PREDIGT ZU LK 11,14-23 San Mateo 08.11.2015 14 Und er trieb einen bösen Geist aus, der war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der Stumme. Und die Menge verwunderte sich. 15 Einige aber unter ihnen sprachen: Er treibt die bösen Geister aus durch Beelzebul, ihren Obersten. 16 Andere aber versuchten ihn und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel. (Mk 8,11) 17 Er aber erkannte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet und ein Haus fällt über das andre. 18 Ist aber der Satan auch mit sich selbst uneins, wie kann sein Reich bestehen? Denn ihr sagt, ich treibe die bösen Geister aus durch Beelzebul. 19 Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein. 20 Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen. (2Mo 8,15) 21 Wenn ein Starker gewappnet seinen Palast bewacht, so bleibt, was er hat, in Frieden. 22 Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seine Rüstung, auf die er sich verließ, und verteilt die Beute. (Kol 2,15; 1Joh 4,4) 23 Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. Liebe Gemeinde, was für eine Geschichte! Wenn das so einfach wäre, Menschen von ihren bösen Geister zu befreien. 1 Für Menschen, deren Leben sich innerlich und äußerlich ver-rückt hat, bleibt meist nur eine Möglichkeit. Der Gang zum Arzt oder Psychotherapeuten, oder wenn gar nichts mehr geht, findet man sich ein an einem Ort, wo man unter Seinesgleichen ist: die Klapse, wie man den Ort auch heute noch unschön nennt. Der Klaps, das wissen wir, das ist ein Schlag. Und die Klapse oder Klapsmühle bezeichnet den Ort, an man kommt, wenn andere einen für nicht mehr ganz zurechnungsfähig halten und selbst der leichte Klaps auf den Hinterkopf keine Wirkung mehr zeigt. Dabei gehört nicht so viel zu im Leben, das man selbst den Eindruck bekommt, irgendetwas stimme nicht mehr. Irgendetwas habe sich so sehr ver-rückt, dass man Dinge tut oder sagt, worüber andere nur den Kopf schütteln können. „Der ist doch nicht ganz normal.“, hören wir dann. Der heutige Predigttext geht einer dieser Jesus-Geschichten aus vergangenen Vorzeiten, als man noch an Dämonen glaubte, nach. Aber heute gibt es doch keine Geister und Dämonen mehr, oder? Diese Woche berichteten die Zeitungen: „Gewalt an Halloween". Jugendliche vor allem haben am letzten Samstag die Stimmung von Halloween ausgenutzt, Rabatz zu machen. Aus Berlin, Hamburg und anderen großen Städten wurde wieder einmal berichtet, wie junge Leute Autos zerstört, Passanten angepöbelt und Scheiben zertrümmert, Leute angegriffen und verprügelt haben. Der Geist von Halloween. 2 Dieses aus den USA kommende Gespensterfest ist auch hierzulande beliebt und dieses Jahr sogar am Andino als zu schützendes Kulturgut geadelt worden. Es im Kommerz begründet. Kürbisse werden ausgehöhlt und als Gespenstermasken aufgesetzt. In vielen Städten Deutschland hat Halloween schon unseren wackeren Gedenktag der Reformation verdrängt. Der Gedenktag Martin Luthers, der uns befreit hat von allen Instanzen und Wesen, die sich zwischen Gott und uns stellen wollen. Der unsere Vernunft befreit hat zum eigenen Bibel lesen und selbständigem Denken. Halloween, mehr als ein Heiden-Spaß, weil er die Gedanken der Reformation verdrängt. Der Kirchenkreis Hameln kam vor Jahren als erster auf die Idee, dem etwas entgegenzusetzen, das uns Protestanten nicht als beleidigten Leberwürste erscheinen lässt, sondern als pfiffige Leute auf der Höhe der Zeit. „Hallo Luther" heißt die Veranstaltungsreihe, die Gedanken Luthers in neuem Gewand erinnert. Dagegen: Ein ausgehöhlter Kürbis ist ein leerer Hohlkopf. Zur köstlichen Suppe veredelt wäre eine bessere Verwendung, denn als säkulares Grusel-Objekt. Liebe Gemeinde, Sie meinen immer noch, es gäbe keine Gespenster, keine bösen Geister und Dämonen mehr? Immer wieder war in den letzten in deutschen Zeitungen zu lesen: „Griechenland lehrt uns das Gruseln". Der Dämon des Geldes hat sich losgerissen, seitdem die Mauer in Berlin eingerissen wurde. 