falle der EU die Wasserrahmenrichtlinie, noch nicht. wir beim Brachvogel 50 Prozent minus zu letzten Jahr noch drei singende Männchen – doch das geschieht noch viel zu wenig. verzeichnen, die Rebhühner haben in vier- von ehemals 30.000, die noch vor hundert Damit meine ich solche Synergieeffekte, Aber ist das alles? Ist überall der Natur- zehn oder fünfzehn Jahren gar um 80 Pro- Jahren lebten. Diese Entwicklung läuft in dass man gemeinsam etwas tun kann, und schutz verantwortlich für diese positive Ent- zent abgebaut. einer unglaublich dramatischen Geschwindig- dann bei unangenehmen Entscheidungen keit ab; und wir müssen sagen, wir sind nicht nur den Naturschutz vorschiebt, dabei gewesen. sondern vielleicht auch mal Kollegen bemüht, wicklung? Natürlich nicht. Es sind andere Bedingungen, die mit dem Naturschutz als Stellen Sie sich mal vor, wenn das so Einheit gewirkt haben, damit es diesen wirk- weitergeht. Am letzten Freitag ist der Brut- lich bemerkenswerten Anstieg der Arten vogel-Atlas von Deutschland erschienen, Können wir wirklich nichts gestalten? sehr wichtig, Probleme gemeinsam anzuge- gibt. Jetzt kommt das Problem. ein unglaublich wertvolles Werk. Mehr als Doch, natürlich – ein kleines bisschen kön- hen und gemeinsam umzusetzen. Das ist 4.000 ehrenamtliche Zähler haben daran nen wir noch gestalten. Vielleicht ein biss- vielleicht eine ganz wichtige These. gearbeitet. Ich bin begeistert, wenn ich da chen an der Vergangenheit reparieren. Das reinschaue. Aber man sieht, die Entwicklung Brandenburger Gewässernetz umfasst heute Kommen wir zur nächsten These: ist überall in Deutschland gleich. Schlimmer 30.000 Kilometer Fließgewässer. Das ist Wir haben bei über 4.000 selten gewor- noch: Wir exportieren unsere EU-Landnut- Rekord in Deutschland, und ich war ganz denen Arten recherchiert, warum sie zung in einer unglaublichen Geschwindig- stolz darauf. Aber dann haben wir uns ange- denn eigentlich seltener geworden sind. keit nach Osten. Natürlich läuft die Entwick- sehen, wie groß denn dieses Gewässernetz Das Resultat: Bei aquatischen und ter- lung in Polen, Weißrussland, Ukraine ganz vor 200 oder 300 Jahren war? Es war viel restrischen Arten gibt es keinen Unter- genauso. Wenn ich die Zahlen von August und kleiner! Eine Veränderung, die man sich fast schied; es kam immer das Gleiche heraus. September letzten Jahres vergleiche, dann gar nicht mehr vorstellen kann. Dass so etwas Der wichtigste Grund ist die Intensivierung sind in EU-Europa während der vergangenen nicht nur zu Veränderungen in der Vogelwelt, der Landwirtschaft, durch die zu viele 20 Jahre 300 Millionen Vögel aus der Agrar- sondern in der gesamten Landschaft führt, Nährstoffe, Stickstoff und Schadstoffe landschaft verschwunden. das bleibt heute keinem mehr verborgen. eingebracht werden. Das Thema Industrie Wenn ich so etwas sehe, dann sehen das doch kommt überhaupt nicht vor. Selbst Wir wissen, in Deutschland haben wir auch Natur- und Umweltschützer, die Land- unser liebstgehasstes Kind, das Auto, ist Sehen Sie hier die drei Arten auf der gerade einmal 80 Millionen Vogel-Brutpaare, wirte oder zum Beispiel die Wasser- und dabei nicht berücksichtigt. Und die direkte zweiten Folie: den Biber, den Fischotter und alle 300 Arten eingerechnet. Damit ergibt Bodenverbände. Und dann sieht das auch die Entnahme rangiert an letzter Stelle. sich ein unglaublicher Verlust. Und diesen gesamte EU. Denn diese Entwicklungen gab haben wir dem dicken Brett, an dem wir es ja nicht nur im Osten Deutschlands, die den Wolf. Auch das Erfolgsgeschichten. die mit Wasser zu tun haben. Ich finde es 42 V O R T R A G P R O F . D R . M A T T H I A S F R E U D E Der Klimawandel wird dramatisch über- ein zentrales Thema, und ich bin froh, schätzt; zumindest im Moment beim Arten- dass dieses Thema gerade jetzt von der rückgang. Also bohren wir am falschen EU aufgegriffen wird. Wir müssen unsere Brett, oder wir bohren zu langsam, oder wir Stickstoffeinträge herunterfahren! Ein fürchten uns – so meine These – vor dem ganz wesentlicher Punkt, der viel zu wenig Falschen. Ja, wir sind Meister darin, uns vor bekannt ist. Und das sagen nicht nur die dem Falschen zu fürchten. Und in diesem Naturschützer; viele andere denken ähn- Falle sieht man das Problem in der Landschaft lich. auch nicht. Stickstoff sieht man nicht. Vor ein paar Jahren haben bedeutende Geo- und Klimaforscher, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen, gefragt, was denn die wichtigsten Probleme in der Menschheitsgeschichte wären. Und womit wir denn selber Probleme hätten. Das Allerwichtigste sei der Verlust der Artenvielfalt und zu viel Stickstoff in der Landschaft, haben die Forscher festgestellt. Erst als dritten Problemfaktor haben sie den Klimawandel genannt. Dazu kann ich nur sagen, Rekonstruktion des Seifersdorfer Thals bei Dresden merken Sie sich diese Bilder – Bilder, die vorher – nachher man auch propagieren sollte. Also sich nicht vor dem Falschen fürchten, sondern wichtige Themen in Umlauf bringen. Hier oben sehen wir eine sehr arten- Dass man hier etwas tun kann und muss, reiche Wiese mit etwa 140 Arten. Darunter wissen Sie alle. ein Saatgras-Grünland, das sieht genauso schön bunt aus. Nun fragen Sie mal auf der Auch mit unseren Kaufentscheidungen Straße oder Studenten in der Vorlesung können wir ein bisschen Naturschutz oder, nach dem Unterschied. Beides ist doch grün, genauer gesagt, Umweltschutz betreiben. wo soll denn da das Problem sein? Antwort: In manchen Großschutzgebieten gibt es Im Saatgras-Grünland sind sieben Pflanzen- wirklich mehr als 50 oder 60 Prozent Öko- arten drin. Landbau. Das geht, es funktioniert und die Gebiete leben davon – beispielsweise Wenn man weiß, dass hierzulande an mit Regionalmarken. Positive Beispiele jeder Pflanzenart sieben Tierarten hängen, zeigen, „Landschaft schmeckt!“. Dazu gab ergibt sich daraus ein Saatgras-Grünland es sogar einmal eine tolle Kampagne. Man mit 50 Tierarten. Eine artenreiche Wiese kann das gar nicht oft genug erwähnen. hingegen hat 1.000 Arten. Und somit weiß man auch, warum so viele Tiere verhungern. Sie verhungern einfach! Das ist 44 V O R T R A G P R O F . D R . M A T T H I A S F R E U D E 45 Ich finde es wichtig, positive Bei- Andererseits: Wann hat es „von oben“ Und wenn Sie jetzt diese Tiere noch spiele, nämlich Artenschutzprojekte, zu jemals so viel Rückendeckung gegeben? einmal anschauen, die hier als Haartiere zeigen. Die meisten dieser geschützten „Von oben“ haben fast alle so einen mit ihren großen Augen in die Landschaft Arten wären ohne unser Eingreifen in Antrag gestellt. Das finde ich bemerkens- gucken, dann illustriert das gleich noch den letzten 25 Jahren ausgestorben. Man wert. „Von oben“, also von der Politik, einen Punkt. Prof. Klaus Töpfer hat ja gesagt, kann etwas tun und das auch noch mit würde es gedeckt sein. Es hakt aber an der „Hätte man mir es nicht erklärt, hätte ich Öffentlichkeitsarbeit erklären. Vielleicht Umsetzung. Das haben wir heute schon es verstanden“, und ich denke, mit solchen bringt das noch ein paar Punkte für mehr dreimal gehört. Ich bin doch tatsächlich Bildern erklärt sich vieles ganz von selbst. Arbeitsplätze, für die Attraktivität der der Dritte, der das wiederholt. Unser Genau darum geht es: Menschen heranzu- Landschaft und mehr Tourismus. Das ist Problem ist ein Umsetzungsproblem. Ja, führen, Kinder, Jugendliche. Ab vierzig, wichtig, und das muss ich auch nicht wir haben viel im Kopf. haben wir auch gerade alle gelernt, ab vier- weiter unterfüttern. zig klappt das ja bloß noch über Großereig- Hier geht es darum, wie wir das vermitteln. Herr Brandes hat das bereits erwähnt, Wir haben vor 25 Jahren bereits das nisse. Ich habe letztens 79 Wisente in der Wenn ich Lachs, Stör oder den Auer- und ich sehe das mindestens so kritisch Gleiche in den Vorlesungen gesagt. Bei Döberitzer Heide, das liegt zwischen Potsdam hahn nenne, oder die Adler und die Groß- wie er. Ich finde es toll, wenn die Bundes- uns hängt es daran, was wir daraus machen. und Berlin, gesehen … 79 Wisente! Die sind trappen, das versteht jeder. Aber mit regierung ein Programm zur Erhaltung der Ein wesentlicher Punkt ist aber in den auf mich zugedonnert! Ich dachte nur, dem Erfolg kommen auch Probleme, Wolf biologische Vielfalt startet. Vor acht Jahren letzten 25 Jahren dazu gekommen, und das „Mein Gott!“. und Biber zeigen das. Wir müssen ver- hat die Europäische Union in Göteborg ist das private Engagement. Das sage ich suchen, damit umzugehen. Bei uns werden beschlossen, dass wir in Europa kein Tier jetzt nicht, weil ich hier bei der Allianz Das ist ein Naturereignis, das würde bedauerlicherweise auch einige Arten mehr aussterben lassen. Ein toller Beschluss! Umweltstiftung bin und weil der Vertreter mich überzeugen. Warum also nicht solche aussterben, was leider ebenso in anderen Da hätten Sie mal sehen sollen, wie die einer anderen NGO vor mir als Redner Beispiele? Irgendwann in 20 Jahren gibt es Ländern noch passieren wird. Was also Kollegen, die etwas davon verstehen, darüber dran war. Das sage ich, weil ich es genauso vielleicht noch einen Wisent oder einen hat sich in den letzten 25 Jahren getan? gelächelt haben. Natürlich ist das nicht meine. In meinem Bundesland gibt es Stör, den ich präsentieren kann. Dann habe Vor 25 Jahren hatten wir für Pelzmantel- geglückt, weil wir mit so einem Beschluss mittlerweile mehr Naturschutzflächen in ich etwas, das ich nicht nur als Professor futter noch 200.000 Hamsterfellchen die Direktverantwortlichen nicht erwischen. privater als in staatlicher Hand. Auch welt- oder als Präsident erzählen kann, dann habe weit geht in diesem Punkt richtig was ab. ich etwas, was wirklich wirkt. Und das aus dem Osten, genauer gesagt aus Brandenburg, auf die Kölner Rauchwarenmesse Auf fünf Prozent der Fläche im Wald Und ich halte das, was die Privaten ein- ist die Hoffnung: Ein bisschen sind wir auf exportiert. Heute ist der Hamster dort ver- wollen wir eine naturnahe Entwicklung. bringen können – ob das jetzt Stiftungen dem Weg. schwunden. Eine ganz schwierige Kiste. Wildnis, das Wort ist bereits gefallen: oder Einzelpersonen sind, meistens sind Auf zwei Prozent der Flächen in Deutsch- es ja Stiftungen – für einen unglaublichen Meine Damen und Herren, Sie haben es Einer der wenigen neuen Begriffe, land wollen wir die Entwicklung von Wild- Wertzuwachs. Diesen Beitrag empfinde gesehen: Licht und Schatten. Ich glaube, es die mir sehr sympathisch sind, ist die bio- nis realisieren. Wir sind noch weit weg ich als so wertvoll für den Naturschutz, dass gibt ein wenig Licht; wahrscheinlich sogar logische Vielfalt. Wir sprechen hier von davon. Ich weiß, wie die Verantwortlichen, ich es kaum beschreiben kann. Ich denke, etwas mehr, als ich normalerweise sehe. Das 48.000 Tieren in Deutschland. Die Pflanzen die es wirklich nicht leicht haben in den das ist ein Weg der Zukunft. Ich sage gar ist, glaube ich, ein kleiner hoffnungsvoller können Sie selber erleben und sehen. Wir Ländern – irgendwie gehöre ich ja selbst nicht, dass ich das so gut finde, denn eigent- Abschluss. Danke fürs Zuhören! können natürlich nicht über 48.000 Tiere dazu – ich weiß, wie süffisant die dann lich wäre das eine Staatsaufgabe. Aber reden, hier brauchen wir Flaggschiffe. Wir geguckt und gedacht haben: ,Redet ihr nur, wenn es der Staat nicht schafft, dann bitte brauchen kleine Hamster, brauchen Haar- die Praxis wird euch eines Besseren besser so. Es ist ein Weg, der eine sehr gute tiere mit großen Augen, die niedlich sind belehren’. Leider ist das nicht ganz falsch. Zukunft haben wird. und die man nicht aussterben lassen darf. Das ist auch eine Schlussfolgerung, und das wäre dann meine achte These. 46 47 D I E B E N E DI K TB E U R E R G E S P R ÄC H E D E R AL L IAN Z U MWE LTSTI F TU NG 2015 „DI E VE RGANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N DE UTSC H L AN D 1990-2015: B I L AN Z U N D AU S B LIC K.“ 48 49 „DI E VE RGANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N DE UTSC H L AN D 1990-2015: B I L AN Z U N D AU S B LIC K.“ D I E B E N E DI K TB E U R E R G E S P R ÄC H E D E R AL L IAN Z U MWE LTSTI F TU NG 2015 V O R T R A G V O L K E R A N G R E S „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Vortrag von Volker Angres, Ressortleiter Umwelt des ZDF, Mainz. Auf erschreckende Weise darf oder muss ich Ihnen im Folgenden aufzeigen, dass sich tatsächlich in einigen Bereichen so gut wie nichts geändert hat. An anderen Stellen aber schon. Ob und wie das nützlich ist, das können wir nachher besprechen. Fünf Thesen möchte ich Ihnen präsentieren. Stoßstange an Stoßstange, im Verkehr aus- Es sind Thesen, die aus meiner ganz persön- genutzt. Aber was heißt hier Verkehr? Eigent- Entwicklung der Kulturlandschaft auf Rügen – Sanierung des Schloßparks Pansevitz lichen Ansicht Schlüsselfragen adressieren. lich ist Lima ein Riesenparkplatz, auf dem vorher – nachher Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständig- sehr viele Autos stehen und bei Gelegenheit keit, egal ob wissenschaftlicher, politischer ab und zu ein Stückchen weiterfahren. oder welcher Art auch immer. Die Erklärung für diese Situation ist einfach: Die Stadtausdehnung beträgt mehr als 60 Im vergangenen Dezember wurde ich vom Kilometer: nur Stadt, nur Hütten, nur wildes ZDF nach Lima geschickt, um dort von der Bauen. Das kann nicht gut gehen. Die Taxi- 20. Weltklimakonferenz zu berichten. Wenn fahrer bauen sich bereits häufig einen man in dieser Stadt aus dem Hotel kommt, Käfig um ihren Fahrerplatz – für alle Fälle. dauert es keine 30 Sekunden, bis man ein Beispielsweise für Personen, die mit einer komisches pelziges Gefühl auf der Zunge Pistole ins Auto steigen könnten. Etliche hat. Im Rachenraum fängt es an zu brennen andere Beobachtungen, auch aus vielen ande- und zu jucken; es entsteht ein Hustenreiz, ren Städten, ließen sich hinzufügen. Aber die der sich wahrlich nur sehr schwer unter- Lima-Fakten reichen völlig aus für meine drücken lässt. Atemwegserkrankungen und erste These. Lungenkrebs sind in Lima weit verbreitete Krankheitsbilder. Die Hauptursache dafür ist Die heißt: Bezogen auf Umweltstandards der mörderische Verkehr. Nur wer schon klagen wir in Deutschland auf ganz hohem einmal in Kairo war, kann ungefähr nachvoll- Niveau. Entscheidend ist aber, woran wir ziehen, wie es in Lima zugeht. Verkehrsregeln, Umweltqualität und damit die Wirksamkeit wenn es sie denn überhaupt gibt, werden von Umweltpolitik messen. nie eingehalten. Die Autofahrer setzen diese außer Kraft. Jeder Millimeter Platz wird, 51 52 V O R T R A G V O L K E R A N G R E S Wäre ich Umweltminister, würde ich Artenvielfalt als auf dem Land. Doch sagen: „Schauen Sie mal, wie viele Vorschrif- nicht, weil es den Vögeln in der Stadt so ten und Gesetze wir hier haben: Abgas- gut gefällt. Nein, unsere Städte sind mittler- vorschriften für Autos, Fabriken, Kraftwerke weile Rückzugsgebiete für viele Tierarten. und sogar für Wohnhäuser, Filter überall. Weil sie da draußen vergiftet werden. Immer Der Schwefel ist weg, ebenso der Feinstaub. noch – von der Landwirtschaft, weil diese Ohne grüne Plakette darf gar kein Auto mehr trotz Precision Farming viele Felder mit in die Innenstädte. Trinkwasser ist streng Chemie überfrachtet. Weil es die Landwirt- kontrolliert. Kläranlagen haben wir jede schaft bis heute nicht gelernt hat, im Ein- Menge, allesamt hoch effektiv. Gefährliche klang mit der Natur zu wirtschaften. Wie es Stoffe sind weitgehend verboten. FCKW Prof. Haber festgestellt hat, bringt jeder ist verboten – die Erfolgsgeschichte über- auch noch so kleine Eingriff in den Boden haupt. Auch auf europäischer Ebene gibt es dessen Balance durcheinander. bald keine gefährlichen Stoffe mehr. Und überhaupt: „Gentechnik, nein danke! …“ Was haben wir unseren Mooren ange- Jedenfalls, solange TTIP nicht kommt. tan? Einmalige Ökosysteme mit einmaligen Pflanzen und Tieren. Wie oft habe ich Deutschland ist Meister im technokra- gesagt, die Moore sind ein gewaltiger CO 2- tischen Umweltschutz. Sie haben es vorhin Speicher. Wer sie trockenlegt, wird Millio- schon gehört, 1970 wurde hier in Bayern nen Tonnen CO 2 ernten – viel mehr als Erweiterung des Mainuferparks in Frankfurt das erste Umweltministerium gegründet. beispielsweise die Heizungen unserer vorher – nachher 1974 dann das Umweltbundesamt, die aller- Wohnungen produzieren. Dann die Flüsse, erste wissenschaftliche Umweltbehörde die Lebensadern unseres Landes: Wer hat europaweit. nur diese Idee gehabt, sie alle möglichst gerade und tief zu machen? Wie viele Jahr- Deutschland hat Maßstäbe gesetzt hunderthochwasser sollen den Menschen und am 6. Juni 1986 das Bundesumwelt- denn noch zugemutet werden? Warum ministerium gegründet. Im April 1986 war werden ausgerechnet die hochsensiblen Ufer- Tschernobyl. Ob es da irgendeinen Zusam- regionen zerstört, die Übergänge zwischen menhang gibt? Actio und reactio. Später Land und Wasser, die für die Entwicklung werde ich darauf zurückkommen. Das ist der Arten doch so unerhört wichtig sind? der eine Maßstab: Umweltpolitik, gemes- Wieso kann das nicht endlich aufhören: die sen an der Menge der Vorschriften. Landverschwendung, das ständige Zubetonieren von Flächen. Wie viele Hektar sind Der andere Maßstab: Umwelt, gemes- es: 80 oder 100 pro Tag? Vollkommen egal. sen an ihrem vermeintlichen Zustand. Wäre Wenn Deutschland irgendwann nur noch ich Biologieprofessor, dann würde ich fragen: eine riesige Betondecke hat, lässt sich das „Seht ihr denn nicht?“ In unseren Städten gut sauber halten. gibt es doch mittlerweile mehr gefiederte 54 V O R T R A G V O L K E R A N G R E S Dass immer weniger Fläche für Natur, sich. Bauend auf die große Einsicht in aber auch für die Landwirtschaft zur Ver- die systemischen Zusammenhänge. Können fügung steht, hat natürlich eine dynamische Sie sich noch erinnern, wie die deutsche Komponente. Beispielsweise müssen Land- Autoindustrie gejammert hat? Als es um die wirte demzufolge immer mehr Erträge aus Einführung des Katalysators ging, hieß es, den verbleibenden Flächen herauswirt- das sei viel zu teuer. Das würde die gesamte schaften. deutsche Autoindustrie-Elite in den Ruin treiben. So die damaligen Klagen im Einheits- Ein Teufelskreis, der mich zu meiner ton aus Wolfsburg, Stuttgart, München zweiten These führt. Umsetzen können wir und Ingolstadt. Das Witzige damals war, viele tolle Einzelmaßnahmen. Doch das dass alle Hersteller bereits Autos mit systemische Denken, die Überlegung, wie Katalysatoren produzierten. Nämlich für alles mit allem zusammenhängt und die sich den kalifornischen Markt. Das amerika- daraus ergebenden politischen Konzepte nische Umweltland Kalifornien hatte damals fehlen nach wie vor völlig in der Umweltpo- strengste Abgaswerte. Ohne Katalysator am litik. Das dürfte dann ziemlich nahtlos an Auspuff wäre kein deutsches Auto dort meinen Vortrag von 1999 anschließen. Nicht auf den Markt gekommen. Das haben die systemisch. Wobei sich freilich die Frage meisten vergessen. Der Kat wurde dann bei stellt, woran das liegt; und wer möglicher- uns gesetzlich verordnet – indirekt, über weise ein Interesse hat, eben nicht syste- entsprechende, vorgeschriebene Abgasnor- Errichtung des Mauerparks in Berlin misch über Umwelt und die Folgen nachzu- men, aus denen sich die Industrie bis heute vorher – nachher denken. – und ich empfinde das als einen hübschen running gag – ständig herausmogeln will: aktuell durch die Betrachtung des Flottenverbrauchs eines Herstellers unter überproportional hoher Anrechnung von Elektroautos. Ähnliches Taktieren und ähnliche Rausmogel-Tendenzen können Sie auch in anderen Branchen entdecken. Was mich zu meiner dritten These verleitet. Freiwillige Selbstverpflichtungen hören sich zwar gut an, aber nur strenge Gesetze bringen die gewünschte Wirkung. Übrigens etwas, was sich seit 1999 unverändert beob- Über die Luftverschmutzung in Lima achten lässt. Vielleicht brauchen wir ja hatte ich ja anfangs schon berichtet. Kaum ein Gesetz zur Einführung von Elektroautos. einer kann sich erinnern, dass es bei uns E-Autos sind im Kurzstreckenbetrieb unschlag- auch mal so war. Was die Politik dazu brachte, bar: Der Fahrpreis pro Kilometer ist extrem unter anderem die Autoindustrie zu bitten, niedrig; für den, der eigenen Solarstrom tankt, die Abgase durch geeignete technische Maß- liegt er bei null. nahmen zu reduzieren. Freiwillig versteht 56 V O R T R A G V O L K E R A N G R E S 57 E-Autos machen keinen Dreck und über 100 Kilometer pro Stunde errei- ventionieren. Beispielsweise unter dem dann zu Autostahl. Die Umweltauswirkun- fahren so leise, dass für ein wahrnehmbares chen konnte. Karosserie aus Leichtmetall, Druck noch ausstehender Klimaschutzmaß- gen sind katastrophal, die Arbeitsbedingun- Fahrgeräusch elektronische Soundchips zwei Elektromotoren mit je 34 PS. nahmen. gen der Bergleute in den Minen sorgen eingesetzt werden müssen, damit Fußgänger Camille Jenatzy, ein belgischer Ingenieur die Autos überhaupt hören. und Automobilrennfahrer hat das E-Auto Bei uns gibt es eine merkwürdige Auffas- nicht sagen, welches Fahrzeug besonders konstruiert. Erfolg hatte er damit nicht, sung. Nämlich die Überlegung, wann eigent- umweltfreundlich ist. Eine allumfassende Öko- weil leider genau in diesem Moment das lich ein Auto umweltfreundlich ist. Die aller- bilanz ist mir nicht bekannt. Die sogenannte Petroleum- und Benzin-Zeitalter aufkam. meisten sagen, 5 Liter Sprit auf 100 Kilo- Lieber-Vorkette wird von der Autoindustrie Das kommt uns auch heute ein bisschen meter, das ist schon ziemlich gut; ein CO 2- bisher nicht betrachtet. bekannt vor. Wohl weniger das Reichweiten- Ausstoß von 100 Gramm pro Kilometer oder Argument als vielmehr der hohe Preis, der ein bisschen weniger, dann ist das Auto Fehlt das systemische Denken, dann die meisten vor dem Kauf heutiger Elektro- umweltfreundlich, perfekt. Abgesehen davon, haben wir zum Beispiel ein Flüchtlings- autos zurückschrecken lässt. Dabei wäre dass die im offiziellen europäischen Test- problem. Was wir gerade erleben, die doch eine interne Mischkalkulation bei den zyklus gemessenen Werte in der Praxis so menschlichen Dramen im Mittelmeer, das Autobauern sicher kein Ding der Unmöglich- gut wie nie erreicht werden. Bei meinem Auto ist doch nichts anderes als die Quittung keit. VW fährt Verkaufsrekorde ein. Den ist das jedenfalls so. Ich habe diese Werte für nicht systemisches Denken. Jahrzehnte- Nobelmarken geht es im Moment blendend. noch nie geschafft. Als Maßstab sind sie aber lang haben die reichen Industrienationen Hier sehen Sie einen Fisker Karma mit Also warum wird die zukunftsweisende erstaunlicherweise trotzdem von allen Afrika ausgebeutet. Rohstoffe, Agrarprodukte, einem, wie ich finde, sehr interessantem Elektrotechnik nicht intern bei den Auto- Regierungen und der EU-Kommission aner- billige Arbeitskräfte. Nie wurde die ewig Zubehör auf dem Dach. Henry Fisker, herstellern quer subventioniert? kannt. Abgesehen davon, vermisse ich hier geforderte Entwicklungshilfe in der Größen- wieder systemische Betrachtungen. ordnung von 0,7 Prozent des Bruttosozial- das ist der dänische Automobildesigner, der, wirklich für Entsetzen. Ich kann ihnen also vielleicht erinnern sich einige von Ihnen, Die Antwort ist im Grunde simpel. Sie den Aston Martin DB9 und den BMW lautet: Elektroautos würden, wenn sie in Unsere Autos fallen nicht vom Himmel. Deutschland liegt bei 0,3 Prozent. Die Z 8 entwickelt hat. Elektroautos aber sind hohen Stückzahlen produziert würden, Bevor sie im Laden stehen, ist doch aller- Bemühungen, vor allem der Hilfsorganisa- wirklich ein alter Hut. selbstredend sämtliche Zulieferketten und hand passiert. In den Fabriken zum Beispiel. tionen der Kirchen, der Umweltverbände, alle Workflows in der Autoindustrie auf Diese Fabriken brauchen Strom, Wasser, aber auch der GIZ, der Gesellschaft für den Kopf stellen. Denn Kolben und Einspritz- es müssen Mitarbeiter zur Arbeit fahren. Internationale Zusammenarbeit, Bildungs- pumpen braucht ein Elektromotor nicht; Und die Autos benötigen Rohstoffe, Metalle projekte aufzuziehen, waren und sind ein auch weder Getriebestrang noch Benzintank. zum Beispiel, sehr viel Kunststoff, Farben Tropfen auf den „heißen Stein Afrika“. In Diese Veränderung würde die Autoindustrie und Stoffe. Die Umweltauswirkungen, vielen Ländern Afrikas lassen die politischen Milliarden kosten. Plötzlich also kann die etwa bei der Erzgewinnung, gehören unbe- Strukturen bestimmte Hilfen gar nicht zu. Industrie systemisch denken. Nämlich dann, dingt in diese Betrachtungen hinein, wenn Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es wenn es um die eigenen Systeme geht. Die ich zu einem Urteil kommen will, ob ein Fahr- bei uns und in den anderen Industrienatio- sollen doch bitte so lange unverändert zeug umweltfreundlich ist oder nicht. Die nen starke Interessen gibt, alles so zu lassen, bleiben, wie sich damit Geld verdienen lässt. ganze Kette der Produktionsschritte gehört wie es ist. Denn nur bei großen wirtschaft- Betrachtungen von Ökosystemen und des hier hineingerechnet – bis hin zur Entsor- lichen und sozialen Gefällen zwischen Afrika Umweltzustandes spielen dabei überhaupt gung. Wir haben das mal in einer Folge von und Europa oder auch den USA lassen sich Das ist ein Geschwindigkeitsrekord- keine Rolle. Jedenfalls so lange nicht, bis es planet e. gezeigt. planet e. ist die sonntäg- im Konsumenten-Massenmarkt große wagen von 1899 mit elektrischem Antrieb. dafür Belohnungen gibt. Daher meine liche Umwelt-Doku-Reihe, die ich im ZDF ver- Profite erzielen. Wäre Afrika auf Augenhöhe – Die La Jamais Contente, übersetzt die Elektroauto-Prognose: Die Industrie wartet antworte. Die Reise ging damals nach Süd- wovon der Kontinent sehr weit entfernt ist – niemals Zufriedene, war das erste Automobil so lange, bis eine Regierung eines Tages amerika, dorthin, wo Eisenerz für die deutsche kämen keine so profitablen Geschäfte mehr der Welt, das eine Geschwindigkeit von bereit ist, Elektromobilität massiv zu sub- Autoindustrie abgebaut wird. Dieses wird zustande. produktes eines Geberlandes erreicht. 58 V O R T R A G V O L K E R A N G R E S 59 Das führt mich zu meiner vierten These: politisches Handeln, sondern einzig und fähigeren Anlagen, in smart grids und Konsequentes systemisches Umweltdenken allein die eigene Betroffenheit. Oder, wie der Stromspeichersysteme geflossen. Längst hat unterbleibt deswegen, weil es nach den frühere Bundesumweltminister Prof. Klaus unsere neue Energietechnik das Prädikat Regeln führender Wirtschaftssysteme die Töpfer einmal formulierte – wohlgemerkt „mustergültig‘“. Profitmargen massiv schmälert. nach einem Interview, als die Kamera schon eingepackt war. Zitat: „Es passiert sowieso Und unser Gesetz zur Einführung der Also müssen die Regeln, die Belohnungs- nichts bis zur nächsten Katastrophe.“ erneuerbaren Energien, das EEG, dient systeme, verändert werden. Eine enorme Zustande gekommen sind also ein ruck- vielen anderen Ländern als Blaupause zum Herausforderung in einem globalen Markt. artiger Ausstieg aus der Kernenergie Umstieg. Einzig in Europa kommen die Genau das haben die, die bisher davon und der einigermaßen planlose Einstieg in Dinge nicht wirklich voran. Die Blockade- profitieren, messerscharf erkannt. Deswegen die Energiewende. Sehr zum Entsetzen haltung der Kohleländer verhindert einen ist TTIP ja so umstritten. Es besteht der der großen Energieversorger. An der Retour- funktionierenden Emissionshandel. Und leider sehr begründete Verdacht, dass genau kutsche wird ja fleißig gearbeitet: Klagen genau das ist das System, was zu einer Regel- diese alten Regeln für die nächsten Jahr- mit Millionenforderungen als Schadens- veränderung bei der Generierung von Pro- zehnte zementiert werden sollen. Eben ohne ersatz für die atomaren Ausfallzeiten und fiten führen würde. Denn wer sich umwelt- ein systemisches Umweltdenken. Womit wir ein elegantes neues Firmenmodell, welches konform verhält, hätte danach niedrigere schon einen ersten Blick in die Zukunft die Abspaltung der teuren Atomsparte frei Kosten und wäre wettbewerbsfähiger als geworfen haben. Ein zweiter folgt auf der nach dem Vorbild der bad bank vorsieht – andere. Stelle. Das Umweltthema mit der größten wegen der nun kommenden Rückbau- Bedeutung und der größten Reichweite phase der stillgelegten Atomkraftwerke. Alles nun scharf im Blick, möchte ich ist aus meiner Sicht die Energiewende, Die Kosten hierfür möchte man doch lieber einen Aspekt hinzufügen. Einen, der mir zusammen mit dem ihr zugrunde liegenden auf uns, die Steuerzahler, abwälzen. Beim persönlich sehr am Herzen liegt. Bei Beschluss, aus der Kernenergie auszusteigen. Umbau unseres Energiesystems wäre doch uns im Land sterben gerade die Zeitungs- Die gängige Meinung ist, Fukushima sei ein systemisches Denken mit allen Beteilig- redaktionen weg, von der Öffentlichkeit der Auslöser gewesen. Aber es gab zeit- ten von Vorteil gewesen. Das ist natürlich so gut wie unbemerkt. Die Honorare für gleich parallel eine andere sich anbahnende blanke Theorie, denn freiwillig hätten freie Journalisten sind im Keller – zulasten Katastrophe, zumindest aus Sicht der Bundes- sich die großen Energieversorger nie und journalistischer Qualität! In vielen anderen kanzlerin. Die Landtagswahlen in Baden- nimmer auf das Feld der Erneuerbaren Ländern ist überhaupt keine freie Medien- Württemberg drohten verloren zu gehen. Der begeben. Einige haben das jetzt bitter bereut kultur vorhanden. Keine gute Voraus- Atomausstiegsbeschluss sollte der schwä- und bezahlen dafür kräftig. Längst produzie- setzung für die Diskussion systemischer chelnden CDU Wählerstimmen aus dem ren Windräder und Photovoltaikanlagen mehr Ansätze. Demokratisch legitimierte Politik grün-affinen Lager bringen. Hat, wie Sie sich Strom als alle unsere Atomkraftwerke. muss überall auf der Welt mediale Mei- bestimmt erinnern, nicht geklappt. Was bleibt, nungsvielfalt schaffen und erhalten. Denn ist das Schema von actio und reactio. Ähn- Nicht allen gefällt es, wenn immer mehr Medien müssen mehr als zuvor Zusammen- lich wie bei der Gründung des Bundesumwelt- Windräder Bergkämme besiedeln. Auch das hänge erklären, kritisch nachfragen und ministeriums kurz nach Tschernobyl. ist ein Aspekt einer zu lasch geführten systemische Aspekte bei Umweltfragen in systemischen Debatte an dieser Stelle. Längst den Mittelpunkt der Berichterstattung These fünf lautet deshalb: Nicht die Ver- ist die Energiewende zum Forschungsmotor stellen. Und Medien müssen vor allem eines: nunft, nicht das Verständnis von umweltsyste- par excellence geworden. Zig Millionen Querdenkern und Andersmachern eine mischen Notwendigkeiten liefert Impulse für sind in die Entwicklung von immer leistungs- Bühne geben! Herzlichen Dank. D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S 61 „ DI E V E R GANG E N H E IT I ST N IC HT M E H R G E STALTBAR – E S G E HT U M DI E Z U KU N F T. U MWE LTPOLITI K I N D E U T S C H L A N D 19 9 0 - 2 015 : B I L A N Z U N D A U S B L I C K . “ Abschließende Diskussion der Referenten und Teilnehmer. ’’ Dr. Spandau Herr Glück, welche Gründe könnten wir haben, an ein besseres Morgen zu glauben? Alois Glück Zunächst einmal glaube ich, haben wir alle miteinander die Motivation, darauf zu setzen. Meine Lebenserfahrung sagt mir, Schutz, Pflege und Entwicklung im Biosphärenreservat Spreewald vorher – nachher Neues entsteht nur aus Krisen heraus, egal vielmehr grundsätzlich ein geeignetes in welchem Bereich. Deshalb sind Krisen Prinzip, alle Entwicklungen daran zu messen immer auch eine Chance; und wenn Krisen und zu steuern: angefangen bei der Finanz- sichtbar werden, haben diejenigen die politik mit der Frage der Verschuldung und größten Chancen gestaltend zu wirken, die wofür wir Geld ausgeben, über das System schon vorher konzeptionell gearbeitet haben. der Alterssicherung etc. Dann ist für Die allermeisten fangen dann erst an zu Menschen nachvollziehbar, dass es danach denken und zu reagieren. längerfristig stabil sein muss. Aber in dieser Hinsicht ist die Zukunft noch offen. Zunächst haben wir momentan unglaublich viel Verunsicherung durch vielfältige Dr. Spandau Krisenerfahrungen. Ohne Verunsicherung Zum Glück! gibt es nichts Neues. Vielleicht sind die Menschen