3 Der Kapitalismus mit seiner Gier nach Geld brüllt lauter denn je. Die Erscheinungen unserer aktuellen Lebenswelt überstiegen selbst die Vorstellungen eines Karl Marx. Da wurden Geldtransaktionen von hoch intelligenten Finanz-Mathematikern erfunden, die selbst die Bankvorstände nicht mehr verstanden haben. Sie haben die Früchte der Arbeit vieler Menschen an den Rand eines Abgrunds geschoben. Da wächst mit der Zahl der Nullen vor dem Komma die Übersicht und schwindet die Verantwortung. Vor Jahren wurde in der HRE-Bank Plus und Minus verwechselt, 55,5 Mrd Euro mehr statt weniger in der Bilanz. Grundrechnungsarten lernen wir doch in der Grundschule. Ein ungenügend würde unter unserer MatheArbeit stehen. Die Bank-Chefs bekommen dagegen immer noch Millionen Boni. Die Bürgschaft dafür übernimmt der Bürger. Die Welt ist entfesselt durch die dämonische Seite des Geldes. Sie zerstört schleichend, ihre vernichtende Kraft kann von heute auf morgen auf den Punkt kommen. Wir können uns dem kaum entziehen, bleiben aber Zuschauer. Die gierigen Verantwortlichen haben keinen Namen, es ist ein von Computern gesteuertes System, von Menschen programmiert. Wenn die Evangelien das Wirken und Wollen Jesu in einem Satz zusammenfassen, sagen sie: „Er verkündigte das Evangelium, er heilte Kranke und er trieb Dämonen aus." Eine der drei Säulen seiner Arbeit war die Austreibung der Dämonen. Solch Gewicht legte er darauf, dass Menschen von allem frei werden, das sie besetzt. 4 Eugen Drewermann hat für die „Dämonen" in seiner Übersetzung neutestamentlicher Texte eine gute Formulierung gefunden. Dämonen, das sind „Aber-Geister:" Das sind die Kräfte, die uns immer ein „Aber" ins Ohr flüstern, die uns am Guten hindern. „Ich sollte mehr zuhören, aber - ich habe auch viele Probleme und möchte gehört werden." „Ich sollte mich mehr um meine kranke Mutter kümmern, aber - ich schaffe es einfach nicht." „Ich sollte eigentlich verantwortlich mit dem Geld anderer umgehen, aber - die anderen tun‘s ja auch nicht." „Ich sollte mich mehr in meiner Gemeinde engagieren, aber - die Zeit habe ich einfach nicht." „Ich sollte mich mehr um meinen Glauben kümmern, aber - der Alltag frisst mich auf. „Ich sollte klar Stellung beziehen, aber – die Angst bestimmt das Denken und raubt mir das Bewusstsein. Die Aber-Geister hindern uns an der Eindeutigkeit. Wie schlagkräftig könnten wir als Christen sein, wenn wir uns als eine Mannschaft verstehen würden mit Christus als unserem Mannschaftskapitän. Was Menschen für die Umwelt manchmal ver-rückt erscheinen lässt ist einmal anders betrachtet ihre Haltung: Befreit von den Aber-Geistern, sind sie erfüllt von einem anderen Geist. Man spürt es ihnen an und Handeln zeigt es uns. Auch sie haben viele Probleme und möchte von anderen wahrgenommen werden, aber – sie hören dennoch zu und sind da, wo sie gebraucht werden. 5 Auch sie sind so manches Mal am Ende ihre Kräfte, aber – sie nehmen sich dennoch Zeit für Eltern, Nachbarn und Freunde. Auch sie denken sich, warum ich, warum soll ich damit anfangen, verantwortungsvoll mit Umwelt und Natur umzugehen, aber – sie denken gleichzeitig: ich will meinen Kinder die beste aller möglichen Welten überlassen. Auch sie frisst der Alltag auf, aber – eines Morgens sagen sie sich: Ab heute will ich jeden Tag Zeit nehmen für einen Moment der Stille und zum Gebet. Auch sie haben Angst vor den Konsequenzen ihres Handelns, aber – gleichzeitig spüren sie, dass diese Angst jemand anderen stark macht und gehen sie doch mutig den ersten Schritt. Jesus war der Stärkere. Er kam brachte uns die frohe Botschaft von einer anderen Welt, von einem anderen Leben, einem Leben, das anderen Grundsätzen folgt. Selig die Barmherzigen, die Sanftmütigen, die Friedfertigen, die sich ihrer geistlichen Bedürftigkeit bewusst sind, die nach Gerechtigkeit hungern. Die von Gespenstern, bösen Geistern und Dämonen besetzte Welt braucht das Evangelium, braucht uns dringender denn je: Unser Zeugnis in Wort und Tag. Gott befreie uns von den Aber-Geistern! Amen Pfr. Thomas Reppich 6
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