genau so: Wer immer ganz Alois Glück selbstgewiss ist, der hat kein Motiv sich zu Zu den neuen Entwicklungen zählt ja auch, verändern. Ich glaube, wir leben in einer dass – ausgelöst von der Finanzkrise – die Phase, in der neue Entwicklungen eine Glücksforschung eine Mordskarriere in der gewisse Chance haben. Gleichzeitig, denke Volkswirtschaft hat. ich, brauchen wir andere Leitbilder. Unsere ‘‘ gesamten Anliegen im Umweltschutz werden Dr. Spandau keinen Durchbruch bekommen, wenn er Womit wir wieder beim Thema Human- nicht integriert wird in ein übergreifendes ökologie wären. Leitbild. Für mich ist Nachhaltigkeit nicht nur ein ökologisches Prinzip, sondern 62 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 63 Alois Glück Dr. Spandau Sachbeitrag zum Thema. Tönnies, ein Weil sich den Ökonomen durch die Finanz- Wie lang darf denn der Atem sein, wenn großer Fleischvermarkter, steigt groß in krise erschlossen hat, dass der Mensch eben wir an ein besseres Morgen glauben? Wie das Produkt „vegane Schnitzel“ ein. nicht nur ein rechnendes Wesen ist; und wir heute schon festgestellt haben, warten Wenn das nicht der Hoffnungsschimmer dass die Entscheidungen der Menschen wir seit 25 Jahren, dass sich wirklich für morgen ist, dann weiß ich nicht, was in bestimmten Bereichen nicht nur, wie man etwas Nachhaltiges tut. Jetzt höre ich von noch kommen soll. immer geglaubt hat, vom jeweiligen Nutzen- Ihnen, wir sollen weiter warten. Wird das denken bestimmt ist. dann wirklich ein besseres Morgen? Eberhard Brandes Ich glaube ganz fest daran. Der einfachste Prof. Dr. Freude Prof. Dr. Freude und wichtigste Grund ist, ich bin ein total Ich bleibe beim Thema Glücksforschung. Wir sind homo sapiens, seit mindestens kompromisslos positiver Mensch, ansonsten Das mit den Krisen sehe ich leider genauso 200.000 Jahren, und homo seit 2,7 Millionen wäre ich auch nicht beim WWF. Der wie Sie. Ganz ohne Krisen wird es nicht Jahren. Gut, wir machen die Welt in einem zweite, darauf aufbauende Grund ist, ich gehen, ohne Krisen werden wir nicht weiter- sagt immer noch ein Drittel des Dorfes, es atemberaubenden Tempo kaputt. Wir werden glaube, die meisten Menschen wollen kommen. Wir alle würden sie uns gerne wolle mit Umwelt- und Naturschutz nicht trotzdem Jahrzehnte brauchen, bevor sich einfach ein zufriedenes, glückliches Leben ersparen, das wird aber nicht funktionieren. wirklich etwas zu tun haben. das Ding drehen wird. Das ist meine persön- führen, und wir haben sie nicht mitgenom- liche Einstellung, weil ich gerade in meiner men. Das sollte auch die Botschaft der Das mit der Glücksforschung ist die zweite Chance, die ich sehe – nämlich Glück durch Das sagt uns auf der anderen Seite, dass neuen Funktion weiß, wie festgefahren letzten zwei Minuten meines Vortrages sein: positive Beispiele zu erleben. Das ist, was wir immer noch einen verdammt langen Atem Besitzstandswahrungen sind, und wie schwer Es liegt an uns, die normalen Menschen, mich seit 25 Jahren umtreibt: Zeige den brauchen. Diese Geschichte wird uns noch es ist, so etwas aufzuknacken. Wenn es mal bei denen das Thema Umwelt nicht ganz Leuten, dass es funktioniert! Zeige den lange beschäftigen, und ich selbst neige hier wieder, wie 1990, ein Nationalparkprogramm oben steht, einfach anders mitzunehmen. Leuten das Beispiel mit den 70 Wisenten, die eher zur Ungeduld. Das ist manchmal ganz geben sollte, ist derjenige gut dran, der dann Wenn man das macht, das können ich und auf dich zulaufen. Zeige ihnen, was für ein furchtbar, wenn ich sehe, wie langsam sich Konzepte parat hat. Ich glaube, wir haben viele andere sicher aus Erfahrung sagen, tolles Erlebnis das ist. Zeige, dass die die Dinge entwickeln … Mein Abschlusssatz die Konzepte – Volker Angres hat es auch dann „haben“ wir sie, dann sind sie über- Landschaft noch schmeckt, und zeige, dass dazu: Der ehemalige Nationalparkdirektor schon gesagt – im Prinzip bereits im Kopf. zeugt. Das dritte Argument ist ein ganz eine Feldlerche nicht ausstirbt, sondern aus dem Bayerischen Wald, den wir alle unglaublich schön singt. Man muss also gute kennen, Dr. Hans Bibelriether, hat einmal zu Volker Angres keit der Menschen überzeugt und davon, Beispiele rüberbringen. Beispielsweise, wenn irgendeinem Jubiläum, zu dem ich etwas Kennen Sie die Glückskekse im chine- dass der informierte Mensch sich nicht seine man darüber informiert, dass ein Dorf – beitragen durfte, gesagt „Wir brauchen ganz sischen Restaurant? Wenn es ganz blöd eigene Zukunft zerstören wird. Die Frage ist übrigens das erste, das sich bei uns Öko-Dorf viel Geduld“. Bei uns hat es 25 Jahre kommt, knackt man einen auf und auf dem nur, wie man ihm alles nahe bringt. All nennen darf – seit der Wende die durchgängig gebraucht, bevor die Hälfte derer, die von Zettel steht „Leider kein Glück gehabt“. das, was wir hier diskutiert haben, sind eher jedes Jahr niedrigste Arbeitslosigkeit im unserer Arbeit und dem Nationalpark Aber ich weiß drei echte Gründe für eine systemische Fragen, dazu kommen wir ja ganzen Land hat. Genauso niedrig wie profitiert haben und dort zu einem großen bessere Zukunft. Der erste ist ein rein bestimmt noch. Wir müssen vielmehr den Potsdam, niedriger geht es nicht. Dann weiß Teil auch leben, bereit waren, den National- privater Grund: Meine drei Kinder sind Einzelnen ansprechen, dann wird es klap- ich, so etwas kann man herzeigen. park überhaupt als solchen zu akzeptieren! durch die Ausbildung und entwickeln sich pen, und daran glaube ich fest. einfaches. Ich bin zutiefst von der Lernfähig- Die Bayern sind vielleicht besondere Dick- prima. Ich bin zudem seit 18 Monaten Wenn Sie aber auf der anderen Seite sehen, schädel, aber die Brandenburger sind da Großvater, das finde ich noch viel schöner. Dr. Spandau und das ist jetzt das retardierende Moment, nicht viel besser. Also langer Atem und gute Der zweite Grund für ein besseres Morgen Dann gehen wir mal weg von Ihnen als Sie haben in diesem Dorf fast nur Vollbe- Beispiele zeigen; doch ganz ohne Katastro- ist, dass das ZDF den Fernsehrat verklei- Person. Dass sie ein optimistisch aufgestell- phen wird es leider nicht gehen. nern muss und die Politik ein bisschen raus- ter Mensch sind, habe ich bei verschiedenen schmeißt. Und der dritte Grund – und das Gelegenheiten schon mitbekommen. schäftigte – vor allen Dingen im Ökolandbau und durch Naturführungen – und trotzdem ist jetzt der richtige – ist ein wichtiger 64 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 65 Aber ist es nicht so, dass gerade Pessimis- Menschen ganz anders mitnehmen. Des- Ebene des politischen Handelns ist mus, Dogmatismus und auch Fundamenta- halb ist es unsere Aufgabe – das ist jetzt eine das Zwingen zur Auseinandersetzung nicht lismus sowohl der Umweltbewegung als gewagte These – über die neuen Medien viel geeignet. Das Neue beginnt immer mit auch den Umweltverbänden ihre Dynamik direkter an die Menschen heranzugehen. Menschen, die an etwas denken, woran man komplett genommen haben? Wird die Damit haben wir ganz andere Möglichkeiten. noch nie gedacht hat. Wir müssen den ökologische Apokalypse erwartet, verändert das die Welt einfach nicht. Menschen Raum geben; wir müssen auch Dr. Spandau solche Gruppen in der Gesellschaft akzep- Das heißt, wir wechseln nur die Methode tieren, die eine sehr unbequeme Rolle haben. Ich möchte noch einmal auf Ihren Vortrag und machen das Gleiche? Es ging aber doch Eine offene Gesellschaft, in der so etwas zurückkommen: Wie sollten Umweltverbände darum, wie die Umweltverbände sich möglich ist, ist auch eine innovative Kraft. heute aufgestellt sein, um diesen Vorwurf aufstellen sollen. zu entkräften, damit sie fundiert zu einem besseren Morgen beitragen? Auf der anderen Seite brauchen wir die Eberhard Brandes Umweltverbände, die in der Umsetzungs- Das erste war die Kommunikation. Der arbeit konstruktive Aufgaben haben, die Dr. Spandau Eberhard Brandes zweite Punkt: Es ist wichtig, eine Vielfalt Brücken bauen und die Menschen mitneh- Wenn Sie von den Menschen sprechen, die Die erste ganz einfache Regel lautet: Der von Verbänden zu haben, die unterschiedliche men. Ich würde nicht sagen, dass die eine unangenehme Rolle in der Gesellschaft Wurm muss dem Fisch schmecken – und Aufgaben erfüllen. Das ist ja heute bereits Umweltverbände immer das gleiche Strick- übernehmen: Wer sind diese Menschen und nicht dem Angler. Das ist eine simple Regel, so, und das ist sehr sinnvoll. Wir sollten aber muster haben müssen. Wir brauchen wo sind sie? die noch nicht überall eingehalten wird. unbedingt den Teil der Umweltverbände durchaus unterschiedliche Rollen. Dadurch Alles was wir tun und was wir kommuni- ausbauen, die holistisch arbeiten und wirk- entsteht ein gesellschaftlicher Prozess. Das Alois Glück zieren, muss, damit wir die Menschen auch lich komplette, systemische Ansätze entwi- Problem ist meines Erachtens nicht, einzelne Die gesamte Umweltbewegung ist dafür erreichen, zu 100 Prozent auf deren Belange, ckeln, darstellen und druckvoll beeinflussen; Menschen davon zu überzeugen, was ein Beispiel. Es hat mit Leuten begonnen, zum Prioritäten, Lebenswelten zugeschnitten gleichzeitig dürfen wir aber auch das für wünschenswert ist und welchen Argumenten Beispiel mit Herbert Gruhl und anderen, die sein. Darüber sollten wir also Bescheid den einzelnen Menschen konkret Greifbare sie zustimmen. Wir müssen die existenziellen zum Teil eine sehr undankbare Rolle hatten. wissen. Das ist relativ einfach und deshalb und Begreifbare nicht vernachlässigen, so Fragen lösen können, die wir letztlich an Kirchlich würde man solche Menschen können wir das, glaube ich, gemeinsam dass sich jeder mitgenommen fühlt. Aber das das Leben haben. Zum Beispiel die Frage um als Propheten bezeichnen. Also Menschen, die noch sehr viel besser machen. ist eine sehr komplexe Frage. Das kann man die Arbeitsplätze. Hier geht es schließlich ein gutes Stück voraus sind. Manchmal ist das schwer in zwei Minuten beantworten. um die Existenz des Einzelnen. Die Fragen ein ganz bestimmter Typus Mensch, der zur Landwirtschaft. Wenn wir einen Lebens- auch oft schwierig ist. Aber diese Menschen Und das Zweite ist: Wir brauchen ein bisschen mehr Zeit, um unsere Botschaft Alois Glück mittelmarkt haben, auf dem erbarmungslos bringen am Schluss etwas Bewegung ins loszuwerden. Wenn wir diese Zeit bekom- Wir müssen auf die Gesellschaft und das billigste Lebensmittel propagiert wird, Denken. Genauso aber brauchen wir die men, dann müsste es eigentlich 90 Prozent letztlich auf die Politik einwirken. Dafür dazu in jedem Supermarkt die entsprechende kooperativen Typen. Typen, die zum Beispiel Zustimmung geben, das ist meine persön- benötigen wir verschiedene Rollen. In Werbung mitläuft etc., dann ist die Landwirt- in der Lage sind, aus der Verbandsarbeit liche Erfahrung. bestimmten Situationen brauchen wir schaft unter einem extremen Rationalisie- heraus kooperativ mit der Politik zu kommu- Menschen, die uns zunächst provozieren, rungsdruck. nizieren. Wenn ich als Politiker nur Provo- Dr. Spandau die uns herausfordern. Das Neue beginnt Wie viel Zeit haben wir? gewissermaßen immer mit Außenseitern. Und auch diese Systemzusammenhänge Gesprächsbasis mehr für den Menschen. Aber Diese Entwicklungen werden stets gesteuert gilt es zu sehen, um darauf antworten zu es gibt immer wieder Menschen, die neue Eberhard Brandes kation erlebe, dann habe ich auch keine von engagierten Minderheiten, nie von können. Denn sonst habe ich zwar eine tiefe Impulse setzen. Wichtig ist, dass diese Ich meinte Zeit zur Präsentation der der trägen Mehrheit. Es braucht die Leute, Sehnsucht, dass etwas anders werden soll Menschen in der Gesellschaft ihren Platz Fragen. Wenn wir einmal mehr als die 30 die provozieren. Als Politiker bin ich in Zukunft, aber ich habe keine Antworten haben und dass unbequeme Gruppen ihren Sekunden Snapshot auf dem YouTube- mehr in der Politik, aber ich war ja ziemlich auf meine existenziellen Fragen. Hier Platz haben; weil sich nur so in der Gesell- Channel bekommen, dann können wir die lange, 38 Jahre, im Parlament. Für die müssen wir Zusammenhänge herstellen. schaft etwas Lebendiges entwickeln kann. 66 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S 67 die Projekte durchführen, eingehen können werden, und zwar auf einen richtigen Weg. Nehmen wir ein Unternehmen wie EDEKA. und sogar müssen. Was an dieser Stelle fehlt, Deshalb glaube ich auch, dass die kurzfristige Natürlich gab es da am Anfang Skepsis, aber ist etwas mehr Transparenz. Wenn wir von „Ich-hau-drauf“-Mentalität nur eine Frage mittlerweile herrscht pure Begeisterung, und der Energiewende reden, müssen wir auch der Zeit ist, bis diese wieder deutlich ab- darauf kommt es letztendlich an. Wenn wir über eine Art von Kulturwende reden. Dass nimmt. Die Menschen mehr mitzunehmen, langfristig etwas bewegen wollen, dann nur man einfach sagen kann „Wie kriegst du das sehen wir als eine Aufgabe an. ohne Druck und ohne Gesetze. Und dazu das denn gebacken?“, damit es nichts Ver- würde ich gern noch einen Satz loslassen: botenes ist, sondern sich im Bereich der Noch einmal kurz zu den Unternehmen: Ich finde es schwierig, mir eine Welt vorzu- Normalität bewegt; wenn wir uns also an die Kooperationen wie die mit EDEKA sind nicht stellen, in der sich Dinge nur ändern, wenn Leitplanken links und rechts halten und das finanz-, sondern zielgetrieben. Für jede wir auf Verordnungen warten. Natürlich auch genauso kommuniziert wird. Aus Kooperation finden Sie im Internet die Ziele, gibt es andere historische Erkenntnisse – journalistischer Sicht fehlt mir das. Wenn ich die Gelder und was wir wann erreicht nehmen wir die Sklaverei, die nur durch mir vorstelle, der WWF und die anderen haben. Wir lassen von externen Prüforgani- strengste Gesetze abgeschafft wurde – aber Volker Angres kommen nicht mehr mit riesigen Enthüllun- sationen, in diesem Fall von der PwC , einen ich glaube, inzwischen hat sich die Welt Das sind bei uns die Andersmacher und gen auf uns zu, dann haben wir Journalisten jährlichen Report verfassen. Dieser Bericht geändert, und wir müssen eine andere Art Querdenker. Genau das ist die Schnittmenge, nichts mehr zu berichten. Das wäre auch steht ebenfalls im Internet, es ist also alles des Miteinanders finden. Da gibt es zum bei der wir zusammenkommen. Aber um auf blöd. Und das ist doch genau der Reaktionis- völlig transparent. Das Entscheidende, die Beispiel Unternehmen, die machen Mitarbei- die Frage einzugehen, wie sich die Verbände mus an dieser Stelle. Die Medien ticken im eigentliche Herausforderung ist: Hat man die ter-Wettbewerbe wie „Wer hat den witzigsten aufstellen sollen: Ich glaube, Herr Brandes, Grunde ganz genauso, indem sie eine Zielkohärenz? Die unterschiedlichen Slogan für unsere Kooperation?“. Einer hat die Verbände, nicht nur der WWF, sind in Katastrophe rausholen: „Der letzte Fisch der quartals-, jahres- oder strategiebezogenen mir sehr gut gefallen, der lautete einfach: einer riesigen Zwickmühle. Die Themen sind Erde wurde gerade in Hamburg verkauft“. Unternehmen mit unseren Zielen in Einklang „Der Panda sei mit dir“. Das ist einfach ein klar, das haben wir vorhin gesehen. Aber Sie Wir Leser glauben das und sind oft blöd zu bringen, das ist die eigentliche Heraus- bisschen humorvoller. Das ist auch wichtig, müssen sozusagen immer auf die Pauke genug, diese Meldung nicht zu recherchie- forderung. Das erfordert jahrelange Verhand- nicht immer bierernst und oberlehrerhaft hauen, um die Spendenfreundlichkeit ihrer ren. Und schon haben Sie genau diese Welle: lungen. Wenn man das schafft, so kommt zu sein, sondern mehr Humor ins tägliche Mitglieder zu erhalten und die Lust, weiter- Das stimmt zwar alles gar nicht, aber man, glaube ich, gut voran. Um sich an Leben zu integrieren. Dann kommen wir hin Mitgliedsbeiträge zu zahlen. Das gilt irgendwann ebbt das wieder ab. Ich bin diesem Beispiel noch einmal aufzuhängen: hoffentlich weiter. für alle Verbände. Sie haben, um die Projekte schon ganz froh, Herr Glück, dass Sie nicht Wie kann man so etwas denn nutzen, um zu finanzieren zu können, die Not, Kooperationen gesagt haben, die Journalisten sind die bösen multiplizieren? Dazu sind unsere Umwelt- Volker Angres einzugehen. EDEKA haben Sie vorhin Menschen unserer Generation. In diesem verbände viel zu klein. Wir bewegen uns so Es stellt sich natürlich die Frage, wo für stellvertretend genannt. Der WWF ist einer Punkt sind wir wohl schon einen Schritt um die 500.000 Mitglieder. Das ist ja ein EDEKA die Motivation lag, das zu machen. derjenigen; und WWF International, dem das weitergekommen. Witz. Ich werde immer von meinem hollän- Sicherlich nicht, weil sie den WWF so toll ’’ massiv vorgeworfen wird. Auch weil 1 dischen Kollegen mitleidig belächelt, wenn finden – da hätte ja auch ein anderer Verband natürlich nicht jede Kooperation astrein Eberhard Brandes er sagt: „Wir haben gerade das millionste auf die Idee kommen können. Sicher auch funktioniert – das muss man ebenfalls sehen, Erst einmal zu der Zwickmühle: Natür- Mitglied, wie viele habt ihr noch mal in nicht, weil sie plötzlich lauter grüne Mitarbei- und da muss man kritisch rangehen. lich ist es heute so, dass man mit dramatur- Deutschland?“. Wohlbemerkt: eine Million ter in ihren Märkten haben. Ihre Motivation gischen Storys kurzfristig mehr Menschen Mitglieder bei rund 14 Millionen Einwoh- aus meiner Sicht ist doch, dass sich damit neue Auf der anderen Seite halte ich es für erreicht. Meiner oder unserer Auffassung nern. Oder die Schweiz: 380.000 bei einer Märkte auftun und sie neue Profite machen notwendig, dass auch Umwelt- und Natur- nach, ändert sich aber mit der nächsten Einwohnerzahl von etwa 8 Millionen können: zum Beispiel mit der neuen veganen schutzverbände Kooperationen mit der Generation das Verhalten, vor allem aber Menschen. Das sind völlig andere Dimen- und vegetarischen Bewegung – also beispiels- Industrie, mit der Wirtschaft, meinetwegen deren Erwartungshaltung deutlich. Menschen sionen. Deshalb müssen wir multiplizieren. weise mit Tönnies. Und darin, da sind wir auch mit der Politik in Form von Ämtern, wollen langfristig mehr mitgenommen beieinander, liegt die große Chance. PwC = PricewaterhouseCoopers AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 1 68 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 69 Da ist plötzlich eine neue, junge Gene- eine ganz große Aufgabe und vielleicht ein Prof. Dr. Freude ration, die sich neu orientiert. Vielleicht weiteres Thema für eine völlig neue Bildungs- Ich weiß nicht, ob hier alle so froh darüber auch, weil die Medien in den letzten Jahren politik auf allen Bildungsebenen – beim sind, wenn Wolf und Biber in größeren jede Menge Schlachthofbilder und andere Kindergarten angefangen. Zahlen wiederkommen. wir alle ziemlich ekelerregend fanden. Zu Der sich dramatisch ändernde Umgang mit Dr. Spandau dieser jungen Generation gehört auch meine den Medien heutzutage ist aus meiner Sicht Dann lassen Sie uns jetzt einfach als Natur- Tochter mit ihren 23 Jahren. Sie erzählt mir, dabei, völlig außer Kontrolle zu geraten. Und schützer unter uns sein. was in der Szene los ist, und wo in Mainz das geht so schnell, viel schneller noch als die veganen Bistros, Cafés und Restaurants die Klimaveränderung, Herr Freude. Da ist Prof. Dr. Freude entstehen. Das ist ein Riesentrend und damit wirklich eine Meta-Ebene, die man erkennen In Ordnung. Ich weiß auch nicht, ob es sind wir bei einem Mega-Thema, das Sie ja muss, und die in ihrer gesamten Bandbreite alle so gesehen haben, dass es im Osten so bereits angesprochen hatten und das uns alle völlig unbearbeitet ist. viel schlimmer war als im Westen. Ich Dinge schonungslos gezeigt haben, was bewegt: Welche Rolle spielen eigentlich die ein genauso gut funktionierendes NGO- weiß noch, wie viele Bundestagsabgeordnete Social Networks, die sogenannten neuen Prof. Dr. Freude Wesen, um das wir mindestens ebenso benei- ich in der Wendezeit führen durfte und Medien, die eigentlich gar nicht mehr so neu „Der Panda sei mit dir“, das fand ich sehr det werden – und um unsere Presse sowieso. was sie für Riesenaugen gemacht haben, sind. Internet kann man nicht kanalisieren, schön. Die Frage war ja, wie man sich Jetzt habe ich alle drei gelobt, aber genauso wenn ich denen den See- oder den Schrei- man kann nur versuchen, Impulse zu setzen. aufstellen muss, damit man ernst genommen sieht man uns. Und genau dieses Zusammen- adler vorgeführt habe – im Osten! Oder wenn Ich glaube, wenn wir da nicht aufpassen wird. Ich finde dabei diese Mittlerfunktion spiel mit der Schnittstellenfunktion noch ich unseren Besuchern aus dem Westen und die richtigen Impulse setzen, oder wenn mit dem Staat so wichtig, der ja beim ein bisschen mehr auszubauen, das ist doch nicht weit von Bitterfeld einen der letzten wir nicht versuchen, das Ganze ein bisschen Umwelt- und Naturschutz allzumal ziemlich eine tolle Aufgabe für die Zukunft. 70 Biber gezeigt habe, wo dann allen zu kanalisieren, dann werden wir als Öffent- überfordert ist. Ich bin Landesvertreter, sehe lich-Rechtliche überrannt. mich also in dieser Mittler- und Übersetzer- Dr. Spandau wir ca. 10.000 Biber! Lassen sie uns dieses ganz gruselig zumute war. Inzwischen haben funktion zu Menschen, die nie mit dem Staat Wie genau machen wir das? Lassen Sie „Hier pfui und dort hui!“ nicht glauben. Denn diese Verbreitungswelt von Informa- spielen und sprechen würden. Die Industrie uns noch einmal hart an diesem Thema dran- Dem ist nicht so. Auch im Osten ist längst tionen, Nicht-Informationen, Fälschungen, haben wir genannt, die würden nicht mit bleiben. Wenn wir jetzt mal an Osteuropa nicht alles so schön, wie es sich oft darstellt. Propaganda, Lügen, Hasstiraden ist nicht mir reden. Mit Ihnen, Herr Brandes, reden denken, 25 Jahre zurück. Da haben wir hier Was zum Beispiel im Osten fehlt, ist ein kontrollierbar – durch niemanden auf dieser die sicher sehr viel eher. immer nur gelernt, wie verheerend der Netz von vernünftigen NGOs. Es fahren Umweltzustand in Osteuropa ist, und bei uns genug Deutsche hin, die versuchen entspre- Welt, durch keine Institution. Und da ist die Riesenchance, die man für unser gemeinsames Der Staat kann nicht die Funktion überneh- wäre alles so gut. Dennoch überlebten in chende Netzwerke aufzubauen. Der WWF, Thema nutzen kann. Das ganz große Risiko men, wie unser Wissen unter die Menschheit Osteuropa die Großtiere. Die Wölfe schwim- wir wissen es alle, ist ebenfalls dabei: um ist aber, es kann voll daneben gehen: Wenn gebracht werden kann. Wenn ich unsere Inter- men heute wieder durch die Oder und diese Bewegungen zu stärken oder auch um wir es zulassen, dass Leute, die ganz andere netseite sehe, die ist peinlich ohne Ende. Sie richten sich im Westen ein. Die Wildkatzen unsere Filme zu zeigen. Ich erlebe immer Absichten haben, die Internetherrschaft hingegen können alles machen. Sie sind näher schleichen wieder durch unsere Wälder, wieder, welche tollen Effekte das auslösen hinkriegen. Ich denke da an den IS und dran, Ihnen nimmt man das alles eher ab. Luchse aus Tschechien, Elche aus Polen, kann. Ob nun von Deutschen oder in andere, die uns momentan das Leben schwer Bären aus Kroatien – alle kommen wieder zu Kooperation mit anderen produziert: Filme machen. Weil die es nämlich wissen und In puncto Schnittstelle zur Presse sind wir uns. Aber das Paradies hatten doch wir hier zu zeigen, das ist wichtig. Und – da komme nutzen, dass viele junge Menschen nur noch in Deutschland nicht schlecht aufgestellt. Ich im Westen. Was ist denn passiert, dass wir ich wieder auf mein Lieblingsthema zurück – im Internet unterwegs sind, keine anderen bin ja wirklich viel im Ausland unterwegs; heute so froh sind, dass diese Großtiere aus positive Beispiele vorführen. Wenn sich Informationsquellen nutzen und unglück- wenn wir um etwas beneidet werden, dann dem Osten jetzt wieder bei uns einwandern, auch sonst nicht viel herumspricht, so etwas licherweise jeden Mist glauben, der da zu ist das unsere einigermaßen funktionierende wenn wir hier doch früher schon paradie- spricht sich immer herum! lesen und in Filmchen zu sehen ist. Das ist bürokratische Struktur. Wir haben zudem sische Zustände hatten? 70 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 71 zu können – was passiert dann bei mir? Ich erzähle Ihnen dazu kurz eine Geschichte Erstens hat keiner in Deutschland – das Am Schluss geht es doch immer um den Ein- und dann glaube ich, wird mein Standpunkt weiß ich aus vielen Reaktionen auf unsere druck, welcher der Beteiligten vertrauens- klar. Sie alle haben zu Hause wahrscheinlich Sendung – noch Lust darauf, diese Energie- würdiger ist. Je komplexer die Sachverhalte, schon mal Glühbirnen rausgeschraubt und sparlampen einzuschrauben. Ebenso hat desto mehr reduziert oder verdichtet sich dafür Energielampen reingeschraubt. Und niemand mehr Lust darüber nachzudenken, die Frage der Gefolgschaft auf die Vertrauens- das Ganze mit der Angst im Nacken, dass es ob er jetzt besser mit der Eisenbahn oder frage: Wem vertraue ich, und inwieweit sind demnächst keine Glühbirnen mehr geben mit dem Auto fährt. Das Thema ist durch, wir als Personen, Institutionen oder Organi- wird. War’s nicht so? Jetzt erzähle ich Ihnen weil alle gelernt haben, dass sie verarscht sationen für die Menschen so erfahrbar, dass mal den Grund dafür. Alle haben gedacht, werden. Zum Zweiten: Man muss das alles sie uns vertrauen und bereit sind, ein Stück das hätte etwas mit Klimaschutz zu tun. Soll global angehen. Noch nicht einmal drei mitzugehen? ich Ihnen sagen, wie viel CO 2 Deutschland Prozent vom weltweiten CO 2-Ausstoß gehen gespart hätte, wenn man über Nacht sämtliche auf das deutsche Konto; im Moment sind Was für das Allgemeine gilt, das gilt Glühbirnen raus- und dafür lauter Energie- es 2,6 Prozent. Was bringt es denn, wenn Alois Glück auch für die Personalführung: Wer Zustim- sparlampen reingeschraubt hätte? Na gut, wir hier das Licht ausmachen, sparen, alle zu Bei der Frage Ost-West müssen wir deut- mung will, muss Sinn vermitteln. Und weil heute sind wir bei LEDs, doch das ist wieder Fuß gehen oder Fahrrad fahren? Zum Thema lich unterscheiden zwischen dem Bereich die Vertrauensfrage quer durch alle Insti- ein anderes Thema. Ich will es Ihnen sagen: Klimaschutz trägt das nichts bei. Und bei Technischer Umweltschutz und Naturschutz. tutionen, Organisationen und gesellschaft- Beim Austausch der beiden Leuchtsysteme anderen Sachen kann man das ähnlich hoch- Beim Technischen Umweltschutz braucht lichen Gruppen geht und wir gleichzeitig kommen wir gerade mal auf 0,5 Prozent rechnen. Mit anderen Worten: Lassen wir man sich ja nur an die Situation der Luft- einen Riesenverlust an Vertrauen gegenüber weniger CO 2! Das ist ein kaum messbarer doch bitte die kleinteilige Debatte hierzulande, verschmutzung in der DDR und in anderen den Institutionen haben, bleibt die Vertrau- Wert. Obwohl man noch nicht einmal und versuchen wir stattdessen global zu Gebieten zu erinnern. Und beim Naturschutz ensfrage ein Schlüsselthema. Das ist eine wusste, wie viel die Einsparung durch die denken. Hier ist eine international aufgestellte war die dortige Landwirtschaft sehr viel hochgefährliche Entwicklung, denn wo ich Umstellung auf Energiesparlampen ausmacht, WWF-Organisation sehr hilfreich. Es wäre extensiver als bei uns. Die Flächen, wenn mitgehe, entscheidet letztlich immer die hat Brüssel die Verordnung rausgebracht. nicht schlecht, und ich würde es gerne sehen, wir mal in die osteuropäischen Länder Vertrauensfrage. gehen, sind längst nicht so dicht besiedelt wenn wir in dieser Richtung mit einer Idee Der Grund dafür: eine industrie-protektio- um die Ecke kommen. wie bei uns, und daher gab und gibt es Volker Angres nistische Maßnahme, denn bereits damals natürlich sehr viel mehr Möglichkeiten, die Ich wollte nur noch einmal anmerken, wurden Glühbirnen in China für einen Apfel Dr. Spandau Anliegen des Naturschutzes hervorzuheben. dass diese Ost-West-Betrachtungen meiner und ein Ei produziert. Da kamen Osram Das provoziert die Frage, welche Rolle Im Technischen Umweltschutz hat der Meinung nach nicht mehr zielführend sind. und Co. hierzulande einfach nicht mehr mit. die Medien in der Umweltdebatte besetzen Osten aufgeholt, insofern gibt es in diesem Und ich dachte, wir hätten das irgendwie Also hat man lobbymäßig in Brüssel den sollen. Wer anderes als die Medien kann Punkt sicher keinen Unterschied mehr. überwunden. Gegenseitiges Lernen und von Antrag gestellt, wie es denn mit Energie- uns denn Neues von der Glühbirne erzäh- Ich glaube, in der Kommunikation kommt es den Erfolgen profitieren, sehr gerne. Aber sparlampen wäre; das könnten die Chinesen len? Nirgendwo sonst habe ich davon immer wieder entscheidend darauf an, dass andere Betrachtungen taugen nichts. Sie noch nicht. Damit hätten wir dann erst mal gehört. Die Vermittlung komplexer Zusam- Menschen letztlich nur Menschen folgen haben sicher schon bemerkt, dass ich heute fünf Jahre Ruhe. Genauso ist es gekommen. menhänge in der Umwelt werden immer werden, die ihr Vertrauen genießen. Alle leicht zynische Anwandlungen habe. So Und uns wird dann hier erzählt, das sei komplizierter und vielfältiger; und eigentlich Sachverhalte – nicht nur in der Ökologie könnte ich auch feststellen, dass in Deutsch- Klimaschutz. Mit anderen Worten: Das Stich- interessieren sich Leser und Zuschauer auch – sind sehr kompliziert geworden. Dazu ein land mittlerweile Wölfe auf der Autobahn wort Glaubwürdigkeit muss dringend in die nicht dafür. Das ist ein Riesenproblem für all persönliches Beispiel: Wenn es im Fern- überfahren werden. So geschehen in Bremen Debatte aufgenommen werden. jene, die auf Quote arbeiten müssen. sehen zu einem komplexeren Sachverhalt und in der Nähe von Frankfurt. In der DDR eine Debatte gibt und es sich um ein Thema wäre das nicht möglich gewesen, denn dazu handelt, bei dem ich selbst geeignete Kom- waren die Trabbis zu langsam. Ich wollte das petenz habe, um die Argumente beurteilen hier nur mal auf die Spitze treiben. ‘‘ 72 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 73 Aber müssen wir hier nicht auch einmal der zugrunde liegt. Die Umweltverbände braucht man natürlich jemand, der diese über das Feintuning der Medien und der wissen das, die Politik weiß das im Übrigen Konzepte bündelt, auf die politische Agenda Journalisten nachdenken? Was erfahren auch. Schauen Sie einmal, wie die Politik nimmt und die Sache wirklich vorantreibt. wir denn? Ostern tauchen bedenkliche Arz- sogenannte Katastrophenmeldungen in die Und da gibt es drei Mechanismen. Einer neimittel im Ei auf, in den Sommerferien Medien bekommt, Frau Roth ist da Spezia- davon funktioniert wie bei der Wilderei- werden Rückstände in Erfrischungsgeträn- listin. Genau nach diesem Prinzip. Viele Krise: Da haben wir es geschafft – der WWF, ken gefunden, zum Oktoberfest erscheinen Medien sind zu blöd, dies zu erkennen und zusammen mit einer anderen Organisation – bedenkliche Substanzen im Bier, Weih- lassen sich einfach mitreißen und schreiben unser Anliegen auf die Ebene des UN-Sicher- nachten wird von Dioxinen in lila Kerzen im Sog mit. Ich kritisiere das auch. heitsrates zu bringen. Wir haben dazu eine begleitet. Und dann immer sagen, wir Veranstaltung durchgeführt. Und da hat sich wollen zu einem Ergebnis kommen. Worin Alois Glück die deutsche Regierung, obwohl es hierzu- liegt denn hier die Rolle der Medien? Das Schlimme in den Medien ist: Wer ist lande quasi keine Wilderei gibt und Löwen gegen wen? und Elefanten nun einmal in anderen Volker Angres Eberhard Brandes Ländern leben, wirklich hervorragend ver- Eberhard Brandes Das kostet erst einmal Geld; und wir sol- halten. Fakt ist, dass Wilderei ein internatio- Redaktion eine Schublade mit vergifteten Noch ein Kommentar zu den Medien. len unsere Gelder ja möglichst in den Natur- nales Schwerverbrechen ist, und dass die Ostereiern, die wir bei Bedarf rausholen. Sie haben vorhin kurz angesprochen, wie schutz investieren. Ich habe vorhin zwei betreffenden Staaten mit Sanktionen belegt Es sind natürlich die Umweltverbände, die das Redaktionssterben im Printfeld gerade Antworten gegeben: Zum Ersten brauchen und geächtet werden, wenn sie sich nicht in diesen Momenten genau wissen, wie aussieht. Ich finde, ein Thema, dem wir die Medien, und sie sollten eine andere gesetzeskonform verhalten. Das ist das große sie ihr Publikum kriegen, und die auch die man eigentlich nicht nur eine Minute Rolle spielen. Zum Zweiten sollten wir Rad, das man drehen muss. Medienmechanismen sehr gut erkannt haben. widmen sollte. Wir erleben das ganz direkt. uns bestimmten neuen Medien, die keine Das ist selbstverständlich, wenn Ostern ein Es ist eine Katastrophe in unseren Augen, neuen Medien mehr sind, widmen. Wir Auf der anderen Seite gibt es im Bereich dioxinhaltiges Ei, medial gesehen, Riesen- wie qualifizierter Journalismus aufgrund haben z.B. einen eigenen YouTube Channel, Klima große Vereinbarungen. Wir alle wissen, erfolg hat. Das sind einfache Mechanismen, von Zeit- und Finanzdruck allmählich den wir jetzt quantitativ und ganz anders was bisher dabei herausgekommen ist. Diese die es hier gibt. Dass diese nicht zielführend ausstirbt. Auch weil das Anzeigenvolumen bespielen werden als bisher. Es sind zwei Vereinbarungen leben einfach davon, mit sind, da bin ich sofort dabei; trotzdem wird mit zunehmender Medienzahl nun einmal parallele Welten, die man aufbrechen muss. konkreten Beispielen und Taten voranzugehen es nicht aus der Welt zu kriegen sein. nicht steigt. Das wird so dramatisch, Zudem finde ich das Thema „von lokal zu und zu zeigen: Ich habe keine Wettbewerbs- Die Medien werden oft unter Generalver- dass die Kollegen einfach gar keine Chance global“ spannend. Das Argument, das Sie nachteile, und ich habe keine Wohlstands- dacht gestellt. Es funktioniert doch so: Wenn haben, sauber zu berichten. Ich habe das gebracht haben, stimmt natürlich: In jedem nachteile. Denn diesen Irrglauben gibt es ja Sie sich einmal eine Stammtisch-Situation erste Mal eine Pressekonferenz abgebrochen, deutschen Haushalt liegt der Lichtverbrauch auch immer noch. Deshalb müssen die poli- vorstellen, eine Skatrunde. Da treffen sich weil ich es ablehne, mit Praktikanten über bei durchschnittlich anderthalb bis drei tisch Verantwortlichen die Menschen in ihrem drei Personen und beginnen mit „Wie hochkomplexe Dinge zu sprechen. Und ich Prozent. Das ist also nicht die Kerndebatte normalen Leben mitnehmen. Hier kommt geht’s?“, „Ich habe Rückenschmerzen“, glaube, auch darauf sollten wir gemeinsam zur Lösungsfindung. Deutschland eine absolute Schlüsselrolle zu. „Mein neues Auto ist eine Katastrophe, ein größeres Augenmerk richten. Natürlich gibt es weltweit Konzepte. Wir Ich gebe Ihnen recht, die Glühbirne ist Das klingt fast so, als hätten wir in der gleich am zweiten Tag Achsenbruch“, und ‘‘ der Dritte fügt noch an „Mir ist die Frau Dr. Spandau haben PR, wir haben Greenpeace – wie alle auch eine persönliche Profilierungsaktion weggelaufen“. Erst nach einer Weile wird Heißt das, wir müssen uns in den anderen auch. Wir haben fertige Konzepte eines Politikers. Das war nicht wirklich das Gespräch normal. Man erzählt sich aber Umweltinstitutionen im Kommunikations- entwickelt, mit denen man nach Wirtschafts- zielführend. Entscheidend ist aber, wie sich immer zuerst die Katastrophen, rein mensch- bereich professioneller aufstellen? Also sektoren und Regionen genau deklinieren die Bundesregierung zum Beispiel beim lich das Interessanteste überhaupt. Medien mehr Journalisten in den WWF? kann, welche Pfade wir gehen müssen, was Thema Kohlefinanzierung verhält. erfinden keine Katastrophen, sie verstärken das kostet und welche volkswirtschaftlichen Katastrophen. Das ist der Mechanismus, Vorteile das langfristig bringt. Dazu 74 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ Wie kann es sein, dass wir in Deutschland wir weit von dem entfernt, was wir zu- weiterhin Kohlekraftwerke bauen und neue künftig brauchen werden. Ich denke dabei Kohlefelder erschließen, während wir auch an Herrn Fischler, der vor 25 und vor gleichzeitig ackern ohne Ende, um andere 15 Jahren bereits das Gleiche gesagt hat. Länder davon abzuhalten? Das ist ein Teil Wir können uns das nicht leisten. Da haben der KfW, der extern immer noch Kohle wir ein dickes Brett vor uns: mit vielen finanziert. Ich finde, das ist ein unmöglicher Besitzständen, die gewahrt werden sollen Zustand. Viele Länder schauen sich genau und – was mindestens genauso schlimm ist an, wie wir uns verhalten. Deshalb ist es – mit Lagern, die sich in vielen Fällen doch unterm Strich sehr wichtig, welche unversöhnlich oder schwer versöhnlich gesellschaftlichen Signale wir aussenden. gegenüberstehen. Übrigens ein ganz schlim- Warten wir auf die Verordnung, oder sagen mes Problem: Das fehlende Verständnis, das wir als Gesellschaft, wir nehmen uns ein gegenseitige „Glauben wir euch nicht“ oder Thema wie beispielsweise Lebensmittel- „Ihr seid Lobbyisten“ – ein ernstes Problem! verschwendung vor, die ja auch extrem CO2- 75 alle leben“, dann hat man es nicht so leicht. Projekte gemacht und hätten dafür Ich erlebe es in meinem jetzigen Amt auch die Pädagogen und Kultusminister dieser relevant ist. Oder setzen wir die Verein- Dr. Spandau wieder – und ich wiederhole: Das ist ein Welt und dieses Landes bearbeitet, damit barungen primär beim Verkehr und bei der Um noch einmal auf Ihren Vortrag und die wirklich dickes Brett. diese Thematik von klein auf, also vom Energieerzeugung um? Wir sprechen mit so Frage zurückzukommen: Haben wir Natur- vielen Menschen, die in ihrer persönlichen schützer nicht in der Vergangenheit und zum Volker Angres gen gekommen wäre, würden wir vielleicht Veränderungsbereitschaft sehr viel weiter Teil auch heute noch unsere Proteste an die Ich habe vorhin im Vortrag gesagt, dass anders dastehen. Wo muss ich eigentlich sind, als die meisten Politiker glauben. Diese falsche Adresse gerichtet? Wir haben immer wir in Deutschland gut sind in der Umset- ansetzen, um in der langen Strecke – Menschen wollen eben nur nicht „verarscht“ auf die Industrie gestarrt, bei jeder Umge- zung einzelner Projekte. Da gibt es Tausen- Stichwort Nachhaltigkeit – diese Effekte werden. Sie wollen, dass man ihnen reinen hungsstraße, bei jedem Staudamm, bei jeder de, Zehntausende, Hunderttausende, die zu haben, die uns jetzt gerade fehlen? Wein einschenkt. Bahntrasse, bei jeder Windenergieanlage wirklich gut sind; gerade im Naturschutz, Brauchen wir noch mehr Projekte, oder muss halten wir unsere Schilder hoch. Haben wir überhaupt keine Frage. Und da arbeiten die man systemisch überlegen, wo ich reinpiksen Dr. Spandau da nicht die Landwirtschaft komplett Naturschützer, übrigens auch Heerscharen muss, damit irgendwann später schneeball- Herr Freude, es ging eben bei Herrn Brandes vergessen? von Ehrenamtlichen und Freiwilligen, artig dreimal so viele Projekte entstehen? auch um die gesellschaftliche Verantwortung, Kindergarten an in die Bildungseinrichtun- ohne deren Mitarbeit und Hilfe es um den die wir haben, und dass wir die Menschen Prof. Dr. Freude Naturschutz ohnehin sehr schlecht bestellt Dr. Spandau mehr mitnehmen müssen. Ist der Zustand der Vergessen nicht. Aber das ist eines der wäre. Ich habe folgende Erfahrung gemacht: Hiermit eröffne ich die Publikumsdiskussion. Umwelt bei uns so gut, dass wir uns erlauben dicken Bretter, von denen ich gesprochen Ich habe gesehen, dass sich sehr enga- können, nur noch über die Energiewende habe. Worum geht es im Endeffekt? Es geht gierte Naturschützer – vielleicht aus Ver- Heike Leitschuh zu diskutieren? darum, wie wir als Gesellschaft und jeder zweiflung, weil es schwierig wird, in der Ich bin Moderatorin und Autorin für einzelne Bürger dazu stehen, was in unserer Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten nachhaltige Entwicklung. Sie haben alle Prof. Dr. Freude Landwirtschaft und Landschaft passiert. Es oder weil es schwierig wird, auf einer kom- ein bisschen damit kokettiert, dass man die Ich glaube, wer sich einige Zahlen aus gibt Demonstrationen und es gibt Befragun- munalen, behördlichen Ebene aktiv zu alten Vorträge hätte vorziehen können, um meinem Vortrag ein bisschen gemerkt hat, gen, nach denen sich die Politik richtet werden – zurückgezogen haben. Im Grunde heute noch einmal die Situation zu ana- zum Beispiel die 300 Millionen weniger oder nicht. Jeder von uns will essen. Jeder treffen sie sich jetzt untereinander und lysieren. Ich fand das an einer Stelle nicht Vögel in der Agrarlandschaft, für den beant- findet Landwirtschaft extrem wichtig. Wenn erzählen sich gegenseitig, wie toll ihre so ganz hilfreich, weil ich glaube, dass man wortet sich die Frage von selbst. Natürlich man sich das von der Gegenseite her Projekte sind. Systemisches Denken. Wenn sich schon noch einmal angucken muss, nicht. Im Bereich Luft und Wasser wurde zunutze macht und behauptet „Liebe Leute, ich mir vorstelle, genau die gleichen Natur- dass die gesellschaftliche Veränderung im sehr viel getan. In der Landnutzung sind ihr greift hier einen Berufsstand an, von dem schützer hätten 80 Prozent weniger Umweltschutz ganz gravierend ist. 76 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 77 In den 1970er-Jahren hatten Umwelt- gar zu. Die Schwierigkeit ist ja immer, es umgesetzt werden könnte. Wir brauchen schützer noch lange kein so gesellschaft- die Dinge in einen Zusammenhang zu brin- für die nächste Etappe, in der es um mehr liches Ansehen wie heute, und NGOs gen. Da möchte ich noch einmal anknüpfen. als den Umweltschutz als Reparaturbetrieb wie WWF oder BND hätten überhaupt keine „Eigenes Ministerium oder nicht“, Zitat geht, übergreifende Leitideen. Chance gehabt, mit der Industrie große Goppel. Natürlich braucht es wieder be- Projekte aufzusetzen; geschweige denn, die stimmte Themen für die Ministerien, Volker Angres Industrie hätte sich hingestellt und gesagt, sonst passiert nichts oder zu wenig. Das ist Herr Glück, da würde ich Ihnen sehr wir übernehmen Verantwortung für den in der Familien- und Sozialpolitik genauso gern recht geben. Allerdings zeigt die Real- Umweltschutz. Lassen wir einmal Green wie in der Wirtschaftspolitik. politik, die wir jeden Tag zur Kenntnis Washing und Glaubwürdigkeit beiseite, zeigt nehmen müssen, etwas Anderes. Ich beziehe doch die Realität, dass vieles, gesellschaftlich Nur im Umweltbereich haben wir es das auf den aktuellen Zuschnitt des Bundes- gesehen, tatsächlich ein großes Stück natürlich mit einem Querschnittsbereich zu umweltbundesministeriums. Ausgerechnet vorangekommen ist. Was mir in der Debatte tun, der alle Lebensbereiche betrifft. Da dann, wenn wir eine Energiewende haben, jetzt noch fehlt, worauf ich gerne eine wissen, das man in politisches Wissen ist die Schlüsselfrage der Führungsebenen die ökologisch und nicht wirtschaftlich Antwort hätte, ist: Stimmt es, was einige von transponieren muss. Mich würde interes- der Staatskanzlei, des Bundeskanzleramts, motiviert war, wird genau dieses Feld dem Ihnen gesagt haben, dass wir kein Wissens-, sieren, wie Sie das sehen. oder wovon auch immer: Es braucht über- Umweltministerium weggenommen und greifende Leitideen. Wir müssen aus der dem Wirtschaftsministerium zugeordnet. sondern ein Umsetzungsproblem haben? Ich bezweifle das an einer Stelle. Von der Alois Glück reinen Umweltnische raus, weil es im Kern Sachlage her mag es so aussehen; aber ich Deshalb stimme ich Ihrer These, Herr um sehr viel mehr geht, nämlich darum, Dr. Spandau glaube, wir wissen noch viel zu wenig Angres, „mehr Systemisches und weniger eine Lebensweise, eine Wirtschaftsweise zu Vielleicht kann ich ein kleines Zeichen darüber, wie sich radikale gesellschaftliche Projekte“, auch nicht zu. Denn Projekte entwickeln, die auf Dauer tragfähig ist. der Hoffnung geben. Die Benediktbeurer Veränderungen vollziehen können und bringen die konkrete Erfahrung, dass Dabei geht es nicht mehr nur um den Gespräche sind ja nur ein Baustein des müssen. Engagement sinnvoll ist und dass sich in ökologischen Bereich. Da ist meines Erach- Zentrums für Umwelt und Kultur hier in diesen zunächst begrenzten Bereichen – tens der Ansatz der Nachhaltigkeit Maßstab Benediktbeuern. Die Hauptaufgabe liegt vor Wir haben sozusagen wirklich ein Erfah- jeder hat nur begrenzte Möglichkeiten – für alle Bereiche. Ich will ein Beispiel allem darin, Jugendliche über das Thema rungsproblem. Ich bedauere es ein bisschen, etwas verändern lässt. Es ist nicht ein Entwe- nennen, das mich selbst überrascht hat, als „Bewahrung der Schöpfung“ genau an das dass wir so wenige junge Menschen haben, der – Oder. Es ist eine andere Ebene, die ich davon gehört habe: Die CDU-Landtags- heranzuführen, was Sie angesprochen die sich heute an der Debatte beteiligen, vielen Details im System in Zusammenhang fraktion in Niedersachsen hat eine Arbeits- haben, was auch wieder weitergetragen weil sie dabei auch enormes Erfahrungswis- zu bringen – eine konzeptionelle Politik. gruppe für den Bereich „Zukunft der werden soll. Wir haben im Jahr mehr Landwirtschaft in Niedersachsen“ gebildet, als 30.000 junge Leute, die hier eine Projekt- Ich stimme Ihnen völlig zu beim gesell- der stark von Massentierhaltung und woche verbringen; die im Sinne der Bewah- auch noch nicht gesprochen: über städtische schaftlichen Rang, der sich ja völlig verändert ähnlichen Dingen geprägt ist. Man hat dazu rung der Schöpfung im Prinzip ganz prag- Gärtnerei-Projekte, Reparatur-Cafés, Tei- hat. Ein Beispiel: Ein guter Freund, der die Umweltverbände, Agrarverbände etc. matisch angelernt werden; die das Gelernte lungsmodelle und so weiter – Projekte von lange Zeit Topmanager bei einem der großen eingeladen. Und man hat, ausgehend von mitnehmen, die nach Hause kommen und und mit jungen Menschen, die mit großer Konzerne war, der kulturell sehr engagiert einer gemeinsamen Leitidee bei der Nach- diese Urban Gardening-Strukturen überallhin Begeisterung bei der Sache sind. Viele von ist und Spenden sammelt für die Philhar- haltigkeit, zu einem gemeinsamen Papier weiter tragen. Daher mögen die Benedikt- uns meinen, das seien diese Nitty Gritties, moniker in München, sagt, dass dies immer gefunden. Das wäre vorher undenkbar beurer Gespräche vielleicht etwas darüber die unsere Gesellschaft nicht verändern schwieriger geworden ist, weil viele ihre gewesen. Was nicht heißt, dass jetzt alle hinwegtäuschen, was hier konkret alles werden, weil sich das alles im halbprivaten Spenden jetzt lieber Greenpeace geben. Das Konflikte ausgeräumt sind. Aber sie haben passiert. Das ist viel mehr, und das ist für Sektor abspielt. Doch das bezweifle ich. Ich bringt öffentliche Wirkung und viel mehr miteinander gearbeitet. Das ist etwas, mich mehr als nur ein Silberstreif am glaube, da entsteht enorm viel Erfahrungs- Lorbeeren als im traditionellen kulturellen das prinzipiell im Interesse aller ist – und Horizont. Bereich. Daher stimme ich dem ganz und jetzt lasst uns darüber nachdenken, wie sen erlangen würden. Und darüber, was teilweise belächelt wird, haben wir hier 78 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S 79 die Andersmacher und Querdenker zu „Was habt Ihr da? Gerade sind mal wieder Menschen gibt, deren Lebensräume sehen, das ist unser Sendekonzept. Darüber Geflüchtete ertrunken. Und was wollt Ihr, am schnellsten bedroht sind; etwa dann, hinaus darf ich Ihnen sagen, dass die Blümchenwiese retten? Kommt, bleibt wenn die Wasserspiegel steigen. Deswegen Umweltredaktion im Jahr rund 100 bis 130 daheim.“ Das ist die intensive Debatte, die gibt es ein sehr vielfältiges Engagement, Beiträge für aktuelle Sendungen des ZDF wir fast jeden Tag im Haus führen. jetzt auch wieder mit Blick auf den Klima- beisteuert. Das sind alles Beiträge, die wir ’’ gipfel in Paris. Gleichzeitig ist es in der als Umweltredaktion liefern und nicht die Dr. Spandau heutigen Gesellschaft natürlich nicht mehr Kollegen fürs Aktuelle. Dass das alles nicht Herr Glück, Sie sind übrigens aufgrund so, dass etwas von Haus aus große Wirkung reicht, weiß ich auch. Und wenn Herr Ihrer vielfältigen Lebenserfahrung, die vom hat, nur weil es die Kirchen sagen. Die Spandau hier völlig zu recht sagt, dass es Ministerium über die Führung der Landtags- junge Generation ist bei umweltpolitischen noch viel mehr Aktivitäten gibt, dann fällt fraktion als Landtagspräsident bis hin Themen sehr stark engagiert – sowohl global mir immer nur ein Zitat einer früheren zum Zentralrat der Katholiken reicht, von als auch in der Verknüpfung mit Umwelt- Kollegin ein, die immer die 19-Uhr-Sendung uns eingeladen worden. politik und den konkreten Umweltprojekten Hans-Joachim Ritter geleitet hat. Die hat es auf den Punkt Ich bin Vorsitzender der Stiftung für gebracht, als sie gesagt hat, was in der Alois Glück Ökologie und Demokratie. Wir sind seit 19-Uhr-Sendung nicht war, hat draußen auch Ich möchte zunächst eine ergänzende 23 Jahren im Geschäft. Es sind ja nicht nicht stattgefunden. Dieser Satz ist nicht Anmerkung zu den Medien machen. An Dr. Josef Heringer nur die Journalisten in den Printmedien, lustig, der ist sehr ernst zu nehmen. An der solchen Themen wird mir bewusst, wie Von Saint-Exupéry gibt es den wunderbaren sondern gerade auch das ZDF undsoweiter. Skala der Nachrichtenwerte muss man wichtig die öffentlich-rechtlichen Sender in Spruch „Wenn Du ein Schiff bauen willst, Bieten Sie denn den Akteuren, die heute arbeiten; also an den Entscheidungskriterien, der Gesamtstruktur der Medien sind. Denn dann trommle nicht Männer zusammen angesprochen worden sind, die Plattform, welches Ereignis Zugang zu einer Nachrich- hier besteht am ehesten die Chance, solche um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben die nötig ist, um diese Wende und die tensendung oder der ersten Seite einer Themen zu transportieren. Selbstverständ- und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Sensibilisierung in der Bevölkerung statt- Tageszeitung findet. Diese sind seit hundert lich kann man die Zuschauerquoten ein- finden zu lassen? Sie haben doch gerade die Jahren festgenagelt, obwohl sie niemand so fach ignorieren. Aber man hat da auch ganz Chance und die Gelegenheit im ZDF, dafür beschlossen hat. Das passiert eigentlich andere Möglichkeiten, diese Themen zu ein Forum zu eröffnen. An Sie, Herr Glück, genauso, wie ich es vorhin mit der Skatrunde transportieren. Doch jetzt zur eigentlichen habe ich die Frage: Sie sind ja eingeladen erklärt habe. Genau nach diesen gefühlten Frage. Die christlichen Kirchen zählen sicher worden als Präsident des Zentralkomitees Kriterien werden die Ereignisse sortiert. zu den gesellschaftlichen Gruppen, die der deutschen Katholiken und nicht als vor Ort. Es gibt ja viel Zusammenarbeit vor Ort und regional mit den Umweltverbänden. diesen Themenkreis am entschiedensten Politiker. Gerade in dieser Eigenschaft haben Und vielleicht muss man zu einer etwas mit vorantreiben: sowohl in ihren eigenen Sie noch nicht gesagt, was Sie für die anderen Medienkultur kommen, dass auch Bereichen als auch beim Umweltbeauftragten Energie- und Klimawende und Nachhaltig- jene Ereignisse, die nicht ganz oben auf der Pfarrgemeinden in den Diözesen; bei uns keit im Sinne der Bewahrung der Schöpfung der Skala der Nachrichtenwerte vorkommen, in den Verbänden und auch international. tun. Wie kann hier ein Ruck durch die erzählt werden. Also wenn junge Leute ein Vor allem die kirchlichen Hilfswerke, bei uns Bevölkerung gehen? Projekt gestalten und im Rahmen eines zum Beispiel Misereor, verknüpfen mittler- Projektes der Allianz Umweltstiftung, einer weile Entwicklungspolitik ganz eng mit sämt- Volker Angres anderen Stiftung oder eines Umweltverbandes lichen Fragen der Umweltverträglichkeit. Männer die Sehnsucht nach dem weiten, Diese Frage beantworte ich Ihnen sofort etwas durchführen. Es wäre schön, wenn Dazu zählt letztlich auch die Klimapolitik. endlosen Meer.“ Wie können die Kirchen, auch und gerne und überreiche Ihnen diese kleine wir das hinkriegen würden. Wir arbeiten Wobei vielleicht manche fragen, was geht die katholische, und die Religionsgemeinschaf- Postkarte, das ist unser Sendeformat. Jeden daran, aber es ist sehr schwierig. Denn wenn das eigentlich die kirchlichen Hilfswerke an, ten, die ja in Deutschland noch durch den Islam Sonntag um 14.45 Uhr können Sie genau das Sie, auch intern, als Fachredaktion antreten und ob sie denn wohl nur noch Umwelt- bereichert werden, wie können die Kirchen sehen, was ich vertrete. Da sind nämlich und mit so einem Umweltthema zum Chef verband seien. Und warum letztlich? Weil weltweit diese Lust am Wandel weiterhin an der 19-Uhr-Sendung gehen, dann sagt der: sie entscheiden, ob es Solidarität mit den der Bewahrung der Schöpfung festmachen? 80 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 81 Wir können nicht nur katholisch denken, Deutschland vor allem die Hilfswerke politische Debatte losgetreten worden wir müssen gerade auch die Länder des Islam sind, die Entwicklungspolitik damit verbin- sein: Dann sind die Medien sofort da, sind stärker hereinnehmen, weil von dort die den – sowohl als Lobbyisten als auch in aber am nächsten Tag genauso schnell wieder großen Völkerwanderungen nach Europa der gezielten Förderung von Bildungsmaß- weg. Das ist die Grundregel. kommen. nahmen; oder beispielsweise auch mit Anbaustrategien, um diesen Ländern gerecht Prof. Dr. Schröder Eine weitere Frage an Herrn Angres: zu werden. Zum Teil ist das natürlich ein Ich bin Mitglied im Trägerverbund des Wie ist es möglich, dass in einer Zeit, die Konflikt, wenn politisch mehr industrialisierte Zentrums für Umwelt und Kultur und habe von Informatik geprägt wird, das Arten- Landwirtschaft in diese Länder exportiert eine ganz konkrete Frage. Die hat mit schutzprogramm, das Steuerpult des Raum- wird. Nun haben aber die Religionen ganz systemischen Zusammenhängen zu tun, mit schiffs Erde, in der Logik unserer Zeitgenos- unterschiedliche Zugänge. Ich persönlich Komplexität und mit der von Prof. Freude sen nicht präsent ist? Wir sind nicht nur habe keinen Einblick, obwohl ich mich in so geliebten Feldlerche. Bei den Ursachen, die Edelweißschützer und die Trappvogel- anderen Zusammenhängen immer wieder die er gezeigt hat, über den Artenverlust schützer, wir müssen die Informationen damit befasst habe, ob und in welcher Weise völlig uninteressant. Auf gut Deutsch in der freien Landschaft, stand der Stickstoff- des Raumschiffes Erde schützen. der Umwelt- und Schöpfungsgedanke im interessiert das keine Sau. Deswegen findet eintrag ganz oben. Stickstoffeintrag ist so ein Islam verwurzelt ist. In asiatischen Religio- es in dem Maße, global gesehen, nicht statt. abstrakter Begriff. Darunter kann sich Alois Glück nen gibt es diesbezüglich sicher mehr Aber natürlich gibt es Einzelbeispiele: Wir niemand etwas vorstellen. Auch sehen kann Wir haben natürlich innerhalb des Natur- Anknüpfungspunkte. Aber auch da muss hatten vor einem Jahr „Ausverkaufte Alpen“ man ihn nicht; es sei denn, der Bauer ist schutzes viele Positionen und Strömungen, man immer wieder fragen, wo der kulturelle auf unserem Sendeplatz – eine Dokumentation, mit der Gülle unterwegs. Die Süddeutsche die sind nicht ganzheitlich, sondern – ich Anschlusspunkt liegt. Wir haben weit ver- in der es exakt um die Fragestellung geht, Zeitung hat vor wenigen Tagen den Chemiker sage das einmal ein bisschen zugespitzt – breitet eine Mentalität zu glauben, dass auch wie sich das Ökosystem Alpen bei gegebener Haber gewürdigt, der erfunden hat, wie man viele haben ihren Fokus ausschließlich auf in vielen anderen Zusammenhängen alle Klimaveränderung verändert. Was bedeutet den Stickstoff aus der Atmosphäre heraus- der Natur und halten dies für das Wichtigste. Welt genauso tickt wie wir. Zum Beispiel mit das sowohl für die Tourismusindustrie – die kriegt und der dieses industrielle Verfahren So müssten Schutzstrategien ausschließlich unserer Art von Rationalität und etlichen ja ohnehin erheblich zum Artenschwund zusammen mit Haber-Bosch entwickelt hat. nach ihrer Lieblingspflanze und ihrer Dingen mehr: Damit haben wir, etwa im Irak in den Alpen beigetragen hat – als auch für Der Stickstoffeintrag ist nicht nur in Bran- Lieblingstierart ausgerichtet werden. Für und anderswo, schreckliche Entwicklungen deren Weiterentwicklung. Thema Schnee- denburg, sondern auch global ein Riesenpro- weite Teile der Menschheit jedoch ist die erfahren. Nur weil viele von uns geglaubt kanonen, Wasserverbrauch undsoweiter, das blem. Hat jemand eine Idee, wie man dieses erste Frage, wie wir jetzt überleben und wie haben, dass diese Menschen anderswo war alles drin. Wir zeigen am Pfingstsonntag Problem in den Griff kriegt? wir morgen und übermorgen leben. Wir genauso ticken wie wir. eine wunderbare Geschichte über ein zählen hier zu der privilegierten Minderheit, Storchendorf, ich glaube, es liegt in Branden- Prof. Dr. Freude die sich kaum Sorgen machen muss, wovon Volker Angres burg. Ich kann das nur empfehlen: ein Der Vogel, den ich als Erstes genannt hatte, sie morgen und übermorgen lebt. Sie haben natürlich völlig recht, aber die wunderbarer Film, richtig tolle Storchenbil- die Großtrappe, hat genau damit zu tun. Antwort ist im Grunde aus dem, was ich der, und mit Augenzwinkern gemacht; weil Stickstoff ist eines der am kompliziertesten Beispielsweise die Problematik der Rodun- vorhin über die Skatrunde gesagt habe, abzu- es ja auch Menschen gibt, die sich ärgern, zu erklärenden Themen, weil grün grün ist. gen: Für diese Menschen stellt sich nicht die leiten. Das Thema Artenvielfalt und Arten- wenn der Storch seine Hinterlassenschaften Wenn ein Löwenzahn darauf wächst, Frage, ob sie sich gegenüber den Enkeln und verlust ist nicht prominent in den Medien genau auf dem Fahrradsattel platziert. Das blüht das Grün auch noch. Das verursacht Urenkeln verantwortlich verhalten, sondern vorhanden, weil es geräuschlos ist. Die UN- finden die natürlich nicht so witzig. Nur eine aber der Stickstoff, der im Überfluss vorhan- wie sie morgen und übermorgen überleben Biodiversitätskonvention, die alle zwei Randbemerkung … Wenn es einen Anlass den ist. Wir bekommen ihn jetzt allein aus können. Das ist ganz eng mit der Entwicklung Jahre verhandelt wird, ist eigentlich ziemlich gibt, wenn Sie mir ein Thema zurufen, wenn der Luft, so wie er in den 1960er-Jahren vom und den Entwicklungsstrategien verbunden. erfolgreich, gemessen an anderen UN-Kon- gerade irgendwo die Artenvielfalt akut gefähr- Bauern auf den Acker geworfen wurde. Es Ich habe schon darauf hingewiesen, dass es ventionen wie etwa der Klimakonvention. det ist, dann können wir darüber gerne gibt eine Handvoll Pflanzen, die 95 Prozent heute bei der katholischen Kirche in Denn da passiert relativ wenig. Da wird ver- reden. Es muss etwas passieren, es muss sich aller anderen Pflanzen überwachsen. handelt, da sind Erfolge für die Medien jemand aufregen, es muss vielleicht erst eine 82 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 83 Diese haben keine Chance, weil sie es 50 bis 80 Millionen Euro am Tag – und Wir haben die Vision von der CO 2-neu- nicht gelernt haben, mit so viel Stickstoff hoffentlich werden wir dann munter. Hier tralen Mobilität. In einem gewissen Umfang umzugehen. Sie sterben weg. Deshalb wird sich etwas tun, vielleicht ja von oben. können Sie die heute schon kaufen. Ingol- gäbe es auch keine Orchideen mehr, wenn Der bessere Weg wäre die Einsicht. stadt, Brüssel, Münster, Neuburg und Neustadt wir die Orchideenwiesen nicht ständig sind allesamt Standorte, die 100 Prozent Dr. Achatz regenerativen Strom oder Wasserkraftstrom Herr Angres, Sie haben sich ja in Ihrem zertifiziert bekommen. Wir geben da Millio- Da muss man unglaublich viel Aufwand Vortrag ausführlich mit der Automobilindus- nen, siebenstellige Beträge aus, alles Mehr- betreiben, nur weil wir so viel Stickstoff trie beschäftigt. Ich komme von Audi. Ich kosten, um das durchzuführen. Wir kriegen entweder auf den Acker werfen, oder gebe Ihnen Recht, im Punkt der Einführung zum Beispiel in Ingolstadt Abwärme von weil er direkt aus der Luft kommt. Was kann des Auspuffkatalysators hat sich die Auto- der Raffinerie, von der MVA, mit Primär- man dagegen tun? Die EU hat uns aufgetra- mobilindustrie sicher sehr ungeschickt energie Faktor null. gen, etwas zu unternehmen, weil wir eines verhalten. Das hat sehr komplexe Hinter- der Länder in der Welt sind, die am meisten gründe, war aber sicher nicht gut. Aber bei Das heißt, Sie können ein Auto in Ingol- Dr. Spandau Stickstoff verwenden. Wir könnten sagen, den anderen Punkten sind Sie, glaube ich, stadt kaufen, das CO 2-neutral gefertigt ist. Dann fragen wir noch mal: Ist alles gut in wir machen es wie Dänemark oder andere sehr schlecht informiert. Die Forderung nach Sie können dieses Auto aber auch CO 2 - der Automobilindustrie? skandinavische Länder und führen eine systemischem Denken, die Sie stellen, das neutral fahren. Und da ist wieder das Stickstoffsteuer ein. Auf so und so viel Land- findet sehr wohl statt. Natürlich machen alle systemische Denken. Audi gibt zweistellige Volker Angres fläche, die der Bauer bewirtschaftet, kriegt er Premiumhersteller Ökobilanzen von ihren Millionenbeträge allein für die Vorkette Nein. Ich zweifle überhaupt nicht daran, den Stickstoff zum Normalpreis oder ihn Produkten. Das heißt bei manchen Produkt- Treibstoff aus. Das heißt, wo die E-Gasanlange dass Audi die allergrößten Anstrengungen sogar subventioniert. Alles was darüber deklarationen aber anders. Wir bei Audi steht, wird aus Wasserstoff, der aus Über- unternimmt, in ihren Werken so umwelt- hinausgeht, kostet den Landwirt richtig viel z.B. haben, seit vor über 20 Jahren der A8 schussstrom von den Windrädern generiert freundlich und nachhaltig wie irgend Geld. Warten Sie mal die Reaktion darauf ab. mit seiner Aluminiumkarosse auf den Markt wird, in Umsetzung mit CO 2 Methan möglich zu sein. Nicht zuletzt, weil wir uns Das ist ein No-Go. Ich weiß das, weil ich kam, eine ganzheitliche Betrachtung: von erzeugt: CO 2-neutral, was Sie für einen in in der Audi-Umweltstiftung regelmäßig bei der Landwirtschaft auch Verantwortung der Rohstoffgewinnung, vom Bauxit bis hin Ingolstadt gefertigten Audi g-tron auch treffen und uns darüber austauschen. Aber trage. Deshalb spreche ich auch von einem zum Recycling gemacht, und das findet nutzen können. Dasselbe gilt für synthe- wir scheinen unterschiedliche Informations- „dicken Brett“. Wir müssen unsere Leidens- natürlich auch heute statt. Mein Hauptberuf tische Kraftstoffe, die CO 2 aus der Atmo- quellen zu haben. Wenn wir als Fernsehteam fähigkeit erhöhen – das heißt, aussterbende ist es, Ökobilanzen durchzuführen. sphäre oder aus Kraftwerken binden. nach Brasilien fahren und dort die Roh- Wenn wir einen Carbon Footprint nach stoffquellen ansehen, mit den Minenarbei- pflegen würden. Arten und Katastrophen weiterhin durchleben, bis wir so weit sind, dass alle die Fehl- Ich bewerte Verfahren und Materialien D- oder ISO-Norm gemacht haben, betrach- tern in die Schächte steigen, weiß ich nicht, entwicklung einsehen. Die EU, das ist die ganzheitlich, also von der Rohstoffgewinnung ten wir natürlich auch die Kette: von der wer von Ihnen bei Audi auch schon einmal zweite Variante, wird uns möglicherweise bis zur Entsorgung. Das heißt, wir unter- Aluminium- und Stahlgewinnung bis zum dort war. zur Umkehr zwingen, und das ist das suchen, welche Lackverfahren geeignet sind, Recycling, inklusive Mitarbeiterverkehr, Spannende. Dass wir nämlich übergeordnete welche Folgen das über den ganzen Prozess Dienstreisen, Roboterherstellung, Energie- Und wenn dieses Erz nach Deutschland EU-Instanzen haben, die uns Deutsche hat, wie sich Bleche, die unter großem verbrauch im Autohaus und so weiter. Alles kommt und zu allgemeinem Autostahl fragen könnten, wo die Musterschüler im Energieaufwand in der Fertigung umgeformt wird reingerechnet und zertifiziert. Und für die deutsche Industrie verarbeitet wird, Umwelt- und Naturschutz noch ein bisschen werden, ganzheitlich bewähren, und wie viel, wir geben Pressemitteilungen heraus, weil für Audi, BMW und alle anderen, die das nachzuarbeiten haben. Ich setze große zum Beispiel CO 2, ab dem ersten Kilometer wir einer der ersten Premiumhersteller einkaufen, dann ist da eine Informations- Hoffnungen darauf, dass Deutschland, wenn eingespart wird. Wir machen systemisches waren, die das alles gemacht haben. Aber lücke. es jetzt nichts tut, Anlastungsverfahren von Denken aber auch über den ganzen Produkt- leider wird das von den Medien nicht immer der EU bekommt. Das sind im Schnitt Lebenszyklus am Automobil als Ganzes fest. so aufgenommen und weiterkommuniziert. ‘‘ 84 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 85 Dass in den einzelnen Werken tolle Dinge Prof. Dr. Freude schädigen, tatsächlich geschehen. Das passieren, das ist völlig unbestritten, und Es ist nicht bloß die gefallene Milch- ist eindeutig soziologisch nachgewiesen. dass Audi ganz vorbildlich mit Power-to-Gas quote. Was jeder von uns sehen kann, ist Und dann wurde innerhalb weniger Jahr- dabei ist, haben wir auch schon berichtet. zum Beispiel der Energiemais. Quadratkilo- zehnte, Ende des 19. Jahrhunderts, Das ist gar nicht der Streitpunkt. Aber wir meterweise, übrigens auf alten Öko-Land- 1906, der Naturschutz zur Staatsaufgabe können uns gerne einmal damit auseinander- bauflächen. Die Frage ist, wie steuern erhoben. Es wurden die ersten staatlichen setzen, woran das liegen könnte. Ich bin wir Landwirtschaft, wie steuern wir Subven- Naturschutzinstitutionen geschaffen. nicht daran interessiert, Falschmeldungen in tionen? Da haben wir noch eine Menge zu Auch wenn sie hauptsächlich ehrenamtlich die Welt zu setzen. tun. Ich habe keine Antwort darauf, weil es besetzt waren und keinen großen Einfluss keine Antwort darauf gibt. Die einzige ist: hatten. Aber das politische Gewicht zeigte Das wäre ganz fatal. Ich bin sehr daran Sie können weiter versuchen, Ihre Leute zu sich schon. Dann hat es bis 1935 gedauert, interessiert, alle Fakten auf den Tisch zu überzeugen. Und weiter stolz auf das zu bis in Deutschland ein erstes landesweites legen um dann daraus die richtigen Konse- sein, was Sie bisher erhalten haben. Mehr Naturschutzgesetz beschlossen wurde. fällt mir auch nicht dazu ein. Im Vorspann dieses Gesetzes stand „Dieses quenzen zu ziehen. Auch wenn Sie sagen, hergestellt werden. Hier gibt es Berichte, man kann ein Audi-Auto CO 2-neutral kaufen, die liegen bei mir auf dem Tisch, die gehen würde mir das nicht reichen, weil im Sinne auch an den Vorstand. Es wird sehr wohl Dr. Spandau ihren Erscheinungen“. Aber wenn Sie die von Nachhaltigkeit die anderen Aspekte, in der Vorkette intensiv nachgeschaut. Dass Ich möchte die Diskussion über die Zukunft Paragraphen des Gesetzes durchlesen, zum Beispiel soziale Gerechtigkeit und man da etwas verbessern kann, ist klar. Wir des Naturschutzes durch einen Aspekt berei- beschränken sie sich nur auf seltene und dergleichen fehlen und ich habe nicht eine haben in der deutschen Automobilindustrie chern und dazu Herrn Prof. Haber bitten, sich schöne Arten und einen kleinen Ausschnitt einzige Anzeige von Audi gesehen, wo außer 30 Prozent Fertigungstiefe. noch einmal zu äußern. In „nodium“, einer aus der Landschaft, während Wasser, Luft sehr lesenswerten Zeitschrift des Alumni-Clubs und Boden überhaupt nicht erwähnt werden. Benzinverbrauch und CO 2-Ausstoß die Pro- Gesetz dient dem Schutz der Natur in allen duktionsverfahren in den Fabriken als Kunden- Elisabeth Wölfl der TU München, habe ich Ihre Ausführung Und damit komme ich auf den Begriff argument dargestellt werden, unter Abzug Ich bin hier am Zentrum für Umwelt „Überlegungen zur Zukunft des Naturschutzes“ „Umwelt“. Als Ende der 1960er-Jahre den der vielen Wettbewerber, die noch nicht so und Kultur seit zehn Jahren für den Bereich gelesen. Da schreiben Sie, „Naturschutz ist Menschen bewusst wurde, dass auch die weit sind. Naturschutz angestellt. Wir arbeiten seit eine Erfindung moderner Stadtmenschen und Luft immer mehr verpestet und belastet ist, 20 Jahren mit den Landwirten in Benedikt- dient meistens mehr ihnen als der Natur“. dass die Gewässer belastet sind mit Schad- Dr. Achatz beuern vor Ort und bemühen uns um eine Können Sie uns das erklären? stoffen, dass die Pestizidanwendungen Vögel Vorkenntnisse sind ganz entscheidend. naturgerechte, standortangepasste, land- Sie haben gerade Brasilien angesprochen. schaftsbezogene Landwirtschaft und es ist Prof. Dr. Dr. Haber der Begriff „Umweltschutz“ auf. Und es Das ist das große Thema, was wir inten- uns gelungen, in den Köpfen der Landwirte Dieser Satz ist natürlich eine Provo- wurde eine eigene Verwaltungs- und Politik- siv bearbeiten, was auch beliebig kompliziert etwas zu bewegen. Wir haben erreicht, kation, die zum Nachdenken anregt. Was schiene eingerichtet, die den Naturschutz, ist. Es gibt zum Thema Aluminium auf dass fast alle Landwirte in Benediktbeuern ist denn Natur? Ist das Vielfalt? Sind das der ja schon bestand, wenn auch als kleine Initiative von Audi die Aluminium Stewart- in der Extensivierung sind. Es gibt nicht Arten? Ist das Umwelt? Die Begriffe werden Institutionen, beiseite ließ. ship Initiative, bei der auch die Herstellung mehr viel intensiv wirtschaftende Betriebe. dauernd verwechselt und vermischt. Der des Rohstoffes Aluminium in den Minen Sie wissen alle, dass dieses Jahr die Milch- Naturschutz ist eine Entwicklung, die Und seitdem wird Umwelt und Natur betrachtet wird. Man versucht zu deklarieren, quote wieder gefallen ist, das heißt, es wird speziell in den deutschsprachigen Ländern, ständig verwechselt. Natur ist das, was wo dieses Aluminium herkommt. Diese wieder auf Masse produziert. Jetzt kommen in der deutschsprachigen Kultur, beein- gewachsen ist, sich spontan entwickelt und Dinge werden sehr wohl betrachtet; und es viele Landwirte zu mir und fragen, wo flusst durch die Bewegung der Romantik, gedeiht und wächst, während Umwelt viel wird sehr wohl nach Thailand geflogen und wir es geschafft haben in die Extensivierung in den Städten entstanden ist, in einer größere Dimensionen hat. Wir Menschen geprüft, wie die Verhältnisse in den Fabriken zu gehen, ob wir wieder in die Intensivie- gebildeten Bürgerschicht der Städte. Der haben nicht nur eine natürliche Umwelt, sind, in denen die Chips für das Automobil rung getrieben werden. Sie wollen das aber Naturschutz ist nicht auf dem Lande ent- wir haben eine wirtschaftliche, wir haben eine gar nicht. Was sollen wir tun? standen, wo die Ereignisse, die die Natur soziale, wir haben eine kulturelle Umwelt. verstummen lassen undsoweiter, da kam 86 D I S K U S S I O N D E S T A G U N G S T H E M A S ’’ 87 Wenn man das durchdenkt – und das nicht gibt. Es gibt in der ursprünglichen oder zwei Dingen ergänzen. Veränderungs- ist meine Erkenntnis aus langer Lebens- Natur keine Getreidefelder. Das ist etwas prozesse, wie wir sie heute diskutiert haben, erfahrung – muss man sagen, dass die Naturfernes, etwas Künstliches. Das Zweite sind zäh und total unromantisch. Dennoch Menschen, seitdem sie in der Evolution ist: In unserer kulturellen Umwelt ist der sollten wir immer an ein besseres Morgen entstanden und auf der Erde sind, sich Hauptlebensraum der Menschen, der Platz glauben und uns nicht ständig am Rande des schrittweise und mit immer größerer wo wir in unserer Masse leben, die Groß- Weltuntergangs wähnen. Wie peinlich ist es Perfektion eine eigene kulturelle Umwelt stadt. Die Stadt allgemein, heute eben die eigentlich für uns, dass unsere Nachbarn ihre geschaffen haben; eine Umwelt, die sie Metropolis. Und das ist das Künstlichste, Sprache um Germanismen wie la angst oder der Natur sozusagen eingepflanzt oder was es überhaupt vorstellbar gibt auf dem el waldsterben oder the weltschmerz ergänzt aufgepfropft haben. Und als die Menschen Planeten Erde. Und jetzt mal verglichen mit haben. Aus meiner Sicht ist es da besser, das geschafft haben, und wir sind ja dem Ackerbau, der den Boden schädigt; eine neue Kultur der Nachdenklichkeit zu noch in diesem Prozess, da wird ihnen auf der muss es tun, weil sonst keine Pflanze entwickeln, die auf den bisherigen Erfolgen einmal – in einer bestimmten Schicht der ordentlich wächst, die Erträge bringt. der Vergangenheit basiert. So wie Hubert Städte, der naturfernsten Einrichtung, die Zum Beispiel heißt erfolgreiche Armuts- Weinzierl das hier in seiner Zeit als Vorsit- wir Menschen überhaupt geschaffen haben – Aber der Städtebau ist noch viel schlim- bekämpfung, dass mehr Ressourcen gebraucht zender des BUND einmal gesagt hat, „Die bewusst, was sie mit dieser Entwicklung mer, denn er zerstört auch noch den Boden werden, damit es ärmeren Menschen besser Umweltbewegung hat diese Gesellschaft ver- der ursprünglichen Natur angetan haben. vollständig. Wenn wir irgendwo ein Neu- geht: Menschen, die heute in Armut leben – ändert, wir haben viel erreicht.“ Daran sollten Ich sehe auch keinen Ausweg aus dieser baugebiet sehen, da werden große Bereiche und ich habe viele gesehen auf meinen Welt- wir ab und zu denken. Ich denke, es ist Situation. ausgeschachtet. Der gewachsene Boden reisen – die lernen, sich der Armut notge- an der Zeit neu zu bestimmen, was Umwelt- wird beseitigt und dann ist er weg. Boden ist drungen anzupassen und bescheiden zu sein. schutz für unsere Gesellschaft eigentlich Wir haben erstens unsere Ernährung die Ressource, die nicht wiederherstellbar Aber wenn es ihnen dann besser geht, dank bedeutet. speziell auf den Ackerbau abgestellt. Das ist. In der heutigen Diskussion um die der öffentlichen Hilfe, verlieren die meisten begann vor 10.000 Jahren, das ist noch gar Umwelt geht das fast unter oder kommt viel von ihnen diese Bescheidenheit. Und genau Es sollte darum gehen, dass wir intelligente nicht lange her. Kein Ackerbau ist möglich zu kurz. Wir haben das Internationale Jahr auf diese Bescheidenheit, die man heute als ökologische Lösungen für die sich ständig ohne schädliche Eingriffe in die Böden. des Bodens. Aber in der Politik spielen ganz Suffizienz bezeichnet, kommt es an, damit verändernde, urbanisierte und von Technik Diese Schäden können wir nicht vermeiden. andere Dinge eine Rolle: Klima. Der Klima- wir eine Zukunft behalten. getriebene Umwelt des 21. Jahrhunderts Wir können sie nur mildern und dazu habe wandel, der von den sieben Milliarden ich schon vor vierzig Jahren vorgeschlagen, Menschen drei oder vier Milliarden um- Dr. Spandau uns weiter entwickeln, können wir uns viel- den Ackerbau zu differenzieren: in viele bringt. Dann bleiben immer noch zwei oder Danke für diese nachdenklich machen- leicht sogar Ausnahmen gönnen. Zur Ein- kleine verschiedene Kulturen, die sich in den drei Milliarden übrig. Und die können nur den Worte. Herr Prof. Haber wird in diesem schränkung gehört auch die Ausschweifung. Schäden, aber auch in den Nutzen gegen- leben, wenn sie auf fruchtbaren Böden Jahr seinen 90. Geburtstag feiern. Ich finde Zum Fasten gehört das Prassen. Wir müs- seitig ausgleichen können. Das war eine Vor- Nahrung erzeugen. Das ist die Situation. Wir es faszinierend – als einer seiner Schüler – sen also nicht ständig moralisieren. Manch- wegnahme des Begriffes der biologischen müssen heute, wenn wir über Artenschutz heute noch von ihm lernen zu können, und mal verdient auch der innere Schweinehund Vielfalt. Und zwar des Aspektes der Öko- oder Artenvielfalt diskutieren – sicher, jeder ich finde es genauso faszinierend, dass Sie Artenschutz. systemvielfalt, wie man das heute nennt. hat da sein Spezialgebiet – den Gesamt- heute noch druckreif sprechen. Vielen Dank. Und die Artenvielfalt läuft dann sozusagen zusammenhang beachten. Wir können nicht Eigentlich waren diese nachdenklich mit. Das ist das Eine der kulturellen Umwelt: die Artenvielfalt von heute aufrechterhalten, machenden Worte eine sehr schöne Zusam- Wir haben also eine künstliche, naturschä- wenn gleichzeitig die Menschheit zunimmt. menfassung unseres heutigen Symposiums. digende Umwelt zu unserer Lebensgrundlage Nicht nur an Anzahl, sondern an Ansprüchen. Sie haben alles noch einmal auf den Punkt gemacht, die es in der gewachsenen Natur finden. Und wenn wir darauf aufbauen und gebracht. Lassen Sie mich das nur in ein ‘‘ 88 89 „ N E U DE N KE N, AN DE R S DE N KE N, WE ITE R DE N KE N. “ Festvortrag der Abendveranstaltung am 29. April 2015 von Ulrike Scharf, Bayerische Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz V O R T R A G U L R I K E S C H A R F „ N E U DE N KE N, AN DE R S DE N KE N, WE ITE R DE N KE N. “ Festvortrag der Abendveranstaltung am 29. April 2015 von Ulrike Scharf, Bayerische Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, München. Sehr verehrter Herr Dr. Spandau, lieber Pater Heim, verehrte Festgäste, verehrte Ehrengäste, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Vierteljahrhundert, so lange gibt es das wiedervereinigte Deutschland und ebenso lange die Allianz Umweltstiftung. Umso mehr freut und ehrt es mich, beim 19 Jahre hochkarätige Auseinandersetzung heutigen Abend nicht nur als Festrednerin mit der deutschen Umweltpolitik, wie auch zu Ihnen sprechen zu dürfen, sondern in diesem kurzen Filmbeitrag zu sehen war. Ihnen ganz herzlich zu Ihrem stolzen Jubi- Die Liste der Referenten all dieser Jahre läum gratulieren zu können. Natürlich tue liest sich geradezu wie ein umweltpolitisches ich das von Herzen gern, auch im Namen Who is Who: profilierteste Köpfe aus Umwelt- unseres Ministerpräsidenten Horst Seehofer. bewegung und Wissenschaft, aus Politik In seinem Namen darf ich Ihnen die und Verwaltung, aus Wirtschaft und Gesell- Glückwünsche und den Dank der gesam- schaft. Neu denken, anders denken, weiter- ten Staatsregierung für Ihre großartigen denken, das ist ihr Anspruch, den gesell- Leistungen übermitteln. schaftlichen Lernprozess zu befeuern, den eine nachhaltige Zukunft in der Tat braucht. Das Geburtstagskind ist wahrlich aller Das gelingt Ihnen in ganz glänzender, ganz Ehren wert. 1990 waren Sie Pioniere auf hervorragender Weise. Dazu meinen großen dem Gebiet der Umweltstiftungen, und Respekt und meine Anerkennung. heute, 25 Jahre später, zählen Sie zu den größten Stiftungen in Deutschland über- Dann die wegweisenden Umweltschutz- haupt. Und was für ein Prachtexemplar und Umweltprojekte der Allianz Umwelt- von Stiftung das ist, davon konnte ich mich stiftung deutschlandweit: Allein bei uns in bereits überzeugen, zum Beispiel im Rah- Bayern unterstützt sie Projekte mit einem men der Benediktbeurer Gespräche; und dies Förderbetrag von 16 Millionen Euro. wurde gerade von Ihnen, Herr Dr. Spandau, erwähnt: 91 92 V O R T R A G U L R I K E S C H A R F Darunter so spannende Projekte wie das Umweltpolitik braucht einen langen Haus der Berge im Nationalpark Berchtesga- Atem, das ist mir bewusst. Umweltpolitik den und das Haus am Strom, unser Umwelt- der Zukunft muss nicht nur Antworten zentrum an der Donau, Europas Lebensader. finden auf Klimawandel, auf Artensterben Dafür ebenfalls meinen ganz herzlichen oder auf Raubbau; sie muss fähig sein, die Dank. Übrigens, das Haus am Strom ist auch Menschen zu überzeugen, sie mitzunehmen an meiner Stimme schuld. Ich war nämlich und ihnen intelligentere Alternativen letzten Freitag dort und habe mich etwas anzubieten – und zwar zusätzlich zu dem, verkühlt. Ja, und nicht zu vergessen natür- was wir schon immer so gemacht haben. lich die Stiftungsprofessur für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung an Aktuell, meine Damen und Herren, leben der TU München. All das ist echte Zukunfts- 7,3 Milliarden Menschen auf der Erde, und arbeit, ist zutiefst ethisches Handeln für jede Sekunde kommen zwei neugeborene unsere Kinder und Enkelkinder. Dafür danke hinzu. Alle wollen ein gutes Leben, am liebs- ich Ihnen als Bayerische Umweltministerin ten nach westlichem Vorbild. Der Umgang von ganzem Herzen. mit unseren natürlichen Ressourcen – Atmosphäre, Boden, Wasser, Rohstoffe, biologische Der Titel des Symposiums „Umweltpolitik Vielfalt – all das wird dabei für uns zum in Deutschland 1990 bis 2015: Bilanz und zentralen Prüfstein zukunftsfähiger Umwelt- Ausblick“, dieser große Bogen der Benedikt- politik. Wie schützen wir die natürlichen beurer Gespräche 2015 ist dem feierlichen Lebensgrundlagen und lassen zugleich öko- Anlass mehr als angemessen. Mein Part nomische Entwicklung und damit auch dabei ist eher der Ausblick, zumindest ver- soziales Wohlergehen zu? Wie schaffen wir suche ich es. Was sind die Herausforderungen, ein neues Lebens- und Wohlstandsmodell, mit denen Umweltpolitik in Zukunft kon- das eine Erde erlaubt, die schon Mitte des frontiert sein wird? Mittlerweile bin ich, wie nächsten Jahrhunderts 9,3 Milliarden eben erwähnt, ein gutes halbes Jahr, exakt Menschen zu tragen und zu ertragen haben sieben Monate im Amt. Und wenn ich in wird? Wir werden dazu umdenken und dieser relativ kurzen Amtszeit eines über neue Wege gehen müssen. Wir werden uns Umweltpolitik gelernt habe, dann dies: Wir sowohl in unserem Wirtschaften als auch in wissen viel darüber, was das Richtige wäre unserem Lebensstil ein Stück weit neu im Umgang mit unserer Erde, was die erfinden müssen. Ein Weiter-wie-bisher hat Vernunft uns gebietet, was unsere ethische sicher keine Zukunft. Dazu gehört auch, Öko- Pflicht ist; aber es dann auch zu tun, das ist logie und Ökonomie konsequent mitein- oft ein steiler, ein steiniger Pfad. Interessen- ander zu vereinen. gegensätze und Beharrungskräfte sind enorm. Wenn Sie sich hier nur zwei Themen In Bayern arbeiten wir intensiv daran, vor Augen führen: den Weg zum klimatisch einen neuen, einen intelligenten Wachstums- notwendigen Ausstieg aus der Kohle und den begriff zu etablieren – Wachstum 2.0, wenn Weg zum Siegeszug des Elektroautos. Beides Sie so wollen. ist gleichermaßen mühsam. 94 V O R T R A G U L R I K E S C H A R F 95 Für mich ist Wachstum 2.0 smart, res- Ein Nebenprodukt unserer Klimastrategie Das ist grundsätzlich richtig. Doch diese Meine Position dazu ist ganz klar: Ich sourcenschonend, klimafreundlich; und das ist zugleich der umwelttechnologische große erfolgreiche Gemeinschaftsaktion von halte es nicht für klug, mit hohen Investitio- nicht nur dem Namen nach, sondern wirk- Investitionsschub. Wenn Sie sich vor Augen Vereinen, Verbänden, Umweltbildungsein- nen und erheblichen Eingriffen in Natur lich nachhaltig. Somit ist Wachstum 2.0 führen, dass wir 84.000 Beschäftigte und richtungen, Kommunen und Privatpersonen und Landschaft auf eine Einkommensquelle unser großes und erklärtes Ziel. Zum Beispiel einen Exportanteil von 46 Prozent in der unter der Federführung unseres Umwelt- zu setzen, die der Klimawandel in absehbarer beim Klimaschutz: 2050 wollen wir die Treib- Umwelttechnologie haben, können wir heute ministeriums will mehr und will damit mög- Zeit obsolet machen wird. Mir ist allerdings hausgas-Emissionen in Bayern auf weniger schon vom Shootingstar in der bayerischen lichst viele Menschen erreichen. Dazu haben auch klar, dass zukunftsfähige Umweltpoli- als zwei Tonnen pro Kopf und Jahr senken. Wirtschaft sprechen. Gerade im Klima- und wir für jede Region ein Veranstaltungs- tik sich nicht allein auf das Nein-Sagen Das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber aus meiner Energiesektor reden wir hier von guten magazin ausgearbeitet – mit fast 7000 Ange- beschränken kann. Das Nein-Sagen an sich Sicht erreichbar, ohne dabei die wirtschaft- Werten. Ökonomie gewinnt also durch Öko- boten für jede Altersgruppe und jeden Inte- ist ja schon schwer, aber sich zurückzulehnen liche Dynamik zu gefährden. Deshalb haben logie. So verstehen wir in Bayern nachhaltige ressenbereich. Von April bis Oktober kann und sich darauf auszuruhen wäre bestimmt wir im Freistaat Bayern letztes Jahr unser Entwicklung. Oder so: Bis 2020 wollen wir man, zusammen mit Experten, auf Streif- auch falsch. Vor allem, wenn es um Men- Klimaschutzprogramm „Bayern 2050“ auf- Bayern zum rohstoff-effizientesten Land der zügen durch Bayern die Natur erleben: zum schen geht, die Sorge um ihr Einkommen gelegt: mit einem Volumen von 170 Millionen Bundesrepublik machen, zum Land der Beispiel sportlich oder kreativ, genussorien- und somit um ihre persönliche Zukunft haben. Euro im aktuellen Doppelhaushalt. Drei Kreislaufwirtschaft. Denn intelligentes Wachs- tiert oder rein wissenschaftlich. Der Start ist Ob im Wintersport oder im Braunkohle-Berg- Säulen sind dabei wichtig: die Emissions- tum bedeutet auch Ressourceneffizienz. heute. Natur erfahren ist auch ein Beitrag bau: Wir können mit unseren Anliegen minderung, die Anpassung und nicht zuletzt Ich sage an dieser Stelle immer ganz gern zum sanften Tourismus. Ja, Bayern trägt sicher nur akzeptiert werden, wenn wir die auch die Forschung. dazu, wir brauchen nicht nur die Energie- Verantwortung für seine wunderschöne Land- Menschen mitnehmen; wenn wir uns über wende, wir brauchen auch eine Rohstoff- schaft und die wertvollen Naturschätze, sinnvolle Alternativen Gedanken machen Zuvor haben wir das Jahr des Klimas wende. Wir wollen die Rohstoffproduktivität und beides sind ethische Werte an sich und und somit den Strukturwandel aktiv mitge- ausgerufen. Ein zentrales Stichwort dabei gegenüber 1994 verdoppeln, und wir gestal- schon allein deshalb schützenswert. stalten. Deshalb werbe ich intensiv für einen heißt Energieeffizienz. Wir treiben, und ten den Übergang von der Primär- zur ich will Ihnen hier nur einige Maßnahmen Sekundärrohstoff-Wirtschaft. Allein bei der Biologische Vielfalt ist für eine gesunde Prägung. Ich denke, das ist möglich. Das aufzählen, die energetische Sanierung Abfallverwertung haben wir unsere Quote von und zukunftsfähige Landwirtschaft unbedingt Marktpotenzial dafür ist da. Und deshalb staatlicher Gebäude voran, wir fördern 30 Prozent auf 66 Prozent gesteigert. Also notwendig. Deshalb nehmen wir für unser möchte ich, gemeinsam mit unserem Baye- Projekte der Energietechnologie, der Bio- auch hier gewinnt die Ökonomie durch Biodiversitätsprogramm Bayern dieses und rischen Wirtschaftsministerium und den Energie, der Energieprogramme, wie Ökologie. Und das nicht allein durch mehr nächstes Jahr insgesamt fast neunzig Millio- Tourismusverbänden, dieser Idee auch wirk- beispielsweise das Zehn-Häuser-Programm, Effizienz und Rohstoffsicherheit, sondern vor nen Euro in die Hand. Von diesem Programm, lich Nachdruck verleihen. Ich bin überzeugt, und vor allen Dingen Maßnahmen zum allem auch durch technologische Innovatio- das wir im vergangenen Jahr auf den Weg dass darin die Zukunft für unser Natur- und kommunalen Klimaschutz. Mit diesen und nen, die wir damit antreiben. gebracht haben, wird auch der Tourismus Reiseland Bayern steckt. Und ich lese das profitieren. Denn Bayerns Natur und Bayerns auch daran ab, dass es immer mehr Kommunen genauso sehen. vielen weiteren Maßnahmen setzen wir umweltschonenden Tourismus moderner ein ganz starkes Signal in Richtung Paris. Ein drittes, besonders einleuchtendes Landschaften gehören schließlich zu unse- Als Vorsitzland der deutschen Umwelt- Beispiel für intelligentes Wachstum – und ren stärksten Zugpferden. Vor allem in den ministerkonferenz 2015 ist Bayern mit von an ihm wird besonders deutlich, was ich Alpen wird das besonders deutlich. Und doch Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Partie. Schon in den nächsten drei zuvor mit intelligenten Alternativen gemeint kommt es gerade hier immer zu Zielkonflik- uns neu zu erfinden bedeutet, neben intel- Wochen, Mitte Mai, werden die Umwelt- habe – ist für mich Naturschutz und Touris- ten. Da diskutieren wir über Beschneiungs- ligentem Wachstum auch über unseren minister der Länder in Bayern zu Gast sein. mus. Heute auf den Tag genau feiern wir 15 anlagen oder den geplanten Ausbau von individuellen Lebensstil nachzudenken: Wir wollen die Gelegenheit unseres Vorsit- Jahre BayernTourNatur. Bei diesem Begriff Skiliften. Je mehr der Klimawandel den Win- von Wohnen und Energieerzeugung bis Kon- zes nutzen, ein starkes Signal in Richtung denkt man zunächst vielleicht an Tourismus, tersport verdrängt, desto härter werden in sum und Mobilität – also nicht nur über Klimaschutz und, vor allen Dingen, in eine an Begegnungen mit der Natur. Zukunft diese Diskussionen. Und das ist Ihnen Wachstum 2.0, sondern sicher auch über Fortschrift des Kyoto-Protokolls beim Welt- allen sicher auch in diesem Landstrich, im Lebensstil 2.0. klima-Gipfel Ende dieses Jahres auszusenden. Tölzer Land, bekannt. V O R T R A G U L R I K E Hier erleben wir, derzeit noch weitgehend Bei uns in Bayern ist zum Beispiel beim abseits der großen Öffentlichkeit, sehr inte- Umweltpakt mit der Wirtschaft eine große ressante Entwicklungen in Teilen unserer und kooperative Verbindung entstanden – Gesellschaft. Ich nenne das Stichwort urban mit freiwilligen Umweltschutzleistungen gardening: zunehmendes Tauschen, Leihen einerseits und bürokratischen Erleichte- und Reparieren statt Wegwerfen. Sozial- rungen andererseits. Das schafft ein Klima, ökologische Innovationen stoßen bei immer von dem die Umwelt profitieren kann, ein mehr Menschen auf wachsendes Interesse. Klima, in dem sich gleichzeitig auch Das hat die Umweltbewusstseinsstudie 2014 Effizienz entwickeln und technologische gerade erst wieder belegt. Die Erkenntnisse Innovation gedeihen kann. Oder wenn ich daraus könnten sich auch für die Umwelt- an den Vertragsnaturschutz mit unseren politik lohnen, indem sie sich mehr mit diesen Landwirten denke: 18.000 bayerische Phänomenen beschäftigt. Wir könnten Landwirte bewirtschaften 80.000 Hektar sehen, ob wir diese Entwicklung fruchtbar Land; und zwar naturverträglich und in umsetzen und nutzen können für den Klima- Kooperation mit uns. Das ist deutschland- schutz, beim Artenschutz oder für mehr weit die mit Abstand größte Fläche. Auch bei Ressourcen-Effizienz – für einen smarten der Bürgerbeteiligung setzen wir derzeit Lebensstil der Zukunft, für Nachhaltigkeit, Maßstäbe. Dabei denke ich an den Energie- für den Lifestyle, für mehr Möglichkeiten dialog und, in meinem Verantwortungs- und Chancen. Vielleicht wäre das ja auch bereich, an die Flutpolder beim Thema eines der spannenden neuen Zukunftsthemen Hochwasser. Hier haben wir nicht nur im für Ihre Benediktbeurer Gespräche, ohne Internet und mit Veranstaltungen vor Ort mich in Ihre Tagesordnung einmischen zu umfangreich geworben. Wenn ich hier noch wollen, Herr Dr. Spandau. einmal für meinen Bereich sprechen darf, so habe ich zum Beispiel zwölf Standorte Ja, und das führt mich jetzt zum besucht und dabei 12.000 Menschen das vorletzten Punkt: Umweltschutz mit den Gespräch und den Gedankenaustausch Menschen. Umweltpolitik der Zukunft angeboten. Wir binden also die Betroffenen muss neben inhaltlichen Fragen auch eine ein; und das auch mittels weiterführender wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe Workshops der zuständigen Wasserwirt- lösen. Wir müssen einen gesellschaftlichen schaftsämter, die sich darüber hinaus tat- Wandel organisieren – hin zu einer nach- kräftig an den weiteren Planungen beteiligen haltigen Lebens- und Wirtschaftsweise, werden. die diesen Namen auch wirklich verdient. Das aber, meine Damen und Herren, Zukunftsfähiger Umwelt- und Naturschutz geht nur mit den Menschen; nicht ohne darf aber nicht die Gesellschaft spalten und sie und schon gleich gar nicht gegen sie. dabei zu ideologischen Kampfinstrumenten Umweltpolitik der Zukunft ist kooperativ, mutieren. Damit wären wir sicher auf dem nicht konfrontativ; sie setzt auf Überzeu- falschen Weg. gung, auf Freiwilligkeit, auf Verordnungsrecht, Transparenz und Beteiligung. S C H A R F 97 98 V O R T R A G U L R I K E S C H A R F In Bayern erleben wir gerade, wie die praktische Naturschutzarbeit. Stiftungen Frage „Nationalpark oder nicht?“ eine ganze und Verbände repräsentieren einen namhaften Region entzweit. Ich weiß nicht, inwie- Teil der Zivilgesellschaft: Ihre Meinung hat weit Sie hier im Süden Bayerns über dieses Gewicht, ihr Wort wird gehört, ihre Glaub- Thema aus dem nördlichen, dem fränkischen würdigkeit ist in der Regel sehr hoch. Beste Teil Bayerns, vielleicht durch die Presse, Voraussetzungen also, um einen wichtigen informiert sind. Die einen fürchten um ihre Beitrag zum notwendigen gesellschaftlichen wertvollen alten Wälder, die anderen um Lernprozess zu leisten. Politik, Stiftungen ihren Lebensunterhalt durch die Forstwirt- und Verbände müssen dabei nicht immer schaft. Ein Thema, bei dem man ständig das einer Meinung sein, das wird wohl nicht vor- Gefühl hat, guter Naturschutz gegen böse kommen; aber konstruktive Meinungsver- Wirtschaft; oder guter Naturschutz gegen schiedenheiten würzen unser Geschäft und böse Land- und Forstwirtschaft. Mit dieser bringen alle Seiten ein Stück weiter. Impulse Einstellung, meine Damen und Herren, und Kritik von Stiftungen und Verbänden tun wir uns sicher als Umwelt- und Natur- stoßen wichtige Entwicklungen an, davon bin schützer keinen großen Gefallen. Denn in ich zutiefst überzeugt. Und wenn wir am Ende einer demokratischen Gesellschaft ist Umwelt an einem Strang ziehen, uns für eine erfolg- und Naturschutz auf große Akzeptanz ange- reiche Umwelt- und Naturschutzpolitik in wiesen. Ökologie und Ökonomie zu ver- eine Richtung bewegen, sind wir auf dem rich- söhnen, das sind meine Leitlinien und das ist tigen Weg, können die Menschen davon über- auch der Kern meines Politikverständnisses. zeugen und sie vor allem auch mitnehmen. Meine Damen und Herren, wo sehe ich In diesem Sinne, sehr verehrter Herr Dr. in diesem Bild die Rolle der Stiftungen und Spandau, bin ich heilfroh, dass wir in Deutsch- Verbände? Ich sage ganz klar, am liebsten land seit nunmehr 25 Jahren die Allianz als Co-Manager in einem notwendigen gesell- Umweltstiftung haben. Ihre Leistungen für schaftlichen Veränderungsprozess. Gesell- den praktischen Umweltschutz und ihre schaftliches Change Management wird nur Beiträge zur umweltpolitischen Debatte sind funktionieren, wenn wir es möglichst breit Gold wert. Dafür nochmal meinen ganz aufstellen; und wenn dabei vor allem die herzlichen Dank und meine Glückwünsche gesellschaftlich relevanten Kräfte in eine Rich- zu diesem stolzen Jubiläum! Ich darf Ihnen tung ziehen und mitziehen. In Bayern prakti- für heute Abend noch einmal die besten zieren wir das sehr erfolgreich am Beispiel Grüße unseres Ministerpräsidenten übermit- unserer Bayerischen Klima-Allianz. In Deutsch- teln und darf Ihnen gratulieren. Ich wünsche land gibt es heute 1.800 Stiftungen mit dem Ihnen allen einen festlichen Abend, einen Schwerpunkt Umwelt. Es war mir bis heute fröhlichen Abend mit – wie ich gelesen habe – nicht ganz bewusst, dass es so viele sind. Sie Konzert und Musik; vor allen Dingen wün- engagieren sich in einem weiten Feld regio- sche ich Ihnen für morgen ein erfolgreiches naler Umwelt- und Naturschutzpolitik, das und spannendes Symposium. Herzlichen reicht vom Ressourcenschutz bis zum welt- Dank. weiten Arten- und Klimaschutz. Sie fördern sowohl Umweltbildung als auch die I M P R E S S U M R E F E R E NTE N B E N E DI KTB E U R E R G E S P R ÄC H E DE R ALLIAN Z U MWE LTSTI F TU NG Alois Glück Band 19 Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken Herausgeber Hörzing 31 Allianz Umweltstiftung 83374 Traunwalchen Pariser Platz 6 10117 Berlin Eberhard Brandes Telefon: 030/20 67 15 95 - 50 CEO Telefax: 030/20 67 15 95 - 60 WWF Deutschland E-mail: [email protected] Reinhardtstr. 18 Internet: www.allianz-umweltstiftung.de 10117 Berlin Redaktion Prof. Dr. Matthias Freude Dr. Lutz Spandau Präsident des Landesamtes für Länd- Susanne Luberstetter liche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg Fotos Müllroser Chaussee 54 Allianz Umweltstiftung (S. 2 o., 4 o., 4 u., 6 o., 15236 Frankfurt/Oder 15 o., 15 u., 25 o., 29 o., 29 u., 32 o., 36 o., 36 u., 53 o., 55 o., 60 o.) Volker Angres Erhard Bolender (S. 18 o.) Leiter Redaktion Umwelt Grün Berlin GmbH (S. 10 o.) ZDF Regina Kuhn (S. U2 u.,18 u., 32 u.) ZDF-Straße 1 Rainer Kunert (S. 6 u., 55 u.) 55127 Mainz Horst Munzig (Titel, U2 o., 2 u., 25 u., 26 o., 26 u., 43 o., 43 u., 50 o., 50 u., 53 u., 60 u., 93, 99) Staatsministerin Pitopia: Karl Allgäuer (S. 88 - 89), Fotokunst Rhein- Ulrike Scharf Main (S.100) PeJo (S. 90), Ritzel (S. 96) Bayerisches Staatsministerium Günter Schneider (S. 10 u.) für Umwelt und Verbraucherschutz Helmut Straßer (S. 21 o., 21u.) Rosenkavalierplatz 2 Helmut Roth (S. 5, 7, 11, 19, 27, 37, 46 - 49, 51, 61- 87) 81925 München Gestaltung Susanne Hampel MODE R ATION Lektorat Dr. Lutz Spandau Jochen Driemel Vorstand Allianz Umweltstiftung Druck Pariser Platz 6 DBM Druckhaus Berlin-Mitte GmbH 10117 Berlin Berlin 2015 101
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